Predigt am 6. Sept. 2009 über
1. Johannes 4, 7 - 16 -
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Ihr Lieben,
in seinem ersten Brief
an die Gemeinden in Kleinasien stellt der Apostel Johannes ihnen die
Liebe Gottes vor Augen, die in Jesus Christus sichtbar / offenbar
wurde. Er wendet sich, wie aus den vorhergehenden Versen
ersichtlich, gegen eine gefährliche Irrlehre, die in die jungen
Christengemeinden eingedrungen war und ihnen viel Not machte.
Einigen
Gemeindegliedern war die einfache biblische Botschaft von Jesus
Christus zu simpel und zu wenig anspruchsvoll. Sie streckten sich
aus nach tieferen Erkenntnissen und mystischen Erlebnissen. Vor
allem wollten sie durch ihr eigenes intellektuelles Denken Gott
erkennen. Sie warfen den Gemeinden vor: „Ihr glaubt ja nur, was
die Apostel euch sagen;
wir aber ‚erkennen’ selber Gott. Wir sind auf dem Weg
philosophischer oder religiöser Erkenntnis zu Gott vorgedrungen und
haben in unserem großen Lehrsystem ‚Gott erkannt’“. Diese
Denkrichtung ist auch heute noch aktuell und beeinflusst viele
Gemeinden. Hier weht aber der antichristliche Geist des Irrtums, der
von Gott wegführt.
Dem hält Johannes
entgegen: Gott ist durch Denken nicht zu erkennen, sondern nur durch
Seine Offenbarung und die zeigt uns auf wunderbare Weise,
Gott
ist Liebe.
Das ist die frohe
Botschaft, die die Welt revolutionierte und bis heute nachhaltig
geprägt und verändert hat. Das ist die einmalige Botschaft, die in
keiner Religion zu finden ist. Nirgends wird behauptet, daß eine
Gottheit die Menschen liebt. Das wird einzig und allein von dem
lebendigen Gott, dem Gott der Bibel, und dem Vater von Jesus
Christus behauptet.
So schreibt ein
moderner moslemischer Gelehrter:
„Bedingungslose göttliche
Liebe zur Menschheit ist ein dem Koran völlig fremder Gedanke. So
finden wir an keiner Stelle den Gedanken ausgeführt, daß Gott die
Menschheit liebt. Die Liebe Gottes ist an Bedingungen geknüpft.“
Demgegenüber
offenbart sich der lebendige Gott in der Bibel als der, der
unterschiedslos alle Seine Menschen, ob gut oder böse bedingungslos
liebt! Ja, ER liebt auch und gerade uns Sünder, denn wir haben
Seine Liebe und Zuwendung Not-wendig, weil sie all unsere Not
wendet.
Ist das nicht die
beste Nachricht der Welt? Sie erreicht und erwärmt unser Herz und
schenkt uns neue Lebenskraft und Lebensfreude. Wir dürfen wissen,
Gott ist kein fordernder Gott, der Seine Liebe und Zuwendung an
Vorbedingungen knüpft, die wir zuerst erfüllen müssten. Zu IHM,
dem lebendigen Gott, dem Schöpfer des Himmels und der Erde, dürfen
wir so kommen, wie wir sind.
Wir müssen also nicht
erst besser werden, bevor wir uns an IHN wenden und zu IHM kommen.
ER wird uns dann allerdings nicht so lassen wie wir sind. ER wird
uns, wenn wir das zulassen und IHM vertrauen, in das Bild Seines
Sohnes umgestalten und uns durch einen göttlichen Schöpfungsakt
schon hier auf dieser Erde, ewiges Leben schenken, denn ER liebt uns
bedingungslos und will nur das Beste für uns und will uns für die
Ewigkeit vorbereiten.
Nach solch
bedingungsloser Liebe sehnen sich viele Menschen auch und besonders
Moslems, die das in ihrer Religion so nicht kennen. Sie sind
deshalb, wenn sie diese Liebesbotschaft hören, oft offen für das
Evangelium von Jesus Christus.
Über ein
Internetforum sind in den letzten zwei Jahren mehr als 200 Muslime
zum Glauben an Jesus gekommen. Grund? Sie haben gesehen, wie
freundlich aber bestimmt Christen dort auf Angriffe der Muslime
gegen das Evangelium reagiert haben.
Hier bei uns höre ich
in Gesprächen über Gott allerdings auch immer wieder den Einwand:
Das soll ein Gott der Liebe sein, der all das Böse und Schreckliche
in der Welt zulässt?
Warum hat ER den
Tsunami zugelassen, warum das Erdbeben und warum hat ER das
Schulmassaker nicht verhindert? Andere sagen, „Warum musste unser
Kind oder mein Ehepartner sterben?
Warum?
Warum? Warum? Wer kann das verstehen?
Auch diese Fragen
wollen ernstgenommen werden.
Pfr. Hermann Pompe
sagt dazu: „Es gibt Themen, die sind nicht geeignet für eine
theoretische Diskussion. Die Frage nach der Gottesliebe und der
Erfahrung von Leid gehört dazu. Leid markiert eine deutliche Grenze
jeder logischen Argumentation. Und er fährt fort: „Ich habe bis
heute keine Antwort gefunden für jemand, der von einer Katastrophe
betroffen wird – und ich bin mir ziemlich sicher, daß auch andere
keine befriedigende Antwort haben.“ Soweit Hermann Pompe.
Verstehen kann ich das
alles auch nicht. Aber ein Gott, den wir verstehen und dessen
Handeln wir begreifen könnten, wäre nicht Gott. Er wäre kleiner
als wir Menschen, ja, er wäre ein Geschöpf unserer Gedanken und
nicht anbetungswürdig der Schöpfer aller Dinge.
Es kann ja viel über
Gottes Liebe gesagt werden, aber sind das nicht alles nur fromme Wünsche
und leere Versprechungen? Wie und wo kann ich erkennen, daß das
wahr ist und daß Gott uns, ja auch mich ganz persönlich, wirklich
liebt?
Liebe erkennt man am
Geben, nicht an den Worten, sondern an der Tat. Genau das geschah in
Raum und Zeit, damals in Israel, zu einer bestimmten Zeit an einem
bestimmten Ort:
Am
Kreuz auf Golgatha!
Dort, und nur dort, können
wir die Liebe Gottes in ihrer tiefsten Dimension erkennen (erahnen).
Denn, so sagt Johannes, der das als Augenzeuge miterlebt hat,
„Gottes Liebe zu uns ist für alle sichtbar geworden, als er
seinen einzigen Sohn in die Welt sandte, damit wir durch ihn leben können.“
V.9
Ja, Gott schenkte uns
das Beste und Liebste, was ER hat, Jesus Christus, Seinen Sohn. ER
schickte Seinen Sohn in die IHM feindlich gesinnte und IHN
ablehnende Welt, ja mitten unter Seine Feinde und Mörder.
Und Johannes fährt
fort:
„Das Einzigartige an
dieser Liebe ist: Nicht wir haben Gott geliebt, sondern er hat uns
geliebt. Er hat seinen Sohn gesandt, damit er durch seinen Tod Sühne
leiste für unsere Schuld.“ V.10
Hier wird sichtbar, daß
Gott wirklich durch und durch Liebe ist. Diese Liebe ist nicht eine
Seiner vielen göttlichen Eigenschaften, nein, Liebe ist sein
ureigenstes, innerstes Wesen. ER kann nicht ohne Liebe handeln, was
immer ER denkt und tut, ist von Seiner bedingungslosen Liebe geprägt.
Wer kann dieser Liebe
widerstehen? Wird dadurch nicht unser Herz erreicht und wollen wir
uns dieser Liebe nicht öffnen und ganz anvertrauen?
Gottes Liebe ist auf
ein Gegenüber angelegt. Gott kann deshalb Liebe sein, weil ER
innerhalb der göttlichen Dreieinigkeit Liebe praktiziert. ER ist
auf die Menschen nicht angewiesen, um ein Gegenüber Seiner Liebe zu
haben. Das hat ER innerhalb Seiner göttlichen Trinität. Dort
offenbart sich die Liebe Gottes in dem Verhalten der drei göttlichen
Personen zu einander.
Der
Vater erschafft die Welt (den Kosmos) nicht selbst sondern
durch den Sohn, das göttliche Wort, den Logos. (Christus ist das
Fleisch gewordene Wort Gottes.)
Der
Sohn seinerseits will nichts anderes, als gehorsam den Willen
des Vaters tun. ER will die Menschen von aller Sünde erlösen,
ihnen den Vater lieb machen und ihnen die Tür zum Vaterhaus öffnen.
Dafür hat der Vater Seinem Sohn alle Macht übertragen im Himmel
und auf Erden, daß ER der HERR aller Herren sei.
Der
Heilige Geist will nichts für sich, will nicht angerufen
oder angebetet werden. ER will nur eines, Jesus, den Sohn, den
Menschen bekannt machen, damit sie Jesus erkennen und sich Jesus
ganz anvertrauen. ER will den Menschen das Wort Gottes aufschließen,
daß sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen.
Keine der drei göttlichen
Personen will etwas für sich, alle drei wollen für den jeweils
anderen dasein und für die Menschen, und diese in ihre Liebe und
Gemeinschaft einbeziehen, hereinholen und teilhaben lassen.
Deshalb will Gott, daß
wir eine lebendige und dauerhafte Beziehung zu IHM unterhalten. ER
seinerseits will sich aufs engste mit uns verbinden und in Seinem
Heiligen Geist sogar Wohnung in uns nehmen.
Eine solche Liebe übersteigt
unser Vorstellungsvermögen. Und nun ermuntert Johannes die Christen
in Kleinasien:
„Ihr Lieben, hat uns
Gott so geliebt, so sollen wir uns auch untereinander lieben. Ja,
wer liebt der ist von Gott geboren und kennt Gott. Aber wer nicht
liebt, der kennt Gott nicht, denn Gott ist Liebe.“
Als natürliche
Menschen sind wir unmöglich in der Lage so zu lieben. Aber wieso?
Es gibt doch viele Menschen, die liebevoll miteinander umgehen. Ja,
aber hier ist „Agape“ gemeint. Die Bibel verwendet dieses Wort
nur für die Liebe, die von Gott kommt, die Sein ganzes göttliches
Wesen ausmacht und die ER denen schenkt, die sich IHM in Jesus
Christus ganz anvertrauen.
Dazu müssen wir
umkehren, unsere Sünde bekennen und durch den Geist Gottes zu neuen
Menschen „um-erschaffen“ werden (neugeboren werden), sonst können
wir diese Liebe nicht haben. Warum nicht?
Weil Agape, diese göttliche Liebe, keine menschliche Möglichkeit
ist. Sie ist eine total neue Existenzweise, ja neues Leben, das aus
Gott stammt und Gottes Wesen an sich trägt.
Welch ein Unterschied
zu unserem Wesen. Unser Wesen ist geprägt, ja deformiert durch die
Sünde. Diese zeigt sich, oft zwar liebevoll kaschiert, u.a. in
Eigensucht, Lieblosigkeit, Egoismus und Selbstverwirklichung. Wir
sind „zurückverkrümmt“ auf uns selbst.
Dieses Wesen werden
wir nicht los. Wir müssen also aus Gott neu geboren worden sein, um
wirklich wahrhaft lieben zu können.
Martin Luther hat den
Unterschied zwischen der göttlichen und der menschlichen Liebe so
formuliert:
„Die
Liebe des Menschen entzündet sich am Liebenswerten.
Die
Liebe Gottes schafft sich
Liebenswerte.“
Diese wunderbare Liebe
Gottes hat schöpferische und verwandelnde Kraft. Gott schenkt sie
allen, die durch Jesus Christus eine echte Lebensbeziehung zu IHM
haben. Das ist das wahre Leben, das Gott allen schenken will, die
sich danach ausstrecken. Wer so liebt, der kennt Gott und wer
bekennt, daß Jesus Christus Gottes Sohn ist, in dem bleibt Gott und
er in Gott.
Eine solch innige
Gemeinschaft will Gott mit uns haben, daß ER Wohnung in uns nehmen
will. Welch eine Freude, welch eine Würde, die Gott uns dadurch
verleiht, daß ER mit Seiner ganzen Liebe dauerhaft, ja ewig, in uns
wohnen will.
Diese Liebe, die Gott
uns schenken und zu der ER uns umgestalten und befähigen will, ist
zum Weitergeben bestimmt. Die Liebe von Gott setzt in Bewegung zum
anderen hin, kreist nicht um sich selbst, sondern will sich verströmen
zum anderen hin.
Wir alle hungern doch
nach Liebe. Wir brauchen auch Anerkennung und Bestätigung. Wenn wir
von anderen geliebt werden, sind wir glücklich. – Doch wie oft
scheitern unsere Vorsätze zur Nächstenliebe bereits an der
Kirchentür. Sobald wir den Gottesdienst verlassen haben, will uns
unser altes Wesen wieder beherrschen. Angst und Misstrauen melden
sich und wollen uns einreden, wir könnten dann zu kurz kommen, denn
tief in uns tragen wir ein falsches, ein verzerrtes Gottesbild in
uns, das tief von Misstrauen geprägt ist.
Doch als Geliebte, als
wiedergeborene Kinder Gottes, dürfen wir großzügig sein und
vorbehaltlos lieben, weil wir von Gott Geliebte sind. Wir vergeben
uns nichts und verlieren nichts, und sind nicht abhängig vom
Verhalten des Anderen.
Voller Vertrauen dürfen
wir die Initiative ergreifen und agieren und nicht nur reagieren,
denn Vertrauen ist die Frucht unserer Beziehung zu Gott, in der wir
wissen, daß wir von IHM geliebt werden.
So dürfen wir den
ersten Schritt auf den Anderen zugehen, der uns noch nicht liebt
aber sich nach Liebe und Annahme sehnt.
Durch unsere Liebe zu
ihm können wir sein Herz erreichen und ihm etwas davon weitergeben,
was wir selbst von Gott empfangen haben, wie es der barmherzige
Samariter tat, von dem wir vorhin im Evangelium gehört haben.
Durch diese Liebe wird
eine Bewegung angestoßen, die in ihrer Auswirkung kaum zu unterschätzen
ist. So hat die Botschaft von der Liebe Gottes und die praktizierte
Liebe z.B. den Stamm der Fayus in Indonesien völlig verändert und
die Blutrache beendet. Das kann die Liebe Gottes bewirken, die ER
durch uns schwache Menschen an andere weitergeben will.
An unserer Liebe zum
Bruder und der Schwester wird es konkret, wie es mit unserer Liebe
zu Gott steht. Lieben wir Gott nur mit Worten und Gedanken oder mit
Taten und mit unserem Leben?
Laßt uns von dieser
tiefen, sich verschenkenden Liebe Gottes in Bewegung setzen lassen.
Laßt uns die geschenkte Liebe weitergeben und einander lieben, wie
Christus uns geliebt hat, denn die Liebe ist aus Gott und wer liebt
ist aus Gott geboren und kennt Gott.
Laßt uns noch heute
damit beginnen, gleich auf dem Kirchvorplatz. Wir werden
feststellen, daß es unser Leben und unsere Beziehung zu Gott
bereichern und stärken, ja in wunderbarer Weise verändern wird.
Gott schenke uns dazu
den Willen, die Kraft, die Gelegenheit – und das Gelingen.
Amen.
Wolfgang
Wilke
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