Predigt am Sylvester 2007 über Jesaja
43, 19
Jahreslosung 2007 -
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Ihr Lieben,
wer kennt sie noch,
die Jahreslosung des nun zu Ende gehenden Jahres?
Es war eine Frage –
und ein großartiges Versprechen zugleich.
Oder war es nicht
umgekehrt? Vor allem ein Versprechen – und dann die Frage dazu.
Mir kam zuerst die
Frage in den Sinn:
Erkennt
ihr es denn nicht?
So fragt Gott sein
Volk, seine Leute – uns!
Erkennt
ihr nicht, was ich tue mitten unter Euch?
Und diese Frage ging
mir im vergangenen Jahr auch immer wieder durch den Kopf:
Haben wir uns so sehr
daran gewöhnt, Tag für Tag vor uns hin zu leben?
Natürlich dabei auch
ständig im Gespräch mit Gott zu sein. Ihn um seinen Segen zu
bitten.
Aber eben doch so zu
leben, dass wir eigentlich schon ganz gut wissen, was kommt –
Und was ganz sicher
nicht kommt.
Schaut
noch einmal genau hin! ruft Gott seinen Leuten zu.
Schaut
hin, ich mache etwas Neues.
Ich
habe mich entschlossen, nicht einfach alles laufen zu lassen.
Das ist mutig, wenn
einer sich zu so was entschließt.
Denn wer etwas Neues
beginnen will, der macht sich in der Regel keine Freunde damit.
Normalerweise sind
wir alle misstrauisch, wenn etwas neu werden soll.
Wer was Neues macht,
der wendet sich damit von dem Alten ab.
Heißt das nicht,
dass das Bisherige nicht gut genug war?
Ich kenne Pfarrer,
die sind richtig sauer, wenn man mit ihnen über mögliche oder gar
nötige Neuanfänge spricht. Einer hat mir mal gesagt:
„Ich
weigere mich, alle Nase lang eine neue Sau durchs Dorf zu treiben!
Ich
bin doch nicht der Volksbespaßer. Nein, ich mache treu, was zu tun
ist – unbeirrt von dem, was die Leute sagen.“
Woran liegt das? Was
schreckt uns eigentlich davor ab, uns auf Neues einzulassen?
Natürlich ist Neues
immer etwas anstrengender als das Gewohnte.
Und natürlich weiß
man bei Neuanfängen meistens vorher nicht, ob es überhaupt
gelingt.
Nicht wenige denken:
Mir ist das bekannte Unglück lieber als das unbekannte Glück.
Also: keine guten
Zeiten für Neuanfänge?
Vor einem Jahr haben
wir auch hier in der Gemeinde über diese Ankündigung nachgedacht.
Mehr als sonst, so
weit ich mich erinnere. Im Presbyterium bei der Jahresplanung z.B.
Und das Erste, was
uns damals einfiel, war dies:
Lasst
uns ein Jahr gestalten, in dem weniger Programm ist als sonst.
Konkret bedeutete
das: der Kindergottesdienst war gerade eingestellt worden,
es sollte mal kein
Gemeindefest geben –
auch keine Bibelwoche
mit der katholischen Gemeinde oder mit den Koreanern.
Kein Empfang für die
Mitarbeiter, sondern nur ein Ausflug.
Am Ende gab es in
diesem Jahr auch kein Gemeindeseminar. Das hatten wir zwar geplant,
aber es fanden sich kaum Mitarbeiter. Und nur wenige Interessenten.
Also haben wir es
verschoben.
Dann war das Neue in
2007 also: weniger machen.
Offenbar war für uns
das Neue: dass wir Platz machen, um Neues aufkommen zu lassen.
Nur: Wenn ich zurückschaue,
merke ich: die Frage hat mich mehr bewegt als die Verheißung.
„Erkennt
Ihr es denn nicht?“ Haben wir Neues erkannt im Jahr 2007?
Hat das Weniger an
Programm uns neue Kräfte gegeben?
Mir drängt sich eher
ein anderer Eindruck auf: wir sind in diesem Jahr weniger geworden.
Menschen, die sich
gerne irgendwo engagieren wollen, haben hier in der Gemeinde keine
Aufgabe gefunden.
In den Welcome –
Gottesdiensten begrüßen wir nach wie vor Viele – wir haben in
den vergangenen 2 ½ Jahren sicher mehr als 300 Menschen neu
willkommen geheißen.
Ihnen eine Welcome
Tasche geschenkt – mit Bibel, Gemeindebrief uns mehr.
Nur: die meisten sind
ein- oder zweimal gekommen – und dann nicht wieder.
Sagt uns das was?
Fehlt etwas im Angebot unserer Gemeinde?
Nun war das Jahr 2007
beileibe nicht ohne neue Entwicklungen. Auch die nenne ich gerne:
Beispielhaft –
sicher nicht vollständig:
1. Der Kirchentag war
mit Sicherheit eine neue Erfahrung für Viele hier in Köln.
Und auch in der
Philippus – Gemeinde. Wir sind unterschiedlichen Formen von Kirche
begegnet – und haben dabei etwas Wichtiges lernen können:
Nicht alles, was uns
fremd erscheint, ist deshalb schon verdächtig oder gar schlecht.
Es tut gut, die
Unterschiede wahrzunehmen, manchmal auch auszuhalten und sich selber
in Frage stellen zu lassen.
2. Junge Menschen in
unserer Gemeinde haben 2007 einen klaren Anfang im Glauben gemacht.
Nach der Konfirmation
entstand ein Jugendbibelkreis und macht einfach weiter.
Sie treffen sich,
haben Gemeinschaft, lesen in der Bibel.
Und: vom nächsten
Jahrgang sind acht Konfirmanden zur Klostermühle gefahren und alle
folgen der Einladung, ihr Leben bei Jesus festzumachen.
Wir können noch gar
nicht ermessen, was das bedeutet.
Dass da Jugendliche
beginnen, selber Erfahrungen mit dem Beten zu machen.
Selber in der Bibel
zu lesen.
Danach zu fragen, wie
der Glaube für ihr Leben Bedeutung gewinnt. Das ist was Neues.
Schaut
hin! sagt Gott. Seht Euch
das gut an. Vielleicht hat Euch das etwas zu sagen.
Vielleicht machen
diese jungen Leute uns allen etwas Wichtiges vor.
3. Und dann – last
not least – ist Chris Trieb gekommen.
Jetzt haben wir ein
Ehepaar als Jugendpastoren.
Chris hat noch einmal
eine neue Farbe in die Vielfalt der Gemeinde eingebracht.
Er erreicht damit
wieder Menschen, die wir sonst nicht gut ansprechen könnten.
Könnte es sein, dass
für die Philippus - Gemeinde das Neue gerade erst beginnt?
Neue
Herausforderungen für das kommende Jahr sehe ich
an mehreren Stellen:
A) Die
jugendmissionarische Herausforderung
- Neustart
Kindergottesdienst
- Jugendgottesdienst
- Ergänzende
geistliche Angebote
B) Die diakonische
Herausforderung
Erkenntnis: wir haben
zweckgebundenes Geld, aber kaum Angebote, es einzusetzen
- Idee beim Gebet am
Buß- und Bettag: eine warme Mahlzeit in der Woche – in Absprache
mit anderen Allainz-Gemeinden, die das auch anbieten (Rheinaustr.
Aufwind)
An die 5000 Menschen
leben in Köln auf der Straße!
C) Die
Gemeindeaufbau-Herausforderung:
- Welcome – Team braucht Verstärkung
- Glaubensseminar im
Februar; Team und Teilnehmer
- Umstellung KITA
Es ist mit diesen
Herausforderungen wie mit neu geborenen Kindern.
Die sind höchst gefährdet.
Ihr Überleben hängt davon ab, dass da Menschen sind, die sich
ihrer annehmen. Sonst werden sie sterben. Und bald vergessen sein.
Das ist sicher.
Es wäre schon genug,
wenn sich zwei oder drei Menschen je einer dieser Sachen annehmen.
Wie das geht? Zuerst
einmal sollte das betend geschehen.
Ich bin nach wie vor
davon überzeugt, dass sich Dinge wirklich verändern, wenn Menschen
ernsthaft beten. Wenn man sich Informationen einholt und die vor
Gott ausbreitet.
Das kann segnend und
begleitend nötig sein wie im Bereich der Jugend und in der
Umgestaltung der Arbeit in der KITA.
Das kann zum eigenen
Handeln vorbereiten – wie z.B. bei einem Mittagstisch für Bedürftige,
der ja sinnvoll erst im Herbst nächsten Jahres starten würde.
Das kann eine
Mischung aus Beidem sein – bei einem Glaubenskurs z.B.
Nun höre ich schon
die Seufzer:
Was
sollen wir denn noch alles tun?
Ist
es denn nicht schon so genug?
Der
Tag hat doch nur 24 Stunden.
Ja! So ist es. Aber
haben wir das im vergangenen Jahr nicht gerade neu gelernt:
Neues hat nur dann
eine Chance, wenn wir bereit sind, Anderes dafür zu lassen.
Vielleicht einen
Hauskreis zu einer Dienstgruppe umzufunktionieren.
Oder ein
Gebetstreffen, das es ja gibt, mit einem neuen, konkreten Thema zu
bereichern.
Die neue Jahreslosung
ist eine Ermutigung von Jesus.
Gerade für Menschen,
die etwas Neues beginnen. Sie lautet:
„Ich
lebe – und ihr sollt auch leben.“ Dazu gibt es dann morgen
mehr.
Amen!
Björn Heymer
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