Predigt am 13. Juni 2010 über
Epheser 2, 17 - 22 -
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Liebe
Gemeinde!
Knapp
zwei Wochen bin ich nun hier, bei Ihnen. Vieles Neue habe ich in
dieser Zeit erlebt. Viele Eindrücke habe ich gewonnen. Viele Gespräche
habe ich geführt und dabei schon einige Menschen, einige
Mitarbeiter aus der Gemeinde kennen gelernt. Alles wirkt auf mich so
lebendig und bunt.
Viele
Außenstehende haben mir das auch so beim Einführungsgottesdienst
am letzten Sonntag deutlich mitgeteilt und kundgetan. Die
Philippus-Kirchengemeinde besteht aus vielen lebendigen Bausteinen.
Die wunderbare Vielfalt, aber auch die Unterschiedlichkeit wird mir
so deutlich.
Um
nur ein Beispiel zu nennen: Ich denke da an die alte und an die
junge Generation. Für beides läuft einiges in der Gemeinde. Und
dafür gibt es gute Gründe.
Da
höre ich: Die älteren Menschen unter uns darf man nicht vernachlässigen.
Sie haben soviel im Leben geleistet und waren so verbindlich, treu
immer bei Ihrer Kirche. Für die muss man doch was tun. Ich selbst
kann dazu nur sagen: Richtig! Das stimmt so! Gerade als Pfarrer, der
noch vor Jahren sieben Seniorenheime als Schwerpunkt zu betreuen
hatte, ist mir das klar.
Da
höre ich aber auch: Die jüngeren Menschen sind nicht in unseren
Gottesdiensten und unserer Gemeinde so präsent. Da muss etwas getan
werden. Das kann nicht so bleiben, weil wir dann in ein paar
Jahrzehnten nur noch ein kleines Häufchen sind. Der letzte macht
dann das Licht aus. Wir müssen da was in unserer Gemeinde verändern
und bewegen, dass wir diese Generation erreichen und sie ihren Platz
in unserer Gemeinde finden.
Dazu
kann ich nur sagen: Das ist auch richtig! Das stimmt auch!
An
beiden Zielsetzungen für alt und jung ist viel dran! Beißt sich
das nun oder lässt sich das nun miteinander vereinbaren? Gibt es da
was Gemeinsames? Ich bin überzeugt: Letzteres trifft zu. Der
Predigtext für den heutigen, 2. Sonntag nach Trinitatis geht auf
diese Frage ein und gibt darauf eine eindeutige und klare Antwort.
Ich
lese Worte aus dem 2. Kapitel des Epheserbriefes, die Verse 17 bis
22:
17
Und er ist gekommen und hat im Evangelium Frieden verkündigt euch,
die ihr fern wart, und Frieden denen, die nahe waren. 18 Denn durch
ihn haben wir alle beide in einem Geist den Zugang zum Vater. 19 So
seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger
der Heiligen und Gottes Hausgenossen, 20 erbaut auf den Grund der
Apostel und Propheten, da Jesus Christus der Eckstein ist, 21 auf
welchem der ganze Bau ineinander gefügt wächst zu einem heiligen
Tempel in dem Herrn. 22 Durch ihn werdet auch ihr mit erbaut zu
einer Wohnung Gottes im Geist.
Kurz
zur Situation:
Der
Apostel Paulus schreibt an die Gemeinde in Ephesus. Es geht um das
Thema Judenchristen und Heidenchristen.
Die
Judenchristen waren die, die aus dem Judentum zum Glauben an Jesus
gekommen waren, die aber teils auch noch die Gebote des Mose
einhielten, z.B. die Beschneidung.
Die
Heidenchristen waren hingegen die, die aus den anderen Völkern zum
Glauben gekommen waren und in ihrer christlichen Freiheit nicht an
das Gesetz des Mose gebunden waren.
Nun
war es so, dass die Judenchristen - zuvor eine große Größe in
Jerusalem unter dem Herrenbruder Jakobus - inzwischen in der
Minderheit waren. Die Heidenchristen gaben ganz klar den Ton an. Da
lag die Zukunft, wie sich ja auch später in der Kirchengeschichte
heraus kristallisierte.
Genau
in diese Situation hinein schreibt Paulus: ‚Und er - Jesus
Christus - ist gekommen und hat im Evangelium Frieden verkündigt
euch, die ihr fern wart, - den Heidenchristen also - und Frieden
denen, die nahe waren - den Judenchristen.’
Paulus
will damit der Gemeinde sagen: Liebe Leute, das mit Jesus gilt
allen! Also, nehmt euch gegenseitig ernst. Schätzt nicht den
anderen gering. Drückt den anderen nicht beiseite, auch wenn ihr in
der Mehrheit seid.
Zwei
Gründe führt er dafür ins Feld:
Zum
einen macht er der Gemeinde im Epheserbrief klar: Das Christentum
hat seine Wurzel im Judentum. Ihr, liebe Heidenchristen, vergesst
das bitte nicht. Ihr wart anfangs nicht dabei, sondern seid dazu
gekommen. Ihr steht auf dem Grund der Apostel und ‚Propheten’.
Ich gehe davon aus, dass damit die Propheten aus dem Alten Testament
gemeint sind.
Der
Glaube an Jesus Christus ist also nicht etwas, das im luftleeren
Raum einfach so schwebt. Nein, der Glaube an Jesus hat eine
Geschichte, eine Heilsgeschichte, die Gott mit seinem Volk Israel
macht und die in Jesus Christus ihr Ziel findet!
Jetzt,
gerade im Sommer kann man das schön mit dem Bild einer blühenden
Blume vergleichen. Das Alte Testament ist wie eine Knospe, in der
schon alles drin steckt, aber noch nicht so offensichtlich sich
zeigt. Das Neue Testament ist wie eine Blüte, wo sich alles in
voller Pracht und Herrlichkeit zeigt.
Genau
so ist es mit dem Glauben an Jesus!
Zum
anderen macht Paulus der Gemeinde in Ephesus klar:
Ihr
mögt ja eine unterschiedliche Herkunft haben. Ihr mögt aus ganz
unterschiedlichen Situationen herkommen und in eurem Alltag
Unterschiedliches erleben. Ihr mögt ja verschiedene Gruppen mit
teils verschiedenen Interessen sein. Aber eins bitteschön verbindet
euch ganz fest. Eins habt ihr tatsächlich gemeinsam:
Das
ist der Friede Jesu Christi, der euch allen geschenkt wird!
Das
ist der Friede, den uns Jesus am Kreuz bringt!
Das
ist der Friede, der uns von aller Schuld und allem Bösen befreit,
erlöst!
Das
ist der Friede, der uns Christenmenschen annimmt, so wie wir sind -
ob in Lumpen oder in Schlips, wie wir es vor kurzem im
Welcome-Gottesdienst gesungen haben.
Das
ist der Friede, der alle Zäune und Mauern überwindet, die wir
Menschen uns setzen und uns voneinander abgrenzen!
Paulus
hat das damals der Gemeinde in Ephesus geschrieben. Und ich bin überzeugt
- er würde das auch noch heute uns, unserer Gemeinde schreiben. Da
würde er sagen: Schaut auf diesen Frieden, den Jesus Christus uns
schenkt, wenn ihr unterschiedliche Meinungen und Zielsetzungen habt,
ja wenn es mal wieder zu Streitereien und Konflikten in eurer
Gemeinde kommt. Schaut auf diesen Frieden, wenn ihr wieder nur mit
euch selbst beschäftigt seid und auf die äußeren Dinge seht.
Schaut auf diesen Frieden, wenn ihr nur euren eigenen Interessen
hinterherlauft. Lebt aus diesem Frieden heraus! Gerade dieser Friede
macht euch frei von allem Leistungszwang, etwas zu schaffen zu müssen,
etwas gebacken zu kriegen. Gerade dieser Friede macht euch frei vom
Fluch des Vergleichens: Ja, aber der hat ja und warum nicht ich?
Dieser Friede macht uns frei von aller Missgunst und allem Neid dem
anderen gegenüber.
Das
ist die frohe Botschaft, die message, die im Epheserbrief laut wird:
Ihr,
liebe Christen gehört dazu, so oder so. Mit den Worten des Paulus:
‚So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger
der Heiligen und Gottes Hausgenossen.’ Das heißt für uns: Wir
alle, die wir hier sitzen haben ein Heimatrecht bei Gott, bei Jesus
Christus. Wir haben bei ihm ein Zuhause, ein geistliches Zuhause.
Und wenn euch jemand blöd daher kommt und euch verletzt, wenn euch
einer das sogar abspricht, dann erinnert euch daran, macht euch das
bewusst: Ihr gehört dazu, so wie ihr seid!
Paulus
verwendet für diese frohe Botschaft ein schönes Bild - das Bild
eines Tempels bzw. einer Kirche. Wir sind als der ganze Bau
ineinander gefügt und wachsen zu einem heiligen Tempel im Herrn.
Er, Jesus Christus ist der Eckstein, oben im Gewölbe.
Mich
hat das Bild vom Eckstein öfters gestört. Er muss doch der
tragende Grund sein. Wir haben es auch gestern in der Trauung von
Manfred und Margrit Kugler gehört. Jesus Christus ist unser
Fundament. Ganz klar! Inzwischen kann ich aber auch diesem Bild aus
dem Epheserbrief viel abgewinnen. Der Eckstein steht ja für den
Schlussstein, der alles zusammen hält. Er ist der wichtigste Stein,
da ohne ihn alles zusammenstürzt. Er muss den Druck von allen
Seiten aushalten.
Genau
dafür steht Jesus Christus.
All
das, was uns zusammenhält und uns nicht zusammen stürzen lässt,
das finden wir in ihm, unserem Eckstein und Schlussstein. All das,
was an Druck und Belastung in der Gemeinde da ist, all das nimmt er
auf sich.
In
dem Punkte finde ich das ein sehr schönes Bild, das Paulus hier für
Jesus nimmt.
Ich
finde das auch so entlastend und so befreiend für uns selbst, für
unsere Gemeinde. Es liegt letztendlich nicht an uns, an unserem
Aktionismus. Gerade ich als Pfarrer muss mir das vielleicht gerade
sagen lassen, wenn ich versuche, in den ersten Wochen wie wild und
hektisch alles hinzubekommen. So muss ich mich doch nicht unter
Druck setzen. Der ganze Druck liegt doch vielmehr in Jesus Christus,
dem Eckstein, der mich hält.
Das
gilt für mich, ja für jeden von uns!
Von
daher ist es entscheidend, dass die frohe Botschaft von Jesus in
unserer Gemeinde laut wird, dass uns das immer wieder aufs Neue
gesagt wird!
Genau
darin finden wir unseren Halt! Genau darin findet die Kirche auch
ihr Profil!
Das
können wir nicht verschweigen oder verleugnen. Manchmal steht man
vielleicht in der Versuchung, das mit dem Glauben an Jesus und dem
Evangelium etwas leicht zu nehmen, es da sich etwas zu leicht zu
machen und das zu billig zu verkaufen. Damit tun wir uns aber keinen
Gefallen, weil so im Grund genommen Kirche für alles und nichts
steht und so kein Bezug zu Gott, zu Jesus mehr da ist. Eine bequeme,
angenehme Theologie, die sich anpasst, hilft uns da nicht weiter. Es
ist und bleibt vielmehr die tiefgehende und froh machende Botschaft
an Jesus, die uns Christen, die unsere Kirche ausmacht. Indem wir
uns darauf einlassen, finden wir wirklich ein wahres und ein
geistliches Zuhause:
Ein
Zuhause, das klare christliche Standpunkte vertritt, aber auch
wirklich offene Türen hat. Ein Zuhause, das jeden, egal ob jung
oder alt, klein oder groß oder was sonst an Unterschieden da ist,
herzlich willkommen heißt.
Um
es zum Abschluss nochmal auf den Punkt zu bringen:
Wir
gehören zusammen und nicht jeder macht nur so sein Ding.
Wir
bauen vielmehr zusammen an einer und derselben Gemeinde, an einer
und derselben Kirche:
Einer
Kirche, in der Jesus Christus unser Friede ist.
Einer
Kirche, in der Jesus Christus der Eckstein ist, der alles zusammenhält.
Man
kann es auch persönlicher, beziehungsvoller sagen, so wie in dem
Leitsatz unserer Gemeinde steht. Da heißt es zu Recht: Jeder ist
anders, aber wir alle sind von Jesus Christus geliebt. Darum können
wir Gemeinschaft miteinander erleben.
Es
mag sein, dass wir das so noch nicht ganz in die Tat umgesetzt
haben. Das haben wir sicher noch nicht, sonst wären wir die
perfekte, vollkommene Kirche. Nein, es ist kein vollkommener
Kirchenbau, wo schon jeder Baustein drin ist und an der richtigen
Stelle sitzt. Es gibt da Baustellen. Ich als Pfarrer spüre das auch
und erlebe das auch.
Aber
das muss uns nicht sorgen und uns unzufrieden machen, dass wir also
alles kritisch sehen und an allem rumzunörgeln haben.
Wir
haben vielmehr Gottes festes Versprechen im Rücken: Ihr gehört zu
mir, zu meinem Bau, in mein Haus hinein! Das ist es, was ich euch
durch Jesus schenke.
Darauf
dürfen wir voll und ganz vertrauen! Also los! Gehen wir es mit
Freuden an, an unserer Kirche mitzubauen und wirklich lebendige
Bausteine zu sein! Lasst uns die Einheit in Jesus Christus in aller
bunter und wunderbarer Vielfalt leben! Amen.
Klaus
Eberhard
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