Hier kommen Sie zurück zur Startseite Termine und Veranstaltungen in der Gemeinde + Linkliste Gemeindeprofil, Bildergalerie, Artikel, Predigten Gruppen in unserer Gemeinde (Kigo,Förderverein,Frauenhilfe,Hauskreise) Adressen, Telefonnummern, Lageplan, Umfrage, Gästebuch
Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31 Ev. Philippusgemeinde Köln Raderthal Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31
 

Predigt am  2.03.2008  über  Jesaja 54, 7- 10    -
 
Drucken  

Ihr Lieben,

Frau S. hatte lange nicht mehr an Gott gedacht.

Vielleicht hatte sie es auch nur vergessen.

Denn eigentlich war auch so alles ganz gut gelaufen in ihrem Leben.

Ihre zwei Kinder sind erwachsen geworden und standen auf eigenen Beinen.

Nun hatte sie sogar schon zwei Enkeltöchter, die zehn und zwölf Jahre alt waren.

Vor Jahren war ihr Mann gestorben. – So geht es nun mal.

Natürlich war es einsamer geworden, nun, da sie ganz allein lebte.

Aber sie hatte Ihren Hund. Sie traf Nachbarn und gelegentlich Freunde.

So ging es.

Bis zu diesem Moment, der alles veränderte:

Ins Krankenhaus war sie gegangen, um etwas entfernen zu lassen – Zysten – alles harmlos.

So dachte sie und so dachte auch ihre Tochter, die sie begleitete.

Aber dann kam der Arzt und bat sie in sein Besprechungszimmer.

„Wir haben da noch etwas Anderes gefunden. Ein Karzinom im Dickdarm

- und es hat gestreut.“

Frau S. war zumute, als habe ihr jemand urplötzlich den Boden unter den Füßen weggezogen

Später, allein in ihrem Zimmer, dachte sie an Gott.

Eigentlich würde sie jetzt gerne beten.

Aber sie traute sich nicht. Nach so langer Zeit?

Geht das überhaupt? Einfach so?

Hungrig ging ihre Seele an diesem Abend in die Nacht.

Ihr Lieben, dass Menschen Gott vergessen – das geschieht ja.

Und wenn  man dann nach langer Zeit mal wieder daran denkt, zu beten, dann mag es Vielen ähnlich gehen wie dieser Frau – irgendwo auf dem Weg hat man den Mut verloren im Blick auf Gott. Und so schweigt man traurig weiter – in der Gottverlassenheit.

Aber gibt es auch das Umgekehrte? Dass Gott seine Menschen verlässt?

Kann das sein? Ich lese aus Jesaja 54 die Verse 7 bis 10:

Ich habe dich einen kleinen Augenblick verlassen,

aber mit großer Barmherzigkeit will ich dich sammeln.

Ich habe mein Angesicht im Augenblick des Zorns ein wenig vor dir verborgen, aber mit ewiger Gnade will ich mich deiner erbarmen,

spricht der HERR, dein Erlöser.

Ich halte es wie zur Zeit Noahs, als ich schwor,

dass die Wasser Noahs nicht mehr über die Erde gehen sollten.

So habe ich geschworen,

dass ich nicht mehr über dich zürnen und dich nicht mehr schelten will.

Denn es sollen wohl Berge weichen und Hügel hinfallen,

aber meine Gnade soll nicht von dir weichen,

und der Bund meines Friedens soll nicht hinfallen,

spricht der HERR, dein Erbarmer.

Wie bitte? Gott hat sein Volk verlassen?

Sein Angesicht verhüllt und seine schützende Hand abgezogen?

Die Geschichte von Frau S. wurde mir am Donnerstagabend erzählt.

Sie ist in den vergangenen Wochen passiert.

Warum passiert so etwas? Hat Gott nicht aufgepasst, wenn einem plötzlich eine vernichtende Diagnose alle Sicherheiten im Leben raubt?.

Die Geschichte von Frau S. ist nicht zu Ende.

Ich habe lange überlegt, ob ich sie hier so weitergeben kann.

Und habe mich dafür entschieden, weil sie etwas widerspiegelt von Gott.

Denn mit ihrer heimlichen Sehnsucht nach Gott und zugleich der Hemmung, den Kontakt zu suchen, blieb Frau S. nicht allein – Gott sei Dank.

Im Krankenhaus bekam sie Besuch von Ehrenamtlichen Frauen, die für sie gesungen haben.

Die ihr Bücher zum Lesen brachten. „Eines Tages lag ein Neues Testament auf Ihrem Nachttisch.“ – erzählte die Tochter. Und so erlebte die Mutter (und die Tochter nahm das auch sehr aufmerksam wahr), dass Gott sie nicht etwa vergessen hatte oder kein Interesse an ihr hätte. Sie fand den Mut zum Gebet. Sie kam noch einmal für kurze Zeit nach Hause.

Nun ist sie wieder im Krankenhaus, diesmal hier in Köln. Da sie am verg. Wochenende Samstag und Sonntag raus durfte, wollte die Tochter ihr eine Freude machen und informierte sich, wann und wo der nächste evangelische Gottesdienst sei.

Und so kamen sie in unseren Welcome – Gottesdienst.

Vor allem die Mutter war restlos begeistert: „Hier ist es ja wie in einer großen Familie. Alle sind so freundlich und fröhlich“ Sie konnte es gar nicht fassen. „Und hier ist es ja warm geheizt in der Kirche!“

Beim Buffet ermutigte die Mutter ihre Tochter, sich doch auf die Einladung zur Mitarbeit hin zu melden. Und das tat sie auch. So saß sie dann am Donnerstag Abend im Welcome Team. Mit einer tiefen Erfahrung von Gottes Freundlichkeit und einer liebevollen, annehmenden Gemeinde. Ich bin sehr gespannt, was Gott aus diesem Kontakt noch machen wird.

Hier sind zwei Dinge bedeutsam:

Nämlich das, was nicht geschieht – und das, was offenbar geschehen ist.

Frau S. ist nicht auf wunderbare Weise gesund geworden. Niemand kann sagen, wie ihre Krankheit weiter verlaufen wird. Sicher scheint nur dies:

Gesund wird sie wohl nicht mehr. Es geht eher um Linderung als um Heilung.

Vorgestern gab es mal wieder so eine ernste Frage meiner achtjährigen Tochter – mal eben so nebenbei gestellt: „Papa, eigentlich ist Gott doch an allem schuld, was geschieht.

Er hat doch schließlich alles gemacht.“

Ist das so?

Nein! Gott ist nicht für alles verantwortlich.

Für vieles Böse, das geschieht, sind Menschen verantwortlich.

Denn Adam und Eva haben vom Baum der Erkenntnis gegessen haben.

Deshalb wissen Menschen, was gut und was Böse ist.

Und weil sie es wissen, sind sie auch dafür verantwortlich, wenn sie trotzdem Böses tun.

Bei bösen Taten sind Menschen schuld, nicht Gott!

So hab ich Gott verteidigt. Für meine Tochter war es damit gut. Sie konnte das einsehen.

Aber es ist nur ein Teil der ganzen Wahrheit.

Auch wenn Menschen schuldig werden, bleibt Gott nicht außen vor.

Er schaut sich das Tun der Menschen nicht einfach nur an.

Er lässt den Menschen nicht in der Gottesferne.

Weil er der Barmherzige ist – der Erlöser. Davon zeugt Jesaja.

Gott hat ein Herz wie wir. Er leidet daran, wenn Menschen fern sind von ihm.

Darum darf Jesaja dieses wunderbare Lied von der Gnade Gottes anstimmen:

…. mit großer Barmherzigkeit will ich dich sammeln

… mit ewiger Gnade will ich mich deiner erbarmen

… .ich will nicht mehr über dich zürnen und dich nicht mehr schelten

… meine Gnade soll nicht von dir weichen,

und der Bund meines Friedens soll nicht hinfallen, spricht der HERR, dein Erbarmer

Das Andere, was an der Geschichte von Frau S. bedeutsam ist, ist das, was passiert ist:

Was ist geschehen bei Frau S. – und warum?

Die Frauen, die sie im Krankenhaus besucht haben, waren Gesandte Gottes.

Durch sie ist Gott selber ihr nachgegangen.

Und danach auch durch uns, durch die Philippus-Gemeinde auch.

Und Jesaja sagt, warum das so ist: Weil Gott unendlich gnädig ist!

Und das hat Er sich alles kosten lassen.

Ich habe uns heute ein Bild mitgebracht. Es zeigt Jesus, leidend am Kreuz.

Er betet die Worte des 22. Psalms:

Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen.

Jesus hat das durchlitten, was wir hier bei Jesaja leicht überlesen:

Ich habe dich einen kleinen Augenblick verlassen, spricht Gott, der Herr

Jedes Leben, aus dem Gott sich zurückzieht, steht unter der Wirklichkeit des Todes.

Und das ist die Wirklichkeit, die uns alle solange bestimmt, bis Gott eingreift.

Jesus hat diese Gottverlassenheit freiwillig auf sich genommen.

Damit das, was Jesaja in diesem wunderbaren Gnadenlied anstimmt, Wirklichkeit wird.

Nämlich, dass sich Gottes Erbarmen zeigt.

Wenn wir heute Menschen von der Liebe Gottes weitersagen, dann nur deshalb:

Weil Jesus uns die tödliche Last der Gottverlassenheit abgenommen hat.

So ist Frau S. eine Gefundene geworden. Eine, die von der Liebe Gottes erreicht wurde.

Warum sie? Warum nicht jene? Darauf ist uns keine Antwort gegeben.

Wohl aber der Auftrag: Ihr seid die Zeugen und die Boten der Gnade Gottes.

Das Angebot ist da – unterschrieben mit dem Blut Jesu.

Wir nehmen es heute neu an, wenn wir das Mahl miteinander feiern.

Und wir werden zu Boten der Gnade, wenn wir die Liebe Gottes annehmen.

Die Einladung steht – kommt herzu zum Tisch der Gnade.

Amen.

Björn Heymer