Predigt am 14.09.2008 über
Jona 4 -
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gestern Abend traf ich einen Freund beim Einkaufen. Wir kamen
ins Gespräch und redeten auch über den Gottesdienst. Es geht um
Jona.
Da erzählte er mir folgende nette Begebenheit aus seiner
Jugend:
Er war zehn Jahre alt und ging in den katholischen
Religionsunterricht.
Ein Kaplan erzählte den Kindern von Jona und lud sie dann
ein, ein Bild zu malen.
Sie sollten darstellen, wie es wohl im Bauch des Fisches
ausgesehen hat.
Der kleine Thomas malte dann auch ganz eifrig drauflos.
Bei ihm bekam der Prophet gleich ein ganz passables Wohnzimmer
im Bauch des Fisches – mit Sofa, Tisch und Stühlen – und an der
Wand hing ein Kreuz.
Tja, Thomas, dafür müsste ich Dir eigentlich eine Fünf
geben – meinte der Kaplan. Wieso? Na, das Kreuz gehört doch zu
Jesus – und der hat doch im Alten Testament noch gar nicht gelebt!
Nochmal „Tja“ Diesmal, lieber unbekannter Kaplan, hast Du
geirrt!
in der Schule haben wir in den vergangenen Wochen die
Geschichte von dem Mann mit Namen Jona aus der Bibel miteinander
bedacht.
Und wir haben gemerkt:
Obwohl Jona ja lange vor Jesus gelebt hat, ging es ihm ein
bisschen ähnlich wie bei der Taufe.
Er wurde ins Wasser geworfen und tauchte unter.
Und dachte: Jetzt ist es vorbei mit mir.
Jona hatte einen Auftrag von Gott bekommen –
aber er wollte nicht und versuchte, vor seinem Gott
wegzulaufen.
Er stieg auf ein Schiff und fuhr davon.
Aber wie kann man weit genug weg fahren von Gott?
Es geht nicht! Gott holt ihn ein in Gestalt eines Sturms.
Und alle auf dem Schiff kriegen diese Geschichte der Flucht
vor Gott mit.
Und so werfen sie ihn ins Meer.
Das ist das erste Kapitel im Buch Jona.
Es sagt uns: Jeder, der sich von Gott abwendet, hat sein Leben
verloren!
Drei Tage ist Jona dann im Bauch des Fisches, der ihn
verschlungen hat – wie Jesus, der drei Tage im Grab lag.
Dann wird er wieder an Land gespuckt – wie Jesus, den Gott
neu ins Leben ruft.
Die Taufe ist unsere Verbindung mit diesem Geschehen.
Wir bekommen Anteil erst am Sterben, dann am neuen Leben von
Jesus.
Jona ist ein Vorbild für uns.
Er ist das Bild für den Menschen, der von Gott nichts wissen
will.
Der den Ruf gehört hat, dem aber ausweicht, weil ihm Gott zu
fordernd, zu riskant oder anstrengend ist.
Der dann mitten im Sturm seine Schuld bekennt – und bereit
ist, dafür die Strafe zu tragen. Der Sturm ist das Bild für die
Lebenskrise, in der ein Mensch es wagt, umzukehren und ehrlich vor
Gott zu werden.
Seine Rettung aus dem sicheren Tod – das ist das Bild für
die Taufe.
Und nach der Rettung tut Jona endlich das, was Gott von ihm
erwartet:
Er geht in die große Stadt Niniveh und kündigt das Gericht
Gottes an.
Wir haben nach der Taufe keinen Grund mehr, den Ruf Gottes
nicht ernst zu nehmen. Keinen Grund mehr, so zu leben, als gäbe es
Gott nicht.
Damit könnte die Geschichte zu Ende sein – und es wäre
eine fromme Geschichte, die zum ernsthaften Leben im Glauben
ermutigt.
Aber die Geschichte geht weiter.
Wir hören das letzte Kapitel aus dem Buch Jona.
Lesung Jona 4 nach Hoffnung für Alle
Auf einmal geht es gar nicht mehr um Niniveh. Es geht um Jona
selbst.
Der ist fertig mit seinem Auftrag und will jetzt sehen, was
passiert.
Jetzt muss Gott ja wohl Feuer vom Himmel regnen lassen.
Oder ein Erdbeben, das keinen Stein auf dem Anderen stehen lässt.
Eine riesige Flutwelle, die alles zudeckt oder der Boden tut
sich auf –
Und Niniveh versinkt für immer. So denkt sich Jona das.
Aber: nichts davon passiert. Und Jona ist sauer.
Wie steht er denn jetzt da? Werden die Leute nicht über ihn
lachen?
Weil das gar nicht passiert ist, was er angekündigt hat?
Dieses letzte Kapitel von Jona zeigt, dass es Gott gar nicht
so sehr darum geht, was wir leisten.
Was wir geschafft haben in unserem Leben – uns sei es, in
seinem Namen.
Gott ist viel wichtiger, wie es innen drin in Jona aussieht.
Jona sagt Gott das – wenn er sich beschwert, dass Gott das
Gericht nicht kommen lässt.
Wir merken: bei diesem Jona – da ist Bitterkeit im Herzen,
aber kein Mitleid.
Zorn auf die Menschen, aber keine Liebe
Da ist Streben nach Gerechtigkeit bis hin zur Rechthaberei,
aber wenig Barmherzigkeit.
Vielleicht war er sein Leben lang neidisch auf diese reichen
Städter.
Vielleicht hätte er gerne selber teilgehabt an der
Weltoffenheit von Niniveh –
Aber das hat er sich nie eingestanden.
Die Bibel hält uns Frommen mit Jona den Spiegel vor die Nase:
Warum nur können gerade wir oft so wenig mit Gnade anfangen?
Warum wollen wir den Gottlosen die Umkehr nicht wirklich
erlauben?
Wir bauen Hürden auf und setzen sehr hohe Maßstäbe, bevor
jemand es wirklich verdient hat, fromm genannt zu werden. Bevor er
zum Club gehören darf.
Wir pflegen unsere Selbstgerechtigkeit und die Abgrenzung von
der verlorenen Welt. Und Gott weint über uns.
Er lässt Jona nicht in seiner selbstgerechten Bitterkeit.
Er ruft ihn noch einmal – und diesmal lockt er ihn.
Gott wünscht sich, dass auch Jona seine Barmherzigkeit
annehmen kann.
Er hilft ihm, wo Jona nicht einmal drum gebeten hat.
Jona hatte sich eine Hütte gebaut – ein einfaches Laubdach,
das ein wenig Schatten warf. Vielleicht ist diese Hütte das Bild für
unsere selbstgemachten Versuche, Gemeinde zu bauen.
Jedenfalls ist sie das Bild für die begrenzten Möglichkeiten,
die wir haben.
Und Gott – er lässt einen Baum wachsen – und das ist viel
mehr als der Mensch Jona hingekriegt hat.
Und in der nächsten Nacht stirbt der Baum wieder – damit
Jona etwas lernt.
Denn jetzt klagt Jona Gott an – der etwas so Grausames zulässt
wie das Sterben.
Endlich zeigt Jona ein echtes Gefühl! Er ist sauer auf Gottes
Güte.
Grausame Dinge werden uns dann unerträglich, wenn wir
darunter leiden.
Sonst lassen sie uns gemeinhin kalt, ist es nicht so?
Weil unser Herz noch viel lernen muss, bis es sich erbarmt.
Ein Beispiel: Vorgestern stand eine kleine Notiz in der
Zeitung:
Die Zahl der Abtreibungen in Deutschland geht zurück.
Wunderbar! Um ganze 0,8% in 2007 ist die Zahl der Abtreibungen
gesunken.
Nur: Es sind immer noch in einem Jahr fast 60.000
Schwangerschaften, die durch aktive Tötung des Kindes beendet
werden.
Wer weint über diese Kinder? Gott weint über sie. Über
jedes Einzelne!
Das gehört zu seiner Barmherzigkeit.
Ich erkennen mich sehr stark in Jona wieder:
Der dann klagt, wenn er selber leidet.
Dem aber das Verderben der großen Stadt gleichgültig ist –
es trifft ja nicht ihn. Nicht seine Leute, nicht sein Volk.
Wenn Gott einen Menschen ruft, dann hat Er dieses Ziel:
Dass wir werden wie Er.
Barmherzig und mit ganzen Herzen engagiert für die Verlorenen
dieser Welt.
Das ist ein Lebensprogramm – und wir stecken mitten drin.
Amen!
Björn Heymer
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