Predigt am 1. 05. 2008 über Genesis
2, 2+3 -
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Ihr Lieben,
Was
tut ein englischer Pensionär mit seiner Zeit?
Er
trinkt Brandy und geht in seinen Club.
Was
tut ein französischer Pensionär mit seiner Zeit?
Er
trinkt Cognac und besucht seine Freundin.
Und
was tut ein deutscher Pensionär mit seiner zeit?
Er
nimmt seine Herztablette und geht zur Arbeit!
Man kann schon den Eindruck gewinnen: Wir Deutschen haben –
oder hatten wenigstens lange – ein ganz besonderes Verhältnis zu
diesem Thema: Arbeit.
Fleiß, Einsatz und Verlässlichkeit – das sind wichtige
Tugenden auf der inneren Werteskala, oder?
Nur: eben haben wir sehen können: Es steckt auch eine Gefahr
darin!
Wer
immer strebend sich bemüht, den können wir erlösen
– behauptet Goethe. Falsch! Wer
immer strebend sich bemüht, der verliert die Leichtigkeit im Leben.
Kann man sechs Tage in der Woche voll durcharbeiten – und am
siebten Tag ruhen? Wirklich ausruhen, die Arbeit lassen?
Oder dreht sich das Karussell irgendwann so schnell, dass wir
es nur noch zum Urlaub mal abbremsen?
Angeblich findet man in unserem Land kaum einen Menschen, der
im Rückblick auf sein Leben sagen würde:
„Ich
habe mit zu wenig Energie und Herz gearbeitet.“
Viele dagegen entdecken spätestens so um die 50:
„Irgendwas
ist falsch gelaufen. Die Kinder sind groß – und ich hab´s kaum
mitbekommen. Die Ehe ist gescheitert – vermutlich auch deshalb,
weil wir uns nicht genug Zeit füreinander genommen haben.“
Dabei hat sich Gott das mit der Arbeit und der Ruhe anders
gedacht:
Nach sechs Tagen Schöpfung heißt es in der Darstellung des
Mose:
So vollendete Gott am siebenten Tage seine Werke, die er machte, und ruhte
am siebenten Tage von allen seinen Werken, die er gemacht hatte. Und
Gott segnete den siebenten Tag und heiligte ihn, weil er an ihm
ruhte von allen seinen Werken, die Gott geschaffen und gemacht
hatte.
Die Schöpfung war nicht fertig, als der sechste Tag zu Ende
ging.
Es fehlte etwas zur Vollendung der Welt – und das ist das
Wichtigste!
Gott fügte es am siebten Tag hinzu:
Gott vollendete am siebenten Tage seine Werke, die er machte, und ruhte am
siebenten Tage von allen seinen Werken, die er gemacht hatte.
Vollendung und Ruhe – das entspricht einander. Wer die
biblische Poesie kennt, der hört hier noch: Die Ruhe ist das
Wichtigere, das Höhere von Beiden!
Das Wichtigere wird in der Dichtkunst der Bibel als Zweites
genannt.
Was ist mit Ruhe gemeint?
Jedenfalls etwas, was bei Vielen von uns eine tiefe Sehnsucht
weckt!
Einmal
kein Telefon in der Nähe! Kein tägliches Abfragen der Börsenkurse.
Um
die kleinen Kinder kümmert sich jemand Anderes.
Den
großen Kindern darf man glauben, dass sie wirklich keinen Mist
machen.
Die
Arbeit ist in guten Händen Anderer.
Traumhaft! Ein Traum? Jeder wird zustimmen, wenn ich sage:
Von allein stellt sich
dieser Traum nicht ein!
Im Gegenteil: Zeiten der Ruhe wollen gut geplant sein – und
sind selbst dann immer noch heftig umkämpft.
So ist es – und es war offenbar nie wirklich anders!
Hat nicht genau deshalb Gott aus dieser Vollendung seiner Schöpfung
ein Gebot gemacht? „Den
Feiertag sollt Du heiligen. Da sollst Du keine Arbeit tun – du
selbst nicht, auch nicht dein Sohn, deine Tochter, dein Knecht,
deine Magd, dein Vieh, auch nicht dein Fremdling, der in deiner
Stadt lebt.“
Gott hat den Ruhetag gesegnet und für heilig erklärt.
Wenn etwas gesegnet ist, dann geht davon ein Segen aus.
So ist das mit Gesegnetem. Der Feiertag ist gesegnet und soll
ein Segen sein!
Segen ist keine Sackgasse. Nichts, was einer empfängt und für
sich behält.
Wenn wir uns den Ruhetag nicht freihalten, dann verlieren wir
etwas!
Dann steht unser Arbeiten nicht unter dem Segen Gottes!
Und das ist nicht in unsere Beliebigkeit gestellt – es ist
ein Gebot.
In der Glaubenspraxis Israels ist gerade dieses Gebot immer
als zentral wichtig erkannt worden. Da wird der Sabbat, der Tag der
Ruhe und des Gottesdienstes, begrüßt wie eine Braut. Wenn sie da
ist, wird gefeiert!
Selbst im ärmsten Haus, selbst in notvollen Zeiten wird am
Sabbat mindestens ein Glas Wein getrunken! Als Zeichen der
Festfreude!
Also: das ist das Erste, was die Ruhe konkret macht:
Ein Zug von Leichtigkeit, der Mut zur Muße und zum Feiern.
„So
jung kommen wir nicht mehr zusammen! Nutze den Tag!“
Ein wenig Leichtsinn segnet Gott!
Zur Ruhe gehört das dazu!
Und dann: Lass die Schöpfung
ruhen!
Die Deutung des Sabbatgebots in Israel lässt sich meist darin
zusammenfassen:
Verändere
Deine Umwelt an diesem einen Tag nicht aktiv! Zünde kein Feuer an.
Ernte keine Früchte. Säe nichts aus.
Ruhen bedeutet also auch: ruhen lassen!
Und das Dritte: Zeit für Gott einräumen. In Israel
ist der Sabbat der Studientag.
Der Tag, an dem man zusammenkommt. An dem man miteinander
redet.
Und im Gespräch versucht, Gottes Willen zu erkennen.
Das geschieht im Hören auf die Bibel. Und im Selber denken!
Gerade dies scheint mir für uns die größere Herausforderung
zu sein.
Sind wir es doch gerade noch gewohnt, am Sonntag einem klugen
Vortrag zu lauschen.
Aber die angestoßenen Gedanken weiterdenken – und das im
Gespräch!
Wo geschieht das?
Die Ruhe ernst nehmen – das ist immer auch das Gespräch zu
Wesentlichem!
Insgesamt gilt: Lassen wir uns nicht den Grundzug des
Feiertags nehmen!
Freut Euch! Ihr dürft ausruhen – ohne schlechtes Gewissen!
Ohne die Selbstüberschätzung, wir könnten mit unserer
Arbeit alles erreichen!
Ohne die Vergötterung der Arbeit.
Die Ruhe – nicht die Arbeit - ist die Krönung der Schöpfungsordnung!
Gott liebt uns nicht wegen der Arbeitsleistung, die wir
erbringen.
Er gab uns die Arbeit (übrigens vor dem Sündenfall!) –
damit sie uns gut tue.
Die Arbeit – gerade auch mit ihrer möglichen Vergeblichkeit
– sie gehört in der Bibel zu den Folgen der Trennung zwischen
Gott und Mensch.
Nicht so der Ruhetag.
Ihn gab es schon im Paradies – und er soll bleiben.
Der Ruhetag ist ein Geschenk, das die Menschen mitnehmen
durften aus dem Paradies.
Was machen wir draus? Lasst uns fröhlich feiern! Gott feiert
gerne mit!
Lasst uns einander und der Schöpfung die Ruhe gönnen!
Und lasst uns Gottes Schönheit im Gespräch entdecken!
Dann kehrt der Segen des Ruhetages in unser Leben ein.
Amen!
Björn Heymer
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