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Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31 Ev. Philippusgemeinde Köln Raderthal Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31
 

Predigt am  28.09.2008  über  Johannes 4, 4 - 14
"Gesundes Misstrauen" 
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Ihr Lieben,

Es waren die besten Voraussetzungen für eine Begegnung, die gründlich danebengeht: Vorurteile auf beiden Seiten – genügend Unterschiede in der religiösen Überzeugung und reichlich Nationalstolz.

Und außerdem - im Orient ist es bis heute so:

in der Öffentlichkeit reden Männer nicht mit Frauen. 

Kein Wunder, dass die Frau am Brunnen voller Misstrauen steckt.

Schon fast ein Wunder, dass trotzdem miteinander geredet wird.

Denn da, wo Misstrauen herrscht, da denkt man übereinander –

aber man redet gerade nicht miteinander.

So kennen wir es jedenfalls.

Diese Geschichte einer Begegnung am Brunnen verstehe ich heute als ein Muster dafür, wie Jesus die Mauer des Misstrauens überwindet.

Gleich zweimal reicht er ihr gewissermaßen eine Hand über die Mauer:

– und beide Mal reagiert die Frau erstmal voller Misstrauen.

Erst bittet er um Hilfe – „Gib Du mir zu trinken.“

Der beste Brunnen stillt keinen Durst, wenn man nicht an das Wasser kommt. Man braucht ein Seil und einen Eimer. Beides hatte Jesus nicht.

Deshalb diese Bitte. Hilf mir!

Aber die Frau zögert –

Wieso bittest Du mich um Wasser, wo ich doch eine samaritische Frau bin?“

Gesundes Misstrauen?

Die Frau hat jedenfalls normal reagiert – sie schützt sich.

Gleichzeitig bricht sie die Begegnung nicht ab. Auch das ist gesund.

Sie hätte sich ja auch einfach umdrehen und weggehen können.

Wenn wir das als ein Muster verstehen wollen, dann heißt das wohl:

Es ist durchaus normal und in Ordnung, wenn man in einer Begegnung mit Christen spürt: die reden eine andere Sprache und haben andere Werte.

Die sind gewiss in ihrem Glauben – und mir ist das alles fremd.

Christen gehen davon aus, dass Jesus – dieser Wanderprediger von vor 2000 Jahren - heute unter uns so gegenwärtig ist wie jeder von uns.

Wer da misstrauisch wird, den kann ich gut verstehen.

Wenn die Geschichte zu verallgemeinern ist, dann können wir sicher sein:

Es stört Jesus nicht, wenn jemand erst mal zögert.

Nur: Sich umdrehen und schweigend weggehen – das wäre nicht gesund.

Übertragen: es wäre schade, wenn jemand heute mit seinem Misstrauen allein bleibt, nachher einfach seiner Wege geht.

Deshalb laden wir nach dem Gottesdienst zum Essen ein.

Damit wir im Gespräch bleiben – wie Jesus mit der Frau weiter redet.

Erst hat er sie angesprochen – weil er ihre Hilfe braucht.

Es gibt Menschen, die finden genau über diesen Weg zum Glauben:

Dass sie gebeten werden, eine Aufgabe zu übernehmen.

Und dass sie bereit sind, von Zuschauern zu Mitmachern zu werden.

Auch wenn ein Misstrauen in Sachen Jesus noch bleibt.

Das zweite Angebot, das Jesus dieser Frau macht, ist die Einladung zu einer Entdeckung:

„Wenn du wüsstest, was Gott dir geben will und wer dich hier um Wasser bittet, würdest du mich um das Wasser bitten, das du zum Leben brauchst.

Und ich würde es dir geben.“

Es geht im Glauben immer auch um Wissen. Die Frau wusste nichts von Jesus.

Sie hatte das Wissen über Gott und Bibel aus ihrem Religionsunterricht –

Was sie nicht wusste: Gott kommt uns Menschen von sich aus ganz nahe.

Er ist nicht fern, irgendwo im Himmel.

Er ist selber Mensch geworden – einer von uns.

Natürlich wusste diese Frau das nicht – und wieder reagiert sie misstrauisch:

„Aber Herr, du hast doch gar nichts, womit du Wasser schöpfen kannst, und der Brunnen ist tief! Wo willst du denn das Wasser für mich hernehmen? Kannst du etwa mehr als Jakob, unser Stammvater, der diesen Brunnen gegraben hat?“

Noch einmal gesundes Misstrauen?

Weil sie Jesus nicht kennt, reagiert sie auf einer anderen Ebene.

Jesus redet hier nicht von H2O – von dem Wasser als Element.

Er benutzt ein Bild, um zu umschreiben, was eigentlich unbeschreiblich ist. Wasser – ist ja schon so etwas, was unverzichtbar zum Leben ist:

Wir trinken es. Wir waschen uns damit. Wir bewässern Pflanzen damit und tränken Tiere, die uns zur Nahrung dienen. Aus fließendem Wasser kann man Energie schöpfen – und wir taufen Menschen damit.

Wasser ist schon sehr vielfältig und eine unverzichtbare Grundlage des Lebens.

Und Wasser nimmt Jesus als ein Bild für das, was er uns geben kann.

Was das ist, bleibt verborgen – vielleicht kann man es so beschreiben:

Jesus gibt uns die Gabe, die Dinge unseres Lebens mit den Augen Gottes zu sehen.

Das können wir nicht aus uns heraus. Das wirkt Gott in Menschen.

Wir nennen das Glauben – und meinen damit doch etwas Anderes als das, was jeder Mensch irgendwie hat: eine individuell zusammengestellte Ansammlung von Überzeugungen.

Das hat jeder. Das nennen wir Religion.

Davon geht aber nicht unbedingt eine Kraft aus – schon gar nicht die Kraft, von der Jesus hier spricht.

Es ist verständlich und normal, wenn die Begegnung mit Jesus und seiner Gemeinde von Misstrauen begleitet ist.

Wer dann aber dranbleibt. Nachfragt und sich einlässt auf Jesus, der wird an einen Punkt kommen, wo ein anderes Misstrauen gefragt ist:

Misstrauen wir eigentlich uns selber mal?

Hat uns unser Zweifel an der realen Kraft Gottes bisher wirklich gut beraten?

Wir ahnen: ganz ohne Vertrauen kommen wir nicht aus.

Der Tag heute ist ebenso gut wie jeder Andere, damit zu beginnen:

Unser Misstrauen gegen Jesus fallen zu lassen und das Vertrauen zu wagen:

Es braucht beides: eine Entscheidung und ein Einüben.

Die Entscheidung könnte so lauten:

„Ich will nicht mehr misstrauen, dass dieser Jesus tatsächlich real ist und auch an mir Interesse hat. Ich will damit rechnen, dass Gebete gehört werden.

Ich will es ausprobieren, ob Gott wirklich durch die Bibel redet, wenn ich in Ruhe darin lese.“

Zu all dem kann man sich entscheiden. Und dann braucht es Geduld beim Einüben. Damit wir Erfahrungen machen.

Das Versprechen von Jesus gilt uns heute – wie damals der Frau:

„Wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm gebe, der wird nie wieder Durst bekommen. Dieses Wasser wird in ihm zu einer Quelle, die bis ins ewige Leben hinein fließt.“

Amen!

Björn Heymer