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Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31 Ev. Philippusgemeinde Köln Raderthal Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31
 

Predigt am  Heiligabend 2007  über  Johannes 3, 1 - 3  -
 
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Ihr Lieben, rund um die Geburt des Jesus ranken sich Geschichten.

Und so habe ich für den heutigen Abend eine Geschichte mitgebracht.

Sie beginnt in Jerusalem:

„Rabbi Gamaliel! Komm schnell zu mir nach Hause.

Ich glaube, mein Mann ist verrückt geworden!“ rief eine Frau ganz aufgeregt.

„Nun komm erst mal herein und erzähle mir, was passiert ist.“

„Rabbi, du weißt ja, Nikodemus, mein Mann  hat einen besonderen Ruf als Gelehrter.

Vorgestern hat der König ihn an seinen Hof rufen lassen. Denk Dir, er interessiert sich jetzt für Fragen der Schrift. „Wo soll nach den Schriften der Messias Israels geboren werden?“

Das hat er Nikodemus und einige Andere gefragt.

Sie waren sich alle schnell einig. Ich glaube, es steht bei Micha: „Aus Bethlehem in Judäa soll der kommen, der in Israel Herr sein wird.“

Also antworteten sie einmütig: „Aus Bethlehem wird der kommen, der die Erlösung für Israel  bringen wird.“ Da riefen die weisen Männer, die vor dem Thron des Herodes standen, und deren Besuch wohl der Anlass für die Frage des Herodes waren:

„Dann lasst uns nach Bethlehem gehen. Denn wir sind ja gekommen, um den neugeborenen König Israels zu sehen und ihm unsere Ehre zu erweisen.“

Nikodemus war sehr erregt, als er danach nach Hause kam. Mir sagte er:

„Leg mir den schönen Mantel aus weißer Wolle zurecht, den Du mir gewoben hast und lass den grauen Esel satteln.“

Und dann steckte er die dreißig Silberstücke in seinen Beutel – unser ganzes Vermögen! - und brach auf nach Bethlehem. Er hatte auch nicht vergessen, sein Schwert mitzunehmen, um sich vor Räubern schützen zu können.

Und jetzt ist er zurückgekommen: ohne Schwert, ohne Mantel und auch ohne den Esel.

Seine Tunika ist schmutzig und voller Staub.

Er zittert am ganzen Leib und sagt, dass auch unser Vermögen weg sei.

Trotzdem singt er dauernd fröhliche Lieder.

Rabbi, ich glaube, mein Nikodemus hat den Verstand verloren.“

Gamaliel fand Nikodemus, wie die Frau es beschrieben hatte.

„Nikodemus, was ist mit Dir? Erzähl mir, was dir passiert ist.“

„Hör zu,“ antwortete Nikodemus. „Gestern Morgen, als ich Jerusalem durch das Dungtor verließ, da, wo sich die Hütten der Armen befinden, da hielt mich ein Bettler an:

„Guter Herr, geben Sie mir ihren Wollmantel. Ich friere.

Und tatsächlich, er schlotterte in der kalten Morgenluft.

„Ich kann dir diesen Mantel nicht geben. Meine Frau hat ihn für mich gewoben, er ist mir sehr kostbar.“ So antwortete ich.

„Und außerdem gehe ich nach Bethlehem, um den neugeborenen Messias zu begrüßen.“

Aber als ich weiterging, kam mir das Wort des Propheten in den Sinn:

Brich dem Hungrigen dein Brot, und die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus! Wenn du einen nackt siehst, so kleide ihn, und entzieh dich nicht deinem Fleisch und Blut! Jesaja 58,7

Wie könnte ich vor dem Messias erscheinen, wenn ich solchem Gebot nicht gehorche?

sagte ich mir.

Und schon hatte ich dem Bettler meinen schönen weißen Wollmantel geschenkt. 

Als ich dann beim Brunnen von En Rogel ankam, sprang plötzlich ein Räuber hervor:

„Gib mir dein Geld!“ forderte er.

„Das würde ich ja tun,“ antwortete ich, „aber ich gehe nach Bethlehem, um es dem Messias zu schenken, der gerade geboren ist.“

„Ach, du erzählst Geschichten, um mir zu entkommen. Gib mir dein Geld, und zwar schnell!“

Ich hätte versuchen können, mein Schwert  zu ziehen und weiterzugehen, aber das Wort des Propheten kam mir in den Sinn:

„Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter; und er heißt Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst;“ Jesaja 9,5

„Soll ich einen Mord begehen, um die Geburt des Friedefürsten zu feiern?“ sagte ich mir – und gab aus freiem Willen dem Räuber mein Geld.

Als ich Bethlehem schon liegen sah, sprach mich ein Mann an, der nur mühsam gehen konnte.

Er hatte einen fremden Akzent und sagte:

„Herr, ich bin auf dem Weg nach Ägypten, wohin mein sterbender Vater mich rufen ließ. Leider sind meine Füße wund und verweigern mir ihren Dienst. Leihen sie mir ihren grauen Esel. Ich werde ihn zurückgeben, wenn ich wiederkomme.“

„Auch ich habe eine Mission zu erfüllen,“ antwortete ich ihm. „Ich gehe nach Bethlehem, um die Geburt des Retters der Juden zu feiern.“

„Der Retter der Juden geht mich gar nichts an, denn ich bin ein Fremdling“, antwortete der Mann, „außerdem ist Bethlehem so nah und Ägypten so weit.“

Ich wollte schon weitergehen, als mir das Wort aus dem Psalm in den Sinn kam:

„Ich bin jung gewesen und alt geworden und habe noch nie den Gerechten verlassen gesehen und seine Kinder um Brot betteln. Er ist allezeit barmherzig und leiht gerne, und sein Geschlecht wird zum Segen sein.“ Psalm 37, 25+26

„Nun gut, nimm meinen Esel,“ sagte ich deshalb zu dem Fremden, „und bring ihn mir so bald wie möglich zurück.“

Und so kam ich nach Bethlehem, aller meiner Güter beraubt und nur mit einer einfachen Tunika aus Leinen bekleidet.

„Und, hast Du den Messias gefunden?“ unterbrach ihn lebhaft Rabbi Gamaliel.

„Nicht sofort. Ich musste zuerst lernen, wie es ist, arm zu sein. Zuerst ging ich zum Leiter der Synagoge dort. Ihn fragte ich: Wo ist der neugeborene Messias?“ Aber er weigerte sich, mir zu glauben, dass ich der Rabbi Nikodemus aus Jerusalem sei und wies mich zur Tür hinaus. Ich bin zu allen angesehenen Bürgern in Bethlehem gegangen, aber überall jagte man mich fort. Schließlich dachte ich schon, ich müsste auf der Straße schlafen, als ein Mann an mir vorbeiging. An seinem starken Geruch erkannte ich, dass es ein Hirte war und bat ihn: „Kannst Du mir ein Stück Brot geben und mich für die Nacht beherbergen?“

„Sicher,“ sagte der Mann, „aber nicht bevor du mich zu dem Stall begleitet hast, wo das kleine Kind schläft, das vorgestern geboren ist.

Jeden Abend gehen wir und bringen seinen Eltern etwas zu essen.

Es sind arme Galiläer ohne Geld, die wegen der Volkszählung hergekommen sind.“

„Sag mir doch, wie war der König?“ unterbrach ihn wieder Gamaliel.

„Wenn ich den Stall betreten hätte mit meinem weißen Mantel, mit dem Schwert, den Beutel gefüllt mit all meinem Geld, und auf dem Esel geritten, dann hätte ich nicht glauben können, dass der Sohn dieses armen Mannes wirklich der Sohn Gottes sei. Aber weil die Hirten mich als einen der Ihren angenommen hatten und weil Maria und Josef mich mit Güte empfingen, deshalb habe ich begriffen, dass Gott nicht die Gelehrten oder Intelligenten, die Reichen oder Mächtigen ausgewählt hat, sondern die Ungebildeten, die Demütigen  und  Schwachen.

Denen hat der Allmächtige, geheiligt sei sein Name, sich gezeigt.

Kannst Du das verstehen, Rabbi Gamaliel?“

„Ich werde morgen mit dir nach Bethlehem gehen,“ sagte Gamaliel.

Früh am Morgen machten die beiden sich auf den Weg. Sobald sie das Dungtor durchschritten hatten, lief ihnen ein Mann entgegen. „Rabbi, wie bin ich glücklich, dich wiederzufinden!“

„Aber was hast du mit meinem Mantel gemacht?“ fragte Nikodemus.

„Ich habe ihn dem Messias geschenkt.“

„Was, du bist in Bethlehem gewesen?“ fragte Nikodemus ihm.

„Ja. Zuerst hatte ich daran gedacht, deinen Mantel zu verkaufen. Ich bin ein professioneller Bettler und handle mit den Dingen, die man mir schenkt. Aber deine Güte hat mich so gerührt, dass ich dir den Mantel zurückgeben wollte. Als ich in Bethlehem angekommen war, warst Du schon wieder aufgebrochen. Aber die Leute mit dem Kind, die ich in dem Stall traf, sie waren viel ärmer als ich. Und ehe ich noch viel darüber nachdenken konnte, hatte ich ihnen den Mantel geschenkt. In dem Augenblick gingen mir die Augen auf und ich erkannte, dass das Kind der Messias war, von dem du gesprochen hast.

Jetzt bin ich schnell zurückgekommen, um dir diese Nachricht zu bringen.“

„Wir kehren zurück nach Bethlehem, um uns in den Dienst des Messias zu stellen.“

sagte Nikodemus. „Komm, schließ dich uns an.“

Am Brunnen von En Rogel hatten die drei Reisenden ihre zweite Begegnung:

Ein Mann warf sich Nikodemus vor die Füße: „Mein Herr, verzeih mir!“

„Steh auf,“ sagte Nikodemus gütig. „Ich verzeihe dir.

Du willst mir also mein Geld zurückgeben?“

„Leider nein, ich habe es weggeschenkt. Als ich Deinen Beutel öffnete, entdeckte ich, dass ich reich geworden war. Ich beschloss, das Räuberleben aufzugeben und nach Ägypten zu fliehen. Ich ging also hinein nach Bethlehem. Dort kaufte ich mir neue Kleider und aß in einem Gasthaus. Ich saß zu Tisch mit drei weisen Männern und die erzählten mir eine wunderbare Geschichte: Sie hatten in einem Stall den König der Juden gefunden, der Israel befreien soll. Sofort ging ich auch hin zum Stall und fand alles, wie sie gesagt hatten. Aber die Geschenke, die sie gemacht hatten, die brachten mich zum Lachen. Weihrauch! Myrrhe! Und das in einem goldenen Kasten. Wenn die armen Galiläer das verkaufen wollen, dann wird man sagen, sie hätten es gestohlen.

Und noch ehe ich überlegt hatte, hab ich ihnen den ganzen Rest von dem Geld geschenkt.

Da verstand ich, dass dieses kleine Kind der Sohn Davids ist, der wahre König der Juden, den ich erwarte. Sofort lief ich los, um Dir diese gute Nachricht zu bringen und um Dich um Verzeihung zu bitten.“

„Alles ist vergeben,“ erwiderte Nikodemus.

„Komm mit uns, wir wollen uns in den Dienst des Kindes stellen.“

Als die vier Männer wenig später Bethlehem vor sich sahen, bot sich ihnen ein Anblick des Schreckens. Beißender Rauch erhob sich und man hörte Weinen und Wehklagen.

Ein Hirte erzählte den Reisenden von der Katastrophe.

„Wir waren auf den Feldern, als wir plötzlich die Schreie hörten, aber wir kamen zu spät.

Die Soldaten hatten schon alle Knaben unter zwei Jahren umgebracht, aus Angst, dass der König der Juden entweichen könnte, von dem die Weisen so unvorsichtigerweise gesprochen hatten.“

An der Stelle, wo der Stall gewesen war, fanden die Vier nur noch rauchende Ruinen.

In der Hoffnung, die Reste des kleinen Königs der Juden zu finden, um ihn in Ehren zu bestatten, durchsuchten weinende Hirten die glühenden Steine mit bloßen Händen. Nikodemus und seine Freunde halfen ihnen dabei, als sich im Dunkeln eine Hand auf Nikodemus` Schulter legte und eine fremdländische Stimme sagte:

„Du bist es, der mir vorgestern seinen Esel geliehen hat. Suche nicht weiter unter den Toten den, der lebt. Gestern Abend wurde ich von Joseph und Maria aufgenommen und habe die Nacht hier im Stall verbracht. Joseph, der durch einen Traum von Gott gewarnt worden war, nahm das Kind und seine Mutter und brach auf nach Ägypten, bevor die Soldaten kamen.“

„Werden sie nicht in der Wüste vor Kälte und Armut umkommen?“

unterbrach ihn Nikodemus.

„Nein, denn das Kind war in einen weißen Wollmantel eingehüllt.

Der Vater trug einen Beutel voll mit Silber bei sich.

Und seine Mutter saß auf deinem Esel, den ich ihr gegeben hatte.“

„Und ich hatte geglaubt, der Retter Israels interessiere die Fremden nicht,“

sagte Nikodemus. „So war es auch,“ sagte der Fremde. „Aber in dem Augenblick, als ich deinen Esel verschenkte, öffneten sich meine Augen und ich begriff, dass das kleine Kind nicht nur der König der Juden ist, sondern auch der Retter aller Menschen.“

Viele Jahre später ging ein berühmter Rabbi durch die Nacht, um mit einem armen Zimmermann aus Nazareth zu sprechen, der auf der Durchreise war.

Der große Gelehrte bemühte sich, den Messias wiederzufinden, dessen Spur er vor über dreißig Jahren verloren hatte. Seine Kollegen machten sich über ihn lustig, weil er ihn so hartnäckig unter den Armen und Unwissenden suchte.

„Rabbi“ fragte demütig der große Gelehrte den einfachen Zimmermann, „was muss man tun, um das Himmelreich zu sehen?“

Und Jesus antwortete ihm: „Du musst von neuem geboren werden, du musst dein Leben neu beginnen - in Armut, so, als wenn du nichts wüsstest.“

Da verstand Nikodemus, dass er das Kind von Bethlehem wiedergefunden hatte.

Ihr Lieben, wenn die Begegnung mit dem Kind in der Krippe zu unserer Neugeburt führt, dann haben wir heute Grund zum Feiern.

Wenn der Geburtstag des Jesus aus Nazareth bei uns zu einem Tag der Neugeburt wird¸

Dann kommt die vielen Feiern von Weihnachten heute zum Ziel.

Amen!

Björn Heymer