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Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31 Ev. Philippusgemeinde Köln Raderthal Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31
 

Predigt am  17. Oktober 2010  über  !. Thessalonicher 4, 1 - 8

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Liebe Gemeinde!

Stellen Sie sich mal eine typische Hochzeitsfeier in unserer Kirche vor:

Die Braut zieht mit ihrem Bräutigam ein und die Gemeinde steht dazu auf. Vielleicht wird sie auch von ihrem Vater hineingeführt. Natürlich hat sie ein weißes Brautkleid ein - ein Zeichen im Grunde genommen dafür, dass sie noch unberührt ist. Jeder von der Hochzeitsgesellschaft ist sich aber im Klaren, dass das Paar schon längst zusammen lebt. Das wird schon gar nicht mehr angesprochen. So selbstverständlich ist das. Aber jetzt wird es offiziell fest gemacht und alles geht hoffentlich seinen guten Weg.

In den vorderen Reihen sitzen die Großeltern. Sie haben erst vor kurzem ihre Goldene Hochzeit gefeiert. Sie wissen, was es heißt, solange treu zusammen zu leben. Die junge Generation kann sich daran gefälligst ein Beispiel nehmen.

Ganz vorne sitzen die Eltern des Brautpaares. Sie freuen sich, dass ihre eigenen Kinder endlich heiraten. Aber sie wissen aus eigener Erfahrung, dass nicht alles leicht sein wird. Bei aller Verklärung am Hochzeitstag ist ihnen bewusst, dass man auch durch manche Ehekrisen gehen muss. Manche Verletzungen und Enttäuschungen waren auch mit dabei. Manche Wünsche und Sehnsüchte blieben unerfüllt. Aber immerhin hat man bis jetzt irgendwie zusammen gehalten.

Dahinter sitzt der Bruder des Bräutigams. Er ist der ganzen Hochzeitsfeier eher skeptisch gegenüber eingestellt. Klar, er gönnt es seinem Bruder. Aber er ist Realist: Seine eigene Ehe begann so feierlich und inzwischen ist sie beendet. Die Scheidung von seiner Frau war unvermeidlich. Es ging einfach nicht mehr. Zum Glück gab es noch keine Kinder, die einen Schaden davon trugen.

Bei seinem Vetter hingegen ist das leider so gewesen. Der Blick nach hinten verrät ihm: Er ist heute alleine, ohne Familie gekommen.

Soweit zu einer typischen Hochzeitsgesellschaft in unserer Kirche.

Ich frage mich: Wie hätten die Menschen reagiert, wenn Sie unseren Predigttext für den heutigen Sonntag gehört hätten.

Ich lese Worte aus dem 4. Kapitel des 1.Thessalonicherbriefes:

‚1 Weiter, liebe Brüder, bitten und ermahnen wir euch in dem Herrn Jesus - da ihr von uns empfangen habt, wie ihr leben sollt, um Gott zu gefallen, was ihr ja auch tut -, dass ihr darin immer vollkommener werdet. 2 Denn ihr wisst, welche Gebote wir euch gegeben haben durch den Herrn Jesus. 3 Denn das ist der Wille Gottes, eure Heiligung, dass ihr meidet die Unzucht 4 und ein jeder von euch seine eigene Frau zu gewinnen suche in Heiligkeit und Ehrerbietung, 5 nicht in gieriger Lust wie die Heiden, die von Gott nichts wissen. 6 Niemand gehe zu weit und übervorteile seinen Bruder im Handel; denn der Herr ist ein Richter über das alles, wie wir euch schon früher gesagt und bezeugt haben. 7 Denn Gott hat uns nicht berufen zur Unreinheit, sondern zur Heiligung. 8 Wer das nun verachtet, der verachtet nicht Menschen, sondern Gott, der seinen Heiligen Geist in euch gibt.’

Ich vermute, die einen würden dabei ganz klar mit dem Kopf nicken und sich sagen: Jawohl, so ist es richtig. Das muss gerade an einem Tag wie heute mal gesagt werden. Kirche steht doch noch für Moral und Ordnung.

Die anderen wiederum - und ich vermute, das wäre keine Minderheit - würden ernüchtert feststellen: Das ist doch total heile Welt, was da der Apostel schreibt. Das ist doch eher weltfremd. Heute wird das doch ganz anders gelebt.

‚Meidet die Unzucht und ein jeder von euch seine eigene Frau zu gewinnen suche in Heiligkeit und Ehrerbietung.’ Ist das nicht an der nüchternen Alltagsrealität vorbei geredet?

Ich nenne nur knapp zwei Beispiele dazu:

Unzucht heißt auf Griechisch ‚Porneia’. Das, was Paulus hier rät, zu vermeiden, das kann man sich heute aus dem Internet oder sonst wo runter laden und reinziehen.

Weiterhin geht mehr als jede dritte Ehe in unserem Land kaputt. Überhaupt wird die Ehe als Institution unserer Gesellschaft stark in Frage gestellt und ist nicht mehr so ohne Weiteres selbstverständlich.

Hat uns also das, was Paulus hier schreibt, nichts mehr zu sagen?

Ich halte fest dagegen! Ich gehe davon aus: Das, was im 1.Thessalonciherbrief steht, hat uns Wesentliches zu sagen! Das ist auch noch heute aktuell und betrifft jeden von uns!

Ich bin überzeugt: Entschiedenes Christsein unterscheidet sich auch eindeutig von dem, was in der Welt, um uns herum gelebt wird. Wir Christen können nicht einfach alles, was in der Welt gelebt wird, mitmachen. Da gibt es tatsächlich vieles, wovon wir uns fernhalten sollten, weil es uns tief verletzt, ja unser Leben kaputt macht und zerstört!

Es mag sein, dass das, was Paulus schreibt, weltfremd klingt. Aber daran gilt es sich trotzdem zu halten, weil Gott es so will - zu unserem Besten!

Übrigens wird das auch damals, in der heidnischen Welt ziemlich fremd geklungen haben, was Paulus hier schreibt. Das war damals eine heidnische Umwelt, in der die Gemeinde Thessalonich lebte. Da gab es - vielleicht sogar mehr als heute - große Herausforderungen, sein Christsein im Alltag zu leben. Die Gemeinde wird auch ihre Nöte, Probleme und Konflikte im Leben gehabt haben. Vielleicht nicht so sehr auf dem Bereich der Sexualität, dann in anderen Bereichen.

Ich verstehe auch das, was Paulus hier schreibt nicht so, als wollte er die christliche Ethik, wie wir Christen uns zu verhalten haben, nur auf diesen Bereich einschränken.

Ja, Paulus hält diesen Bereich zu Recht für wichtig, weil er das Intimste, und damit Verwundbarste und Verletzendste des Menschen betrifft. Aber er beschränkt ihn sicherlich nicht darauf. Das betrifft darüber hinaus alle unsere Lebensbereiche! Einen anderen Bereich nennt er auch kurz in unserem Briefabschnitt, wo es darum geht, den anderen im Geschäftlichen über den Tisch zu ziehen.

Die Frage bleibt allerdings: Wie können wir das alles befolgen, danach leben?

Mit Sicherheit nicht so, dass wir uns jetzt eine moralische Standpauke anhören und krampfhaft versuchen, aus uns bessere Menschen zu machen. Sicher nicht so, dass wir uns mit Appellen wie ‚Du musst! Du sollst!’ total unter Druck setzen. Daran würden wir früher oder später nur scheitern. Heuchelei und Doppelmoral träten da schnell an den Tag.

Das ist es sicher nicht, was Paulus von uns abverlangt und will.

Er weiß genau, dass wir auf uns allein gestellt das nicht packen.

Das kann vielmehr nur Gott in uns bewirken und uns schenken!

Ich will es mal theologisch auf den Punkt bringen.

Unser Christsein ist etwas, das sich zwischen Rechtfertigung und Heiligung abspielt.

Die Rechtfertigung ist dabei der Grund, auf dem wir stehen.

Das heißt: Wir müssen vor Gott nicht wie ein perfekter, vollkommener Mensch dastehen, um angenommen zu werden, um geliebt zu werden. Es ist vielmehr so, dass er uns, so wie wir sind, als Sünder, als Menschen, die vor ihm und anderen schuldig geworden sind, von ganzem Herzen liebt!

Das ist die frohe Botschaft Jesu Christi, das Evangelium, was Paulus auch der Gemeinde in Thessalonich zuspricht. Da schreibt er ganz am Anfang des Briefes der Gemeinde: ‚Liebe Brüder, von Gott geliebt, wir wissen, dass ihr erwählt seid.’

Das betraf damals fest und gewiss die Gemeinde in Thessalonich.

Das betrifft - davon bin ich überzeugt! - genauso fest und gewiss noch heute uns, die Philippus-Kirchengemeinde in Köln Raderthal!

Um es ganz konkret auf den Bereich, den Paulus hier anspricht, zu übertragen:

Wir alle werden von Gott auch hier geliebt!

Ich, der ich als Verheirateter vielleicht gerade in einer Ehekrise stecke!

Ich, der ich als Geschiedener in der Ehe gescheitert bin!

Ich, der ich als Wiederverheirateter es besser als damals hinkriegen will!

Ich, der ich eine Beziehung zum Freund, zur Freundin lebe!

Ich, der ich als Single lebe und mich mit meinem Alleinsein vielleicht manchmal schwer tu!

Wir dürfen tatsächlich im Glauben an Jesus Christus darauf vertrauen, dass Gott uns trotz allem, was uns nicht gelingt und wo wir versagen, annimmt und uns unsere Schuld vergibt!

Jetzt könnte sich der eine oder andere bequem im Sitz zurücklehnen und sich sagen: Puh, nochmal Schweinchen gehabt. Aus dieser Nummer bin ich raus. Ich muss zum Glück nichts großartig in meinem Leben verändern und kann weiter nach dem Motto leben: Lieber Gott, bleibt alles beim Alten.

Genauso hätte man aber das Evangelium, was Paulus hier meint, total missverstanden.

Gott nimmt unsere Schuld schon ganz ernst und wir haben unser Leben vor ihm zu verantworten. So schreibt Paulus ganz klar: ‚Der Herr ist Richter über das alles, wie wir euch schon früher bezeugt haben.’

Damit wäre ich bei dem anderen Punkt, der Heiligung.

Es geht tatsächlich darum, diese Liebe, mit der Gott mich Menschen liebt, auch zu leben. Es geht tatsächlich darum, mich als Christ in meinem Alltag dementsprechend zu verhalten, auf Gott zu hören und seine Gebote auch zu befolgen.

Um es auf den Bereich der Sexualität, der im Briefabschnitt so deutlich betont wird, zu übertragen:

Das ist sicherlich etwas Gutes und ich darf mich an der Liebe zwischen Mann und Frau erfreuen! So ist das sicherlich von Gott gewollt! Aber in dem Moment wird es falsch, wenn das zuviel Platz in meinem Leben einnimmt und ich meine, dass es das allein ist, was mein Leben reich macht und erfüllt. In dem Moment wird es falsch, wo ich nur noch mich selbst sehe und das andere für mich gebrauche. Ich sage bewusst das andere, nicht den anderen, wie bei einer Person. Genauso meint es wahrscheinlich auch Paulus, wenn er schreibt: ‚Meidet die Unzucht und ein jeder von euch suche seine eigene Frau zu gewinnen in Heiligkeit und Ehrerbietung.’ Eigentlich steht da für Frau ein ganz anderes Wort. Da steht das Wort ‚Gefäß’. Paulus spielt damit auf die Umgangssprache der Heiden damals an. Die Frau war danach ein Gefäß, in das man was hinein tun kann. Das klingt wirklich sehr despektierlich, ja schon fast obszön. Da sieht man in dem anderen gar nicht mehr das Subjekt Mensch, sondern nur noch ein Objekt, das ich für meine Zwecke benutze. Das hat mit Liebe nichts mehr zu tun. Ganz anders Paulus, wenn er davon redet, seine eigene Frau in Heiligkeit und Ehrerbietung zu gewinnen. Der Blick geht hier voll und ganz auf die geliebte Person, auf seine Würde. Ich will so den anderen, mein Gegenüber voll und ganz ernst nehmen. Ich will mich voll und ganz auf ihn einlassen. Das ist also eine ausschließliche Liebe, die ich nicht mit einem anderen, mit einer anderen teilen kann.

Genauso versteht Paulus die Heiligung am Beispiel der Liebesbeziehung zwischen Mann und Frau. Ich kann ihm darin, so schwer das manchmal auch ist, nur Recht geben.

Darum geht es tatsächlich, das auch in unserem Alltag so zu leben, soweit wir das können.

Sicher werden wir dabei nicht vollkommen, perfekt. Wir werden da auch Fehler machen und schuldig werden. Das dürfen wir auch, weil Gottes vergebende Liebe uns trägt.

Wichtig ist allerdings sich immer wieder neu klar zu machen und damit auch ernst zu machen: Gott spricht uns seine Liebe nicht nur zu! Er erhebt auch einen vollen Anspruch auf unser ganzes Leben, dass wir auf ihn hören und seine wohltuenden Gebote und Ordnungen halten!

Ich lese dazu zum Abschluss der Predigt die 2. These der Theologischen Erklärung von Barmen vor, die in der Zeit des dritten Reiches verfasst wurde und gerade das deutlich macht. Sie können die These auch im Evangelischen Gesangbuch auf der Seite 1378 mitlesen: ‚Wie Jesus Christus Gottes Zuspruch der Vergebung aller unserer Sünden ist, so und mit gleichem Ernst ist er auch Gottes kräftiger Anspruch auf unser ganzes Leben; durch ihn widerfährt uns frohe Befreiung aus den gottlosen Bindungen dieser Welt zu freiem, dankbarem Dienst an seinen Geschöpfen. Wir verwerfen die falsche Lehre, als gebe es Bereiche unseres Lebens, in denen wir nicht Jesus Christus, sondern anderen Herren zu eigen wären, Bereiche, in denen wir nicht der Rechtfertigung und Heiligung durch ihn bedürfen.’ Amen.

Klaus Eberhard