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Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31 Ev. Philippusgemeinde Köln Raderthal Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31
 

Predigt (in Brüggen) am  16.03.2008  über  Markus 14, 3 - 9   -
 
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Ihr Lieben,

das ist schon eine seltsame und zugleich herausfordernde Geschichte:

Simon der Aussätzige wohnte in Bethanien, einem Dorf, vielleicht eine Stunde entfernt von Jerusalem. Er hatte Jesus und seine Jünger zum Abendessen eingeladen

Man sitzt beieinander, entspannt sich nach einem langen Tag  

und auf einmal platzt eine fremde Frau in die Männergesellschaft und macht Ärger.

In der Hand hält sie ein Glasfläschchen mit Deckel. (zeigen)

Es ist gefüllt mit einem sehr teuren Parfüm.

Nun öffnet sie dieses Glas nicht etwa vorsichtig, um ein paar Tropfen zu verspritzen –

Nein, sie tritt neben Jesus und bricht den Hals ab und gießt den ganzen Inhalt Jesus über den Kopf. Schlagartig erfüllt ein betäubender Duft das ganze Haus.

Wir hatten vor ein paar Jahren einen Marketingleiter aus der Kosmetikbranche in der Gemeinde. Mit dem habe ich über diese Geschichte gesprochen und das war hoch interessant.

Ich hab ihn gefragt, ob wir das nachstellen könnten und er hat abgeraten:

Wenn wir so einen ganzen Flacon mit Parfum so einfach ausgießen würden, dann würde vermutlich einigen schlecht werden. So ein Duft ist einfach zu konzentriert.

Er hat mir dann ein Parfum besorgt und wir verteilen jetzt etwas dezenter einen Duft.

Helfer verteilen den Duft

Was für eine Verschwendung! Das schoss den meisten durch den Kopf - damals.

Heute auch? Im Stillen hab ich schon gedacht:

Na, vielleicht bleibt heute was übrig – dann hat man später noch was davon.

Parfüm war schon immer ein Luxus. Nur was für die Reichen und Schönen.

Die Frau leistete sich Narde – das wurde aus einer Wurzel gewonnen, die nur im Himalaja wächst – einem Gebirge in Nordindien. Tausende von Kilometern entfernt von Israel.

300 Silberstücke war der geschätzte Preis. Das ist so viel, wie ein Arbeiter im ganzen Jahr verdienen konnte. Nach heutiger Kaufkraft geschätzte 20.000,-- - 30.000,-- €

Und das einfach so ausgeschüttet – für einen Moment, der verfliegt.

Das ist so, als wenn man sich mit einem 500,-- Schein die Zigarre anzündet, oder?

Wahnsinn! Was hätte man mit dem Geld nicht alles tun können!

Für vernünftig rechnende Christenmenschen ist dies eine ärgerliche Geschichte.

Auch die Jünger reagieren so – und sagten das auch sehr deutlich.

So deutlich, dass die Frau offenbar begann, zu weinen.

Und was machen wir nun heute mit dieser Geschichte? Können wir was daraus lernen?

Es geht um Reichtum – und um die rechte innere Einstellung dazu.

1. Empörung über Luxus und Verschwendung bei den Jüngern

2. innere Freiheit und Hingabe bei der Frau

3. die Fähigkeit zum Genießen bei Jesus

Ich beginne mit den Jüngern – sie sind uns in ihrer Empörung wohl am vertrautesten, oder?

Sie kannten Jesus nun – nach drei Jahren der Gemeinschaft - doch ziemlich gut.

Sie hatten erlebt, wie er Hungrige satt gemacht hatte.

Er hatte immer ein offenes Ohr für die Rufe der Ärmsten, der Kranken und Bettler.

Wie Vielen hat er spontan geholfen! Nie hat er Geld oder Besitz für sich genommen. Freiwillig wurde und blieb Jesus ein äußerlich Armer.

Und dass Verschwendung nicht in Gottes Sinn sein kann, das leuchtet doch wohl jedem ein.

Ganz mal abgesehen davon, dass die Frau sich ungebührlich verhält – so einfach in das Gastmahl hereinzuplatzen. Dann noch so mit ihrem offensichtlichen Reichtum aufzutrumpfen – peinlich und ärgerlich, oder? Sicher schwang auch etwas Neid bei ihnen mit:

Was die sich leisten kann! – aber das gibt ja keiner zu.

Zum Glück gibt es in ihrem Verhalten etwas, was ganz unbestreitbar falsch ist:

Man hätte viel Gutes tun können mit diesem wertvollen Fläschchen!

Diese Empörung kann man doch wohl ohne Risiko äußern.

Ich muss an ein Gespräch denken mit einem jungen Ehepaar, die in die Kirche eintreten wollen. Wir sprachen über Grundthemen des Glaubens.

Bald kam der Mann darauf, dass die Kirche in der Vergangenheit doch auch viele Reichtümer angesammelt hat. Und er fragte: Wozu braucht es einen Dom oder goldene Reliquienschreine – wenn gleichzeitig Menschen hungern?

Eine ganz natürliche und berechtigte Frage. Wer so empfindet, der hat einiges von Jesus verstanden, oder? Viele halten Kirche deshalb für gut, weil sie Gutes tut.

„Ja“ sagt Jesus, „recht habt ihr. Ihr werdet immer Arme bei Euch haben.

Wenn Ihr wollt, könnt ihr ihnen Gutes tun. Nur: das ist nichts Besonderes.“

Gutes zu tun ist gut. Nur: es ist nicht einmal besonders christlich. Jesus war Jude und Taten der Barmherzigkeit gehören ganz selbstverständlich auch zum jüdischen Glauben.

Auch im Islam gehören die Almosen zu den Grundsäulen des Glaubens.

Ihr könnt das alles gerne machen – aber: damit seid ihr noch nicht auf meiner Spur!

Diese Geschichte fand statt lange vor Pfingsten! Die Jünger hatten einiges gelernt von Jesus – aber das Entscheidende hatten sie noch vor sich: die Gabe des Geistes Gottes.

Pfingsten stand ihnen noch bevor. Nur so ist zu verstehen, weshalb die Jünger in der ganzen Passionszeit geradezu auf ganzer Linie versagt haben:

Sie verstanden Jesus nicht. Sie leugneten, ihn zu kennen. Sie überschätzten sich maßlos. Angst ergriff sie. Einer verriet ihn. Sie zogen sich zurück und überließen das Begräbnis einem Anderen. Selbst nach der Auferstehung zweifelten etliche noch.

All das verstehen wir nur, wenn wir uns klarmachen:

Die Jünger waren noch nicht erfüllt und geleitet vom Heiligen Geist.

Die Jünger sind uns in dieser Geschichte kein Vorbild.

Eher sind sie ein Spiegel für ein Leben ohne Geist Gottes.

Bis heute gibt es in der Kirche Engagement ohne Geist Gottes.

Immer da, wo Christen ganz gut zu wissen glauben, was christlich ist und was nicht.

Wir setzen uns ein für Barmherzigkeit, für die Gemeinde und was sonst noch.

Gleichzeitig empören wir uns auch trefflich, wenn etwas passiert, was sich einfach nicht gehört – im christlichen Verhaltenskodex.

Und finden uns hier wieder: bei den Jüngern, die nicht geleitet sind vom Geist Gottes.

2. Wie ganz anders diese Frau, von der wir nicht einmal den Namen wissen.

Offenbar gehörte sie zur Oberschicht – vielleicht war sie gar eine Angehörige des Königshofes – eine echte Rojal. Sonst hätte sie wohl kaum ein solches Parfüm gehabt.

Aber das ist nicht wichtig! Jesus beschreibt das, was sie getan hat, mit den Worten:

„Sie hat getan, was sie konnte“ – ohne Berechnung, ohne eine erkennbare Sorge um sich selbst. Sie hat nicht gefragt, was sie davon haben könnte. Sie hat Jesus endlich gefunden!

Wie lange mag sie schon nach ihm gesucht haben!

Hier kommt es endlich zu einer Begegnung. Diese Frau wusste, wer Jesus in Wahrheit ist.

Deshalb dieser - menschlich gedacht – so sinnlose Akt.

Wo immer jemand plötzlich das erkennt:

Dieser Jesus, das ist Gott, der für mich ist. Der meinen Namen kennt und der mich freundlich ansieht. Hier ist nicht Religion gefragt, nicht meine Überzeugung, sondern Hingabe.

Jesus, hier bin ich. So lange hab ich die Sehnsucht gespürt, nah bei Dir zu sein – und jetzt bin ich angekommen. Jetzt ist alles andere egal. Nur Du bist wichtig.

Da hört alles Sorgen um die eigene Zukunft auf. Da ist Raum, auch etwas Verrücktes zu tun.

Wir haben in Raderthal Kontakt zu einem alt gewordenen Ehepaar.

Die hatten ein kleines Unternehmen. Und vor über dreißig Jahren haben sie alles verkauft, was ihnen Sicherheit vermittelte: Die Firma, ihr Haus in Raderthal, alles!

Sie folgten dem Ruf Gottes. Am anderen Ende der Welt, auf den Philippinen, haben sie Menschen geholfen, Jesus zu finden und mit ihm zu leben.

So was erntet in aller Regel Kopfschütteln und vielleicht sogar Protest.

Und doch sagt Jesus: „Wo immer das Evangelium gepredigt wird, da wird man auch davon sprechen, was diese Frau hier getan hat.“ Warum?

An ihr können wir bis heute erkennen, was Hingabe ist. Was es heißt, sein Leben ganz an Jesus zu geben. An ihr wird auch deutlich, dass wir Glauben nicht machen können, sondern dass Glauben an Jesus geschieht, wo der Geist Gottes einen Menschen ergreift.

Warum ich hier vom Geist Gottes rede?

Aus zwei Gründen: solche selbstlose Hingabe – das kann ich mir sonst nicht erklären.

Und das Andere: der Wohlgeruch des Parfüms hatte in der Antike immer auch etwas mit der Verbindung zur Wirklichkeit Gottes zu tun. Salbung bedeutete ursprünglich Geistempfang.

Was mich an der Geschichte herausfordert: Rechne ich noch mit solchen erfüllten Momenten in meinem Leben? Momente, in denen meine ganze Hingabe die einzige angemessene Reaktion ist? Und dann dies: Traue ich Gott zu, dass er Anderen so begegnet?

Die Erzählung von dieser Frau ist eine Bekehrungsgeschichte.

Sie übergibt alles, was sie hat, sich selbst - an Jesus. Und Jesus nimmt sie an, so wie sie ist.

Diese Frage höre ich daraus für uns heute: wie leicht oder schwer fällt es uns, etwas Wertvolles herzugeben für einen heiligen Zweck?

3. Auch von Jesus können wir uns heute herausfordern lassen:

Er lässt sich das Ganze gefallen. Er protestiert nicht. Er genießt es dankbar. Das ist die andere Seite: Wann habe ich zuletzt etwas ganz ohne schlechtes Gewissen genossen?

Wie leicht oder schwer fällt es mir, mir etwas Kostbares schenken zu lassen?

Ohne sofort zu denken: was kann ich als Dank tun?

Es ist so wichtig, dass wir uns wirklich beschenken lassen können. Lesen: Sirach 14, 3-14

Wer das nicht kann, der wird es immer schwer haben, Gott seine Gnade zu glauben.

Und dann tut Jesus ja noch ein Weiteres: er deutet diese Salbung – und versteht sie damit tiefer, als die Frau sie vermutlich gemeint hat: Was sie getan hat, das ist eine Vorwegnahme meiner Leichensalbung. Und wirklich: als am Ostermorgen andere Frauen zum Grab kamen – mit Parfümölen, um den Leichnam zu salben – da war es zu spät. Da war er bereits auferstanden. So deutet Jesus anhand der Tat dieser Frau noch einmal an:

„Ich gehe hinauf nach Jerusalem, und ich werde in die Hände der Feinde geraten – Sie werden mich töten – aber nach drei Tagen wird Gott mich auferwecken.“ 

Mitten auf dem Passionsweg erfüllt der Duft des neuen Lebens den Raum.

Jesus weiß besser als wir, worauf unser Leben hinausläuft. Jeder Gottesdienst ist ein kleines Fest des Sieges über den Tod. Das dürfen wir heute auch mit der Nase begreifen.

Amen.

Björn Heymer