Predigt am 28.12.2008 über Lukas
2, 25 - 38 -
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Die Berichte rund um die Geburt unseres Herrn sind
durchdrungen von zwei Grundhaltungen menschlichen Lebens:
Die Einen sehen das Leben als eine mehr oder weniger klare,
berechenbare Sache an. Geburt, Fürsorge durch Eltern oder Andere,
Aufwachsen, Übernehmen von Verantwortung, Weitergabe des Lebens mit
allen Aspekten, schließlich Abschied und Sterben – so verläuft
ein Leben eben.
Weihnachten – das fest für die Familie – und die
Erinnerung an den Frieden.
Wer so denkt, für den hat die Weihnachtsgeschichte einiges zu
sagen:
Es war eine ganz normale Geburt – in ärmlichen Verhältnissen.
Durch und durch menschlich bis hin zu den Windeln und der
Krippe.
Lange her, aber im Grunde nicht wirklich anders als unser
Leben auch läuft.
Dieser Jesus war einer von uns – Maria und Josef waren junge
Eltern.
Es gab Sorgen, es gab Unterstützer.
Mit Jesus trat ein weiterer Mensch ins Leben.
In vielen Predigten ist in diesen Tagen wieder daran erinnert
worden.
Andere sehen die gleiche Wirklichkeit – und sehen
noch mehr:
Rund um diese Geburt gab es Zeichen von Gott her.
Engel weisen auf das Geschehen im Stall hin. Sie deuten diese
normale Geburt
als einmaliges, von Gott geschenktes, heilvolles Handeln.
In Visionen und Träumen hören Menschen, das Gott hier außerordentlich
eingreift in die Zeit.
Und es gab Menschen, die erkannten: dieses Kind ist Gottes
Heiland!
Die Spannung zwischen dem ganz Menschlichen und dem göttlichen
Handeln – sie bestimmt auch den Bericht, auf den wir gerade gehört
haben.
Maria und Josef waren normale jüdische Menschen.
Nach den Bestimmungen der Thora durfte Maria nach der
Niederkunft dreiunddreißig Tage lang nicht in das Heiligtum –
weil sie als kultisch unrein galt.
Andererseits war für den Erstgeborenen ein Opfer darzubringen
bringen.
Ein Schaf und eine Taube – oder, wenn die Leute arm waren,
zwei Tauben.
So ist es geregelt in der Thora, in Erinnerung an den Auszug
aus Ägypten.
Hatte doch Gott auch damals die Erstgeborenen verschont, wo
ein stellvertretendes Opfer gebracht worden war.
Maria und Josef waren arme Leute.
Jedenfalls konnten sie kein Schaf als Opfertier kaufen.
Offenbar ist keinem der Hirten in der Weihnachtsnacht
eingefallen, dem Jesuskind ein Böcklein zu schenken – anders
als in vielen Krippendarstellungen gezeigt. Denn das hätten die
Eltern ja gut zum Opfer bringen können.
Maria und Josef blieben also die vorgeschriebenen dreiunddreißig
Tage in Bethlehem. Dann machten sie sich auf den Weg nach Jerusalem.
Es ist ein Weg von etwa drei Stunden.
So weit - Maria und Josef verhalten sich ganz normal,
menschlich –
im Rahmen ihrer Erziehung, ihrer Kultur und ihres Glaubens
Und als sie im Tempel ankamen, geschah das Überraschende, das
ganz Andere:
Gott redet in die Weltgeschichte hinein – und Er redet von
diesem Kind.
Auch das haben wir eben gehört:
Ein Mann, Simeon, tritt auf das junge Paar zu.
Er bittet darum, das Kind auf die Arme nehmen zu dürfen.
Und dann stimmt er ein Lied an.
Herr, nun lässt du deinen Diener in Frieden fahren, wie du gesagt hast;
denn meine Augen haben deinen Heiland gesehen,
den du bereitet hast vor allen Völkern,
ein Licht, zu erleuchten die Heiden und zum Preis deines Volkes Israel.
Seltsam. Rätselhaft, was dieser Mann sagt und tut.
Offensichtlich sieht er etwas, was dem natürlichen Auge
verborgen ist.
Lukas sagt zur Erklärung:
Der Geist Gottes hatte Simeon in den Tempel geführt – zur
richtigen Zeit an den richtigen Ort. Simeon war nicht irgendein
alter und frommer Mensch.
Simeon hat so gelebt, dass das für ihn normal war:
Er hört durch den Geist eine sehr konkrete Anweisung von Gott
–
und er tut, was der Geist ihm sagt. Schlicht, aber nicht
normal.
So was gibt es! Menschen, die sich so von Gott leiten lassen.
Menschen wie Simeon, die aus geistlicher Vollmacht heraus
sprechen und handeln.
Menschen, die im ganz normalen Geschehen etwas sehen können.
Etwas, was den meisten Menschen verborgen ist:
Die sehen können: Gott greift durch menschliches Handeln ein.
Wer maßt sich schon an, so etwas zu behaupten?
Manchmal ahnen wir vielleicht im Rückblick: hier war Gott am
Werk.
Aber mitten im Geschehen? Dass man eine unsichtbare
Wirklichkeit ausspricht:
„Dieses
Kind ist der lang er sehnte Heilsbringer der Welt!
Der
Messias für Israel und das Licht der Hoffnung für die Völker!“
Simeon war ein Glaubender, der mir bleibend eine
Herausforderung ist.
Nicht nur, weil er offenbar von einem inneren Frieden erfüllt
war, der von Gott kam und der alles von Gott erwartete.
„Nun
lässt Du deinen Diener in Frieden fahren…“
Welch ein innerer Friede klingt aus diesen Worten!
Die erleichterte Gewissheit: „Nun verpasse ich nichts mehr im Leben.
Das
Entscheidende ist geschehen.“
Wie ganz anders als viele alt werdende Menschen, die wir
erleben.
Simeon hat einen Frieden gefunden, den man sich nicht kaufen
kann.
Den Frieden, von dem die Engel an der Krippe gesungen hatten.
Frieden, wie Gott ihn schenkt.
Frieden, der sich da ausbreitet, wo ein Mensch in allem
menschlichen Ergehen die Handschrift Gottes aufleuchten sieht.
Dieser Frieden hat nichts mit Erschöpfung und Resignation zu
tun.
Simeon mag alt geworden sein. Dennoch – oder gerade darin
hatte er einen wichtigen Dienst zu tun – er segnet Maria und
Josef.
Er war kein Priester. Er war einfach ein glaubender Mensch.
Es gibt nicht viele Stellen in der Bibel, wo ganz normale
Menschen andere segnen. Hier ist eine davon.
Wer Gottes Handschrift im Alltag entdecken, der wird zu einem
Segnenden.
Gott gebe uns in den Gemeinden mehr solche alten Menschen:
Die sich eine ungeheure Weite im Herzen bewahrt haben:
Die wissen: „Gott will sein Licht leuchten lassen bis an die
Enden der Erde.“
Und die ihre besondere Berufung erkennen: Segnende Menschen zu
werden.
Wo jemand in Vollmacht einen Anderen segnet, da verändert
sich viel.
Da ist Gottes Geist und Kraft gegenwärtig.
Simeon hat nicht gewartet, ob er um einen Segen gebeten wurde.
Er hat es einfach getan.
Das kann natürlich leicht übergriffig sein, wenn da einer
drauflos segnet.
Er tat das nicht eigenmächtig. Er ließ sich von Gottes Geist
leiten.
Deshalb war es vollmächtiges Segnen –
Ihr Lieben, das ist die Ermutigung, die ich von Simeon heute höre:
Suche die Nähe Gottes.
Suche die Leitung durch seinen Geist.
Dann wird Segen von Deinem Leben ausgehen.
Amen!
Björn Heymer
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