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Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31 Ev. Philippusgemeinde Köln Raderthal Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31
 

Predigt am  18. Juli 2010  über Apostelgeschichte 2, 41 - 47    -
 
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Ich lese Worte aus dem 2. Kapitel der Apostelgeschichte. Der Evangelist Lukas beschreibt dort, wie es in der ersten Gemeinde in Jerusalem direkt nach Pfingsten zuging:

41 Die nun sein Wort annahmen, ließen sich taufen. 42 Sie blieben aber beständig in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft und im Brotbrechen und im Gebet. 43 Es kam aber Furcht über alle Seelen und es geschahen auch viele Wunder und Zeichen durch die Apostel. 44 Alle aber, die gläubig geworden waren, waren beieinander und hatten alle Dinge gemeinsam. 45 Sie verkauften Güter und Habe und teilten sie aus unter alle, je nachdem es einer nötig hatte. 46 Und sie waren täglich einmütig beieinander im Tempel und brachen das Brot hier und dort in den Häusern, hielten die Mahlzeiten mit Freude und lauterem Herzen 47 und lobten Gott und fanden Wohlwollen beim ganzen Volk. Der Herr aber fügte täglich zur Gemeinde hinzu, die gerettet wurden.

 

Liebe Gemeinde!

Was empfinden Sie, wenn Sie das hören, was Lukas hier über die erste Gemeinde in Jerusalem schreibt?

Bekommen Sie vielleicht Frust, weil Sie an unsere Volkskirche von heute denken, die manchmal so wenig lebendig erscheint und einem so kalt und tot vorkommt?

Vielleicht denken Sie etwas niedergeschlagen: Ja, damals, das waren noch ‚goldene Zeiten’, aber heute, da sieht es doch sehr kläglich, sehr dürftig in unsere Kirche aus. Da ist wenig vom Heiligen Geist zu spüren.

Vielleicht empfinden Sie, wenn Sie das hören, auch was ganz anderes. Vielleicht denken Sie selbstbewusst: Och, das eine oder andere erlebe ich schon in meiner Gemeinde. Da gibt es den Gottesdienst, wo ich meine Leute in der Kirche treffe. Nachher, beim Kirchenkaffee habe ich noch die Gelegenheit zu einem Schwätzchen auf dem Vorplatz. Und dann gibt es noch die vielen Kreise und Gruppen in der Gemeinde! Da kann man sich doch zu Hause, richtig wohl fühlen. Da wird gemeinsam gebetet, gesungen und in der Bibel gelesen. Da steckt doch viel geistliches Leben in der Gemeinde! Das, was Lukas in der Apostelgeschichte schreibt, das ist gar nicht so entfernt von dem, was ich hier, in meiner Gemeinde erlebe.

Ich zu mindestens empfinde das jetzt gerade, in den ersten Monaten hier so. Da gibt es doch viel gutes, ja geistgewirktes Leben in meiner Philippus-Kirchengemeinde. Ich kann und will daher nicht in das traurige Lied von der Volkskirche, in der alles so lahm und starr ist, einstimmen.

Das Ganze ist darüber hinaus gar nicht so unerreichbar, wie es auf den ersten Augenschein aussieht. Das Ganze ist gar nicht so völlig abgehoben von heute. Im Gegenteil, da wird auch ganz nüchtern und sachlich gesagt, was Kirche damals wie heute ausmacht!

Fünf wesentliche Dinge, die die Kirche ausmachen, werden in dem, was Lukas hier erzählt, beim Namen genannt:

1. Die Taufe

2. Die Lehre der Apostel - also das, was die Apostel über das Leben und die Taten Jesu, über sein Kreuz und seine Auferstehung weiter gesagt haben und was uns heute im Wort Gottes verkündigt wird

3. Die Gemeinschaft, die man im Glauben an Jesus Christus miteinander Tag für Tag lebt

4. das Brotbrechen - das Abendmahl

5. das Gebet

Man könnte jetzt sicher über jeden Punkt eine eigene Predigt halten. Aber das würde den Rahmen sprengen. Das wären zu viele theologische Gedanken und am Ende wüsste man gar nicht mehr, was anfangs gesagt wurde.

Ich möchte die Predigt heute daher etwas anders aufziehen.

Ich gehe vielmehr drei Punkten nach, die sich meines Erachtens aus dem, was Lukas hier schreibt, ergeben.

Zum einen: Kirche hat etwas Heiliges.

Zum zweiten: Kirche hat etwas Alltägliches.

Zum dritten: Kirche hat etwas Liebevolles, Tatkräftiges.

Ich komme zum ersten Punkt: ‚Kirche hat etwas Heiliges’

Lukas schreibt über die Gemeinde in Jerusalem: ‚Sie waren täglich einmütig beieinander im Tempel’. Da merke ich auf: Die Anhänger von Jesus sind im Tempel! Sie sind nicht nur in Häusern zu finden, wo sie für sich Gottesdienste halten, miteinander beten, singen oder sonst etwas tun. Nein, sie sind auch im Tempel, an dem heiligen Ort. Das haben sie, nachdem sie zum Glauben an Jesus gekommen sind, nicht fallen gelassen und sich abgewöhnt. Nein, da sind sie weiterhin treu und zuverlässig hingegangen. Das Alte, Klassische fanden sie also nicht überholt. Es war ihnen weiterhin wertvoll und gut. Man blieb dabei!

Ich übertrage das mal auf uns heute, auf unseren alt hergekommen, klassischen Gottesdienst am Sonntagmorgen. Was werden da nicht für Argumente ins Feld geführt, die gegen den Sonntagsgottesdienst sprechen. 10 Uhr morgens, was ist das für eine Zeit! Da schlafen doch die meisten noch, ruhen sich von der vollen Woche aus. Und dann die altbackene Musik und die steife Liturgie, die doch vielen völlig fremd ist usw. Man könnte hier sicherlich noch mehr nennen, was einen davon abhält, zur Kirche zu kommen.

Und ich würde auch sagen, über das eine oder andere muss man auch reden und es verändern. Ohne Frage! Der monatliche Welcome-Gottesdienst in unserer Gemeinde geht da schon in eine gute Richtung: Eine andere Zeit, eine andere Form, eine andere Musik und viele andere Elemente, die außen stehende Menschen anspricht und sie erreicht. Das ist wichtig und gut!

Nur das sollte uns nicht dazu verleiten, zu meinen: Das ist es und nichts anderes! Wir brauchen doch das Traditionelle, das Althergekommene gar nicht mehr. Also weg damit!

Eine Absage an das Alte, Klassische erfolgt, zu mindestens so wie ich Lukas in der Apostelgeschichte verstehe, gerade nicht.

Übertragen auf heute: Der Sonntagsgottesdienst auch in seiner klassischen und alt hergekommenen, liturgischen Form hat sein gutes Recht. Ja, vielleicht ist es gerade auch dran, ihn wiederzuentdecken. Ich bin auch überzeugt: Man kann den normalen Gottesdienst wunderschön feiern und zelebrieren. Das muss auch in der Form nicht trocken und langweilig zugehen.

Mit Sicherheit ist und bleibt der Gottesdienst das Zentrum der Gemeinde, wo ich Sonntag für Sonntag Gottes Wort höre und auch das Sakrament, das Abendmahl empfange. Das kann mich tatsächlich stärken. Das kann mich aufbauen in meinem Glauben, dass ich wieder weiß: Jawohl, da geht’s lang. Jetzt gehe ich wieder mit Freuden und total zuversichtlich in meinen Alltag.

Der Sonntagsgottesdienst hat in dem Sinne etwas ganz Heiliges! Er ist die Quelle für uns, für unseren Alltag. Dort, vor allem dort spricht Gott uns an und beschenkt er uns! Wenn wir das also vernachlässigen, dann gewöhnen wir uns auf kurz oder lang unsere Christlichkeit im Alltag ab. Dann verkümmert unser Glaube an Jesus Christus.

Zu Recht hängt also klein, aber klar das Schild an unserem Haupeingang: Bis Sonntag! Wir sehen uns im Gottesdienst!

Ich bin überzeugt: Der Gottesdienst am Sonntag sollte uns heilig sein!

Ich komme damit zum zweiten Punkt: Kirche hat nicht nur etwas Heiliges, Kirche hat auch etwas Alltägliches.

Manchmal habe ich schon in Gesprächen mit Menschen gehört: Herr Pfarrer, die Gottesdienste sind ja schön und gut. Da werden tolle Predigten gehalten, theologisch einwandfrei und das Ganze war ein richtig würdevoller Gottesdienst. Aber trotzdem fühle ich mich in ihrer Gemeinde nicht zu Hause. Ich fühle mich da nicht wohl. Solche Aussagen habe ich gerade in den Gemeinden erlebt, wo man kurz vor dem Gottesdienst kam und direkt danach wieder verschwunden war. Ein Freund hat mir mal, als wir gemeinsam einen solchen Gottesdienst besuchten, nachher gesagt: Wenn du da ein Bild von oben gemacht hättest, dann hättest du deutlich gesehen, wie weit entfernt die Menschen voneinander sitzen. Diese Haltung spricht schon eine deutliche Sprache: Komm mir nicht zu nah!

An dem, was der Freund zu mir sagte, wurde mir klar, wie es sich in manchen Gemeinden unserer Landeskirche verhält. Am Sonntag bin ich in der Kirche Christ und danach bin ich wieder für mich allein der Alte im normalen Alltagsgeschäft. Ganz anders Lukas, der keine Sonntagschristen vor Augen hat. Der schreibt: ‚Und sie waren täglich einmütig beieinander im Tempel und brachen das Brot hier und dort in den Häusern, hielten Mahlzeiten mit Freude und lauterem Herzen.’ Lukas betont es deutlich: Beides gehört zusammen! Der Tempel, wo der Gottesdienst stattfindet, und die Häuser, in denen wir wohnen. Das Heilige und das Alltägliche!

Der Glaube an Jesus wird also voll und ganz gelebt! - nicht nur so ein bisschen am Sonntag, dass man sich wieder als ein guter Christenmensch fühlt, sondern mitten in meinem Alltag, Tag für Tag.

Das geschieht in unserer Kirche dort, wo ich Mensch einen festen Platz in Kreisen und Gruppen finde. Das geschieht dort, wo man sich untereinander kennt und sich freut, den anderen zu sehen. Das geschieht dort, wo ich über das, was ich erlebt habe und was mich beschäftigt, reden kann, wo ich über meinen Glauben an Jesus, aber auch das, was mir daran Nöte bereitet, sprechen kann. Das geschieht dort, wo ich im gemeinsamen Beten, Singen und Bibellesen aufgebaut und getröstet werde. Das geschieht dort, wo wirklich eine Gemeinschaft da ist, die mich trägt und in der ich geborgen bin, wo ich wirklich ein Zuhause finde. Das geschieht dort, wo ich mit den anderen zusammen ganz einfach esse und trinke. Auch das, ja vielleicht gerade das gehört eindeutig dazu, um Kirche als eine Familie zu erleben. Lukas betont gerade in dem Zusammenhang die Tischgemeinschaft - das hat Jesus schon gemacht und die Gemeinde in Jerusalem hat das so fortgesetzt.

Man könnte sicherlich noch jede Menge Sachen aufzählen, woran man spürt, dass Kirche ganz viel mit unserem Alltag zu tun hat und ihn durchdringen will.

Daran wird klar: Ich kann Kirche und mein eigenes Christsein nicht auf den Sonntagsgottesdienst reduzieren. Mein Glaube an Jesus wird vielmehr im Alltag gelebt!

Ich komme zum dritten und letzten Punkt: Kirche hat was Liebevolles und Tatkräftiges.

Man könnte sich vielleicht bei dem, was bisher an wichtigen Wesensmerkmalen der Kirche genannt wurde, beruhigt zurücklehnen und sich sagen: Ja, das haben wir doch irgendwie alles schon in unserer Gemeinde. Es ist doch soweit bei uns alles in Ordnung.

Genau aus dieser falschen Gemütlichkeit will uns Lukas mit dem, was er hier, in der Apostelgeschichte schreibt, herausholen. Da werden wir klar und deutlich aufgefordert: Seid gerade nicht selbstgenügsam, zufrieden, mit dem, was ihr habt - eure eigenen Grüppchen, eure eigenen Leutchen, die ihr regelmäßig trefft. Schaut da mal wieder neu über euren Tellerrand hinweg, dass ihr die Sorgen und Nöte des anderen seht, dass ihr daran teil habt und es wieder neu lernt, zu teilen.

Dabei geht es nicht darum, jetzt einen christlichen Urkommunismus aus der damaligen Gemeinde auf heute zu kopieren. Christliche Kommunitäten mögen das so leben. Wir, in unseren Gemeinden können das so sicherlich nicht.

Aber es wäre schon viel erreicht, wenn ich mein Eigentum, meinen Besitz neu verstehe und damit richtig umgehe. Es wäre schon viel erreicht, wenn ich all das, was ich habe, als von Gott geliehen verstehe, wenn ich also dazu eine innere Freiheit habe und mich nicht davon abhängig mache. Es wäre schon viel erreicht, wenn ich meinen Reichtum so einsetze, dass er nicht nur mir sondern auch dem anderen dient.

Dabei geht es jetzt gar nicht in erster Linie um spontane, großartige Aktionen. Das ist sicherlich auch wichtig. Nein, da geht es vielmehr darum, dass ich das einübe, dass ich mir es angewöhne, eine Hand, vielleicht auch zwei Hände für den anderen frei zu haben anstatt nur daran zu denken, wie ich meinen Standart halten kann. Lukas macht es uns in der Apostelgeschichte mehr als deutlich, wie wichtig die Diakonie in der Gemeinde ist! (Pause)

Nochmals zum Abschluss:

Kirche hat etwas Heiliges, Kirche hat etwas Alltägliches, Kirche hat etwas Liebevolles und Tatkräftiges!

All das gehört zusammen und kann nicht als Alternativen gegeneinander ausgespielt werden. Das ist nicht voneinander zu trennen, sondern geht ineinander über. Gerade an dem, was Lukas in der Apostelgeschichte über die Gemeinde in Jerusalem schreibt, wird das klar.

Da kann man sich schon deprimiert fragen: Ist das nicht ein zu hoher Anspruch an uns, an unsere Philippus-Kirchengemeinde? Ist das nicht alles unerreichbar?

Ich halt dem entgegen: Nein, das ist es nicht. Das sind nicht einfach Unterschiede wie Tag und Nacht. Es gibt auch manches Gemeinsame, manches Schöne, Gute, Lebendige in unserer Gemeinde. Lukas macht einem daher Lust, all das, was an Leben in unserer Gemeinde da ist, wieder neu zu entdecken und sich daran zu freuen! Also Augen auf!

Darüber hinaus endet die Geschichte, die Lukas hier schreibt mit einem ganz wichtigen, ganz wesentlichen Satz: ‚Der Herr aber fügte täglich zur Gemeinde hinzu, die gerettet wurden.’ Der Herr fügt hinzu! Das ist Gottes dicke, fette Zusage an uns! Da wird uns hoffentlich klar: Die Kirche lebt nicht von dem, was uns gelingt, und sie geht auch nicht zugrunde an dem, was uns misslingt.

Das will uns gerade jeden Frust, jeden Krampf nehmen, das Ganze perfekt und vollkommen in der Gemeinde hinzukriegen. Das will uns vielmehr befreien und motivieren, jetzt erst recht die Dinge, die in unsere Gemeinde dran sind, anzupacken und mit dem Herzen voll und ganz dabei zu sein! Gott selbst schenkt uns dazu seinen Segen!
Amen.

 Klaus Eberhard