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Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31 Ev. Philippusgemeinde Köln Raderthal Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31
 

Predigt am  14. Juni 2009  über  Lukas 16, 19 - 31  -
 
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Ihr Lieben,

Aha – Erlebnisse vergisst man nicht wieder.

Im Studium in Tübingen hatte ich ein echtes Aha – Erlebnis.

Es ging um die Geschichte, die ich eben gelesen habe.

Die vom reichen Mann und armen Lazarus.

Die Geschichte ist ja so gut erzählt, dass man sie nicht mehr vergisst, wenn man sie einmal gehört hat.

Am Ende löst sich auf, was jeder normale Mensch erstmal als schreiendes Unrecht empfindet.

Der arme Lazarus landet in Abrahams Schoß, während der Reiche im Feuer der Hölle leidet. So soll es doch sein, oder?

Es geht um das Grundthema Gerechtigkeit:

„Gibt es eigentlich einen Ausgleich für erlittenes Unrecht?“

Und: „Muss der Übeltäter nicht für seine Taten die Folgen tragen?“

„Na, hoffentlich!“ denken wir. „Wär doch schlimm, wenn es nicht so wäre.“

In jedem Menschen schlummert die Sehnsucht nach Gerechtigkeit.

Und diese Geschichte geht gut aus: Ja, jeder bekommt, was er verdient hat.

Das Aha – Erlebnis war für mich dies:

Aus der Bibel kannte ich sie ja, jetzt fand ich sie in einem Sprachkurs für jiddisch. Als jüdische Geschichte.

Wie? Die Geschichte ist gar nicht von Jesus!

Sie ist schon viel älter. 

Sie wurde schon im alten Ägypten erzählt.

Juden aus Alexandrien haben sie dort gehört und jüdisch umgeformt.

Der Arme wird zu Lazarus (was übersetzt heißt: Gott hilft!)

Und er landet in Abrahams Schoß – ganz jüdische Redeweise:

Man vermeidet so, von Gott direkt zu reden.

Und das hilft, nicht versehentlich gegen das zweite Gebot zu verstoßen.

So in die jüdische Welt übertragen hat Jesus sie kennen gelernt.

Und er fand sie wohl gut. So hat er sie erzählt, wie es ein Rabbi eben tut.

Nur – er hat eine Fortsetzung drangehängt. Das ist das Besondere!

Der Schluss ist neu.

Denn eigentlich endete sie damit, dass die Beiden an ihren jeweiligen Zeilen angekommen sind.

Die Botschaft lautet dann:

Was hier auf Erden ungerecht verteilt ist, das findet nach dem Tod seinen gerechten Ausgleich.

Sie ist der Versuch, die Verlierer im Leben zu trösten.

Nach dem Tod kommt der Ausgleich. Also nimm Dein Schicksal an.

Der alte Karl Marx lässt grüßen: „Das ist Vertröstung, Opium für´s Volk!

Wenn Glaube nicht mehr bietet als Jenseitsvertröstung, dann weg damit!“

Wer nicht über das Sterben hinaus denken und hoffen kann, wird da zustimmen.

Jesus rechnet fest mit einer Fortsetzung im Jenseits – und doch ist für ihn die Geschichte so, mit diesem Ende nicht komplett.

Was fehlt?

Es fehlt genau das, von dem Jesus bis in die letzte Faser seines Seins erfüllt war: 

Die brennende Vaterliebe Gottes. Die wird hier mit keiner Silbe erwähnt.

Aber Jesus ist genau das in Person:

Gottes brennende Liebe zu seinen Menschen.

Also endet für ihn die Geschichte nicht mit dem Gericht.

Sondern sie geht weiter. Jesus holt die Geschichte in seine Gegenwart!

Jesus erzählt, dass Abraham dem Reichen seine Lage erklärt:

Und überdies besteht zwischen uns und euch eine große Kluft, dass niemand, der von hier zu euch hinüber will, dorthin kommen kann und auch niemand von dort zu uns herüber.

Da sprach der Reiche: So bitte ich dich, Vater, dass du Lazarus sendest in meines Vaters Haus; denn ich habe noch fünf Brüder, die soll er warnen, damit sie nicht auch kommen an diesen Ort der Qual. Abraham sprach: Sie haben Mose und die Propheten; die sollen sie hören. Er aber sprach: Nein, Vater Abraham, sondern wenn einer von den Toten zu ihnen ginge, so würden sie Buße tun. Er sprach zu ihm: Hören sie Mose und die Propheten nicht, so werden sie sich auch nicht überzeugen lassen, wenn jemand von den Toten auferstünde.

Der Gott, der seinen Sohn in die Welt gesandt hat, begegnet uns nicht erst nach dem Tod! Um dann sein Urteil über das Leben zu fällen.

In Jesus ist Gott uns auf unserem Lebensweg entgegen gekommen.

Jetzt, hier mitten im Leben steht er vor uns.

Darum fällt auch mitten im Leben die Entscheidung – nicht erst im Jenseits.

Wo ist Jesus in dieser Geschichte?

Er hat sich in der Gestalt des armen Lazarus erkannt. Ausgerechnet!

Der, der in den Augen dieser Welt der leidende Verlierer ist.

Und den der Reiche dann gerne als Boten für seine Genossen hätte.

Jesus verstand sein Leben vom Propheten Jesaja her:

Er sah sich selber als der Gottesknecht, der von allen verachtet und verschmäht wird. Der scheitert und den Tod erleidet.

Der unverstanden bleibt, dessen Botschaft ungehört verhallt.

Lazarus und Jesus – das sind auch ganz ähnliche Namen:

Lazarus – „Gott hilft“. Und Jesus heißt: „Gott rettet“!

Natürlich steht Lazarus auch für jeden Armen dieser Welt.

Und das ist gar kein Widerspruch!

Denn gerade in den Armen begegnet Jesus bis heute Menschen.

Wo wir barmherzig mit einem Menschen umgehen, da tun wir etwas für Jesus!

Barmherzigkeit – das ist auch einer der Namen Gottes.

Von Jesus  zu lernen, das heißt: barmherzig zu werden – ohne Berechnung. Ohne für sich selber etwas zu bekommen.

An einer Stelle kommt in der Geschichte vom Reichen und dem armen Lazarus Barmherzigkeit vor:

Der Reiche ist es, der Mitleid zeigt! Er, dem in seinem Leben Andere immer egal waren, bekehrt sich nun zu Retterliebe!

Er will seine Genossen bewahren vor der Verlorenheit.

Darum bittet er den Abraham: „Sende doch den Lazarus auf die Welt!

Wenn einer von den Toten zurück kommt, dann werden sie sich bekehren!“

Der Reiche, der am Ende ganz arm dran ist – der kann uns anspornen!

Der kann für uns ein Vorbild sein!

Er bleibt in der ganzen Geschichte ja ein Sohn Abrahams – er wird nicht endgültig verworfen! Und er bekehrt sich zur Selbstlosigkeit!

Er setzt sich ein für die, deren geistliche Armut er so gut kennt.

Er will, dass sie umkehren und auf den Weg des Lebens kommen.

Nun endet die Geschichte ja nicht positiv.

Wir müssen sie weiterdenken von der weiteren Geschichte von Jesus her.

Die Bitte des Reichen hat Gott in Wahrheit ja erhört:

Gott sandte Jesus aus dem Reich des Todes zurück zu den Jüngern.

Der Auferstandene ist wiedergekommen.

Um seine Jünger zu ermutigen. Damit sie zur Umkehr rufen.

Der Ruf zur Umkehr ist göttliche Barmherzigkeit!

Gott setzt sich über die gerechte Entscheidung hinweg.

Er gibt den Verlorenen nicht auf.

Sondern schickt Menschen, die zur Umkehr rufen.

Seit der Auferweckung ist klar:

das negative Ende hier ist nicht Gottes letztes Wort!

Solange ein Mensch lebt, kann er den Ruf zur Umkehr hören und antworten! Gott ist nicht nur gerecht, er ist auch barmherzig.

Seine Taufe wahrhaftig annehmen – das ist umkehren zu Gott.

Dann landen auch wir am Ende da, wo Lazarus ist:

Vor dem Thron des Höchsten – im Frieden Gottes.

Amen!

Björn Heymer