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Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31 Ev. Philippusgemeinde Köln Raderthal Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31
 

Predigt am  10. April 2011  über 1. Mose 22, 1 - 13

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Ich lese Worte aus dem 22. Kapitel des 1. Mosebuches:

1 Nach diesen Geschichten versuchte Gott Abraham und sprach zu ihm: Abraham! Und er antwortete: Hier bin ich. 2 Und er sprach: Nimm Isaak, deinen einzigen Sohn, den du lieb hast, und geh hin in das Land Morija und opfere ihn dort zum Brandopfer auf einem Berge, den ich dir sagen werde. 3 Da stand Abraham früh am Morgen auf und gürtete seinen Esel und nahm mit sich zwei Knechte und seinen Sohn Isaak und spaltete Holz zum Brandopfer, machte sich auf und ging hin an den Ort, von dem ihm Gott gesagt hatte. 4 Am dritten Tage hob Abraham seine Augen auf und sah die Stätte von ferne 5 und sprach zu seinen Knechten: Bleibt ihr hier mit dem Esel. Ich und der Knabe wollen dorthin gehen, und wenn wir angebetet haben, wollen wir wieder zu euch kommen. 6 Und Abraham nahm das Holz zum Brandopfer und legte es auf seinen Sohn Isaak. Er aber nahm das Feuer und das Messer in seine Hand; und gingen die beiden miteinander. 7 Da sprach Isaak zu seinem Vater Abraham: Mein Vater! Abraham antwortete: Hier bin ich, mein Sohn. Und er sprach: Siehe, hier ist Feuer und Holz; wo ist aber das Schaf zum Brandopfer? 8 Abraham antwortete: Mein Sohn, Gott wird sich ersehen ein Schaf zum Brandopfer. Und gingen die beiden miteinander. 9 Und als sie an die Stätte kamen, die ihm Gott gesagt hatte, baute Abraham dort einen Altar und legte das Holz darauf und band seinen Sohn Isaak, legte ihn auf den Altar oben auf das Holz 10 und reckte seine Hand aus und fasste das Messer, dass er seinen Sohn schlachtete. 11 Da rief ihn der Engel des HERRN vom Himmel und sprach: Abraham! Abraham! Er antwortete: Hier bin ich. 12 Er sprach: Lege deine Hand nicht an den Knaben und tu ihm nichts; denn nun weiß ich, dass du Gott fürchtest und hast deines einzigen Sohnes nicht verschont um meinetwillen. 13 Da hob Abraham seine Augen auf und sah einen Widder hinter sich in der Hecke mit seinen Hörnern hängen und ging hin und nahm den Widder und opferte ihn zum Brandopfer an seines Sohnes statt.

 

Liebe Gemeinde, lieber Andreas, lieber Sam, lieber Patrick!

Das war schön, wie ihr gerade locker die Geschichte nachgespielt habt. Manch einer musste vielleicht sogar innerlich schmunzeln oder hat gelacht.

Aber mal im Ernst, wenn man genau darüber nachdenkt, die Geschichte nicht als ein Märchen abtut, sondern an sich ran lässt, dann ist das keine Geschichte zum Lachen. Das ist echt heftig, was hier passiert. Viele werden es wahrscheinlich ähnlich wie ich empfinden: Das ist eine grausame Geschichte, die schwer verständlich ist und zu der wir so ohne Weiteres keinen Zugang haben. Was ist das für ein Gott, der so etwas fordert?

Ich denke an die vielen Eltern, die ihre Kinder auf tragische Weise verloren haben und damit zu Recht kommen müssen. Immer wieder höre ich in seelsorgerlichen Gesprächen, wie schwer es ist, damit fertig zu werden. Ja, damit wird man wahrscheinlich nicht fertig und kommt darüber nie so richtig hinweg.

Ich denke in dem Zusammenhang auch an Kindesmissbrauch, wo so gut wie jede Woche was in den Zeitungen steht und uns deutlich wird, was unseren Kindern angetan wird und wie dadurch ihr Leben kaputt gemacht wird und zerstört wird.

Das, was wir hier hören, ist also archaisch, ja barbarisch könnte man sagen. Die Theologen geben da einem zum Teil auch Recht. Damals, als die Geschichte niedergeschrieben wurde, waren Menschenopfer anscheinend nichts Außergewöhnliches. Alles, was erstgeboren war, die erste Frucht des eigenen Lebens, wurde einem Gott geopfert, um ihn gnädig zu stimmen. In den heidnischen Religionen dieser Zeit war das durchaus üblich. Ich vermute mal, dass vielen Menschen in der damaligen Zeit diese Geschichte nicht so anstößig war. Die hat es vermutlich eher überrascht, dass Isaak nicht dran glauben musste, sondern verschont blieb. Da ist also ein Fortschritt in der Geschichte zu verzeichnen: Das Menschenopfer wird durch das Tieropfer ersetzt. So ist die These mancher Theologen. Sicher ist da was dran. Also doch eine Geschichte, die schön glatt zu verstehen ist? Das denke ich nicht. Man macht es sich zu leicht, mit einer aufgeklärten These die Geschichte abzutun. Derjenige, der die Geschichte uns erzählt, legt auf etwas anderes ganz viel Wert: Abraham wird hier tatsächlich auf die Probe gestellt! Das ist ein Test! Wie sieht’s mit seinem Glauben aus? Meint er es damit tatsächlich ernst? Das sind die Fragen, die im Mittelpunkt der Geschichte stehen. Das sind die Fragen, denen wir uns heute stellen sollten: Wie sieht’s mit meinem Glauben aus? Was ist mir an dem Ganzen tatsächlich ernst?

Mit Sicherheit muss man nicht und kann man nicht die Geschichte eins zu eins auf heute übertragen. Mit Sicherheit wird von mir kein Opfer verlangt so wie zu Abrahams Zeiten, um meinen Glauben zu erproben. Wenn so jemand heute das mir sagen würde, den würde ich für verrückt halten und ihn versuchen mit allen Mitteln davon abzuhalten. So ein grausiges Opfer kann Gott nicht verlangen - davon bin ich überzeugt. Das widerspricht total meinem christlichen Glauben und meinen christlichen Werten.

In dem Punkte bleibt die Geschichte anstößig, dass Abraham so grausig auf die Probe gestellt wird und das auch noch bis zum Schluss durchziehen will.

Wobei - wie ich finde - wir uns da nichts vormachen sollten. Wir leben oft in einer heilen Welt, drücken uns politisch korrekt aus, machen einen auf sozial und in der Welt geht es drunter und drüber. Was für Opfer gibt es da Tag für Tag! Wir haben uns daran schon gewöhnt, dass es uns nicht berührt. Durch die Medien werden uns manche Opfer wie Kindesmissbrauch oder Opfer wie in Japan oder Libyen oder Elfenbeinküste bewusst gemacht. Andere Opfer, viele, viele andere nehmen wir gar nicht wahr, obwohl sie tagtäglich passieren. Da gibt es eine große Dunkelziffer. Wir können also nicht sagen: Damals war alles furchtbar und heute sieht alles ganz anders aus.

Insgesamt muss man sich schon damals wie heute fragen: Was ist das für ein Gott, der so etwas zulässt, ja auch macht? Kann man zu dem noch liebevoll Vater sagen? Damit, mit dem Vaterbild werden wir uns im Gottesdienst an Christi Himmelfahrt gemeinsam mit Zollstock und Bayenthal im Park vor der Reformationskirche noch genauer beschäftigen.

Mit diesen Fragen sind wir im Grunde genommen schon bei unserem Glauben, der hier echt tiefgehend auf die Probe gestellt wird.

Wir haben ja oft unsere Vorstellungen von Gott, wie er zu sein hat, was er zu tun und zu lassen hat. Wir möchten da letztendlich drüber entscheiden und nicht Gott die Entscheidung überlassen. Wir machen uns damit aber was vor.

Der lebendige Gott kann schon ganz anderes und er macht es manchmal auch ganz anders, als wir es von ihm erwarten. Wir sollten da nicht zu schnell mit dem Evangelium kommen und alles schön glatt bügeln. Nein, es gibt verborgene Seiten bei Gott, die wir einfach nicht verstehen, begreifen können.

Ich übertrage das mal auf Abraham und steige da tiefer ein. Abraham muss in dem Moment, wo Gott das Opfer seines Sohnes Isaaks fordert, klar gewesen sein: Ich muss das Liebste, meinen eigenen Sohn loslassen. Aber nicht nur das! Ich muss das, woran eigentlich meine Zukunft hängt, der Fortbestand meiner Familie, dran geben. Und damit ist auch noch nicht genug! Ich muss letztendlich glauben, dass mein Gott, der damals so eine tolle Zukunft mir versprochen hat und mich so reich beschenkt hat, genau der gleiche Gott ist, der jetzt mir das alles so mühsam Aufgebaute auf einmal wegnehmen will.

Und genau das tut Abraham. Er lässt sich auf seinen Gott ein - ein Gott, der so klar und deutlich eine tolle Zukunftsperspektive gegeben hat, und zugleich ein Gott, der so unbegreiflich und unverständlich ihm das wieder wegnehmen will. Aber er vertraut auf seinen Gott, den lebendigen Gott!

Vielleicht war das ein bisschen kompliziert, nicht so leicht verständlich.

Ich versuche das mal etwas einfacher auf uns heute zu übertragen.

Glaube an Gott ist keine so leichte Sache, wie manche vielleicht denken. Glaube heißt nicht: Gott meint es gut mit mir und das sehe ich im Leben immer auf Anhieb. Alles läuft super.

Glauben heißt: Ich vertraue auf Gott, halte an ihm fest trotz allem Schweren, was ich zu tragen habe und ihn da nicht verstehe. Ich vertraue auf ihn,

- auch wenn ich gerade keine Zukunftsperspektive habe

- auch wenn es gerade beruflich nicht weitergeht und ich feststecke

- auch wenn ich privat in einer Krise bin und manches in der Ehe oder auch in der Familie zu tragen habe

- auch wenn ich gerade krank bin und es mir wirklich schlecht geht

- auch wenn mir das, was mir am liebsten war, mein Vater, meine Mutter, meine Frau, mein Mann, meine Kinder genommen wurde.

Gerade das Letzte fällt mir angesichts der Geschichte schwer, auszusprechen: Aber es stimmt doch. All das Schwere passiert doch. Das haben manche Leute so erlebt und erleben es so - bei uns in unserer Gemeinde und in unserer Umgebung.

Da wird unser Glaube wirklich auf die Probe gestellt. Das geht nicht ohne inneren Kampf ab. Und ohne Opfer geht es da leider oft auch nicht ab.

Aber vielleicht festigt das ja auch gerade meinen Glaube. Ich denke in dem Zusammenhang an einen Besuch vor nicht allzu langer Zeit, wo mir jemand von seinen schweren Schicksalsschlägen erzählte. Ich hätte Verständnis gehabt, wenn er gesagt hätte: Da habe ich wirklich mit Gott gehadert. Aber stattdessen kam die überraschende Antwort: Das hat mich Gott näher gebracht und mein Glaube ist daran gewachsen.

Unabhängig davon, ob man das selbst so erlebt oder nicht, ich bin überzeugt: Trost und Halt, ja auch Kraft und Lebensfreude kann mir der Glaube geben, weil es eben nicht nur diese verborgene, dunkle Seite von Gott gibt, sondern auch seine so klare hell aufstrahlende Seite, die sich in Jesus zeigt! Das ist für mich das Entscheidende!

Das heißt für mich: Auch wenn ich gerade viel durchmache und vieles an Gott nicht verstehe, ich werde von ihm geliebt! Er ist trotz allem für mich da!

Dafür steht für mich Gottes eigenes Opfer, das er bringt!

Die Geschichte heute steht ja nicht umsonst in der Passionszeit. Das Evangelium für diesen Sonntag, der Einzug Jesu in Jerusalem, zeigt an, wohin der Zug geht. Da Kreuz, worauf es hinaus läuft, macht deutlich: Wo Gott Isaak verschont hat, da verschont er sich selbst nicht!

Was für eine Liebe, für eine Hingabe zeigt sich darin! Das hat für mich bei allem Grausigen und Furchtbaren unglaublich viel Tiefgang! Da zeigt sich mir ein Gott, der mit mir und für mich leidet!

Das kann mich wirklich tragen, auch wenn es mir schlecht geht, ja wenn ich selbst manches Opfer zu bringen habe. Darauf kann ich vertrauen, dass es einen Gott gibt, der mich liebt und zu mir hält, auch wenn ich ihn in manchem nicht verstehe.

Unabhängig von dem Kindsopfer hatte Abraham solch einen Glauben. Er hatte ihn nicht immer, wie man in anderen Geschichten von ihm merkt, aber zu mindestens in dem Moment. Auf diesen Glauben Abrahams kommt es tatsächlich an! Da können wir wirklich manches aus der Geschichte mitnehmen.

Genau solch einen Glauben, der mich wirklich in allen Situationen des Lebens tragen kann, wünsche ich allen hier, liebe Gemeinde! Genau das wünsche ich Euch, lieber Andreas, lieber Sam, lieber Patrick auch von ganzem Herzen! Ihr habt schon bei allen Aufs und Abs und Pfarrerwechsel manches im Konfirmandenunterricht mitbekommen. Hoffentlich war es dabei nicht so einfach nach dem Motto: Mit dem Glauben an Jesus wird schon alles im Leben super klappen und auf jede kritische Frage gibt’s die perfekte Antwort. Hoffentlich war es etwas, was euch Gott irgendwie näher gebracht hat und wo ihr gemerkt habt: Dieser Glaube, der kann mich wirklich tragen, auch wenn es nicht so rosig wunderbar im Leben aussieht. Und daran will ich festhalten trotz allem, was ich nicht verstehe und noch offene Fragen habe. Im Glauben an Jesus will ich darauf vertrauen: Er ist ein guter Vater zu uns und liebt uns als seine Kinder. In dem Vertrauen werden wir auch zum Abschluss des Gottesdienstes das Lied singen: ‚Bist zu uns wie ein Vater, der sein Kind nie vergisst, der trotz all seiner Größe immer ansprechbar ist.’

Amen.

Klaus Eberhard