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Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31 Ev. Philippusgemeinde Köln Raderthal Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31
 

Predigt am  30.11.2010  über Markus 1

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‚Nun ist die Zeit der Stille’.

So steht es auf der Einladungspostkarte, die vermutlich viele von Ihnen bekommen haben und hierher gelockt hat.

Ich selbst habe die Karten auch fleißig verteilt - so auch bei einer Geburtstagsparty vor Kurzem in Bonn. Dort habe ich sie einem guten Freund gegeben. Der sagte mir: Ich werde kommen - aber nur, wenn der da nicht kommt!

Ich gebe zu: Nun ist die Zeit der Stille - das hat mit dem schreienden Blag vorne auf der Karte herzlich wenig gemeinsam.

Bei so einem Gesichtsausdruck denke ich an gereizte Weihnachtsstimmung unter Tannenbaum. Da denke ich an all die Anspannung, der hohe Erwartungsdruck, der sich da entlädt. Da muss man sich grausig vorgetragene Weihnachtslieder oder Weihnachtsgedichte anhören. Da wird in aller Hektik ein Geschenk nach dem anderen aufgerissen und das Geschenkpapier achtlos auf den Boden geworfen, bis alles davon voll ist. Da wird herum geschrieen und herumgerannt, so wie es der Junge auf der Karte vielleicht auch tut.

Ich kann meinen Freund verstehen: Da will ich auch nicht kommen, wenn der kommt und so einen Terz macht.

Aber machen wir uns nichts vor. Es liegt nicht nur an den Kindern, sondern auch uns Erwachsenen. An der satirischen Geschichte, die wir gerade von Margit und Alexandra mit all dem Weihnachtsklimbim gehört haben, ist ja was Wahres dran. Wir versuchen es allen recht zu machen, allen Erwartungen gerecht zu werden. Wir erliegen dabei vor allem dem Weihnachtskommerz.

Was rennen und hetzen wir in dieser Zeit nicht alles rum und versuchen all die vielen Aufgaben zu erledigen. Was setzen wir uns da nicht unter Druck. Am Ende kommt es nicht selten zu Konflikten in Familien unterm Tannenbaum. Das Lied ‚That was the worst Christmas ever’, was wir gerade gehört haben, bringt das alles ja auf den Punkt.

All das, was dann bei uns gar nicht gut, gar nicht rund läuft, das decken wir allzu leicht mit schönem Weihnachtskitsch zu.

Davon haben wir ja heute auch eine Menge. Selbst Ihr Pfarrer hat sich davon was vor Kurzem auf dem Weihnachtsmarkt in Köln beim Mitarbeiterausflug gekauft. Lichterketten blinken uns in diesem Gottesdienst an. Am Anfang wurde zudem herrlich kitschige Weihnachtsmusik eingespielt. Und als ob das nicht genug wäre, gipfelt das Ganze noch in diesem Weihnachtsmann, der da in der Nähe unseres heiligen Kreuzes in der Kirche hängt. Sie kennen diese Klettermänner sicher von den Balkonen der Häuser, wo sie sonst herum hängen. Der letzte Schrei, wie ich finde. Man hätte ihn auch sicherlich auf das Kreuz selbst hängen können, aber das haben wir uns dann vom Welcome-Team doch nicht getraut. Das war uns zu provokant und ein Tick zuviel.

Wir wollten damit auch gar nicht in erster Linie provozieren. Das Ganze soll vielmehr ein Hallo-Wach-Effekt bei uns erzielen.

Im Grunde genommen, wenn wir ehrlich sind, sieht es doch bei uns so ähnlich aus. Im Grunde genommen ist doch das bei vielen unter uns die Sichtweise. Da fällt uns nicht das Kreuz, sondern der Weihnachtsmann in den Blick. Da verdeckt er das, was eigentlich an Weihnachten geschehen ist und worauf wir uns im Advent vorbereiten.

Ja, der verdeckt er oft das Kreuz, nimmt uns da die Sicht.

Das also, was da vorne zu sehen ist, das ist vielleicht ein Spiegelbild dessen, was bei uns Menschen zu leicht in dieser Zeit abläuft.

Wir machen den Weihnachtsrummel um uns herum oft in vollen Zügen mit. Wir versuchen alles Mögliche dabei mit zu bekommen und nichts zu verpassen. Ich hatte im letzten Jahr z.B. soviel zu tun, dass ich nur einmal und das kurz vor Heilig Abend auf den Weihnachtsmarkt kam. Da habe ich gedacht: Jetzt musst du alles auf einmal nachholen. Einige haben’s schon gemerkt: Ich kann gut essen. Also habe ich innerhalb von ca. 2 Stunden Reibkuchen, Currywurst, Champignons in Sauce, Waffeln, Dampfnudel gefressen. Am Ende war mir richtig schlecht. Ja, ich hatte in Rekordzeit alles erledigt, aber gut ging es mir dabei nicht.

Genau das kann es doch nicht sein, was Advent und Weihnachten ausmacht. Da muss doch noch mehr sein, ja etwas ganz Anderes sein.

Um das zu verdeutlichen, erzähle ich Ihnen eine Geschichte, die Jesus erlebt hat. Sie können die Geschichte im 1. Kapitel des Markusevangeliums nachlesen. Jesus ist erst vor kurzem so richtig in der Öffentlichkeit aufgetreten. Die Menschen herum sind auf ihn aufmerksam geworden, weil er Besonderes kann. Vielleicht war er für sie so eine Art Weihnachtsmann, der sie beschenkte, indem er Menschen heilte und vieles andere Gute tat. Auf jeden Fall verbringt Jesus einen ganzen Tag in der Stadt Kapernaum, die direkt am See Genezareth liegt. Dieser Tag hat es wirklich in sich. Jesus hat da alle Hände voll zu tun. Zuerst hält er in der Synagoge eine richtig gute, ein vollmächtige Predigt. Mitten im Gottesdienst kommt es daraufhin zu einem Eklat. Ein böser Geist in einem kranken Menschen erkennt, dass Jesus zu Gott gehört und ruft es auch laut aus: Was willst du von uns? Ich weiß genau, wer du bist: der Heilige Gottes! Jesus befreit den Menschen hierauf von seinem bösen Geist. Nach dem Gottesdienst geht es für ihn sofort weiter. Zuhause, bei Simon, der später den Namen Petrus bekommt, ist die Schwiegermutter schwer krank. Auch sie heilt Jesus und nimmt ihr das Fieber weg. Als ob das nicht schon genug wäre, kommen am Abend alle möglichen kranken Menschen zu ihm, die er gesund macht. Jesus wendet sich auch ihnen allen zu und lässt sie gesund werden.

Ich vermute, das alles hat Jesus sehr viel Kraft gekostet. Das war so ein richtiger Stresstag für ihn. Interessant ist, ja wichtig ist, was Jesus daraufhin tut. Er sagt sich nicht: O.K. morgen dasselbe Programm, du bist ja schließlich der Sohn Gottes. Er feiert auch nicht ab und geht auf den Weihnachtsmarkt oder so.

Nein, früh morgens geht er an einen einsamen Ort. Er zieht sich dort zurück. Vor allem er betet dort zu Gott, seinem Vater, zu dem er eine ganz besondere Beziehung hat. Jesus macht genau das, worauf es auch in dieser Zeit und auch darüber hinaus ankommt. Jesus ist sich im Klaren: Nun ist die Zeit der Stille! Nun nehme ich mir Zeit für Gott, meinen Vater, der mir doch ganz nah ist, mit dem ich doch so eine tiefe feste Beziehung habe!

Die Jünger haben dafür kein Verständnis. Die suchen Jesus und sagen ihm auch deutlich, dass jedermann in sucht.

Ich bin mir sicher, Jesus wusste das auch und trotzdem hat er etwas anderes getan. Er hat die Zeit der Stille aufgesucht. Er hat sie gesucht, um die Beziehung zu Gott, seinem Vater zu pflegen. Er hat gewusst, wie wichtig das ist, wie gut ihm das tut!

Wenn ich das höre, dann merke ich: Ja genau das ist es auch für mich!

Ich gebe zu: Manchmal spare ich in meinen vollen Arbeitstagen genau da ein. Das Beten und Singen zu Gott, das Bibellesen - all das kommt da leicht zu kurz, obwohl es doch so wichtig ist und mir so gut tut.

Ich brauche einfach diese Zeit der Stille, um mit Gott und mit mir ins Reine zu kommen, um die Beziehung zwischen ihm und mir zu pflegen und zu vertiefen. Ich brauche diesen Freiraum, um mich Gott tatsächlich neu zu öffnen, um mich von ihm neu ansprechen und berühren zu lassen!

Dieser Freiraum ist so wichtig, damit Gott tatsächlich zu mir kommen kann und mich im Innern, im Herzen tief bewegt.

Nur so, davon bin ich überzeugt, nur so kann ich in dieser oft hektischen und stressigen Zeit tatsächlich die frohe Nachricht neu hören:

Die frohe Nachricht, dass Gott in seinem Sohn Jesus Christus zu uns kommt!

Die frohe Nachricht, dass Gott für jeden einzelnen von uns hier und jetzt da ist!

Die frohe Nachricht, dass er uns all das, was zwischen ihm und uns steht, wegnimmt und uns eine gesunde, heile Beziehung zu ihm schenkt!

Genau dafür brauchen wir die Zeit der Stille, Zeit für Gott!

Ich bin also überzeugt: Das gilt nicht nur mir als Pfarrer in der vollen Advents- und Weihnachtszeit. Das gilt auch für Sie! Das gilt auch für Euch!

Das, was wir aus der Geschichte von Jesus im Blick auf Advent und Weihnachten mitnehmen können, ist also Folgendes:

Ja, wir dürfen auf Weihnachtsmärkte gehen, das genießen und in Maßen essen, wenn uns danach ist. Ja, wir dürfen zu Hause Lichterketten aufhängen und auch manchen Kitsch aufstellen. Die Freude daran soll einem nicht verdorben werden.

Aber das alles ist es nicht, was Advent und Weihnachten ausmacht. Das alles sollte uns nicht den Blick nehmen bzw. verdecken für das, was tatsächlich das Wesentliche, das Eigentliche in dieser Zeit ist.

Als symbolische Aktion werden wir daher jetzt den Weihnachtsmann vom Kreuz entfernen, damit wir nicht zu sehr auf ihn schauen und uns dadurch von der frohen Botschaft Gottes, für die das Kreuz steht, ablenken lassen.

- Katechumenen hängen den Weihnachtsmann ab (Schnur abschneiden)

Jetzt ist der freie Blick auf Gott, auf Jesus Christus und damit der Freiraum für ihn wieder da!

Als weiteres Zeichen werden wir jetzt ein paar Räucherkerzen vorne vor dem Kreuz anzünden.

- Katechumenen zünden Räucherkerzen an und stellen sie auf einen Teller vor dem Kreuz

Die entzündeten Räucherkerzen sind jetzt nicht dazu, um uns einzunebeln und wieder im Weihnachtsdunst zu versinken.

Nein, sie können uns vielmehr an den Weihrauch erinnern, der schon in der Bibel vorkommt. Die Weisen aus dem Morgenland bringen dem Jesuskind drei Geschenke - Gold, Myrrhe und Weihrauch.

Nach altkirchlicher Tradition steht das Gold dafür, dass Jesus der König ist, die Myrrhe dafür, dass Jesus am Kreuz für uns stirbt, und schließlich der Weihrauch, dass Gott in Jesus Christus gegenwärtig ist.

Das mit dem Weihrauch tun zwar normalerweise in Gottesdiensten nur die orthodoxen und manchmal auch die katholischen Christen.

Aber im Grund genommen können wir evangelische Christen das zu mindestens auch als ein Zeichen sehen, dass Gott wirklich gegenwärtig ist, dass er wirklich für uns da ist. Dafür steht nämlich der Weihrauch.

Daher werden alle am Ende des Gottesdienstes eine Räucherkerze geschenkt bekommen - Zimtgeschmack, also nichts furchtbar Riechendes für Ihre Wohnung.

Vielleicht kann Sie dieses Räucherkerzen an die frohe Advents- und Weihnachtsbotschaft erinnern, wenn Sie es zu Hause anzünden:

Nun ist tatsächlich Gott, ist Jesus Christus zu mir gekommen! Nun ist er tatsächlich für mich da! Nun wendet er sich mir persönlich zu und geht mit mir eine tiefe, feste Beziehung ein!

Dafür möchte ich mich auch ihm tatsächlich öffnen und mit ihm reden! Dafür möchte ich Freiraum für ihn allein haben!

Dafür ist nun die Zeit der Stille! Amen.

Klaus Eberhard