Predigt am 13. Febr. 2011 über 2.
Mose 3, 1 - 14
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Ich
lese Worte aus dem 3. Kapitel des 2. Mosebuches:
1
Mose aber hütete die Schafe Jitros, seines Schwiegervaters, des
Priesters in Midian, und trieb die Schafe über die Steppe hinaus
und kam an den Berg Gottes, den Horeb. 2 Und der Engel des HERRN
erschien ihm in einer feurigen Flamme aus dem Dornbusch. Und er sah,
dass der Busch im Feuer brannte und doch nicht verzehrt wurde. 3 Da
sprach er: Ich will hingehen und die wundersame Erscheinung besehen,
warum der Busch nicht verbrennt. 4 Als aber der HERR sah, dass er
hinging, um zu sehen, rief Gott ihn aus dem Busch und sprach: Mose,
Mose! Er antwortete: Hier bin ich. 5 Gott sprach: Tritt nicht herzu,
zieh deine Schuhe von deinen Füßen; denn der Ort, darauf du
stehst, ist heiliges Land! 6 Und er sprach weiter: Ich bin der Gott
deines Vaters, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott
Jakobs. Und Mose verhüllte sein Angesicht; denn er fürchtete sich,
Gott anzuschauen. 7 Und der HERR sprach: Ich habe das Elend meines
Volks in Ägypten gesehen und ihr Geschrei über ihre Bedränger gehört;
ich habe ihre Leiden erkannt. 8 Und ich bin hernieder gefahren, dass
ich sie errette aus der Ägypter Hand und sie herausführe aus
diesem Lande in ein gutes und weites Land, in ein Land, darin Milch
und Honig fließt, in das Gebiet der Kanaaniter, Hetiter, Amoriter,
Perisiter, Hiwiter und Jebusiter. 9 Weil denn nun das Geschrei der
Israeliten vor mich gekommen ist und ich dazu ihre Not gesehen habe,
wie die Ägypter sie bedrängen, 10 so geh nun hin, ich will dich
zum Pharao senden, damit du mein Volk, die Israeliten, aus Ägypten
führst. 11 Mose sprach zu Gott: Wer bin ich, dass ich zum Pharao
gehe und führe die Israeliten aus Ägypten? 12 Er sprach: Ich will
mit dir sein. Und das soll dir das Zeichen sein, dass ich dich
gesandt habe: Wenn du mein Volk aus Ägypten geführt hast, werdet
ihr Gott opfern auf diesem Berge. 13 Mose sprach zu Gott: Siehe,
wenn ich zu den Israeliten komme und spreche zu ihnen: Der Gott
eurer Väter hat mich zu euch gesandt!, und sie mir sagen werden:
Wie ist sein Name?, was soll ich ihnen sagen? 14 Gott sprach zu
Mose: Ich werde sein, der ich sein werde. Und sprach: So sollst du
zu den Israeliten sagen: »Ich werde sein«, der hat mich zu euch
gesandt.
Liebe
Gemeinde!
Ich
kann mich noch gut erinnern: Vor ein paar Jahren hatte ich einen
insgesamt sehr schönen Urlaub in Ägypten. Bei Taba, am Vierländereck
Ägypten, Israel, Jordanien und Saudiarabien wohnte ich für zwei
Wochen in einem schönen Hotel. Ich hatte direkt den Blick auf das
schroffe Gebirge des Sinais. Von dort auch habe ich dann zusammen
mit meinen Freunden Ausflüge unternommen. Natürlich war ich auch
am Katharinenkloster, eines der ältesten Kloster mitten im
Sinaigebiet, das etwas versteckt liegt und vielleicht daher den
Ansturm der Araber überlebt hat. Ich hatte mir von dem Ausflug viel
versprochen: Immerhin lag das Kloster nach kirchlicher Tradition in
der Nähe des Berges, auf dem Mose die 10 Gebote von Gott erhalten
hatte. Auf diesen Berg wollten wir in der Nacht wandern und dann früh
morgens den herrlichen Sonnenaufgang erleben. Ich stellte mir das
Ganze wunderschön romantisch vor - so mit Morgenandacht auf dem
Berg Sinai bzw. dem Horeb.
Tja,
das Ganze war eine etwas zu romantische Vorstellung, die ich davon
hatte. Es kam ganz anders. 23 Uhr abends musste ich schon aus dem
Hotel aufbrechen, um mit dem Bus den Ort erreichen. Zwischen zwei
und drei Uhr morgens ging die Wanderung los. Wir waren bei weitem
nicht allein! Zig hunderte von Touristen pilgerten mit uns den Weg
zum heiligen Berg hoch. Es war eng, lärmend und stank nach Kamelen,
die überall in gebrochenem Englisch von den Beduinen mit einem
lauten ‚Camel ride?’ angeboten wurden. Aber damit nicht genug -
einige Touristen aus Osteuropa hatten etwas zuviel intus, was man
eindeutig roch und pöbelten zuweilen auch rum. Zudem war es
wirklich saukalt. Minusgrade und etwas Schnee erwarteten uns oben.
Bibbernd erwarteten dann tausende Menschen auf der Bergspitze und
drum herum den Sonnenaufgang. Kameras waren positioniert und jeder
versuchte einen besonders tollen Platz zu ergattern. Als es dann
soweit war, ging ein endloses Fotoklicken los. Auch ich habe mit
meiner Spiegelreflexkamera unzählige Bilder aufgenommen, die alle,
wie sich später herausstellte, nix geworden waren.
Es
folgte der ermüdende Abgang - schließlich hatte ich die ganze
Nacht kein Auge zugedrückt - zum Katharinenkloster. Dort erlebte
ich in dem ganzen Massengedränge eine meiner schlechtesten Führungen.
In wirklich sehr unverständlichem und gebrochenem Deutsch wurde uns
weniges erzählt, was sich jeder hätte selbst zusammen reimen können.
In Erinnerung blieb mir allerdings eine nette Anekdote. Der Leiter führte
uns zu einem grünen Busch, der in einer Ecke des Klosters lag. Und
dann erzählte er vom ‚rennenden’ Dornenbusch. Ich stellte mir
vor, wie der rennende Dornenbusch so hin und her rannte und Mose
hinterher, um den Busch einzukriegen.
Müde
und erschöpft kam ich schließlich wieder in meinem Hotel an.
Das
Heilige, etwas von der Nähe Gottes, was ich mir von diesem Ort ein
Stück weit erwartet hatte, war mir dort nicht begegnet. Stattdessen
hatte ich viel alltäglichen Rummel erlebt, der mich einfach nur
nervte.
Soweit
zum rennenden Dornbusch im Katharinenkloster.
Dieses
Erlebnis hat für mich erstmal wenig gemeinsam mit dieser so
bedeutenden und besonderen Geschichte, die wir heute aus dem 3.
Kapitel des 2. Mosebuches gehört haben.
Allerdings
muss man sich klar machen, dass die Ausgangssituation unseres
Bibeltextes gar nicht so heilig, wie wir uns das vielleicht
vorstellen, war, sondern sehr alltäglich war.
Der
große Mose selbst hatte sich noch vor kurzem als Totschläger
erwiesen. Einen ägyptischen Aufseher, der einen seiner Landsleute
zu sehr misshandelte, hat er kurzerhand um die Ecke gebracht und im
Sand verschart. Die Sache flog auf und Mose floh in die Wüste
Midian. Dort heiratete er Zippora, die Tochter des Priesters Reguel.
Nun fristet er dort sein Dasein, indem er die Schafe seines
Schwiegervaters hütet. Ich stelle mit das ziemlich öde und triste
vor. Mose selbst erwartet anscheinend auch nicht viel mehr. Ihn
treibt nicht die Suche nach Gott herum. Als das Gras im Flachland,
in der Steppe von den Schafen abgegrast ist, sucht er in der höheren
Ebene besseres Futter für seine Schafe. Den brennenden Dornenbusch,
den er sieht, bringt er auch erstmal nicht mit Gott in Verbindung.
Er ist einfach neugierig, was es damit auf sich hat - mehr nicht.
Mose ist kein Gottsucher, auf der Suche nach etwas Religiösem, wie
es manche Menschen heute tun.
Vielmehr
begegnet ihm ganz unvermittelt und unverhofft der eine und lebendige
Gott Israels an diesem heiligen Ort! Gott offenbart sich hier Mose,
greift in sein verkorkstes und graues Alltagsleben ein!
Dabei
geht es in erster Linie nicht um eine dogmatische, metaphysische
Wahrheit, die über Gott gemacht wird, über die man einfach nur
nachdenkt und die es logisch nachzuvollziehen gilt. So ist das teils
in der Kirche ausgelegt worden.
Nein,
es geht vielmehr um einen Gott, der tatsächlich, ganz real und
wirklich Geschichte mit uns Menschen macht!
Um
es an unserer Geschichte aus dem 2. Mosebuch zu verdeutlichen:
Gott
stellt sich Mose zu Recht so vor: Ich bin der Gott deines Vaters,
der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs. Aber nicht
nur das! Er steht nach wie vor zu seinem Volk Israel. Er hat das
Geschrei in Ägypten gehört. Das geht ihm nah. Und er will dagegen
etwas unternehmen. Er will und wird sein Volk aus der ganzen Misere
befreien! Er hat ein tolles Programm für die Zukunft!
Unsere
Vergangenheit, unsere Gegenwart und unsere Zukunft liegen also in
seinen Händen! Um alles kümmert sich Gott! Er lässt uns da nicht
im Stich! Nein, er war für uns Menschen da, er ist für uns da und
er wird für uns immer da sein!
Das
ist ein Gott, der voll und ganz in unsere Geschichte, in unser Leben
einsteigt und mitgeht!
Das
kann ich auf jeden Fall aus der Erzählung im 2. Mosebuch mitnehmen.
Mich
tröstet das ungemein und gibt mir festen Halt - gerade dann, wenn
ich von der Nähe und Liebe Gottes in meinem Leben nicht viel spüre.
Wenn
es mir gerade schlecht geht, ich manche Krisen zu durchlaufen habe
und nur im Nebel umhertappe, dann darf ich fest und gewiss darauf
vertrauen: Gott ist bei mir! Derselbe Gott, der sich damals Mose
zeigte und für seine Leute da war, der ist auch mein Gott und für
mich da! Und das wird auch in Zukunft so sein!
Dazu
brauche ich nicht den Heiligen Ort am Sinai, den brennenden
Dornenbusch. Der Heilige Boden, auf den ich mit beiden Füßen fest
stehe, ist vielmehr Gottes Wort, das er mir in der Bibel zuspricht
und durch das er mich aufbaut. Der Heilige Boden sind seine beiden
Sakramente, die Taufe, durch die ich als sein geliebtes Kind fest zu
ihm gehöre, komme was mag, und das Abendmahl, in dem mir Gott meine
Schuld vergibt und mir Gemeinschaft mit ihm schenkt.
Genau
das ist es, was mich trägt und mein Leben ausmacht, erfüllt!
Deswegen ist für mich der sonntägliche Gang in die Kirche als
Christenmensch so wichtig! Da würde ich sonst was ganz Wesentliches
vermissen! Mir würde das Entscheidende sonst fehlen!
Um
es auf die Geschichte aus dem 2. Mosebuch übertragen: Ich würde
dann genauso wie Mose mein Dasein fristen. Ich würde meine Schäfchen
in der Gemeinde hüten, aber mehr nicht. Es käme zu keiner
Begegnung mit dem lebendigen Gott, meinem Befreier und Erlöser!
Aber genau darauf kommt es an! Ganz entscheidend ist, dass Gott in
mein Leben eintritt, dass er mich selbst persönlich mit Namen wie
bei Mose anspricht, dass er mir damit sagt: Ich kenne dich. Ich hole
dich aus dem, was dich bedrückt und gefangen nimmt, heraus, ja ich
habe Großes mit dir und deinen Leuten vor!
Gott
spricht das dabei nicht als eine anonyme Größe so in den Raum
hinein. Er redet nicht als der große Unbekannte Mose und mich
Menschen von heute an. Er selbst gibt vielmehr seinen eigenen Namen
preis!
Bis
jetzt hat sich Gott namenlos zu Wort gemeldet. Bei allen
geschichtlichen Erfahrungen, die Menschen mit ihm gemacht haben, mit
ihm machen und machen werden, bleibt das Ganze so doch etwas
unverbindlich. So würde man sich eine kleine Hintertür offen
halten. Gott könnte sich dem allen entziehen, da ihn ja mit Namen
niemand kennt und weiß, wer sich dahinter verbirgt. Aber genau das
tut er zum Glück nicht.
Ich
sage Ihnen dazu nochmal kurz etwas Persönliches. Wissen Sie als
allein stehender Mensch habe ich auch schon an Singletreffen
teilgenommen, um neue Leute kennen zu lernen. Es ist wirklich
spannend und interessant zu beobachten, wie man sich da oft
untereinander verhält. Da geben viele von sich selbst möglichst
wenig preis. Das fängt schon mit dem Namen und der Adresse an, die
man nur schwer rauskriegt. Umso mehr versucht man vom anderen
wichtige Informationen zu bekommen. Das Ganze ist ein richtig
methodisches Spiel, das teilweise sehr raffiniert geführt wird. Und
wenn es am Ende nichts wird, na dann macht es ja nichts aus. Es war
ja nicht verbindlich. Man bleibt ja anonym und kann so wie bisher
sein Leben ohne großartige Komplikationen weiterführen. Ich bin
selbst erstaunt, wie ich nach so einem letzten Treffen vor Kurzem so
wenig Handfestes, Greifbares von den Personen, die dort waren, weiß
und mich auch teils frage, ob mir da nicht auch in Vielem etwas
vorgemacht wurde. Es war irgendwie ein bisschen Versteckspiel.
Genau
dieses Versteckspiel macht Gott zu unserem Glück nicht mit. Er legt
sich vielmehr mit seinem Namen fest. Er gibt uns so einen tiefen
Einblick, wer er eigentlich ist!
Da
spricht er vor Mose seinen Namen aus: Ich werde sein, der ich sein
werde!
Das
klingt etwas philosophisch, als ob hier eine Wesensaussage über
Gott, über Gottes Sein gemacht wird. Dementsprechend hat man im
Judentum und auch im Christentum darüber nachgedacht, was damit
eigentlich gemeint ist.
Damit
wäre man aber schon wieder beim Nachdenken über Gott. Entscheidend
ist vielmehr, dass Gott selbst in seinem Namen uns ganz fest und
liebevoll anspricht: Ich bin derjenige, der für euch da ist!
Genauso zeige ich mich euch, erweise ich mich an euch als der allmächtige
und barmherzige Gott! Mein Name steht genau für das, was ich tief
in meinem Herzen für euch empfinde und für euch tu. Darauf lege
ich mich fest und werde darin ganz verbindlich!
In
dem Gott uns seinen Namen nennt, erkennen wir sein tiefstes Herz,
wie gut er es letztendlich mit uns meint!
Mose
und sein Volk Israel haben das damals so erfahren.
Jetzt
kann man sich sagen: Das ist doch alles Historie vor mehr als ein
paar tausend Jahren. Was hat das noch mit mir heute zu tun?
Da
kann ich nur antworten:
Zum
einen redet derselbe lebendige Gott aus dem Alten Testament noch
heute zu uns Menschen und stellt sich mit Namen vor.
Zum
anderen tut das Gott auf eine neue, ganz andere und intensivere
Weise als zu Moses Zeiten.
Man
denke nur an das Evangelium für diesen Sonntag aus dem 17. Kapitel
des Matthäusevangeliums, wo auch wieder auf einem Berg
Unglaubliches passiert und die Stimme Gottes spricht: ‚Dies ist
mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe; den sollt ihr hören!’
Der
heutige, letzte Sonntag zum Ausklang der Epiphaniaszeit macht uns
bewusst:
Gottes
Herrlichkeit ist in seinem Sohn mitten unter uns erschienen!
Das
ist der Name, der über allen Namen steht: Jesus Christus, unser
Herr und Gott!
In
Ihm, in seinem Namen erkennen wir, wer Gott für uns Menschen ist!
Ich
komme damit zum Schluss:
Ja,
es mag sein, dass die heiligen Orte es so wie damals nicht mehr gibt
und wir da auch etwas enttäuscht sind - so auch mein Erlebnis am
Katharinenkloster. Ja, es mag sein, dass unser Leben ähnlich wie
Mose manchmal alltagsgrau, ja auch richtig schwer ist.
Aber
trotz allem zeigt sich dieser eine und lebendige Gott uns, indem er
einfach für uns da ist! Trotz allem macht er mit einem jeden von
uns Geschichte und geht selbst voll und ganz in unsere Geschichte
ein! Er legt sich dabei mit seinem Namen fest, wird für uns ganz
verbindlich und zeigt Herz!
Im
Glauben an Jesus Christus dürfen wir das fest wissen. Darauf dürfen
wir fröhlich vertrauen, zuversichtlich in die neue Woche mit all
ihren Aufgaben und Herausforderungen gehen und in die Zukunft
aufbrechen, die er uns schenkt!
Amen.
Klaus
Eberhard
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