Predigt am 7.09.2008 über Hebräer
10, 35 - 39 -
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Werft euer Vertrauen nicht weg, welches eine große Belohnung hat.
Geduld aber habt ihr nötig, damit ihr den Willen Gottes tut und das
Verheißene empfangt.
Denn »nur noch eine kleine Weile, so wird kommen, der da kommen soll, und
wird nicht lange ausbleiben. Mein Gerechter aber wird aus Glauben
leben. Wenn er aber zurückweicht, hat meine Seele kein Gefallen an
ihm« (Habakuk 2,3-4).
Wir aber sind nicht von denen, die zurückweichen und verdammt werden,
sondern von denen, die glauben und die Seele erretten.
Es ist typisch für Sätze aus dem Hebräerbrief, diesem
Ermahnungs- und Ermutigungsschreiben ganz hinten in der Bibel.
Man braucht eigentlich keine Einführung.
Keine erlebte Geschichte, die uns klarmacht, dass die Menschen
heute mit denselben Themen zu tun haben wie die ersten Leser dieser
Zeilen.
Wem die Welt des Glaubens einigermaßen vertraut ist, der
kennt das:
Es gibt Solche und solche – die Glaubenden und die Anderen.
Es gibt die Leute, die mit brennendem Herzen darauf warten,
dass endlich sich der Himmel auftut und Jesus für alle sichtbar
wird.
Und natürlich die vielen Anderen, die zwar mal gehört haben,
dass so was für das Ende der Zeiten angekündigt ist.
Die es aber längst aufgehört haben, darauf ihre Hoffnung zu
setzen.
Wie gut, dass hier so klar unterschieden wird:
Wer glaubt, der erlangt die Ewigkeit –
und wer sein Vertrauen in Gott weggeworfen hat, der wird am
Ende sehen,
was er davon hat: den wird Gott eben dann auch fallen lassen.
Wie gut, dass das alles so klar ist!
Ist es das wirklich? Ist die Grenze so klar gezogen?
Und zwar draußen – irgendwo auf dem Kirchvorplatz.
Zwischen uns und der Welt draußen?
Sind die, die sich nicht mehr zum Gottesdienst versammeln, die
Verlorenen?
Und wir hier drinnen die Treuen, die voller Hoffnung und
Vertrauen sind?
Vertrauen hier – und Unglauben auf der anderen Seite?
Langsam! So erbaulich - harmlos, wie es klingt, ist die Sache
nicht:
Was Luther mit Vertrauen übersetzt hat, das hat im
Griechischen einen etwas anderen Klang: das griechische parräsia
bedeutet eigentlich:
„der
Mut, öffentlich für etwas einzustehen“.
Also hier, an Christen gesagt:
„das mutige Bekenntnis
im Alltag: Ich gehöre zu Christus!“
Das scheinen die Empfänger verloren zu haben.
- also beim Gespräch in der Kantine Position zu beziehen,
wenn über Gott gelästert wird.
- oder den eigenen Eltern gegenüber immer wieder klar zu
sagen, woher man selber den Lebensmut bezieht.
- vor dem Essen sich den Moment des Gebets nehmen, auch wenn
Andere komisch gucken.
Es gibt viele Momente in jeder Woche, wo Parräsia, also „Mut
zum Bekenntnis“ von
uns erwartet wird.
Haben wir das nicht auch lange verloren?
Weggeworfen, weil es uns nicht mehr zu passen scheint?
Nun kenne ich in meinem Herzen den Einwand:
Was
bringt das schon? Die Leute finden einen komisch. Und zu Christus
findet so sicher niemand. Warum also sich möglichen Ärger
einhandeln?
Je älter man geworden ist, je länger man beim Glauben dabei
ist – desto lauter werden diese Stimmen.
Wir finden es noch gut, wenn die Jugendlichen auf der Hohen
Straße Lieder von Jesus singen.
Aber sollen wir jetzt auf einmal wieder Straßeneinsätze
machen?
Wird es da nicht leicht gesetzlich?
Manchen von uns ringen mit der Erfahrung, dass solche Aktionen
gemeinhin nur wenig Spuren hinterlassen.
Ja, das stimmt! Aber darum geht es hier gar nicht – was
unser Dienst bewirkt.
Heute werden wir daran erinnert, was es bewirkt, wenn wir so
was nicht tun.
Auch das hinterlässt nämlich Spuren!
Wer seinen Glauben immer nur still für sich behält, mit dem
geschieht etwas.
Barnabas, der den Hebräerbrief wohl geschrieben hat, hat
seine Bibel ernst genommen. Und er fand beim Lesen einen Abschnitt
aus dem Propheten Habakuk – er zitiert ihn hier, weil das, was er
dort las, ihm sehr wichtig schien.
Habakuk? den kennen wir kaum. Ein ganz kurzes Buch – leicht
übersehen.
Aber dieser Prophet hatte eine Botschaft von Gott an sein Volk
– auch an uns.
Bei ihm finden sich ein paar Sätze, die zum Schlüssel
christlichen Glaubens wurden.
Paulus zitiert zu Beginn des Römerbriefes Habakuk – und
zwar genau die Stelle, die auch hier zitiert ist: „Der
Gerechte wird aus Glauben leben“.
Aus Glauben – und nicht aus dem, was er tut oder lässt.
Für Martin Luther war das der Anstoß zur Reformation!
Allein der Glaube ist es, der uns gerecht macht vor Gott.
Barnabas zitiert von Habakuk der größere Zusammenhang:
»nur
noch eine kleine Weile, so wird kommen, der da kommen soll, und wird
nicht lange ausbleiben. Mein Gerechter aber wird aus Glauben leben.
Wenn er aber zurückweicht, hat meine Seele kein Gefallen an ihm«
(Habakuk 2,3-4).
Übrigens – er zitiert nicht einfach – wer nachliest,
stellt fest:
die Christen haben nicht einfach wörtlich zitiert, sondern
betend gelesen.
Und sie haben sich vom Geist Gottes in die Wahrheit dieser
Worte leiten lassen.
Der Prophet Habakuk selber ahnte gar nicht, dass er in seinen
Worten das zweite Kommen des Christus ankündigte. Aber darin ist er
klar:
Es wird welche geben, die den Kommenden freudig erwarten
werden –
und andere wird es geben, die werden sich überhaupt nicht
freuen,
wenn Er kommt.
Und die Grenze geht immer mitten durch die Gemeinde.
Ja, sie geht mitten durch unser Herz.
In uns lebt der Glaube, dass Jesus einmal wiederkommt.
Dass Er alles gut machen wird, woran heute noch gelitten wird.
Dass Er dem ein Ende machen wird, was Leben zerstört.
Ja, das lebt in unserem Herzen.
Daran erinnert Barnabas seine Hörer.
Er grenzt niemanden aus. Sondern er erinnert und ermutigt.
Weil den Christen der Freimut zum Bekennen verloren gegangen
ist.
Weil sie die Geduld verloren haben, auf Gottes sichtbares
Eingreifen zu warten.
Hört
ihr, sagt
er: Wir sind nicht von denen, die zurückweichen und verdammt werden,
sondern von denen, die glauben und die Seele erretten.
Darum: Werft euer
Vertrauen nicht weg, welches eine große Belohnung hat.
Vertrauen meint hier Mut im Glauben. Und Mut ist ein Geschenk
des Geistes.
Was hier im Brief wir eine Aufforderung klingt, das treibt
mich ins Gebet:
Herr, mach uns mutiger im Glauben.
Zeig uns die Gelegenheiten, wo wir konkret gefragt sind.
Gib uns Freimut und die richtigen Worte, wo von Dir zu reden
ist.
Erlöse mich aus meiner lähmenden Gewohnheit und Trägheit.
Weck neu Deinen Geist in mir.
Amen!
Björn Heymer
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