Predigt am 2. Dezember 2007 (Welcome) über 1.
Petrus 1, 8 + 9 -
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Unterwegs
mit einem Ziel
Ihr Lieben,
hu, das ist ja
schwer! Der König Coredan, alt geworden, steht unter dem Kreuz.
Als junger Mann war
er aufgebrochen, um den König aller Könige zu finden und
anzubeten.
Aber er hat ihn nie
zu Gesicht bekommen.
Bis er dann schließlich
ankommt; am Ziel seines langen Lebensweges.
Es wirkt so, als sei
seine Geschichte ein gelebter Kommentar zu einem Satz, den Petrus in
seinem ersten Brief geschrieben hat:
Ihn,
den Herrn Jesus, habt ihr nicht gesehen und habt ihn doch lieb;
und
nun glaubt ihr an ihn, obwohl ihr ihn nicht seht;
ihr
werdet euch aber freuen mit unaussprechlicher und herrlicher Freude,
wenn
ihr das Ziel eures Glaubens erlangt, nämlich der Seelen Seligkeit.
Coredan hatte Jesus
von Herzen lieb gewonnen, ohne ihn je gesehen zu haben.
Das ist das tiefe
Geheimnis dieser Geschichte: Wie geht das: glauben?
Glauben ohne Beweis,
ohne was zu sehen?
Coredan entdeckte
einen Stern, aber er glaubte ja nicht an den Stern.
Der Stern war nur ein
Zeichen. Manchmal zu sehen – allzu oft auch nicht.
Das einzige, was
Coredan schließlich zu
sehen bekam, war das schmachvolle Ende.
Das Sterben des Königs
aller Könige. Die Niederlage! Nicht den Sieg.
Mich beeindruckt an
dieser Legende, dass dieser Coredan dennoch so zielstrebig ist.
Als junger Mann hat
er einmal den Stern aufleuchten sehen – und wusste:
„Das
ist der Wegweiser zum Ziel!
Dem
muss ich nachgehen, dann wird es gut mit meinem Leben.“
Er hat sich spontan
drauf eingelassen. Er hat alle Sicherheiten der Heimat verlassen.
Seinen Reichtum
aufgegeben, auch die privaten Pläne von Familie, Karriere und Glück.
All das war ihm nicht
mehr wichtig – stattdessen geht er los.
Ich ahne: wenn das
Ziel klar ist, dann wird mein Leben anders.
Nur mit einem Ziel
erkennt man, welcher Weg für einen richtig ist.
Ohne
Ziel ist jeder Wind ein Gegenwind – sagt eine alte
Seglerweisheit.
Mit einem Ziel kann
ich selbst aus Gegenwind noch etwas machen.
Vorgestern las ich
einen Artikel von Jörg Knoblauch, einem schwäbischen Unternehmer.
Er ist der Erfinder
des bekanntesten Zeitplansystems der 90er Jahre.
Jetzt hat er ein
neues Buch veröffentlicht. Titel: „Dem
Leben Richtung geben“
Ihm geht es genau um
unser Thema: Unterwegs sein mit einem Ziel.
Knoblauch findet: es
ist höchste Zeit für eine Horizonterweiterung.
Und dann spricht er
von sieben Horizonten: (Bild)
1. Den ersten
Horizont haben wir alle typischerweise fest im Blick: der aktuelle
Tag:
Was
muss heute erledigt und getan werden?
2. Der zweite
Horizont ist die Woche:
Manche Menschen
schaffen es ja, sich nach einem Wochenplan zu richten –
Am Montag zu wissen,
was es am Donnerstag zu essen geben wird, zu welcher Veranstaltung
sie am Samstag Abend gehen - und so weiter.
Wem das gelingt, der
achtet auf eine sinnvolle Einheit von Arbeit und Ruhe.
3. Der Monat ist der
dritte Horizont. Die meisten Menschen planen da zwar Termine, aber
damit hat es sich auch schon.
4. Und das Jahr? –
Vierter Horizont. Jetzt, um Silvester haben Viele ja ansatzweise so
was wie Ziele für das neue Jahr – und wissen doch: so einfach ist
das alles nicht. Nur drei Prozent der Menschen haben konkrete Ziele
für ein Jahr.
5. Der fünfte
Horizont: das ist die Sieben-Jahres- Periode, in der wir gerade
leben.
Es hat sich als
brauchbar erwiesen, das Leben in Abschnitten von je sieben Jahren zu
unterteilen – wobei es hier nicht so ganz genau sein muss.
Mit sieben sind alle
Kinder in der Schule – mit vierzehn hat die Pubertät begonnen.
Mit 21 ist die
Entscheidung gefallen, welchen Beruf ich anstreben möchte.
Und so weiter – es
funktioniert tatsächlich – die sieben scheint eine Zahl zu sein,
die zum Rhythmus des menschlichen Lebens in besonderer Weise passt.
Was will ich bis zur
nächsten Siebener – Periode meines Lebens erreicht haben?
6. Der vorletzte
Horizont, auf den Jörg Knoblauch hinweist, ist der Ruhestand.
Wo will ich dann
leben? Und wie? Mit wem?
Welche Aufgaben
ergeben sich heute aus meinen Zielen für den Ruhestand?
Spätestens hier gebe
ich Jörg Knoblauch recht: hier könnte ich eine Horizonterweiterung
gut gebrauchen. Darüber hab ich mir bisher kaum Gedanken gemacht.
7. Und dann nennt Jörg
Knoblauch noch den siebten Horizont: das Zielfoto.
Wie soll es aussehen?
Was soll am Ende meines irdischen Lebens stehen?
Und: Was ist meine
Hoffnung, dann, wenn es hier zu Ende geht?
Worauf gehe ich dann
zu?
Eine schwere Frage!
Nur: Woher kriegt man
da eine Antwort?
Dass eine Antwort für
das tägliche Leben Bedeutung hat, davon sind Glücksforscher überzeugt:
Jörg Knoblauch zitiert Hannah Arendt, eine Sozialphilosophin. Sie
sagt:
„Vordergründige
Wünsche für ein schönes Leben reichen für eine gelingende
Sinnstiftung nicht aus. Wir brauchen letzte Ziele, Ziele, die über
das Grab hinausreichen.“
Weil der Jackpot beim
Lotto ja gerade wieder so hoch ist, hörte ich im Radio von
Beispielen.
Menschen, die mal
einen hohen Gewinn hatten und was dann draus geworden ist.
Natürlich gibt es da
alle möglichen Varianten. Von einem Rekordgewinner in USA wurde
berichtet: er hat mit dem Geld nur so um sich geworfen, machte sich
dadurch mehrfach verdächtig und wurde gar verhaftet. Seine Ehe ging
darüber in die Brüche und heute, ein paar Jahre danach, sagt er: „Hätte
ich doch den Schein nie eingelöst.“
Also: Herzlichen Glückwunsch
an alle, die trotz Jackpot kein Lotto gespielt haben. Möglicherweise
haben Sie sich eine Menge Ärger erspart!
Denn das ist wahr:
jenseits des Grabes gibt es eines mit Sicherheit nicht mehr:
Geld und Reichtum.
– Es ist und bleibt eine Lüge, dass Geld glücklich macht!
Was dann? Was ist ein
Ziel, das über das Grab hinausweist?
Die Gewissheit des
christlichen Glaubens ist das Einzige, das ich kenne:
Die Gewissheit: dort,
wo ich hingehe, da werde ich gut aufgenommen sein.
Jenseits dieser Welt
wartet der auf mich, der in Jesus Mensch geworden ist.
Der, von dem unsere
Seele ihren Lebenshauch empfangen hat und zu dem sie hinstrebt.
Petrus nannte das „die
Seligkeit unserer Seelen.“
„Dort
werdet ihr Euch freuen mit unaussprechlicher und herrlicher
Freude!“
Was für Aussichten!
Und das Wunderbare für
heute: diese Freude kann heute schon beginnen!
Auch wenn wir noch
nicht viel sehen.
Heute feiern wir hier
im Welcome Gottesdienst das Mahl Jesu miteinander.
Für viele ist dieses
Mahl so etwas wie ein Vorgeschmack auf die Freude im Himmel.
Wir glauben: Jesus
selber ist der Gastgeber. Wir kommen an seiner Tafel zusammen.
Gerade hier gilt, was
wir zu Beginn von Welcome Gottesdiensten oft singen:
Komm,
so, wie du bist, komm in Lumpen, komm im Schlips.
Egal,
wie arm du bist, Gott feiert heut ein Fest für Dich!
Der vierte König,
Coredan starb der Legende nach unter dem Kreuz.
Die Anderen, die ihn
fanden, sahen, dass er mit einem Lächeln gestorben war.
Vorher hatte ihm
Jesus etwas zugesagt, was biblisch verbürgt ist:
„Das,
was du den Notleidenden getan hast, das hast Du für mich getan.“
Dein
ganzes Leben lang warst Du viel näher bei mir, als Du selber geahnt
hast.
Coredan reichte es,
gelegentlich den Stern aufleuchten zu sehen.
Momente der
Gewissheit sind solch ein Aufleuchten des Sterns heute.
Momente des Friedens
– über alle vernünftige Erklärung hinaus.
Momente, in denen ich
spüre: ich bin getragen.
Solche Erfahrungen
der Ermutigung auf dem Weg, die wünsche ich mir.
Die wünsche ich
Ihnen in diesem Advent.
Amen!
Björn Heymer
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