Predigt am 30.11.2008 über Johannes
5, 2 - 13 -
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Ihr Lieben,
die Menschen der Bibel hatten ein bestimmtes Bild von Gott vor
ihren inneren Augen: Es ist das Bild eines mächtigen Herrschers
oder Königs.
Einer, der vor sich seine Leute ausschickt, die seine
Auftritte vorbereiten.
Für die Antike ja völlig verständlich.
Und uns kamen bei der Vorbereitung Bilder in den Sinn wie die
eben Gezeigten:
Paraden mit Symbolen von Stärke; Menschen, die Andere an den
Rand drängen – und selber fast göttliche Verehrung einfordern.
Adolf Hitler, Idi Amin, Saddam Hussein – und wie sie alle
heißen.
Solche Gestalten. Taugen die etwa als Bildmaterial, wenn wir
von Gott reden?
Nein! Das passt nicht! In der Kultur, in der wir leben, gibt
es so etwas wie eine stille Übereinkunft: „Kein
Herrscher darf meine Unterwerfung verlangen!“
Das wäre ein Verstoß gegen die Menschenwürde, wenn das
verlangt würde.
Tja, dann ist das Bild für Gott ungeeignet.
Gott soll einer sein, dem wir uns bedingungslos zu unterwerfen
hätten.
Da sträuben sich alle Nackenhaare.
Falsche, ungeeignete Bilder können ein Hindernis sein auf dem
Weg zu Gott.
Bilder, die uns einmal vermittelt wurden, und die uns am
Glauben hindern.
Seit Jesus ist das Bild vom unberechenbaren, absoluten
Herrscher als Bild für Gott nicht mehr passend.
Jesus hat anders von Gott geredet.
Wir hören heute die Geschichte einer Begegnung mit Jesus:
In Jerusalem liegt in der Nähe des Schaftors der Teich Bethesda, wie er
auf hebräisch genannt wird. Er ist von fünf Säulenhallen umgeben.
Viele Kranke, Blinde, Gelähmte und Gebrechliche lagen in diesen Hallen
und warteten darauf, dass sich Wellen auf dem Wasser zeigten. Sie
glaubten: Wer dann als Erster in den Teich kam, der wurde gesund,
ganz gleich, welches Leiden er hatte.
Einer von den Menschen, die dort lagen, war schon achtunddreißig Jahre
krank. Als Jesus ihn sah und hörte, dass er schon so lange an
seiner Krankheit litt, fragte er ihn: „Willst Du gesund werden?“
„Ach, Herr“ entgegnete der Kranke, „ich habe niemanden, der mir in
den Teich hilft, wenn sich das Wasser bewegt. Versuche ich es
allein, komme ich immer zu spät.“ Da forderte ihn Jesus auf:
„Steh auf, rolle deine Matte zusammen und geh!“ In demselben
Augenblick war der Mann geheilt. Er nahm seine Matte und ging glücklich
seines Weges.
Die Geschichte einer heilsamen Begegnung.
Jesus sieht einen Menschen in seiner Not.
Er ergreift die Initiative und er spricht ihn an.
Aber er zwingt den Mann nicht. Er fragt ihn: „Willst
Du gesund werden?“
Was für eine Frage! Wer wollte das nicht? Natürlich will er
gesund werden. Sonst wäre er doch nicht da – an diesem Ort, wo
Heilung geschehen.
Trotzdem stellt Jesus diese Frage. Weshalb?
Die Leute, die dort am Teich Bethesda auf Heilung hofften,
hingen einem großen Aberglauben an. Aberglaube ist es, eine
bestimmte Wirkung der Götter aufgrund von eigenem Handeln zu
erzielen.
Religion als Automat – diese Vorstellung ist weit
verbreitet, aber deshalb nie und nimmer richtig.
Es ist ein falsches Bild von Gott.
Gott ist hier nicht als Gegenüber verstanden – schon gar
nicht als liebendes Gegenüber.
Mit seiner Frage rückt Jesus ein falsches Gottesbild zurecht.
Er stellt klar: Gott nimmt Dich als Gegenüber mit Willen und
Entscheidung ernst. Du bist gefragt!
Nun sagt der Mann nicht etwa voller Begeisterung:
„Na
klar will ich das! Super. Genau darauf warte ich!“
Sondern – ja, was tut er: er hält Jesus seine Erfahrungen
mit Menschen vor.
„Mir
hat nie jemand helfen wollen. Deshalb bin ich immer zu spät
gewesen.“
Wenn Jesus Dich heute fragen würde:
„Willst
Du in Zukunft alle Deine Zweifel los sein? Willst Du fröhlich und
voller Gewissheit glauben, dass Gott es gut meint mit Dir?“
Würdest Du dann sagen: „Ja,
gerne.“ Oder nicht doch eher so:
„Nein,
danke! Das gibt es sowieso nicht. Ich bin schon so alt geworden,
aber ich hab viel mehr erlebt, was gegen den Glauben spricht als dafür.“
Jesus zwingt niemandem, sich helfen zu lassen. Er bietet sich
an.
Das ja. Er fragt und wartet die Antwort ab.
Und dann gibt er dem Mann einen klaren Auftrag:
„Steh
auf, rolle deine Matte zusammen und geh.“
Als wenn das so einfach wäre!
Und doch geht es! Was er sich nie hat vorstellen können,
jetzt geht es leicht.
Diese Geschichte von der Heilung am Teich ist eine
Beispielgeschichte.
Sie redet von Hindernissen auf dem Weg zum Glauben.
Welche Hindernisse sind das? Und: Können wir sie aus dem Weg
räumen?
1. Hindernis: Ich habe ein falsches Bild von Gott.
Wenn einem falsche Vorstellungen über Gott den Zugang zum
Glauben verstellen, dann räumt Jesus gerne auf.
Bei dem Kranken war es die magische Vorstellung, Gott wäre so
etwas wie das Schicksal in Person. Unberechenbar, und meistens nur für
Andere da.
Jesus zeigt ihm: Gott ist anders! Gott geht dem nach, der in
Not ist.
Er bietet seine Hilfe an, ohne jemanden zu zwingen oder Gewalt
anzutun.
Die Begegnung, die Gott sucht, geschieht mitten in den
Niederungen unseres Alltags – und sie löst gerade keine Angst
aus. Sondern Hoffnung.
Es ist ein anderes, friedlicheres Bild für Gott, das Jesus
hier anbietet.
2. Hindernis: In mir steckt ein tiefes Misstrauen Gott gegenüber.
Das hängt eng mit dem Ersten zusammen.
Können wir das wirklich glauben, dass Gott so ist, wie Jesus
ihn vorstellt?
Oder steckt tief in uns nicht doch die Vorstellung: am Ende
rechnet da doch ein strenger und unberechenbarer Richter mit mir ab.
Und dann ist es aus.
Woher kommt dieses Misstrauen? Es kommt daher, dass wir
unwillkürlich auf Gott übertragen, was wir von uns selber oder von
Anderen kennen.
Wir selber sind nicht so selbstlos wie Jesus hier Gott
vorstellt.
Also ist es vermutlich nicht wahr. Also bleiben wir
misstrauisch.
Wie können wir dieses Misstrauen loswerden?
Indem wir den Blickwechsel einüben – bewusst wegsehen von
den eigenen Erfahrungen, denn die sind meistens ziemlich gottlos.
Und stattdessen bewusst hinsehen auf Jesus. Er ist real und prägt
bis heute real das Handeln, reden und Denken von Menschen.
Der Blickwechsel ist heilsam gegen unser Misstrauen.
3. Hindernis: Ich habe mich von Menschen abhängig gemacht –
auch in der Frage des Glaubens.
Wem die Meinung anderer Menschen sehr wichtig ist, der wird
mit dem Ruf in die Nachfolge Probleme haben. Weil Jesus ganze
Hingabe erwartet.
Früher gab es einen frommen Merksatz, der lautete so:
Sei
ganz sein – oder lass es ganz sein.
Da ist was Wahres dran.
Der Kranke hier in der Geschichte hatte da seine Schwäche:
Er neigte dazu, die Verantwortung für sein eigenes Glück bei
anderen zu suchen.
„Keiner
hilft mir“ „Die anderen drängen sich immer vor.“
Später dann, als er angesprochen wird, weil er am Sabbat
seine Matte trägt:
„Der
Mann, der mich gesund gemacht hat, der hat gesagt: Trage deine
Matte.“
Immer wieder schiebt dieser Mann die Verantwortung auf Andere.
Manch einer kennt das von sich heute auch.
Wer es allen recht machen will, macht sich kleiner, als Gott
ihn haben will.
Das ist ein Hindernis für den Glauben!
Wenn wir einen tieferen Zugang zu Jesus suchen, müssen wir
das lassen!
Das ewige Suchen des eigenen Glückes beim Tun oder Lassen
Anderer.
Oder beim Urteil Anderer über uns.
Bahnt einen Weg – ist eine Einladung an uns.
Die Einladung, das anzunehmen, was Jesus längst getan hat:
Der Weg zum Vater ist frei.
Amen!
Björn
Heymer
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