Predigt am 12. September 2010 über
1. Petrus 5, 5c - 11
Drucken
Ich
lese Worte aus dem 5.Kapitel des 1. Petrusbriefes:
5c
Gott widersteht den Hochmütigen, aber den Demütigen gibt er Gnade.
6 So demütigt euch nun unter die gewaltige Hand Gottes, damit er
euch erhöhe zu seiner Zeit. 7 Alle eure Sorge werft auf ihn; denn
er sorgt für euch. 8 Seid nüchtern und wacht; denn euer
Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und
sucht, wen er verschlinge. 9 Dem widersteht, fest im Glauben, und
wisst, dass eben dieselben Leiden über eure Brüder in der Welt
gehen. 10 Der Gott aller Gnade aber, der euch berufen hat zu seiner
ewigen Herrlichkeit in Christus Jesus, der wird euch, die ihr eine
kleine Zeit leidet, aufrichten, stärken, kräftigen, gründen. 11
Ihm sei die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.
Liebe Gemeinde!
Manche
Sätze aus dem Briefabschnitt des 1. Petrusbriefes dürften uns
vertraut sein:
‚Gott
widersteht den Hochmütigen, aber den Demütigen gibt er Gnade.’
Oder:
‚All
eure Sorge werft auf ihn, denn er sorgt für euch.’
Mir
kommt es so vor, als will der Verfasser des 1.Petrusbriefes - sei es
Petrus oder ein anderer, der in seinem Namen schreibt - am Abschluss
seines Briefes nochmals kompakt ein paar gute Anweisungen den
Christengemeinden mit auf den Weg geben.
Unter
den Ermahnungen tauchen alte Tugenden wie z.B. die Demut auf.
Ich
weiß nicht, wie es Ihnen geht, wenn Sie das Wort Demut hören. Ich
denke, da geht bei manchem die Klappe zu. Demütig sein - das ist
doch völlig out.
Sich
selbst verwirklichen, aus sich selbst was machen, das ist doch dran.
Darauf kommt’s doch heute im Leben an, wenn man es zu etwas
bringen will.
Ich
frage mich daher selbst, was ich mit der Demut noch heute anfangen
kann.
Mit
Sicherheit werden wir jetzt nicht aufgefordert, überall den Bückling
zu machen, also eine unterwürfige Haltung einzunehmen. Ich denke
auch nicht, dass wir mit dem, was wir an Gaben, Stärken und Fähigkeiten
haben, tiefstapeln sollen. Im Gegenteil, das ist manchmal eine
Masche, um doch groß raus zu kommen. Man erwartet heimlich vom
Gegenüber, dass er einen hochhebt und lobt. Das ist eine versteckte
Art des Hochmuts. Also Tiefstapeln kann auch nicht mit der Demut
gemeint sein.
Nein,
man soll sich nicht unterschätzen und kleiner machen als man ist.
Aber
man soll sich auch nicht überschätzen. Ich vermute, da liegt
wirklich eine Gefahr in unserer Zeit. Manchmal fehlt einem in allen
möglichen Dingen das rechte Mass.
Da
meint man alles Mögliche zu packen und wundert sich, wenn man plötzlich
scheitert.
Im
schlimmen Fall bricht man zusammen, kann einfach nicht mehr, ist
total ausgebrannt.
Das
ist übrigens eine Krankheit, die unter Pfarrern weit verbreitet
ist.
Ich
erinnere mich noch gut an den Satz, den unser Superintendent
Bernhard Seiger von Bayenthal mir bei der Einführung sagte:
Verpulvern Sie nicht Ihre Energie.
Das
stimmt! Bei aller Freude im Beruf, bei allem Engagement und aller
Liebe zur Gemeinde gilt es das rechte Maß zu finden.
Es
gilt seine Grenzen anzuerkennen - nicht nur vor den anderen, sondern
vor Gott selbst!
Da
bedeutet meines Erachtens Bescheidenheit bzw. Demut. Der Verfasser
bringt es auf den Punkt, wenn er schreibt: ‚Demütigt euch nun
unter die gewaltige Hand Gottes.’
Damit
will er sagen: Erkennt, dass ihr nicht etwas aus eurem Leben einfach
macht, sondern dass letztendlich alles in Gottes allmächtigen, aber
auch barmherzigen Händen liegt!
Wer
das beherzigt, verinnerlicht, der wird nicht das Bedürfnis haben,
sein eigenes Ego immer in den Vordergrund zu schieben. Der wird sich
vertrauensvoll in Gottes Hände begeben.
Genauso
ist auch der Bibelvers aus unserem Briefabschnitt zu verstehen:
‚All eure Sorge werft auf ihn, denn er sorgt für euch.’
Das
ist leicht verständlich und doch ist es oft so schwer das wirklich
umzusetzen. Ja, ich habe manchmal das Gefühl, dass wir unsere
Sorgen wie ein schweres Gepäck auf unserem Rücken lieber weiter
mit uns rum tragen als sie wirklich abzuwerfen und sie so endgültig
loszuwerden. Ja, wir haben uns manchmal daran gewöhnt mit ihnen zu
leben, mit ihnen aufzustehen und zu Bett zu gehen.
Im
Briefabschnitt hingegen werden wir dazu aufgefordert: Legt doch das,
was euch bedrückt, in Gottes Hände. Werft euren Ballast bei ihm
ab. Habt doch Gottvertrauen!
Jetzt
kann man sich sagen: das ist ja alles schön und gut, aber ist das
nicht ein bisschen zu naiv?
Vertrauen
auf Gott ist gut, aber den Taschenrechner braucht man doch schon für
sein Leben. Auch wir als lebendige und fromme Gemeinde müssen uns
mit dem Haushalt rumschlagen und schauen, wie wir über die Runden
kommen. Die Kirche kann davon zur Zeit ein Lied singen.
Daran
wird deutlich: Die Sorglosigkeit ist nicht mit einem Hans guck in
die Luft gleichzusetzen. Hier ist nicht ein Glaube gemeint, der nur
in den Himmel zu Gott aufschaut. Hier ist vielmehr ein Glaube an
Gott gemeint, der die Probleme des Alltags sieht und sich den
Herausforderungen des Alltags stellt.
Es
ist ja total interessant, dass in unserem Briefabschnitt da zwei
total gegensätzliche Thesen nebeneinander stehen.
Auf
der einen Seite die Sorglosigkeit: ‚All eure Sorge werft auf ihn,
denn er sorgt für euch.’ Auf der anderen Seite die Wachsamkeit:
‚Seid nüchtern und wacht; denn euer Widersacher, der Teufel geht
umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlinge.’
Die
Sorglosigkeit und die Wachsamkeit - das ist ein richtiges
Spannungsfeld, das hier aufgebaut wird. Und in diesem Spannungsfeld
lebe ich als Christ!
Einerseits
darf ich alles, was mich belastet bei Gott abgeben und wirklich von
ganzem Herzen auf ihn vertrauen. Anderseits soll ich aber darüber
nicht blind werden für alles, was mein Leben zerstört und wirklich
bösartig ist. Das soll ich nicht verharmlosen, sondern dem ins Auge
sehen und mich stellen. Ohne Umschweife wird hier vom Teufel
geredet, der wir ein Löwe furchtbar brüllt und verschlingt, wen er
kann.
Manche
mögen darüber schmunzeln, denken vielleicht an Kasperletheater, wo
dem Teufelchen eins mit dem Knüppel übergezogen wird und die
Kinder lachen.
Ich
halte es da lieber mit dem biblischen Realismus, der die
Wirklichkeit des Bösen wahrnimmt und dem Bösen widersteht.
Wer
das tut und sich dem stellt, sich also nicht auf das Böse einlässt
und dadurch verschlingen lässt, der wird vielleicht nicht immer auf
der Erfolgswelle schwimmen, sondern vielleicht auch manche Nachteile
in Kauf nehmen müssen.
Nein,
wer dem Bösen wirklich widersteht, der wird auch an den bösen und
falschen Zuständen in der Welt leiden!
Zusammenfassend
lässt sich sagen:
Demut,
Sorglosigkeit und Wachsamkeit - alles drei sind Dinge, mit denen wir
Christen ernst machen sollten. Alles drei sind ganz wichtige
Weisheiten für unser Leben!
Trotzdem
hätte ich ein ungutes Bauchgefühl, Sie allein damit aus dem
Gottesdienst zu entlassen. Das ist aber gerade in unserem
Briefabschnitt nicht der Fall!
Gerade
am Ende des 1.Petrusbriefes wird das deutlich. Wir sind in dem allen
gerade nicht allein! Wir haben vielmehr Gott, ja Jesus Christus an
unserer Seite! Zu ihm gehören wir, komme was mag! Er stärkt uns
und kräftigt uns in allem, was wir im Alltag erleben. Auf seinem
Grund stehen wir. Er spricht letztendlich das letzte Wort, so dass
uns aller Hochmut, der uns begegnet, alle Sorge, die uns belastet,
alles Böse, das uns frisst, nichts anhaben kann! Das ist mehr als
eine liturgische Formel, die am Ende unseres Briefabschnittes steht.
Das ist Gottes dicke Zusage an uns, die ganz fest steht:
Der
Gott aller Gnade aber, der euch berufen hat zu seiner ewigen
Herrlichkeit in Christus Jesus, der wird euch, die ihr eine kleine
Zeit leidet, aufrichten, stärken, kräftigen und gründen. Ihm sei
die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Amen.
Klaus
Eberhard
|