Predigt am 21.03.2008 über
Jesaja 53, 1 - 12
Karfreitag -
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am Karfreitag kann
man am Besten erfassen, was den Architekten dieser Kirche bewegt
hat: er hat diesen Raum konsequent für diesen Tag gestaltet.
Kanzel, Altar, Kreuz
und Taufbecken in schwarz – und alle ruhen auf der Form des
Kreuzes.
Kein Schmuck auf dem
Altar.
Alles deutet auf
Trauer. Und zugleich auf das Großartige, was Jesus für uns
erlitten hat.
Jahre später sind ja
die Bilder mit dem Philippus – Zyklus dazugekommen.
In einer Hinsicht
greifen sie die Grundausrichtung der Kirche unmittelbar auf:
In den unteren fünf
Bildern wird die Geschichte einer Begegnung erzählt.
Ein reicher Afrikaner
kam auf seiner Suche nach Gott nach Jerusalem.
Was man ihm dort gab,
war ein Buch.
Nicht irgendein Buch
– das Buch des Propheten Jesaja.
Gleich auf zwei
Bildern sehen wir ihn mit diesem aufgeschlagenen Buch.
Wer die Geschichte
kennt, der weiß, auf welcher Seite dieses Buch aufgeschlagen ist:
Es ist das Kapitel 53
– das Lied vom leidenden Knecht Gottes.
Er
schoss auf vor ihm wie ein Reis und wie eine Wurzel aus dürrem
Erdreich.
Er
hatte keine Gestalt und Hoheit.
Wir
sahen ihn, aber da war keine Gestalt, die uns gefallen hätte.
Er
war der Allerverachtetste und Unwerteste, voller Schmerzen und
Krankheit.
Er
war so verachtet, dass man das Angesicht vor ihm verbarg;
darum
haben wir ihn für nichts geachtet.
Fürwahr,
er trug unsre Krankheit und lud auf sich unsre Schmerzen.
Wir
aber hielten ihn für den, der geplagt und von Gott geschlagen und
gemartert wäre.
Aber
er ist um unsrer Missetat willen verwundet
und
um unsrer Sünde willen zerschlagen.
Die
Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten,
und
durch seine Wunden sind wir geheilt.
Wir
gingen alle in die Irre wie Schafe, ein jeder sah auf seinen Weg.
Aber
der HERR warf unser aller Sünde auf ihn.
Als
er gemartert ward, litt er doch willig und tat seinen Mund nicht auf
wie
ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird;
und
wie ein Schaf, das verstummt vor seinem Scherer, tat er seinen Mund
nicht auf.
Er
ist aus Angst und Gericht hinweggenommen.
Wer
aber kann sein Geschick ermessen?
Denn
er ist aus dem Lande der Lebendigen weggerissen,
da
er für die Missetat meines Volks geplagt war.
Und
man gab ihm sein Grab bei Gottlosen und bei Übeltätern,
als
er gestorben war, wiewohl er niemand Unrecht getan hat
und
kein Betrug in seinem Munde gewesen ist.
So
wollte ihn der HERR zerschlagen
mit Krankheit.
„Von
wem redet der Prophet? Spricht er von sich selber? Oder von jemand
Anderem?“
So fragte der Afrikaner seinen zufälligen
Reisebegleiter Philippus.
Und dann begann Philippus, ihm von Jesus zu
erzählen.
Dabei hat er sicher auch weiter gelesen bei
Jesaja:
Wenn
er sein Leben zum Schuldopfer gegeben hat,
wird
er Nachkommen haben und in die Länge leben,
und
des HERRN Plan wird durch seine Hand gelingen.
Weil
seine Seele sich abgemüht hat, wird er das Licht schauen und die Fülle
haben.
Und
durch seine Erkenntnis wird er, mein Knecht, der Gerechte,
den
Vielen Gerechtigkeit schaffen; denn er trägt ihre Sünden.
Darum
will ich ihm die Vielen zur Beute geben,
und
er soll die Starken zum Raube haben,
dafür
dass er sein Leben in den Tod gegeben hat und den Übeltätern
gleichgerechnet ist
und
er die Sünde der Vielen getragen hat und
für die Übeltäter gebeten.
Die beiden letzten
Bilder zeigen, wie diese
Geschichte ausging:
Er ließ sich taufen
und zog seiner Straße fröhlich.
Was wäre das für
ein Karfreitag, wenn hier heute jemand froh werden könnte!
So froh, dass er
jubelnd und vielleicht tanzend unsere Kirche verlassen würde.
Natürlich –
Karfreitag ist ein sehr ernster und stiller Tag.
Heute denken wir
besonders an das grausame Sterben am Kreuz. Die Liturgie ist immer
stiller geworden. Ab gleich schweigt die Orgel. Und wir tun gut
daran, vor Gott unserer eigenen Schuld nicht auszuweichen.
Als wir vor einer
Woche Schulgottesdienst gefeiert haben, da hab ich die Kinder
eingeladen, mit einem Hammer einen Nagel in ein Kreuz zu schlagen.
Aber es sollte nur
der tun, der sich einer Schuld bewusst ist.
Einige kamen –
Andere nicht.
Wir sind heute zum
Abendmahl eingeladen. Auch hier gilt das Gleiche:
er
ist um unsrer Missetat willen verwundet
und
um unsrer Sünde willen zerschlagen.
Die
Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten,
und
durch seine Wunden sind wir geheilt.
Wer da im Geist
seinen Namen drunter schreibt, der ist willkommen.
Nur: der Gang an den
Tisch des Herrn ist kein Bußgang!
Sondern eine
wunderbare Befreiung. Hier gibt es Vergebung!
Hier kannst Du echt
neu anfangen. – So, als wäre das Dunkle in deinem Leben nie
geschehen.
Gegen alle ach so
wahre Einrede gilt das. Ja, natürlich brauchen wir uns nicht
einzubilden, als sei mit dem einfachen Teilnehmen am Abendmahl auf
einmal alles wieder gut.
Natürlich braucht es
mehr. Ein tiefes Erkennen seines falschen Weges. Vermutlich auch
eine ausgesprochenen Versöhnung, wo man an jemandem schuldig
geworden ist.
Womöglich muss man
auch wieder gut machen, was man Böses getan hat.
Steuern nachzahlen,
gestohlenes Gut dorthin zurückbringen, wo es hingehört.
Einen Schaden
reparieren, den man angerichtet hat. Oder etwas im Gespräch
zurechtrücken, was man bewusst falsch gesagt hat.
All das kann heute
oder morgen noch dran sein – wer mit ehrlichem Wunsch nach
Vergebung zu Jesus kommt, den wird der Geist Gottes dann auch weiter
leiten.
Nur: auch dieser tag
heute ist vor allem dies: ein Tag des Sieges!
Was die Augenzeugen
damals noch nicht sehen konnten: die Macht des Bösen ist besiegt!
Denn das Böse
versucht, die Menschen niederzudrücken, indem es zur Sünde verführt
– und dann den Sünder an den Folgen seiner Schuld tragen lässt.
Dagegen hat Gott dies
gesetzt:
Fürwahr,
er trug unsre Krankheit und lud auf sich unsre Schmerzen.
Deshalb feiern wir
heute ein Fest der Befreiung.
Unsere Krankheit –
hinter dieser Bildsprache steht die Vorstellung:
Krankheit und
Schmerzen sind Strafe Gottes – Strafe für ein falsches Verhalten.
Wir wissen heute,
dass so eine Deutung oft zu kurz greift – und brauchen darüber
auch nicht zu urteilen. Nur: verstehen sollten wir, was Jesaja
meinte: die Folgen von falschen Verhalten – die trägt ein
Anderer. Der Knecht Gottes.
Knecht und Sohn –
das ist im Griechischen dasselbe Wort.
Für die ersten
Christen, die ihre Bibel auf griechisch lasen, war völlig klar:
Hier kann nur Jesus,
der Sohn Gottes gemeint sein.
Und tatsächlich: was
Jesaja beschreibt, das hat Jesus buchstäblich verkörpert:
Als
er gemartert ward, litt er doch willig und tat seinen Mund nicht auf
wie
ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird;
und
wie ein Schaf, das verstummt vor seinem Scherer, tat er seinen Mund
nicht auf.
Philippus konnte sehr
anschaulich von Jesus und seiner unfairen Verhandlung erzählen.
Und der reiche
Afrikaner machte die erstaunliche Entdeckung:
Er hatte ein Buch in
der Hand – von einem Autor, der vor über fünfhundert Jahren
geschrieben hatte. Und nun erfüllte sich genau das, was
vorhergesagt worden war.
Das hat ihn überzeugt.
Aber hat das gereicht, dass er sich taufen ließ?
Philippus hat sicher
noch einige Seiten weiter mit dem Afrikaner gelesen.
Und ist in Kapitel 56
auf zwei Sätze gestoßen, die dem Afrikaner genau ins Herz
sprachen:
der
Fremde, der sich dem HERRN zugewandt hat, soll nicht sagen:
Der
HERR wird mich getrennt halten von seinem Volk.
Und
der Verschnittene soll nicht sagen: Siehe, ich bin ein dürrer Baum.
Denn
so spricht der HERR: Den Verschnittenen, die meine Sabbate halten
und erwählen, was mir wohl gefällt, und an meinem Bund festhalten,
denen
will ich in meinem Hause und in meinen Mauern ein Denkmal und einen
Namen geben; das ist besser als Söhne und Töchter. Einen ewigen
Namen will ich ihnen geben, der nicht vergehen soll.
Das genau war das
Problem des Afrikaners. Er war ein Verschnittener, ein Eunuch.
Er konnte keine
Kinder zeugen – und hatte deshalb nach Überzeugung der Juden
keinen Platz im Tempel.
Wohl aber in der
Gemeinde der Christen! Der Knecht Gottes, Jesus starb auch für ihn.
Er durfte genauso
dazu gehören. Ja, Gott hatte speziell für ihn eine großartige
Verheißung.
Das ging ihm direkt
ins Herz. Und hat ihn überwältigt.
Du darfst kommen, so
wie Du bist.
Der Äthiopier ist
einer, der das Angebot zur Versöhnung angenommen hat.
Heute sind wir
eingeladen – Brot und Wein im Glauben zu empfangen am Tisch Jesu
und dann fröhlich unserer Straße zu ziehen.
Amen!
Björn
Heymer
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