Predigt am 24.12.2010, Christvesper über
Johannes 3, 16 - 21
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Ich
lese Worte aus dem 3. Kapitel des Johannesevangeliums, dem
Predigttext an Heilig Abend:
16
Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen
Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden,
sondern das ewige Leben haben. 17 Denn Gott hat seinen Sohn nicht in
die Welt gesandt, dass er die Welt richte, sondern dass die Welt
durch ihn gerettet werde. 18 Wer an ihn glaubt, der wird nicht
gerichtet; wer aber nicht glaubt, der ist schon gerichtet, denn er
glaubt nicht an den Namen des eingeborenen Sohnes Gottes. 19 Das ist
aber das Gericht, dass das Licht in die Welt gekommen ist, und die
Menschen liebten die Finsternis mehr als das Licht, denn ihre Werke
waren böse. 20 Wer Böses tut, der hasst das Licht und kommt nicht
zu dem Licht, damit seine Werke nicht aufgedeckt werden. 21 Wer aber
die Wahrheit tut, der kommt zu dem Licht, damit offenbar wird, dass
seine Werke in Gott getan sind.
Liebe
Gemeinde!
‚Also
hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab,
damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das
ewige Leben haben. Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt
gesandt, dass er die Welt richte, sondern dass die Welt durch ihn
gerettet werde.’
Was
für ein großer Zuspruch Gottes wird hier laut!
Darin
ist im Grunde genommen alles enthalten, was die frohe
Weihnachtsbotschaft ausmacht:
Gott
liebt seine Welt! Nicht nur eine Elite, nicht nur eine kleine Schar
Auserwählter, nein er liebt jeden von uns!
Sie,
die Sie heute hierher gekommen sind, dürfen also wissen: Auch wenn
der neue Pfarrer nach einem guten halben Jahr mich noch nicht kennt
- Gott kennt mich und liebt mich!
Sein
Blick ist weit und nimmt jeden liebevoll wahr!
Und
diese Liebe Gottes hat Tiefgang!
Das,
was wir gerade in der schönen und so vertrauten
Weihnachtsgeschichte aus dem Lukasevangelium gehört haben, das
bringt der Evangelist Johannes auf den Punkt: Gott gibt seinen
eingeborenen Sohn! Eigentlich steht da einzig geborenen Sohn.
Das
heißt: Gott gibt da nicht nur etwas von sich preis. Nein, er gibt
etwas Einzigartiges, was er nicht nochmal hat. Da kommt keine noch
so gut gemachte Kopie dran. Er gibt seinen einzigen Sohn, Jesus
Christus! Er wendet sich so mit allem, was er ist und hat, uns zu!
So
sehr liebt uns Gott!
Beide
Evangelien - sowohl das Lukasevangelium als auch das
Johannesevangelium betonen das ganz stark.
Der
Evangelist Lukas tut dies, indem er die armseligen Verhältnisse
beschreibt, in denen Christus zur Welt kommt. Gott wird tatsächlich
so Mensch wie ich und du. Er lässt sich ganz in die Tiefen unseres
menschlichen Lebens ein! Das Ganze ist also total geerdet!
Der
Evangelist Johannes ist da theologischer, auch wenn er ganz klar
voraussetzt, dass Gott Mensch wird. Er betont aber zudem vor allem,
dass das auch wahr ist! Es geht ihm um die Wahrheit!
Das
Ganze ist also kein schönes Weihnachtsmärchen, dass wir alle Jahre
wieder hören.
Das
ist vielmehr die Wirklichkeit Gottes, die an Weihnachten offenbar
wird!
Das
ist die Wirklichkeit von Weihnachten, die uns tatsächlich tragen
kann!
Das
ist die Wirklichkeit von Weihnachten, auf die es von ganzem Herzen
zu vertrauen gilt! Unser Glaube ist hier gefragt!
Damit
wäre ich beim zweiten Teil des Predigttextes, der für unsere
Christvesper am Heilig Abend vorgegeben ist.
Bis
jetzt war ja alles eher schön von der frohen Weihnachtsbotschaft
erfüllt: Gottes Liebe zur Welt, der er sich voll und ganz uns
zuwendet und uns alle retten will!
Leider
endet der Predigttext nicht hier. Er wird im darauf folgenden
schwieriger, komplizierter. Da wird nun vom Gericht, von der
Finsternis, in der böse Taten geschehen, geredet. Das ist nicht
gerade schön weihnachtlich für den heutigen Anlass.
Ich
gebe ehrlich zu: Ich habe mich gefragt, ob ich das als Prediger
nicht lieber weglasse und Ihnen ganz erspare. Da war ich übrigens
nicht der einzige, wie ich bei den vielen Predigtvorbereitungen
anderer Theologen gelesen habe. Manche wollten sich auf die ersten
Verse beschränken, weil das doch das Eigentliche von Weihnachten
ist.
Ich
sehe das allerdings anders. Ich bin überzeugt: Wenn ich das
Nachfolgende weglassen würde, dann würde ich die
Weihnachtsbotschaft verkürzen. Ja, dann würde ich ihr den tiefen
Ernst, der hinter ihr steckt, wegnehmen.
Der
Evangelist Johannes stellt vielmehr klar: Weihnachten ist mehr als
nur ein schönes, besinnliches Fest.
Weihnachten
zeigt vielmehr Gottes Liebe, die mich, ja jeden von uns ernst nimmt!
Umgekehrt
will Gott, dass wir ihn ernst nehmen, dass wir uns auf ihn
einlassen!
Nun
richtet sich das Ganze an uns!
Da
werden wir vor die Entscheidung gestellt. Da werden wir gefragt:
Nehme
ich die Weihnachtsgeschichte nur als Zuhörer wahr? Betrachte ich
die Krippe mit dem Jesulein nur als Zuschauer?
Oder
lasse ich die frohe Weihnachtsbotschaft persönlich an mich heran?
Lasse ich mich davon neu im Herzen berühren, so dass ich sagen
kann: Ja, das stimmt wirklich! Daran will ich glauben!
Der
Evangelist Johannes argumentiert in dem Zusammenhang mit zwei
starken Symbolen, mit dem Licht und mit der Finsternis.
Mit
beiden Symbolen kann sicherlich jeder von uns etwas anfangen.
Ich
selbst verbinde beides mit Positivem wie Negativem.
Eine
gewisse Finsternis liebe ich manchmal - z.B. wenn ein Raum wie heute
hier in der Christvesper abgedunkelt wird. In solchen Momenten fühle
ich mich eher wohl. Da stehe ich nicht im Rampenlicht. Da falle ich
nicht so sehr auf. Da werde ich nicht von jedem gesehen. Das tut mal
ganz gut. Da kann ich mich in Ruhe mal zurücklehnen und still
werden.
Die
Finsternis hingegen, die ich bis vor Kurzem in der 1.Etage meines
Pfarrhauses hatte, fand ich nicht so toll. Im Spätsommer konnte ich
damit noch gut leben, aber jetzt im Winter, wo die Tage dunkler
sind, war das schon ein Problem. Wie froh war ich daher, als ein
netter Mensch aus der Gemeinde mir zahlreiche Lampen an die Decken
montierte. Jetzt ist alles hell erleuchtet und ich tappe nicht mehr
im Dunklen.
Vielleicht
haben Sie ähnliche Erfahrungen mit dem Licht und der Finsternis,
die sie mögen oder auch nicht.
Das,
was ich bis jetzt zu beidem gesagt habe, betrifft bis jetzt nur
unseren menschlichen, alltäglichen Bereich. Da kann man auch mal
unterschiedlicher Meinung sein.
In
Bezug auf Gott hingegen sind die Verhältnisse klar.
Der
Bereich des Lichtes gehört zu ihm, wo alles Gute in hellster
Klarheit zu finden ist.
Der
Bereich der Finsternis hingegen ist die Welt, wo alles Böse
geschieht.
Gerade
der Begriff Welt ist im Johannesevangelium eher negativ gefüllt.
Klar, die Welt ist auch nach ihm von Gott gut geschaffen. Aber sie
ist in diesem guten Zustand nicht geblieben. Sie hat sich von ihm
abgewandt und ihm gegenüber verschlossen. Unheilvolle Zustände
sind daher dort anzutreffen.
Aus
diesem Grund kommt Jesus Christus zur Welt, um sie aus diesem
unheilvollen Zustand herauszuholen und zu retten.
Es
geht hier um nicht mehr und nicht weniger als um unser Heil!
Das
will uns der Evangelist Johannes klar und deutlich ans Herz legen.
Um
in den beiden Symbolen, die er verwendet, zu bleiben:
Gottes
Licht scheint in unserer eigenen Finsternis, in der wir stehen, auf.
Sein Licht will unser Leben hell machen! Und nicht nur unseres,
sondern das der ganzen Welt!
Dementsprechend
verwenden auch viel Künstler, wenn sie die Weihnachtsgeschichte
malen, die beiden Symbole. Im hellen Licht steht normalerweise das
Christuskind in der Krippe. Die Menschen, die zu ihm gekommen sind
und in seiner nächsten Umgebung sich befinden, strahlt es an. Ihre
Gesichter sind gut zu erkennen. Der Rest im Hintergrund hingegen
verschwindet in der Finsternis.
So
verhält es sich auch auf dem Weihnachtsbild, das auf dem
Liedprogrammheft zu sehen ist.
Die
Botschaft ist klar: Durch dieses Kind will Gott unsere Dunkelheit
hell machen.
Die
Frage ist nun wie gesagt: Lassen wir selbst das zu? Kommen wir
selbst zu diesem Kind und öffnen ihm unsere Herzen? Oder
verkriechen wir uns davor lieber, bleiben lieber unentschieden und
leben so weiter wie bisher?
Bei
letzterem würden wir an Weihnachten vorbei leben und mit leeren Händen
letztendlich dastehen. Johannes nimmt da klare Worte in den Mund und
redet vom Gericht.
Ich
habe dazu vor kurzem ein markantes Beispiel gelesen, das ich Ihnen
erzähle.
Stellen
Sie sich vor, dass wir jetzt nicht den kalten Winter mit dem
Schneeregenwetter haben, sondern Sie sich im Frühjahr befinden. Die
Natur erwacht wieder zum Leben. Alles kriecht und bewegt sich auf
dem Boden. Bei der Gartenarbeit heben Sie einen großen Stein hoch
und siehe da, jede Menge Kellerasseln. Was passiert? Sie wissen es:
Die Kellerasseln strömen auseinander, weil sie das Licht meiden.
Sie suchen sich schnell wieder dunklen Ecken, wo sie sich
verkriechen können.
Manchmal
habe ich das Gefühl: Ja, so ähnlich ist das mit Weihnachten. Gott
kommt von oben und hebt den Stein hoch. Wir Menschen befinden uns
darunter und ziehen uns dann vielleicht schnell zurück, weil wir
sein helles Licht nicht ertragen.
Ich
habe mich gefragt, woran das liegen könnte. Ich vermute, dass man
seine Bedenken hätte, was da alles zutage käme, wenn man in dieses
helle Licht treten würde.
Schon
im Blick auf mich selbst als neuer Pfarrer, der ich nun eine große
Verantwortung für eine ganze Gemeinde trage, wäre das nicht so
toll.
Darüber
hinaus kann man allgemein festhalten:
Manche
Fehler, manche Schwächen, ja manche Schuld und schlechten Taten möchte
man doch lieber für sich behalten. Das soll im Geheimen und
Verborgenen bleiben, damit es ja keiner sieht. Wie stehe ich denn
dann vor dem anderen da, wenn er das weiß?
Wahrscheinlich
sind wir da auch von unserer Gesellschaft so geprägt, so getrimmt,
dass nur unsere Fähigkeiten und Stärken zählen. Das Andere darf
nicht sein, sonst ist man unten durch. Also dann hält man sich
lieber doch zurück und verkriecht sich in sich.
Genau
in diese gewohnte Sichtweise und Verhaltensweise stößt gerade die
frohe Weihnachtsbotschaft rein. Gerade dadurch, dass Gott im
Christuskind zu mir kleinem und schwachen Menschen kommt, und für
mich eintritt, wird mir, spricht er zu jedem von uns:
Du
musst dich nicht verstellen und nur deine guten Seiten nach außen
kehren.
Du
darfst so vor mich hintreten, wie du bist. Ja, ich weiß, da gibt es
einiges, was nicht so schön ist. Aber das nehme ich weg. Ich nehme
dich an, so wie du bist, als jemand, der von mir gewollt und geliebt
wird. Vertrau doch darauf! Lass dich doch darauf ein!
Und
ich bin überzeugt, wer das tut, wer zu Jesus Christus kommt und in
dieses Licht Gottes eintritt, der wird ganz anders in seinem Leben
auftreten.
Der
kann offen und ehrlich sein zu Gott, zu sich selbst und zu den
anderen! Das bringt also eine wohltuende Klarheit in mein Leben!
Genau
dazu lädt uns die frohe Weihnachtsbotschaft aus dem
Johannesevangelium, auch wenn sie in manchem hart klingt und auch
ist, auf’s Neue ein!
Gott
kommt im Christuskind zu uns Menschen und will mit seinem Licht
unser Leben hell und klar machen! Das ist tiefernst gemeint! Lassen
wir unsere Herzen davon neu berühren und uns selbst zum Kind
aufmachen!
Mit
den Worten aus einem bekannten Weihnachtslied, das wir gleich singen
werden:
‚Ich
steh an deiner Krippen hier, o Jesu, du mein Leben; ich komme, bring
und schenke dir, was du mir hast gegeben. Nimm hin, es ist mein
Geist und Sinn, Herz, Seel und Mut, nimm alles hin uns lass dir’s
wohl gefallen.’ Amen.
Klaus
Eberhard
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