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Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31 Ev. Philippusgemeinde Köln Raderthal Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31
 

Predigt am  5. September 2010  über  Römer 8, 12 - 17

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Ich lese Worte aus dem 8.Kapitel des Römerbriefes. Der Apostel Paulus schreibt dort:

12 So sind wir nun, liebe Brüder, nicht dem Fleisch schuldig, dass wir nach dem Fleisch leben. 13 Denn wenn ihr nach dem Fleisch lebt, so werdet ihr sterben müssen; wenn ihr aber durch den Geist die Taten des Fleisches tötet, so werdet ihr leben. 14 Denn welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder. 15 Denn ihr habt nicht einen knechtischen Geist empfangen, dass ihr euch abermals fürchten müsstet; sondern ihr habt einen kindlichen Geist empfangen, durch den wir rufen: Abba, lieber Vater! 16 Der Geist selbst gibt Zeugnis unserm Geist, dass wir Gottes Kinder sind. 17 Sind wir aber Kinder, so sind wir auch Erben, nämlich Gottes Erben und Miterben Christi, wenn wir denn mit ihm leiden, damit wir auch mit zur Herrlichkeit erhoben werden.

 

Liebe Gemeinde!

Na, haben Sie alles verstanden, was Paulus sagt? Ich vermute nicht! Schon das Wort ‚Fleisch’, das der Apostel Paulus hier so oft benutzt, weckt verschiedene Assoziationen. Denken Sie dabei an ein schön saftiges Steak? Oder schrecken Sie davor eher zurück, weil Sie Vegetarier sind? Ich selbst habe dabei an ein nettes Comedystück gedacht, das vor Jahren Rüdiger Hoffman erzählte. Zwei Studenten sitzen sich in der Mensa an einem Tisch gegenüber. Der eine bemerkt am Essen des anderen, dass er Vegetarier ist. Anstatt ihn nun in Ruhe sein vegetarisches Gericht essen zu lassen, bohrt er dauernd nach, ob der andere wirklich kein Fleisch isst. Da fallen Frage wie: Essen Sie nicht mal eine Kohlroulade als Kompromiss? Wie sieht es denn mit Scheibchenaufschnitt aus? Sie essen kein Fisch, kein Fleisch, also nur Wild? Ja, auch nicht mal was zu Ostern oder Weihnachten? Schließlich treibt er’s auf die Spitze und sagt dem anderen: Also, wenn ich richtig sehe, sind da Eier drin. Der Vegetarier steht daraufhin entnervt auf und lässt das Essen auf dem Tisch liegen. Der alleingelassene Student probiert das Essen und sagt zufrieden: Ich weiß gar nicht, was der hat. Das kann man doch essen.

Wie gesagt, daran musste ich zuerst denken, als ich das Wort ‚Fleisch’ las - vermutlich weil ich Comedy mag und gerne von Herzen lache. Vielleicht geht’s Ihnen da ähnlich. Aber jetzt mal im Ernst - manche denken bei dem Wort in den Briefen des Apostels Paulus wie hier in unserem Abschnitt aus dem Römerbrief schon tiefgehender.

Das Ganze verbindet man dabei schnell mit der Sexualität. Alles mögliche Negative fällt einem dazu ein: Unzucht, ein unordentliches, ausschweifendes Leben usw. - die fleischliche Sünde halt, wie man früher sagte. Das Ganze geht dann schnell in eine moralische Richtung.

Das aber ist mit dem allen nicht in erster Linie gemeint, wenn der Apostel Paulus hier vom Fleisch spricht. Paulus denkt in erster Linie gar nicht an Moral, an irgendwelche Verfehlungen in unserem Leben. Wenn er in unserem Briefabschnitt vom Fleisch - auf Griechisch von der Sarx - redet, dann hat er was ganz anders vor Augen.

Dann hat Paulus allgemein vor Augen:

den Menschen, der total auf sich selbst bezogen lebt,

                                               den Menschen, der nur sich selbst kennt

den Menschen, der nur seinen Eigeninteressen nachgeht

                                               den Menschen, der nur auf sich selbst baut

den Menschen, der den anderen nur übertrumpfen und in den Schatten stellen will

den Menschen, der in allem auf sich so furchtbar allein gestellt ist und von dem abhängt, was er selbst ist und vor den anderen präsentiert.

In der Sprache des Paulus: Wer so lebt, der lebt nach dem Fleisch.

So verstanden klingt das Ganze gar nicht mehr so altbacken, sondern ist ganz aktuell.

Da denke ich an meinen eigenen Alltag. Wie oft lebe ich da genau nach diesem Muster. Da sitze ich z.B. am Morgen im Wohnzimmer, mache etwas stille Zeit, indem ich die Losung und Lehrtext - also Bibelverse aus dem Alten und Neuen Testament - für den Tag lese und mit Gott im Gebet spreche. Ich will mich so neu von Gottes Liebe füllen lassen. Ich will mich darauf konzentrieren und merke manchmal, wie schwer mir das fällt. Da bin ich in Gedanken schon bei dem neuen Tag mit den vielen Aufgaben. Da mache ich mir schon Sorgen, ob ich auch alles packe, ja vielleicht es auch allen recht mache. Das Bedürfnis nach Selbstbestätigung und eigener Erfüllung bestimmt mich da schon. Das hat ja auch alles sein Recht. Aber wenn das alles auf Dauer ist, dann gehe ich daran kaputt. Dann werde ich den Erwartungen, die ich mir stelle oder die andere an mich haben, nicht mehr gerecht. Wenn das allein in meinem Leben zählt, dann werde ich auf kurz oder lang daran scheitern, ja baden gehen.

Vielleicht kennen Sie das auch aus Ihrem Leben. Das ist manchmal ein unerbittliches Alltagsgeschäft, das uns da gefangen nimmt und uns wie gesagt auf Dauer auch kaputt macht.

Ja, da stehen wir am Ende mit leeren Händen da - und das nicht nur vor den Menschen, sondern auch vor Gott.

Der Apostel Paulus bringt das im Abschnitt des Römerbriefes klar und deutlich auf den Punkt, indem er schreibt: ‚wenn ihr nach dem Fleisch lebt, so werdet ihr sterben müssen’.

Auf Erfolge, Leistungen in unserem Leben dürfen wir stolz sein. Aber wenn es das ist, wann uns auszeichnet, dann bleibt uns am Ende herzlich wenig, ja eigentlich gar nichts.

Da machen wir uns nur von den Dingen abhängig, die zerbrechlich, vergänglich sind.

Ich erzähle Ihnen dazu ein Beispiel, was ich in einem Seniorenheim erlebt habe. Da haben wir jedes Jahr am Anfang der Weihnachtszeit Adventssterne zu den Bewohnern auf die Zimmer gebracht - so auch vor zwei Jahren. Ein Zimmer hat mich dabei besonders beeindruckt, in das ich hinein ging. Da waren lauter tolle Urkunden an der Wand. Ich habe bemerkt, dass es ganz besondere Auszeichnungen waren. Da wurde ein Professor für die Entdeckung eines Impfstoffes gegen die Polio-Krankheit, also gegen die Kinderlähmung geehrt! Was für eine Wahnsinnsleistung! Was für ein Riesenbeitrag hatte dieser Professor für die Menschheit geleistet! Aber dann sah ich diesen Professor in seinem Bett liegen. Er war völlig geistesabwesend, das Atmen fiel ihm schwer und es war kein Gespräch mehr miteinander möglich. Ein paar Tage später las ich in der Zeitung, dass er gestorben war. Das war für mich damals so ein starker Gegensatz: Auf der einen Seite diese großartige Leistung des Mannes in seinem Leben - auf der anderen Seite die Vergänglichkeit des Lebens, als ich damals vor seinem Bett stand. Für mich selbst ist daran deutlich geworden: Bei allem Tollen, was ich vollbringe, kann es das allein nicht sein. Davon sollte ich es nicht abhängig machen, was mein Leben ausmacht.

Genau das stellt auch Paulus mit seinen Worten klipp und klar fest.

Aber er gibt zu unserem Heil, zu unserem Lebensglück auch die Antwort, die uns aus diesem aussichtslosen Dilemma raus holt!

Es ist der Geist Gottes, der uns erkennen und erfahren lässt: Wir sind Gottes Kinder! Wir gehören ganz fest zu ihm, komme was mag - so wie wir es auch heute in der Taufe gehört haben!

Es ist der Geist Gottes, der uns eine tiefe Gemeinschaft, ein tiefe, persönliche Beziehung zu Gott ermöglicht, so dass wir zu ihm ‚Abba, lieber Vater’ sagen können!

Das ist etwas, was nicht machbar ist, geschweige denn in uns selbst angelegt ist. Das ist vielmehr etwas, das Gott uns selbst schenkt!

Darauf gilt es, wie ein Kind zu vertrauen, sich voll und ganz auf diesen lebendigen Gott, auf Jesus Christus selbst einlassen!

Also wenn ich das höre, dann merke ich, wie mich das mit Freude erfüllt! Da kann ich befreit von all dem, was mich gefangen nimmt, auf Dauer mein Leben zerstört, ja vernichtet, aufatmen.

Da spüre ich den befreienden Geist Gottes, der mir zu spricht: Dein Leben liegt letztendlich nicht in dir selbst. Das macht es nicht aus. Dein Leben liegt vielmehr bei Gott selbst, der dich als sein geliebtes Kind annimmt!

Das hat ewig Bestand! Das ist die befreiende Botschaft, das Evangelium, das jeder von uns mit in seinen Alltag nehmen darf!

Ja, es mögen manche heiklen Aufgaben auf uns zukommen, denen wir uns nicht gewachsen fühlen. Ja, es mag manches an Schwerem auf uns warten. Gott verspricht uns hier und jetzt noch keinen Himmel auf Erden. Es wird nicht alles wie auf Wolke sieben sein. Aber Gott verspricht uns seinen Geist, der uns befreit und uns bewegt, voller Zuversicht den manchmal grauen und trostlosen Alltag, der vor uns liegt, anzugehen!

Das Leiden wird uns dabei nicht erspart. Auch Paulus erwähnt es in seinem Briefabschnitt. Das ist übrigens ein Leiden, das einem nicht nur durch schwere Krankheiten, berufliche oder privater Lebenskrisen auferlegt wird. Es ist ein Leiden, das jeder Christenmensch hat, indem er sich zu Jesus Christus bekennt und dafür schwere Nachteile in Kauf nimmt. Paulus selbst hat dabei seine Christengemeinden in Rom vor Augen, die wegen ihres Glaubens an Jesus verfolgt wurden. Wir selbst denken vielleicht an den Artikel im Gemeindebrief über die aktuellen Christenverfolgungen, wo wir nachlesen, was in manchen Ländern der Glaube kostet. Das ist wirklich schlimm genug und geht bei uns oft unter. Wir müssen da aber gar nicht soweit gehen. Wir können da bei uns selbst anfangen und uns fragen: Wo sind wir selbst bereit, unseren Glauben klar und deutlich nach außen zu bekennen und dafür vielleicht anzuecken, auch Nachteile in Kauf zu nehmen? Also an diesem wunden Punkt ertappe ich mich selbst wieder und merke, dass ich es gerne allzu leicht allen recht machen will und das Evangelium in salbungsvolle Worte verpacke, bis es jedem bequem und angenehm erscheint. Vielleicht kennen Sie das auch, dass man damit manchmal so seine Probleme hat und den Glauben an Jesus zu sehr für sich privat oder in seiner Gruppe lebt. Man hat dabei vielleicht Angst, sich zu sehr zu outen.

Paulus als Kämpfer für das Evangelium hält da zu Recht dagegen. Der Apostel macht klar: Liebe Leute, das müsst ihr doch gar nicht. Eure Anerkennung braucht ihr nicht bei den Menschen suchen. Das macht doch euer Leben nicht aus. Das, was euch ausmacht, das findet ihr doch vielmehr bei Gott, der euch fest und gewiss durch seinen Geist zuspricht, dass ihr seine Kinder seid! Euch gehört also bei allem Leiden Gottes gute, ja himmlische Zukunft! Also seid nicht zu übervorsichtig! Lasst euch da nicht unterkriegen! Bekennt euch vielmehr fröhlich zu Jesus Christus in eurem Alltag und lebt dementsprechend! Lasst euch da von seinem Geist, der euch befreit, erfüllen!

Nochmals mit den Worten des Apostels Paulus aus dem 8. Kapitel des Römerbriefes, die wir jetzt hoffentlich besser verstehen: 12 So sind wir nun, liebe Brüder, nicht dem Fleisch schuldig, dass wir nach dem Fleisch leben. 13 Denn wenn ihr nach dem Fleisch lebt, so werdet ihr sterben müssen; wenn ihr aber durch den Geist die Taten des Fleisches tötet, so werdet ihr leben. 14 Denn welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder. 15 Denn ihr habt nicht einen knechtischen Geist empfangen, dass ihr euch abermals fürchten müsstet; sondern ihr habt einen kindlichen Geist empfangen, durch den wir rufen: Abba, lieber Vater! 16 Der Geist selbst gibt Zeugnis unserm Geist, dass wir Gottes Kinder sind. 17 Sind wir aber Kinder, so sind wir auch Erben, nämlich Gottes Erben und Miterben Christi, wenn wir denn mit ihm leiden, damit wir auch mit zur Herrlichkeit erhoben werden.

Amen.

Klaus Eberhard