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Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31 Ev. Philippusgemeinde Köln Raderthal Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31
 

Erzähl-Predigt am  23.08.2008  über   Jeremia 1, 4 - 8 -
 
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Fortbildung für Nachwuchs-Engel

Nervös warteten die Nachwuchsengel vor dem großen Portal, das zum Thonsaal führte. Einige scharrten mit den Füßen, andere hibbelten rum und wieder andere schwätzten und kicherten. Heute sollten sie zum ersten Mal einen richtig großen Auftrag bekommen, einen echten Engelsauftrag auf Gottes Lieblingsplaneten im Weltall.

Sie waren alle schon mindestens einmal dort gewesen, aber immer nur in Begleitung erfahrener Engel oder als Reisegruppe. Unglaublich Schönes und ebenso Schreckliches hatten sie dabei schon gesehen. Aber jetzt sollten sie selbst...

Da endlich schwang die Tür auf und sie traten in den Raum, der noch mehr von Licht erfüllt war als alle anderen Himmelsräume. Der Thronsaal. Scheu traten sie ein.

Aber ER breitete mit einem Lächeln seine Arme aus und winkte sie zu sich:

„Kommt her meine Lieben“, sagte er mit dieser Stimme, die sie alle so an ihm mochten, wo ihnen gleich warm ums Herz wurde.

Sie wussten, ER konnte auch anders, oh konnte ER anders!

Dann bebte der ganze Himmel. Aber sie wussten auch: Das kam viel, viel seltener vor, als Gott eigentlich Grund dazu hätte.

Erwartungsvoll scharten sie sich um IHN.

„Ihr wisst“, sagte ER, „dass sich in letzter Zeit die Stoßgebete, die Klagen, die Beschwerden und Bitten der Menschen wieder gehäuft haben. So vieles geschieht auf der Erde, mit dem sie nicht fertig werden, was sie ratlos macht und ängstet, wo ihr Leid größer ist, als sie tragen können.

Und deshalb habe ich beschlossen, mit eurer Hilfe ein großes neues Projekt zu starten, damit es in der Welt wieder gerechter, liebevoller und gottesfürchtiger zugeht.

Schaut her!“

Plötzlich schwebte die Erde direkt vor ihnen und drehte sich  langsam wie ein Globus ohne Ständer. Gott zeigte auf irgendeine Stelle, die sogleich lebensgroß vor ihnen erschien. Aber je mehr ER zeigte umso stummer wurden die Nachwuchsengel. Sie sahen hunderte Menschen, die auf irgendeinem Flughafen festsaßen, weil Terroristen ihre Flugzeuge in die Luft sprengen wollten. Sie sahen Männer und Frauen, die vereinsamt und verzweifelt in ihrer Wohnung hockten oder ihrem Krankenzimmer lagen und sich von Gott und der Welt verlassen fühlten.

Sie sahen Kinder mit Gewehren in der Hand, die fast so groß waren wie sie selbst.

Sie sahen Jugendliche, die nur noch rumhingen und sich für nichts mehr interessierten, weil sie keine Ahnung hatten, was ihr Leben wert war.

Sie sahen Familien weinen, deren Häuser durch Raketen zerstört und Kinder tödlich verletzt worden waren. Sie sahen Väter und Mütter, die plötzlich arbeitslos geworden waren und ihre Schulden nicht mehr zahlen konnten. Sie sahen Topmanager mit übervollen Bankkonten und völlig verdorrten Seelen.

Sie sahen 12jährige Afrikaner, die ihre kleinen Geschwister allein ernähren mussten, weil ihre Eltern an Aids gestorben waren, sie sahen und sahen und sahen.

„Warum seid ihr so still geworden?“, fragte Gott munter, „ich dachte ihr freut euch, dass wir endlich eine neue Hilfsexpedition starten.“

„Ja schon, aber, uiuiui“, sagte einer der Engel, „das war jetzt schon ziemlich heftig. Das alles sollen wir ändern?“

„Moment“, sage Gott gedehnt, „ich hab euch ja noch nicht euren Auftrag erklärt.

Ihr sollt das jetzt nicht einfach selbst ändern, sondern ihr sollt Menschen suchen, mit denen zusammen wir die Welt schöner und heller machen können.

Ich bin sicher, ihr findet welche, die das Zeug dazu haben und die ihr motivieren könnt. Denn etwas Schöneres und Ehrenvolleres, als mein Licht in die Dunkelheit zu tragen, gibt es einfach nicht. Denkt doch nur, was für eine Ehre es schon für jemanden ist, wenn er das olympische Feuer ein Stück weit tragen darf.

Ist nicht mein Licht viel mehr?“

Von dieser Vorstellung waren die Engel jetzt schon wieder ziemlich angetan und wollten gleich in alle Richtungen los fliegen. Aber Er hielt sie noch mal zurück:

„Stop! Ein paar Hinweise muss ich euch noch geben:

1. Es kann sein, dass die Menschen, die ihr fragt, sagen: Das kann ich nicht, ich bin zu jung oder zu alt oder kann nicht reden oder bin nicht fromm genug oder so.

Lasst euch davon nicht irritieren. Erinnert sie an Mose oder an Jeremia oder Petrus.

Die wollten auch erst nicht aber wurden dann mit meiner Hilfe zu hervorragenden Mitarbeitern.

2. Ihr könnte im Prinzip jeden fragen, also auch die, die noch keine Ahnung davon haben, was in ihnen steckt. Schaut einfach genau hin.

Und jetzt geht mit meinem Segen.

Ach so – eins noch: Keine Angst vor Fehlschlägen und Pannen. Riskiert was!“

 

Begeistert gingen die Nachwuchsengel an ihren Auftrag.

Aber – es lief anders, als sie es sich vorgestellt hatten.

Aus irgendeinem Grund kamen sie nicht richtig voran.

Mehr und mehr Fehlermeldungen trafen bei Gott ein, bis er sie schließlich alle wieder zusammenrief:

Da standen sie wieder um seinen Thron, einige mit gemischten Gefühlen, andere ziemlich frustriert und wieder andere stinksauer. Kaum jemanden hatten sie gewinnen können. „Die kannst du vergessen, die Menschen“, schimpften sie, „lass uns das mit der Hilfe allein machen. Dann kommt jedenfalls was dabei rum.“

„Ach ja?“ sagte Gott interessiert, „dann erzählt mal genauer, wie ihr die Sache angepackt habt.“

Sie erzählten, wen sie alles angesprochen und mit was für Argumenten die Menschen abgelehnt hatten. Andere waren erst begeistert, waren nach kürzester Zeit wieder ausgestiegen. Und manche hatten zwar erst zugesagt, aber dann doch keinen Finger gekrümmt. „Ja,“ erzählte ein kleinerer Engel aufgebracht.

„Ich hatte mir eigentlich eine ganz leichte Aufgabe vorgenommen, nämlich in einer sehr lebendigen Kirchengemeinde wieder Leute fürs sonntägliche Kaffeekochen zu finden. Aber nicht mal das hat richtig geklappt.“

Je länger sie erzählten und sich über die Menschen beschwerten, umso kritischer schaute Gott sie an.

Schließlich schlug ER die Hände über dem Kopf zusammen.

„Du liebe Zeit!“ rief ER halb ärgerlich und halb amüsiert. „Na, kein Wunder, dass ihr so wenig Erfolg hattet. Ihr habt ja alles durcheinander gebracht!“

Die Nachwuchsengel erstarrten.

Wie, Er stimmte nicht mit ein in das allzu berechtigte Klagelied über die Menschen?! Er gab jetzt auch noch ihnen die Schuld für den Misserfolg?!

Sie waren verwirrt und sauer.

Aber ER lächelte sie wieder an: „Na na naa, “ sagte er tröstend, „ Ich hab doch gesagt, dass Pannen und Fehlschläge nicht schlimm sind. Allerdings habt ihr offenbar nicht verstanden, was es heißt, genau hinzu schauen. Erinnert ihr euch? Bevor ich euch losschickte, habe ich gesagt: „Schaut einfach genau hin.“

Und was habt ihr im Überschwang gemacht?“

Er holte eine lange Liste hervor, auf der jedes Beispiel, das die Engel gerade erzählt hatten, aufgeschrieben stand.

Name des Engels; Name Geschlecht und Alter des Menschen, den er angesprochen hatten; Auftrag, für den er ihn gewinnen wollten; Zeitpunkt der Begegnung und genannter Grund der Ablehnung. - Aber dann gab es da noch weitere Spalten, zu denen die Engeln gar nichts gesagt hatten. Da stand: Persönliche Gaben und Schwächen. Bisherige Tätigkeiten und Erfahrungen. Belastung in Beruf und Familie.

Selbstbewusstsein und innere Stärke. Gottvertrauen.

Die Engel starrten auf diese Spalten, die merkwürdigerweise alle vollständig ausgefüllt waren.

„Augenblick mal“, stammelte einer, „w-was ist denn das?“

„Genau hinschauen“ sagte Gott und es zuckte um seine Mundwinkel. „Also“, fuhr ER dann ganz ernst wieder fort, ich erklär es euch an einigen Beispielen, ohne jetzt einzelne von euch zu beschämen“ Im gleichen Augenblick war die Spalte unter der Überschrift „Name des Engels“ völlig leer.

„Hier zum Beispiel, dieser junge Mann: unsportlich, dick, starke Brille, zurückhaltend, verschwiegen, treu, sorgfältig. Gottvertrauen: ein Plus.

Und für was hat ihn der betreffende Engel gewinnen wollen?

Streetballgruppe für herumlungernde Jugendliche.“

Einige Engel lachten. Aber Gott schaute sie streng an und sie verstummten.

„Ihr merkt“, sagte er, „das macht nicht wirklich Sinn. Dabei hätte die Aufgabe zwei Zeilen tiefer wunderbar gepasst: Mitarbeit in Jugend- und Junge Erwachsenen Kreis – Nämlich, wenn jemand schlecht drauf ist, Gespräch führen ggf. beten.

Wenn jemand länger nicht da war, Anrufen und nachfragen.

Anderes Beispiel...:“ Er ging mit den Augen die Liste durch.

Plötzlich grinste er. „Oh, das ist krass hier. Bei dieser Frau hier steht unter bisherige Tätigkeiten und Erfahrungen: Familie, vier Kinder, im Gemeindevorstand, leitet zwei Jungscharen, singt im Kirchenchor. Gebetskreis. Gemeindefreizeit. Kinderfreizeit. Und sie soll jetzt zusätzlich sonntags noch den Kirchenkaffee machen.

Entschuldigung. Aber hier wäre ein ganz anderer Auftrag angebracht.“

Der kleine Engel war bis zum Scheitel rot geworden, obwohl Gott ihn nicht angeschaut hatte. „Nicht schlimm“, sagte Gott und schaute immer noch diskret auf seine Liste. „Ich vermute aber, dass mindestens einer von euch eine Idee hat.“

Und jetzt sah er den kleinen Engel an und nickte ihm ermutigend zu.

„Ehm, ja, ich glaube, ich hätte, eh, also, derjenige hätte die Frau zu mindestens einem halben Jahr Pause einladen müssen.

Oder, oder wenigstens, dass sie ein paar Sachen davon nicht mehr macht.“

„Sehr gut“, lobte Gott, „völlig richtig. Das hast du auf den Punkt getroffen. Es wird auch dadurch in der Welt gerechter, liebevoller und gottesfürchtiger, dass überlastete Menschen den Auftrag bekommen, Aufgaben abzugeben, um in der frei werdenden Zeit für ihren Körper und ihre Seele zu sorgen. Prima!“

Er nickte dem kleinen Engel noch mal anerkennend zu.

„O.k. noch ein letztes Beispiel. Hier – oh das ist auch sehr interessant. Also, da ist ein Mensch, wirklich vielseitig begabt, intelligent, kann gut organisieren, interessiert sich für Politik und hat offenbar ne tolle Ausstrahlung. Ist vorzeitig in den Ruhestand gegangen und hat deshalb ziemlich viel Zeit.“

ER zögerte kurz schaute dann auf und sah die Engel fragend an:

„Wofür könnte man ihn vielleicht gewinnen?“

Da fiel ihnen sofort eine ganze Menge ein: Dritte Welt Gruppe, Mission und Ökumene, Vorsitz im Diakonieausschuss, Kontakt zu Behörden und Lokalpolitik usw. usw.

„Jetzt passt auf, “ sagte Gott, „der ist gefragt worden für: Bierwagen beim Gemeindefest.“

Die Engel prusteten los.

„Augenblick“, unterbrach Gott sie, „in der Spalte Gottvertrauen steht: Rechnet mit der Existenz eines höheren Wesens. Und bei Erfahrungen: Katastrophaler Konfirmandenunterricht. Ich vermute, dass der betreffende Engel sich deshalb nicht getraut hat, diesen von mir begabten Menschen für eine verantwortungsvolle Aufgabe zu fragen.

Und so erlebte der wieder einmal, dass er gar nicht richtig ernst genommen wurde. Dabei würde ich gerade seine Gaben in meinen Dienst nehmen. Stellt euch vor, der begreift, dass dieses höhere Wesen mit ihm persönlich was Besonderes vorhat.

Der könnte nicht nur ein ungeheuer wertvoller Mitarbeiter werden.

Der würde auch mich ganz neu kennenlernen.

Was für eine Chance! Das müsst ihr den Menschen deutlich machen:

1. Dass ich für jeden von ihnen eine Aufgabe habe, die wirklich zu ihnen passt, wo sie sich vielleicht auch selbst neu entdecken können.

2. Dass wir sie nicht für etwas Sinnloses fragen, sondern für etwas, das wirklich einen Unterschied macht in der Welt.

Und 3. dass sie das nicht allein schaffen müssen oder überfordert werden, sondern erleben werden, das ich mit ihnen bin.

Deshalb schaut genau hin, sucht, was wirklich passt und Sinn macht, und überbringt den Menschen folgende Botschaft von mir: Fürchte dich nicht, ich bin bei dir und werde dich beschützen. Darauf gebe ich, der Herr, mein Wort.

Als die Engel nach dieser Fortbildung wieder zu ihrem Auftrag starteten, brauchte Gott sie lange nicht zurückzurufen.

Und an vielen Orten kam ein kleines Licht mehr in die Dunkelheit der Welt.

 Björn Heymer