Predigt am 12. Juli 2009 über
Lukas 5, 1 - 11 -
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vor einem Jahr waren wir mit einer Gruppe aus der Gemeinde in
Israel.
Wir wanderten auf den Spuren Jesu – auch am Ufer des Sees
Genezareth.
Und seither wandern immer wieder Gedanken dorthin zurück.
Geschichten wie das Evangelium heute verknüpfen sich mit
Bildern.
Und für Manche waren diese Tage damals Momente tiefer
Bewegtheit.
Erlebnisse, die sich in die Seele einprägen.
Die Anstöße zum Glauben wurden und die vielleicht gar ein
Leben begleiten.
So ging es schon damals Menschen – nicht allen, aber doch
manchen:
Es begab sich aber, als sich die Menge zu ihm drängte, um das Wort Gottes
zu hören, da stand er am See Genezareth und sah zwei Boote am Ufer
liegen; die Fischer aber waren ausgestiegen und wuschen ihre Netze.
Da stieg er in eines der Boote, das Simon gehörte, und bat ihn, ein
wenig vom Land wegzufahren. Und er setzte sich und lehrte die Menge
vom Boot aus. Und als er aufgehört hatte zu reden, sprach er zu
Simon: Fahre hinaus, wo es tief ist, und werft eure Netze zum Fang
aus! Und Simon antwortete und sprach: Meister, wir haben die ganze
Nacht gearbeitet und nichts gefangen; aber auf dein Wort will ich
die Netze auswerfen. Und als sie das taten, fingen sie eine große
Menge Fische, und ihre Netze begannen zu reißen. Und sie winkten
ihren Gefährten, die im andern Boot waren, sie sollten kommen und
mit ihnen ziehen. Und sie kamen und füllten beide Boote voll, so
dass sie fast sanken. Als das Simon Petrus sah, fiel er Jesus zu Füßen
und sprach: Herr, geh weg von mir! Ich bin ein sündiger Mensch.
Denn ein Schrecken hatte ihn erfasst und alle, die bei ihm waren, über
diesen Fang, den sie miteinander getan hatten, ebenso auch Jakobus
und Johannes, die Söhne des Zebedäus, Simons Gefährten. Und Jesus
sprach zu Simon: Fürchte dich nicht! Von nun an wirst du Menschen
fangen. Und sie brachten die Boote ans Land und verließen alles und
folgten ihm nach.
Der Fischzug des Petrus - es ist eine der Basiserzählungen
der Evangelien.
Beim ersten Hinhören tut sie uns gut, oder?
Die Geschichte ist uns vertraut.
Alles ist irgendwie am richtigen Platz:
Jesus predigt das Wort Gottes – und eine große
Menschenmenge hört gerne zu.
Und als es so viele werden, dass nicht alle den Meister hören
können,
da wird auch dieses Problem schnell und praktisch gelöst.
Der Fischer Simon ist hilfsbereit und rudert Jesus in die
Bucht hinaus –
und als Belohnung lockt Jesus mal eben einen Schwarm Fische in
sein Netz.
Und am Ende gewinnt Jesus seine wichtigsten Nachfolger.
Also: alles passt.
Der Fischzug des Petrus - eine erbauliche Geschichte.
Sie erzählt, wie die ersten Leute zu Jesus gefunden haben.
Dass sie ernst gemacht haben und die Einladung angenommen
haben.
Es ist erbaulich, oder?
Stop! Ist sie das wirklich?
Wir könnten die gleiche Geschichte auch ganz anders hören
–
mit den Ohren von Simons Frau zum Beispiel.
Stellen wir uns das einen Moment vor:
Einer der Beobachter der Szene sei Menachem, ein Nachbar aus
Kapernaum.
Als er an diesem Tag nach Hause kommt, fragt Frau Simon ihn
–
noch ganz beiläufig und ohne wirkliche Sorge:
„Menachem, weißt Du eigentlich, wo mein Mann bleibt?
Ich warte schon mit dem Essen.“
„Tja,
Sara, das ist so ´ne Sache. Heute Morgen war dieser Jesus am Ufer.
Und
Viele sind zusammengeströmt, die ihn hören wollten.
Und
da hat Jesus Deinen Mann gebeten, ihn mit seinem Boot raus in die
Bucht zu fahren. Du weißt ja – so überträgt das Wasser den
Schall am besten.
Alle
konnten ihn gut verstehen. Und Jesus erzählte ihnen von Gott.“
„Und? Sag bloß, Simon ist da hängen geblieben!
Wo er doch sonst eher selten zur Synagoge geht.“
„Da
hast Du wohl recht. Nein, Simon hat nicht wirklich zugehört.
Er
hat weiter seine Netze sauber gemacht. Aber dann passierte was
Seltsames:
Vielleicht
war es gerade , weil Simon so demonstrativ mit den Netzen hantierte
– Jesus schickte ihn noch mal raus zum Fischen!“
„Wie, am hell lichten Tag? Das wird er doch wohl nicht gemacht haben!“
„Hat
er doch. Weißt Du – in der Nacht hatten sie gar nichts gefangen.
Vielleicht
hatte er es auch deshalb nicht so eilig, nach Hause zu kommen.
Wie
auch immer: plötzlich war große Aufregung. Er muss sogar Jakob und
Johannes zu Hilfe rufen, weil sein Netz plötzlich so voller Fische
war. Unglaublich – was andere in einer ganzen Woche fangen, das
hatte Dein Mann auf einmal im Netz!“
„Und warum ist er dann immer noch nicht hier?“
„Sara,
ich glaube, Du wirst das nicht verstehen –
ich
hab´s auch nicht verstanden.
Er
ist mit Jesus mitgegangen – einfach so, ohne Wenn und Aber.
Ich
glaube, Jesus hat ihn dazu aufgefordert, alles hinter sich zu
lassen.“
„Was, das gibt’s doch nicht. Aber - er kann doch nicht einfach so
gehen.
Was wird aus mir? Und wer sorgt für die Fische?
Der soll mir mal nach Hause kommen!“
So ein Gespräch ist sicher auch geführt worden an jenem Tag.
Nichts von Erbaulichkeit.
Das ist eher ärgerlich, ein Ehemann , der Beruf und Frau
einfach verlässt.
Das wird doch wohl nicht ernsthaft jemand von einem erwarten.
Aus dem Beruf aussteigen – um mehr Zeit mit Jesus zu
verbringen?
Oder plötzlich einer anderen Berufung folgen. Das passiert ja
schon mal.
Die Menschen, die zurückbleiben, finden das meistens gar
nicht so gut.
So gesehen eine ärgerliche Geschichte. Was sollen wir damit?
Erbaulich klingt der Bericht, wenn wir auf Simon schauen.
Ärgerlich wird es, wenn wir uns klarmachen, wie wohl die
Umwelt reagiert hat.
Was bleibt noch?
Wir sind nicht Simon Petrus, wir sind nicht seine Frau oder
sonst einer, der damals dabei war.
Lukas erzählt diese Geschichte, weil er uns Jesus vor Augen
malt.
Denn Er ist der Gleiche – heute wie damals.
Deshalb lasst uns auf Jesus schauen:
Zuerst mal: die Menschen drängten sich um ihn, weil sie das
Wort Gottes hören wollten. Jesus redete nicht Belangloses, sondern
– ja, was?
Er sprach davon, wie Gott die Menschen sieht. Von seiner
Vaterliebe zu uns.
Aber vom Inhalt seiner Rede ist uns hier gar nichts gesagt.
Mehr von Wirkung:
Tausende strömten zusammen. Ließen sich faszinieren. Vergaßen
die Zeit.
Es tat einfach gut, in der Nähe von diesem Jesus.
Nichts wird berichtet, wie diese Vielen das aufgenommen haben.
Ob sie sich massenhaft bekehrt hätten.
Vermutlich erlebten sie eine starke Ermutigung für ihren
Lebensweg.
Das war´s und das war offenbar genug. Das
heißt doch:
Es
ist o.k.!
Du darfst auch heute einfach
zuhören und es Deiner Seele gönnen!
Es ist wie in der Natur:
Jede Pflanze bringt eine unglaubliche Fülle an Samen hervor
– und nur ganz Wenige davon wachsen zu einer neuen Pflanze heran.
Gott liebt den Überfluss. Er ist nicht kleinlich oder
sparsam.
Großzügigkeit ist einer der Namen Gottes.
Auch bei der Verkündigung des Evangeliums.
Gottes Liebe ist verschwenderisch großzügig.
Auch das ganze Netz voller Fische – ist letztlich
verschwendet, nicht?
Simon trägt seine Beute nicht nach Hause. Er verkauft keinen
einzigen Fisch!
Wir sind oft so knauserig – Gott ist großzügig.
Am Ende seiner Predigt vor der Masse wendet Jesus sich dann
einem zu –
und der hatte auch noch eher unfreiwillig zugehört!
Simon war vor Jesus dort am Ufer – er war ihm nicht dorthin
gefolgt.
Er hatte dort zu tun, er ging seiner Arbeit nach und wusch die
Netze.
Vielleicht ist er das Vorbild für manchen Organisten, Küster
oder Presbyter.
Eben für die Predigthörer, die da sind, weil sie gerade
Dienst haben.
Simon
– Du bist gemeint!
Simon erfährt völlig unerwartet einen unglaublichen Segen in
seinem Beruf.
Da, wo er überhaupt nicht damit gerechnet hat, dass Jesus
eingreifen könnte.
Bis hierhin ist es eine Geschichte von Vielen, die von Jesus
zu erzählen wären. Jesus hat Vielen geholfen.
Er hat Kranke gesund gemacht, Tote auferweckt und Besessene
befreit.
Und unendlich Viele haben seine Gleichnisse und Reden gehört.
Aber Simon sagt nicht einfach „Danke“, sammelt den Fang
ein und geht.
Das wäre doch die ganz normale Reaktion gewesen.
Stattdessen: ein Erschrecken erfasste ihn.
Schlagartig hatte er erkannt: Dieser Jesus und ich – das
passt nicht zusammen!
Ihr Lieben, das war nicht Jesus
– Begeisterung, sondern Christus
– Erkenntnis!
Simon waren die Augen aufgegangen: Gott selber stand vor ihm!
Unglaublich. Unfassbar. Unvorstellbar. - Hier endet alle Erklärung.
Die Berufung der ersten Jünger von Jesus bleibt
geheimnisvoll.
Gott sei Dank ist sie kein Einzelfall geblieben.
Bis heute erkennen Menschen, wer sie vor Gott sind:
Beschenkte und gesegnete Menschen – die all das nicht
verdient haben.
Gott begegnet bis heute Vielen mit seiner Großzügigkeit.
Dass doch daraus nicht Begeisterung, sondern Erkenntnis und
Umkehr wachsen!
Dann kommt Gott zum Ziel mit uns.
Dann wird ein Leben neu – in der Nachfolge dieses
wunderbaren Herrn.
Amen!
Björn
Heymer
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