Hier kommen Sie zurück zur Startseite Termine und Veranstaltungen in der Gemeinde + Linkliste Gemeindeprofil, Bildergalerie, Artikel, Predigten Gruppen in unserer Gemeinde (Kigo,Förderverein,Frauenhilfe,Hauskreise) Adressen, Telefonnummern, Lageplan, Umfrage, Gästebuch
Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31 Ev. Philippusgemeinde Köln Raderthal Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31
 

Predigt am  1. Aug. 2010  über  Philipper 3, 7 - 11    -
 
Drucken  

Liebe Gemeinde!

Und, waren Sie schon im Urlaub oder steht er noch vor der Tür? Haben Sie da ein gutes Buch zur Hand, was Sie gelesen haben bzw. lesen werden? Geben Sie mir bitte den Tipp weiter! Darauf freue ich mich auf jeden Fall, wenn in einer guten Woche mein Urlaub beginnt: Auf das Lesen! Endlich habe ich Zeit, abzuschalten und in eine andere Welt, die Welt der Bücher eintauchen.

Unter den Büchern, die ich dann lese, ist manchmal auch eine Biographie mit bei.

Ich muss dazu sagen: Zu Biographien habe ich ein zwiespältiges Verhältnis. Mal finde ich sie spannend und interessant, weil sie einfach persönlich sind. Mal stoßen sie mich ab, wenn einer von sich selbst total überzeugt ist und sich dauernd in den Mittelpunkt stellt. Eine Selbstbeweihräucherung mag ich gar nicht.

Es stört mich, wenn da zum Schluss der Satz als Quintessenz steht: ‚Wenn ich mein Leben nochmals leben würde, ich würde es ganz genauso machen.’

Ich finde, das kann, ja das darf man so nicht sagen, da es doch immer Sachen im Leben gab, die nicht so toll waren.

Ich könnte das zu mindestens nicht von mir sagen. Sicher auf meine Erfolge schaue ich gerne zurück. Ganz klar wird auch in ein paar Jahrzehnten hier, in der Philippus-Kirchengemeinde man überall nur von mir sprechen. In goldenen Lettern wird dann mein Name irgendwo stehen - vielleicht so zwischen Gemeindesaal und Kirche. In der alten Gemeinde in Bad Godesberg bin ich schon verewigt. An der Ecke des Gemeindesaals steht mein Name. Leider ist es nur ein Namensvetter. Der Architekt Eberhard legte vor mehr als hundert Jahren den Grundstein für das prächtige Gebäude. Aber ich habe doch noch was Eigenes vorzuweisen. Ich habe im Lutherarchiv in Tübingen damals als Hilfskraft unter einem Professor gearbeitet. Da habe ich fleißig bei der großen Wortkonkordanz über Luther mitgeholfen, die nun fertig ist. Also, wenn Sie nun einen der Wortkonkordanzbände aus der Weimarer Ausgabe - irgendetwas mit Band Nummer 65 aufwärts - in der Hand haben, dann schlagen Sie mal ganz vorne auf. Vielleicht steht es auch hinten, auf Seite 657 oder so. Dort steht dann das Kleingedruckte mit allen Mitarbeitern und da ist auch mein Name mit drin. Ist doch toll, oder?

Mal im Ernst, mein Leben sieht da leider etwas bescheiden aus. Ich habe da neben den Erfolgen auch manche Misserfolge zu verzeichnen. Manches würde ich daher, wenn ich mein Leben noch mal beginne, anders tun. Manche Fehler würde ich da vermeiden wollen, manches falsche Verhalten nicht mehr an den Tag legen, manches Versagen verhindern, wenn es möglich ist.

Meine Lebensbilanz schaut da nicht so astrein aus und ich möchte sie in der eigenen Biographie auch nicht schön schreiben.

Vielleicht geht es Ihnen da ja ähnlich wie mir.

Interessant ist dazu, was der Apostel Paulus sagt. Der geht nämlich öfters auf seine eigene Biographie in seinen Briefen ein - auch heute, in unserem Briefabschnitt. Ich lese Worte aus dem 3. Kapitel des Philipperbriefes. Der Apostel Paulus schreibt dort an die Gemeinde in Philippi:

7 Aber was mir Gewinn war, das habe ich um Christi willen für Schaden erachtet. 8 Ja, ich erachte es noch alles für Schaden gegenüber der überschwänglichen Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn. Um seinetwillen ist mir das alles ein Schaden geworden, und ich erachte es für Dreck, damit ich Christus gewinne 9 und in ihm gefunden werde, dass ich nicht habe meine Gerechtigkeit, die aus dem Gesetz kommt, sondern die durch den Glauben an Christus kommt, nämlich die Gerechtigkeit, die von Gott dem Glauben zugerechnet wird. 10 Ihn möchte ich erkennen und die Kraft seiner Auferstehung und die Gemeinschaft seiner Leiden und so seinem Tode gleich gestaltet werden, 11 damit ich gelange zur Auferstehung von den Toten. (Pause)

Was mir Gewinn war, das alles halte ich für Schaden!

Mit dem ‚Was’ und mit dem ‚Alles’ meint Paulus sein bisheriges Leben, seine Vergangenheit. Kurz zuvor geht er darauf ein, was sich hinter seiner Biographie alles versteckt, und das ist nicht schlecht! Das kann sich wirklich sehen lassen!

Da sagt er ganz deutlich: Eigentlich könnte vor den anderen doll angeben!

Damit dass mal klar ist: Ich bin ganz nach jüdischer Vorschrift am achten Tag beschnitten worden. Ich bin aus dem Volk Israel und gehöre zum auserwählten Volk Gottes. Ich bin aus dem Stamm Benjamin. Das ist also keiner der beliebigen Stämme Israels so ganz am Rande. Da hat schon Gott viel Geschichte mit geschrieben. Ich bin ein Hebräer. Ich bin kein Grieche oder noch schlimmer irgendein so Barbar. Ich bin ein Pharisäer. Ich bin ein frommer, guter Mensch, der sich an die Gebote Gottes auch hält und das lebt! Ich bin ein Verfolger der Gemeinde. Ich bin das mit Herz und Blut. Ich habe den Worten Taten folgen lassen und mich voll für Gott eingesetzt. Ich bin jemand, der das Gesetz eingehalten hat. Da habe ich eine blütenreine Weste. (Pause)

Wenn ich all das höre, was Paulus hier so aus seine Biographie auflistet, dann muss ich schon sagen: Ich bin beeindruckt. Da kann ich nicht mithalten.

Aber jetzt kommt es! Das alles, was bei Paulus vorher so hoch im Kurs stand, das hält er jetzt für null und nichtig! Ja, das hält er sogar für einen Schaden! Das ist mehr als eine Null! Das ist ein Minus! Dreimal benutzt er das Wort ‚Schaden’. Und als ob das noch nicht genug wäre, setzt er noch eins drauf. Er hält das alles, was sein Leben bis dahin ausmachte, für Dreck! In der Lutherbibel ist das noch harmlos übersetzt. Eigentlich steht dort eins der Lieblingsworte der Deutschen mit SCH … . Das trau ich mich aber hier auf der Kanzel nicht aussprechen.

Sie merken: Da zucke ich schon innerlich ein bisschen zusammen. Vielleicht empfinden Sie das ähnlich, wenn sie hören, was Paulus hier von sich gibt.

Da stellt sich schon die Frage: Wie meint das Paulus? Noch vorher hat er so dick aufgetragen und jetzt nimmt er das alles auf einmal zurück und hält es für den letzten SCH …

Bestimmt ist das Ganze nicht antisemitisch zu verstehen. Dann hätten wir Paulus total falsch verstanden. Paulus ist nach wie vor auf seine jüdische Herkunft stolz. Er würde auch weiterhin sagen: Vor Menschen kann ich mich mit meiner Biographie echt sehen lassen. Auf diese Messlatte, die ihr habt, kann ich mich ohne Probleme einlassen.

Wenn wir ehrlich sind, haben wir ja genau diese Messlatte auch bei uns im Alltag. Da zählt oft das, was man hat, was man geschafft hat und alles kann. Gerade im Beruf wird darauf Wert gelegt. Da will man einfach fitte Leute haben, ganz klar. Das zählt!

Das weiß wie gesagt auch Paulus, wie es unter den Menschen zugeht!

Aber eine entscheidende Erkenntnis hat bei ihm eine radikale Kehrtwende um 180 Grad bewirkt. Paulus hat ganz klar erkannt: Das, was bei uns Menschen zählt, das zählt bei Gott eben nicht!

Man könnte ja das Leistungsdenken, was in unseren Köpfen drin ist und was wir unseren Kindern schon von Anfang an einimpfen, einfach auf Gott übertragen. Wenn es so im Alltag läuft, dann läuft es doch so wahrscheinlich auch bei Gott. Wir versuchen eben, ein guter Christenmensch zu sein. Das muss doch bei Gott reichen. Das, was wir nicht schaffen, wo wir an unsere Grenzen komme, ja da wird der liebe Gott drüber hinweg sehen.

Gott wird zu einem Lückenbüßer und mehr nicht.

Ja, wer so denkt und glaubt, der macht im Grunde genommen Gott ganz, ganz klein.

Da muss Gott nur noch für das bisschen Versagen herhalten. Da brauchen wir ihn, aber ansonsten kommen wir ohne ihn ganz gut zurecht.

Damit steht aber nicht Gott im Mittelpunkt des Lebens! Damit machen wir uns selbst zum Mittelpunkt des Lebens.

Und das ist schlicht und einfach falsch, grundverkehrt!

Daher macht Paulus zurecht die entscheidende Kehrtwende!

Da sieht und sagt er klar: Meine eigenen Leistungen zählen nichts. Ja im Blick auf Gott schadet mir das nur! Es bringt mich von Gott weg, weil ich nur mich, mich und nochmals mich sehe. Im Gegensatz dazu zählt vielmehr die Liebe Gottes, so wie sie sich in Jesus Christus zeigt, sich offenbart! Darauf, auf ihn selbst darf ich vertrauen und mein Leben ganz nach ihm ausrichten!

Im Glauben an ihn steht dann wirklich nicht mehr das eigene Ego, sondern Gott selbst in die Mitte meines Lebens!

Um es theologisch zu sagen: Paulus stellt gegen die Werkgerechtigkeit die Glaubensgerechtigkeit! Der Glaube an Jesus ist es, der mich trägt! Das ist etwas, das ich mir nicht erarbeiten muss, sondern was mir geschenkt wird!

Paulus wird in dem Punkt ganz persönlich, weil er es selbst so intensiv erlebt hat. Da redet er von Jesus Christus, meinem Herrn. Da will er an allem, was Jesus ist, teilhaben, und mit ihm ganz verbunden sein. Da beschreibt er seine Liebesbeziehung zu Gott, zu seinem Herrn Jesus Christus! Man spürt es ihm ab: Da hat bei ihm eine Bekehrung stattgefunden.

Das alte Leben - total ich zentriert und ohne Gott - das trägt und zählt nicht mehr!

Das neue Leben - im Vertrauen auf Jesus Christus, seinen Herrn und Gott - das trägt ihn und zählt für ihn!

Davon ist sein Herz voll und das schreibt er mit soviel Herzblut der Gemeinde in Philippi.

Vermutlich gab es auch Gründe dafür: In Philippi waren anscheinend Gesetzesprediger unterwegs. Das waren Leute, die so ein Mischmasch aus Evangelium und Gesetz verkündigten. Deren Botschaft lautete ungefähr: Ja, das mit dem Glauben an Gott stimmt zwar, aber man muss schon selbst auch viel dafür tun. Die Liebe Gottes, das mit Jesus allein wird nicht reichen.

Genau da hält der Apostel mit der frohen Botschaft Jesus Christi so vehement dagegen!

Da schreibt er klar und deutlich: Nein, das reicht völlig aus! Macht euch frei von all dem, was euch im Leben davon abhält, auf Jesus Christus zu vertrauen!

Und ich bin überzeugt, dass Paulus dasselbe auch noch heute uns, der Philippus-Kirchengemeinde schreibt.

Wie gesagt, das Leistungsdenken ist auch noch heute stark in unseren Köpfen drin, so als hinge davon alles ab, als würde das, was wir tun und schaffen, unser Leben ausmachen.

Paulus hingegen führt uns die befreiende Botschaft Jesu Christi vor Augen und macht uns daran klar:

Schaut euch euer Leben mit euren Erfolgen und Misserfolgen gelassen an!

Freut euch daran, wenn Ihr Grund dazu habt! Seid auch stolz drauf!

Aber hängt es bitte, bitte nicht zu hoch!

Ja, versucht erst gar nicht, vor Gott damit zu landen, damit zu punkten! Das bringt euch gar nichts! Ja, das schadet euch nur! Damit denkt ihr viel zu sehr an euch selbst und entfernt euch nur von Gott.

Vertraut vielmehr auf Jesus Christus, der euch annimmt, so wie ihr vor ihm dasteht! Lasst euch auf ihn voll und ganz ein! Hängt euer Herz, eure ganze Liebe an ihn, euren gekreuzigten und auferstandenen Herrn! Denn darauf kommt es an!

Genau das macht letztendlich euch selbst, eure eigene Biographie und Lebensgeschichte, die Gott mit jedem von euch schreibt, aus. Amen.

Klaus Eberhard