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Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31 Ev. Philippusgemeinde Köln Raderthal Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31
 

Predigt am  18. November 2007  über  Jeremia 8, 4 - 7  -
 
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Ihr Lieben,

manchmal kann man sich fragen, weshalb bestimmte Abschnitte nicht längst aus der Bibel gestrichen wurden.

Die Worte des Propheten Jeremia, die wir eben gehört haben, gehören dazu.

Sie trösten nicht, sie ärgern. Sie stören – und zwar gerade die Frommen, gerade die, die sich um die Weitergabe der Bibel immer gekümmert haben.

Hören wir noch einmal genau hin. Gott beauftragt den Propheten Jeremia.

Sprich zu ihnen: So spricht der HERR:

Wo ist jemand, wenn er fällt, der nicht gern wieder aufstünde?

Wo ist jemand, wenn er irregeht, der nicht gern wieder zurechtkäme?

Warum will denn dies Volk zu Jerusalem irregehen für und für?

Sie halten so fest am falschen Gottesdienst, dass sie nicht umkehren wollen.

Ich sehe und höre, dass sie nicht die Wahrheit reden.

Es gibt niemand, dem seine Bosheit leid wäre und der spräche:

„ Was hab ich doch getan!“

Sie laufen alle ihren Lauf wie ein Hengst, der in der Schlacht dahinstürmt.

Der Storch unter dem Himmel weiß seine Zeit,

Turteltaube, Kranich und Schwalbe halten die Zeit ein, in der sie wiederkommen sollen; aber mein Volk will das Recht des HERRN nicht wissen.

Als der Prophet auftrat, wurde er wegen solcher Predigten ins Gefängnis geworfen.

Und ehrlich gesagt – ich mach mir heute auch ein bisschen Sorge wegen dieser Botschaft.

Es ist ja so:

Wir sind bei harten Worten, bei Worten der Wahrheit, gewohnt, sie als Opfer zu hören.

Heute, am Volkstrauertag, denken wir an die Opfer von Kriegen und Gewalt.

Und dabei sind wir uns sicher, dass wir auf der richtigen Seite sind – oder?

Wir führen keinen Krieg. Wir tun niemandem Unrecht.

Wir schaden auch keinem anderen Menschen.

Wir doch nicht! Wir leben ehrlich. Wir leben bescheiden.

Wir gönnen dem Anderen, was er oder sie hat – ohne Neid oder Eifersucht.

Wir feiern unsere Gottesdienste. Und wenn es dabei um Buße oder Umkehr geht – dann sind die Anderen gemeint. Weil wir doch alles richtig machen, oder?

Nein, sagt Gott. So ist es nicht!

Es gibt nur einen Grund dafür, dass diese Sätze des Jeremia alle Bestrebungen der Zensur überdauert haben:

Sie sind wahr und sie betreffen Gottes Volk. Sie meinen uns! Nicht irgendwen.

Wir fallen – und stehen nicht wieder auf.

Wir machen Fehler, und wir stehen nicht dazu.

Wir verletzen Andere – und gehen weiter, als wenn nichts wäre.

Blind wie ein Hengst, der in sein Verderben in der Schlacht rennt – kehren wir nicht ab von einem falschen Weg, den wir mal eingeschlagen haben.

Und dann lässt Gott Gericht geschehen – damals und heute auch.

Immer, wenn Menschen nicht Buße tun.

Gottes Gericht ist, wenn Gott seinem Volk den Schutz entzieht.

Damals kamen übermächtige Feinde, belagerten die Stadt, plünderten das Land und töteten Viele. Jeder Andere hat geklagt, auch Gott angeklagt.

So wie wir auch klagen, wenn es uns schlecht geht.

Jeremia hatte den Mut, einen Zusammenhang zu benennen:

Die Not, die uns heute trifft, hat einen Grund. Und der ist das Festhalten am falschen Weg.

Das klang dann so – unmittelbar vor unseren Worten heute:

Zu dieser Zeit, spricht der HERR, wird man die Gebeine der Könige von Juda, die Gebeine seiner Fürsten, die Gebeine der Priester, die Gebeine der Propheten und die Gebeine der Bürger Jerusalems aus ihren Gräbern werfen und wird sie hinstreuen der Sonne, dem Mond und dem ganzen Heer des Himmels, die sie geliebt und denen sie gedient haben, denen sie nachgelaufen sind, die sie befragt und angebetet haben. Sie sollen nicht wieder aufgelesen und begraben werden, sondern Dung auf dem Felde sein. Und alle, die übriggeblieben sind von diesem bösen Volk, werden an allen Orten, wohin ich sie verstoße, lieber tot als lebendig sein wollen, spricht der HERR Zebaoth.

Gottes Gericht vollzieht sich durch Menschen – indem etwas geschieht, was Menschen eben tun:
Und das kann durchaus sehr schmerzhaft und schädlich sein.

Christen sind es hoffentlich gewohnt, Gott täglich zu danken für alle Bewahrung, für alles Gute, was ihnen widerfährt.

Nur: was tun wir, wenn es uns mal anders geht? Wenn wir unvermittelt krank werden?

Oder auf einmal eine ganze Fülle von Sorgen sich auftun?

Oder sonst etwas geschieht, was uns die Freude am Leben raubt?

Es ist sehr heikel – und im Grunde kann nur jeder für sich selber einen solchen Zusammenhang herstellen, wie Jeremia es hier tut:

Euer Ergehen hat einen klaren Grund: Gott hat seinen schützende Hand zurückgezogen.

Deshalb ist der Stress bei der Arbeit nicht mehr auszuhalten.

Deshalb häufen sich die Krankheiten.

Deshalb kriseln oder zerbrechen Ehen.

Und in einer Gemeinde: deshalb misslingen Projekte, die alle für wichtig halten.

Deshalb fehlen plötzlich in Scharen die Mitarbeiter.

Kann es sein, dass solche Anzeichen auch in unserer Gemeinde zur Umkehr rufen?

Haben wir vielleicht zu lange an falschen Wegen festgehalten – wie damals Israel.

Die Frage müssen wir uns stellen – und zwar ehrlich.

Ohne die beschwichtigende Antwort längst zu kennen glauben.

Umkehr – ist das entscheidende Wort bei Jeremia.

Umkehr heißt: Neues denken, alte Standpunkte prüfen und Fehler benenne und lassen.

Die Kreissynode vor einer Woche hatte vor allem dies Eine zum Thema:

Wie können wir sparen und noch mehr sparen, damit wir weitermachen können wie bisher.

Geordneter Rückbau ist die Devise. Impulse zur Umkehr oder Erneuerung, die in den vergangenen Jahren kamen, sie werden heute schon wieder als Träumereien verworfen.

Ganz ähnlich war es zu hören auf einer Versammlung rheinischer Pfarrer in dieser Woche.

Buße, Umkehr und Neuanfang – das sind keine Fragen, die ernsthaft bedacht werden.

Sie halten so fest am falschen Gottesdienst, dass sie nicht umkehren wollen.“

Das ist das tiefe Problem: dass Menschen nicht umkehren wollen.

Nicht, dass Fehler gemacht wurden und heute noch gemacht werden.

Hört Ihr! Fehler machen ist nicht das Problem.

Menschen fallen hin – und eigentlich stehen sie wieder auf.

Menschen gehen in die Irre – und kehren um. So wäre es normal.

Fehler zu machen – das ist ausdrücklich erlaubt.

An erkannten Fehlern festzuhalten – dagegen lässt Gott seinen Propheten reden.

Gibt es Dinge, wo wir wissen, dass wir nicht nach dem Willen Gottes gehandelt haben – oder entschieden haben? Und wir halten daran fest?

Es gibt niemand, dem seine Bosheit leid wäre und der spräche: Was hab ich doch getan!

Wenn das so ist, dann entzieht Gott seinen Schutz.

Vor ein paar Tagen fragte mich eine Frau aus der Gemeinde, wie ich einen Satz verstünde, den Martin Luther gesagt haben soll:

„Anfechtungen sind Umarmungen Gottes“ – ich hab lange darüber nachgedacht.

Anfechtungen – das sind im frommen Sprachgebrauch die Dinge, die uns das Glauben schwer machen. Krankheiten; Misserfolge; oder auch Mutlosigkeit oder Kleinglaube, der sich wie ein Schleier über meinen Glauben legt. Der meine Gebete erstickt.

Wie kann das von Gott sein?

Mir ist dann eingefallen, was ich immer wieder mit meinen Kindern erlebe:

Wenn Heinke ihren Bruder Till übel weh getan hat, dann läuft sie meist weg von Papa oder Mama. Jedenfalls, wenn einer von uns sie darauf anspricht. Das scheint normal zu sein.

Das lasse ich aber nicht zu. Ich greif sie mir dann und umarme sie – halte sie wirklich fest.

Da mag sie noch so toben, kratzen, um sich schlagen.

Ich umarme sie – bis sie merket: Sie hat etwas Schlimmes getan. Das wird nicht übergangen. Aber auch das kann sie merken:

Ich bin bei ihr. ich will ihr nichts Böses. Ich will, dass sie umkehrt und sich versöhnt. 

Irgendwann kommt bei ihr dann der Punkt, wo sie ehrlich reden kann.

Wo sie zugeben kann, dass sie was falsch gemacht hat.

Und wo sie dann auch hingeht und um Verzeihung bittet.

Vielleicht sind manche Schmerzen, die wir durchleiden, solche Umarmungen Gottes.

Seine harte Therapie, damit wir die Sünde nicht auf die leichte Schulter nehmen.

Damit wir umkehren und uns in seine Arme werfen.

Umkehr von falschen Wegen – das sollte der Normalfall sein im Volk Gottes.

Wege der Umkehr sind gesegnete Wege.

Wir ahnen, wie es sein könnte, wenn wir auf die ersten Sätze hören:

Wo ist jemand, wenn er fällt, der nicht gern wieder aufstünde?

Wo ist jemand, wenn er irregeht, der nicht gern wieder zurechtkäme?

Ja, so soll es sein! Fallen – und wieder aufstehen.

Fehler machen – und dazu stehen.

Ein Lied erzählt die Geschichte von einem Mann, der mit seinem Leben unzufrieden ist.

Er versteht nicht, weshalb er so schwer zu tragen hat.

Er flucht und schimpft. Und kommt an der Mauer eines Klosters vorbei.

Da drinnen – so träumt er – da muss es wohl besser sein. Die Mönche scheinen so viel zufriedener zu sein als ich. Was mag ihr Geheimnis sein?

Dann öffnet sich das Tor, ein Mönch tritt heraus: Er fragt ihn:

Was ist anders bei Euch? Wie lebt ihr da drinnen?

Einspielung des Liedes „Wir fallen hin“ von Cae Gauntt

Wir fallen hin, stehen auf, fallen hin, stehen auf. Wir fallen hin, stehen auf,

denn wir Frommen sind nur Menschen. Die fallen hin, stehen auf.

Amen!