Predigt am 14.12.2008 über Lukas
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nun
sind die Kinder gegangen – und wir sind eingeladen, miteinander zu
denken
über
Gott, über Mensachen
und darüber, was passiert, wenn beide sich
treffen.
Denn
das ist es doch, was die Bibel von der ersten bis zur letzten Seite
berichtet:
Gott,
der Schöpfer – tritt ganz normalen Menschen in den Weg.
Heute
– passend zum Familiengottesdienst – tritt Gott in eine
Familiensituation:
Eine
werdende Mutter, eine
Schwangerschaft und ein Kind.
Damit
ist deutlich: Gott beschränkt sich nicht auf den Sonntag, nicht auf
seinen Tempel oder seine besonderen Leute.
Gott
begegnet ganz normalen Leuten im ganz normalen Leben.
Und wenn das geschieht, dann geht das fast immer in fünf
Schritten:
Wir
hören von Lukas:
Im
sechsten Monat (der Schwangerschaft einer Frau, die ihre Hoffnung
auf ein Kind längst aufgegeben hatte), da wurde der Engel Gabriel
von Gott gesandt in eine Stadt in Galiläa, die heißt Nazareth, zu
einer Jungfrau, die vertraut war einem Mann mit Namen Josef vom
Hause David; und die Jungfrau hieß Maria.
Und
der Engel kam zu ihr hinein und sprach:
„Sei
gegrüßt, du Begnadete! Der Herr ist mit dir!“
Was
Gott hier vorhat, ist eine klassische Berufung.
Gott
beruft einen ganz normalen Menschen, etwas gar nicht Normales zu
tun. Nämlich einen Schritt des Vertrauens zu wagen.
Wie,
wann und warum gerade dort – das alles wird nicht erklärt.
Es ist
einfach so.
Eine
Jungfrau, also ein Mädchen, vielleicht zwölf-dreizehn Jahre alt.
Mit
dem Namen Maria – das war damals ein Allerweltsname in Israel.
In
Nazareth – ein Dorf in Galiläa, das niemand kennt.
Wer
überhaupt schon mal von Nazareth gehört hatte, der kannte vor
allem die Redensart. „Was kann aus Nazareth schon Gutes kommen?“
Das
spricht für sich.
Es
sind nicht die scheinbar Wichtigen, die Gott beruft –
sondern
Menschen, die ganz einfach und normal sind.
Menschen,
wie sie zu allen Zeiten und an allen Orten dieser Welt leben.
So
unbedeutend braucht sich niemand zu fühlen, dass der Ruf Gottes ihm
nicht gelten würde.
Typisch für eine Berufung durch Gott:
Es
geht darum, etwas zu tun, das von außen betrachtet nicht verstanden
wird.
Sie
aber erschrak über die Rede und dachte: „Welch ein Gruß ist das?“
Es ist das Zweite, was bei fast
jeder Berufung geschieht:
Die
Reaktion ist Zögern und Angst.
Gott
hat die unangenehme Eigenart, Menschen um Dinge zu bitten, die ihnen
viel Angst machen. Maria erschrickt und fragt zweifelnd nach.
Denn
bei einer Berufung geht es nicht um einen Ruf zum Glauben.
Dass
jemand an Gott glaubt, das wird still vorausgesetzt.
Hier
geht es um eine Berufung zu einem Dienst.
Das macht den Unterschied!
Ginge es Gott nur um die innere Überzeugung eines Menschen,
dann bräuchte niemand zu erschrecken.
Wenn Gott Menschen ruft, dann, damit durch sie etwas anders
wird in der Welt.
Da wird es unbequem, vermutlich sogar anstrengend.
Und
der Engel sprach zu ihr: „Fürchte dich nicht, Maria, du hast
Gnade bei Gott gefunden. Siehe, du wirst schwanger werden und einen
Sohn gebären, und du sollst ihm den Namen Jesus geben. Der wird
groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden; und Gott der Herr
wird ihm den Thron seines Vaters David geben, und er wird König
sein über das Haus Jakob in Ewigkeit, und sein Reich wird kein Ende
haben.“
Da
sprach Maria zu dem Engel:
„Wie
soll das zugehen, da ich doch von keinem Mann weiß?“
Der
Engel antwortete und sprach zu ihr:
„Der
heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten
wird dich überschatten; darum wird auch das Heilige, das geboren
wird, Gottes Sohn genannt werden. Und siehe, Elisabeth, deine
Verwandte, ist auch schwanger mit einem Sohn, in ihrem Alter, und
ist jetzt im sechsten Monat, von der man sagt, dass sie unfruchtbar
sei. Denn bei Gott ist kein Ding unmöglich.“
Auf
die Angst reagiert Gott drittens, indem er etwas verspricht.
Wenn
es um eine Berufung geht, dann brauchen Menschen Ermutigung.
Genau
darauf geht der Engel dann noch einmal ein:
Doch Maria! Du hast
Gnade gefunden bei Gott!
Bevor
Menschen etwas tun sollen für Gott, kommt die Gnade:
Fürchte
Dich nicht Maria!.
Hab
keine
Angst vor Gott – was immer er auch sagen wird.
Dann
bekommt Maria
ihren
Auftrag.
Siehe,
Du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären -
Schlicht
und unfassbar! Natürlich fragen wir:
Wie
kann das sein? Da muss doch ein Mann dahinter stehen.
Das
wollen wir verstehen.
Uns
geht’s nicht anders als Maria. Sie wollte es auch wissen.
Es
gehört zum Menschsein dazu, dass wir verstehen wollen.
Trotzdem:
Hilft uns Verstehen
eigentlich, etwas Unabänderliches
anzunehmen?
Eine
Mutter, deren Sohn gestorben ist, betonte Wochen danach immer
wieder:
Da
gibt es keinen Trost!
Es
gibt Situationen, da helfen
keine noch so guten
Erklärungen.
Erklärungen
verändern
die Tatsachen
ja nicht.
Und
nicht
alles lässt sich erklären.
Die
Zeugung des Sohnes Gottes bleibt ein Geheimnis – die Menschen der
Bibel konnten damit offenbar umgehen, Fragen unbeantwortet stehen zu
lassen.
Immer
wieder schweigen die Berichte der Bibel, wenn Dinge hinzunehmen
sind.
Vermutlich
ist das heilsamer als das bohrende Nachforschen.
Es
hat etwas damit zu tun, ob wir Gott als den Heiligen respektieren
oder nicht.
Respektieren
heißt: Aushalten, dass hier auf Erden Fragen offen bleiben.
Maria
aber sprach:
„Siehe,
ich bin des Herrn Magd; mir geschehe, wie du gesagt hast.“
Wenn
Menschen von Gott berufen werden, dann gibt es immer eine
Entscheidung:
Maria
sagt Ja! Sie lässt sich ein auf Gottes Ruf.
Und das ist alles Andere als einfach. Sie riskiert ihren guten
Ruf.
Sie riskiert die Verlobung, die für sie auch die Absicherung
ihrer Zukunft war.
All das hat Maria erst einmal losgelassen – Man fragt sich:
Wie kommt ein Mensch dazu, so etwas zu tun?
Andererseits gibt es in jedem von uns eine Sehnsucht nach so
etwas.
Menschen, die ihrer Berufung gefolgt sind, üben oft eine
Faszination aus.
So möchten wir sein: am richtigen Ort, mit der richtigen
Aufgabe.
Es wäre es wohl schon wert, seine eigene Berufung von Gott
her zu finden.
Aber es gibt auch das Andere.
Manchmal
sagen Menschen auch Nein! zu ihrer Berufung.
Wissen:
eigentlich sollte ich diesen mutigen Schritt tun, aber….
So
oder so – es folgt immer eine Veränderung.
Wer
„Ja“ sagt zu Gottes Berufung, der beginnt einen neuen Weg.
Vielleicht
mit Unsicherheiten, vielleicht mit Stolpern.
Aber
wer ihn geht, der lernt dazu und wächst in seinem Glauben.
Und:
solche Menschen werden Teil von Gottes Plan mit dieser Welt!
So wie Maria. Sie hätte wohl auch „Nein“ sagen können.
Aber das ist so eine unmögliche Möglichkeit. Gott wusste
schon, wen Er fragt.
Für Maria klärte sich in diesem Moment ihre Lebensberufung.
Übrigens:
Auch wenn jemand „Nein“ sagt, verändert
sich etwas.
Solche
Menschen werden ein kleines Stückchen härter, ein bisschen
widerstandsfähiger gegen Gottes Berufung. Sie werden beim nächsten
Ruf Gottes noch ein bisschen leichter den Kopf schütteln.
Jede
Begegnung mit Gott hinterlässt Spuren – im eigenen Leben und in
der Welt drum herum.
Marias
Geschichte will uns heute reizen, mutiger zu werden, was unsere
Berufung angeht. Ermutigung ist Gottes Geschäft, das haben wir
gehört.
So bleibt uns diese Bitte:
Vater, sei an unserer Seite, wenn wir Deinen Ruf hören.
Mach uns unserer Berufung gewiss.
Hilf uns, die richtige Entscheidung zu treffen.
Und hab Geduld, wenn wir nicht so schnell sind, wie wir sein
könnten.
Amen!
Björn
Heymer
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