Predigt am 15. Juli 2007 über Jesaja
43, 1 - 7 -
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Liebe Gemeinde,
Mancher mag denken:
ein Bericht aus so alter geschichtlicher Vergangenheit, was kann der
uns heute in Raderthal noch zu sagen haben? Doch – dieser Text
spannt einen weltpolitischen Bogen über einen Zeitraum von mehr als
2500 Jahren, von der babylonischen Gefangenschaft Israels bis hinein
in unsere aktuelle und brisante Tagespolitik. Gleichzeitig gibt er
uns einen Einblick in Gottes Heilsplan mit Seinem Volk Israel –
und mit uns, Seiner Gemeinde.
So tröstend dieser
Text ist, er klingt noch leuchtender und befreiender, wenn man berücksichtigt
vor welchem Hintergrund d.h. in welche Situation hinein Gott diese
Zusage gibt.
Das Volk Israel, von König Nebukadnezar besiegt, gedemütigt und
verschleppt (deportiert) befindet sich in der Gefangenschaft in
Babylon, weit ab von Jerusalem und dem Tempel und damit vermeintlich
weit ab von Gott. Die Lage ist hoffnungslos und verzweifelt. Sie
sehen für sich keine Zukunft mehr.
Ob sie sich wohl
Gedanken darüber machten, weshalb sie sich in einer so
aussichtlosen Lage befinden? Dabei hatte Gott sie durch den
Propheten Jesaja lange vorher gewarnt und ihnen die Wegführung
angedroht. Diese Bedrängnis ist also nicht zufällig und
schicksalhaft über Israel hereingebrochen, sondern ist ein Gericht
Gottes,
·
weil sie nicht auf IHN hören wollten
·
weil sie ungehorsam waren und Seine Gebote
missachteten,
·
weil sie anderen Göttern dienten
·
weil sie Gott zwar noch mit den Lippen bekannten aber
im alltäglichen Leben hatten sie IHM längst den Rücken gekehrt.
d.h. ER spielte nur
noch eine untergeordnete Rolle. Das aber ist Ungehorsam, Sünde und
eine Beleidigung der Majestät Gottes.
Kann es sein, daß unsere desolate, bedrängte und gefährdete Lage
in Deutschland und Europa auch solch ein Gerichtshandeln Gottes ist,
oder zumindest die ernste Warnung, uns fremden Machthabern
auszuliefern, um uns aufzurütteln,
·
damit wir endlich wach werden
·
und uns wieder auf den lebendigen Gott besinnen,
·
uns von allen Götzen abwenden,
·
alle Selbsterlösungsversuche aufgeben
·
und umkehren und uns Gott zuwenden
·
und voller Hingabe IHM alleine vertrauen und gehören
wollen?
Könnte Gott auch uns
meinen? –
Die Situation Israels, sowohl damals als auch heute, aber auch
unsere Lage in Deutschland und Europa, ist in gleicher Weise
verzweifelt, aussichtslos und ohne Zukunft. Keine Politik, ja keine
Macht der Welt vermag eine dauerhafte, gerechte und friedliche Lösung
schaffen.
Aber zurück nach
Babylon: Im letzten Vers vor unserem Text heißt es noch: „…
aber sie wollten nicht einsehen, daß der HERR sie straft. Sie ließen
sich nicht belehren.“
Wie würden wir in
einem solchen Fall reagieren? – Aber Gott ist ganz anders.
In diese ausweglose
Situation Israels hinein erfolgt die Zusage Gottes:
„Und
nun spricht der HERR, der dich geschaffen hat, Jakob, und
dich gemacht hat Israel: Fürchte dich nicht, denn ich habe
dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist
mein!“
Hier schauen wir in
das Herz Gottes. Obwohl Gott sich bitter beklagt, daß Sein Volk
blind und taub ist und nicht hören will, will und wird
sich Gott Seines Volkes erbarmen und es zurechtbringen.
Welch eine
Erleichterung, welch ein Trost, wenn sich der lebendige Gott gerade
in dieser Situation Seinem in Gefangenschaft geknechteten Volk
zuwendet und ihm zusagt: “Fürchte dich
nicht.“ Sie erfahren plötzlich, Gott ist das Schicksal
Seines Volkes nicht gleichgültig, ER hat sich nicht abgewendet, ER
schweigt nicht und ER kündigt auch kein weiteres Strafgericht an.
Nein, Israel ist immer
noch Sein Volk und der starke Gott, der Himmel und Erde gemacht
hat, gibt die Zusage:
“Fürchte
dich nicht.“
Das lässt aufatmen, lässt
Hoffnung schöpfen.
Und weshalb sich Sein
Volk nicht zu fürchten braucht, dafür gibt Gott hier gleich die
Erklärung:
·
„…denn ich habe
dich erlöst;
·
ich habe dich bei deinem
Namen gerufen,
·
du bist mein!“
Aber wieso „ICH habe…“?
es ist doch noch gar nichts geschehen, es hat sich doch noch nichts
verändert, Israel ist doch immer noch in Babylon. Aber, wenn Gott
in Seinem Wort etwas zusagt, dann ist es beschlossene Sache und so
gut wie geschehen, auch wenn noch lange Zeiträume bis zur
sichtbaren Erfüllung dazwischen liegen. Auf Gottes Wort und Seine
Verheißungen können und sollen wir uns absolut verlassen. Das, was
erst sein wird, ist in Seinem Wort schon Gegenwart.
Gott ruft das, was
nicht ist, daß es sei“[2]; und „wenn ER
spricht, so geschieht’s; wenn ER gebietet, so steht es da.“[3]
Gleichzeitig bedeutet
dieses „ich habe dich erlöst…“ auch eine hilfreiche
Erinnerung an die große Erlösungstat Gottes an Seinem Volk, 1000
Jahre vorher, als ER es aus der Gefangenschaft in Ägypten befreite.
Damals war Israel kurz vor der Vernichtung und niemand hätte je
gedacht, daß sie einmal die Freiheit erlangen würden. Aber Gott
hat sie mit Seinem mächtigen Arm auf wunderbare Weise dort
herausgeführt und damit vor aller Welt Seine unumschränkte Macht
und Herrlichkeit gezeigt.
So gewiß wie damals
wird ER Israel auch aus Babylon wieder herausführen.
Und tatsächlich: Gott
sorgt dafür, daß Persien gegen Babylon zieht und gewinnt. Babylon
wird persische Provinz und im Jahre 538 v. Chr. erläßt der
persische König Kyros die Ausreiseerlaubnis für Israel.
Aber, mit der Zusage: „ICH habe dich erlöst“ ist sehr viel mehr
gemeint als nur die politische Befreiung aus dem Machtbereich
Babylons. An dieser Stelle gibt Gott uns einen Einblick in Seinen
noch verborgenen Heilsplan. Das Zentrum dieses Heilsplanes Gottes
ist von allem Anfang an die Erlösung durch Jesus Christus, Seinen
Sohn, am Kreuz von Golgatha. Das war bei Gott von allem Anfang an
beschlossene Sache.
Erlösung, so
formuliert es das Jerusalemer Bibellexikon, ist die Befreiung aus
der Gewalt einer über ihn herrschenden und seine Lebensmöglichkeiten
verhindernden Macht. Ist diese seinen Möglichkeiten überlegen,
kann sie nur durch einen Dritten, der mächtiger ist, überwunden
werden.
Dieser Dritte, der mächtiger
ist als die Machthaber, die uns gefangen halten, ist Jesus. ER ist der
Erlöser, der uns aus der Sklaverei / Knechtschaft des Satans und
der Sünde befreit hat. Der Liederdichter des eben gesungenen
Liedes, Jesus ist kommen, Grund ewiger Freude, bringt das auf den
Punkt. In der dritten Strophe heißt es:
Jesus ist kommen, der
starke Erlöser, bricht dem Gewappneten Starken ins Haus, sprenget
des Feindes befestigte Schlösser, führt die Gefangenen siegend
heraus. Fühlst du den Stärkeren, Satan, du Böser? Jesus
ist Sieger, der starke Erlöser. (EG
66,3)
Und die Bibel bestätigt:
„Dazu ist erschienen der Sohn Gottes,
daß ER die Werke des
Teufels zerstöre.“ Und: „Wenn euch nun der Sohn frei macht,
dann seid ihr recht frei.“
Die Erlösung Israels
hängt auch unmittelbar mit der Beziehung zusammen, die zwischen
Gott und Seinem Volk besteht. Eine echte Beziehung ist erst möglich,
wenn man sich gegenseitig beim Namen nennen kann.
Seinem Knecht Mose
begegnete Gott im brennenden Dornbusch und offenbarte ihm Seinen
heiligen Namen. Mit diesem Namen soll Sein Volk IHN, den lebendigen
Gott, allezeit anrufen können.
Ebenso legte ER fest, daß Sein Volk, das ER aus den Familienclans
des Jakob formte, den Namen Israel tragen soll, den ER einst Jakob
verliehenen hatte. Es ist schon ein einmaliger Vorgang, und kommt
m.E. in keiner Religion sonst noch vor, daß ein „Gott“ Seinen
Namen offenbart, um sich damit anrufen zu lassen, und daß ER sein
Volk genau kennt und beim Namen ruft.
Welch liebevolle
Zuwendung liegt in der Zusage Gottes:
„ICH
habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein!“
Keiner wird erlöst,
dem sich Gott nicht „namentlich“ verbindet. Und wen ER beruft
und beim Namen nennt, der ist Gottes Eigentum für immer. Er steht
unter dem besonderen Schutz und der liebevollen Fürsorge Gottes,
was kann es Schöneres geben.
Nun ist das Leben,
auch wenn ich Gottes Eigentum bin, kein Spaziergang über sonnige
Blumenwiesen, wie wir uns das gerne wünschen. Es gibt Versuchungen,
Bedrängungen, Prüfungen, Gefahren, denen wir auch als Eigentum
Gottes ausgesetzt sind. Aber! – Auch hier gibt Gott eine
wunderbare Zusage.
„Wenn
du durch tiefes Wasser oder reißende Ströme gehen mußt - ich bin
bei dir, du wirst nicht ertrinken. Und wenn du ins Feuer gerätst,
bleibst du unversehrt. Keine Flamme wird dich verbrennen.“
Gott wird den Seinen
nicht alle Schwierigkeiten aus dem Weg räumen und sie nicht vor
allem bewahren, aber ER wird sie in all dem bewahren und dafür
sorgen, daß sie an das von Gott gesteckte Ziel gelangen.
So hatte Gott Israel
in Seiner Allmacht durch das Wasser des Schilfmeeres hindurchgeführt
und gleichzeitig hat ER den Pharao und dessen Elitetruppen darin
vernichtet. Sodom und Gomorra wurden von Gott durch Feuer
vernichtet, aber Abraham und seine Familie hat ER gerettet.
Warum erweist Gott an
Seinem Volk solch unverdiente Liebe und Gnade, und Barmherzigkeit?
ER selbst beantwortet diese Frage:
„Denn
ich bin der HERR, dein Gott, der Heilige Israels, dein Heiland.“
Hier hören wir Jesus.
ER ist der Heilige
Israels und ER ist
der Heiland. Nicht nur für Israel sondern für alle Völker. ER sag
weiter:
„Ich
habe Ägypten für dich als Lösegeld gegeben, Kusch
und Seba
an deiner Statt. Weil du in meinen Augen so wert geachtet und auch
herrlich bist und weil ich dich lieb habe. Ich gebe Menschen an
deiner Statt und Völker für dein Leben.“
Aber Gott hat ein noch
viel größeres Lösegeld bezahlt. In Seiner grenzenlosen Liebe zu
uns Menschen, hat ER Jesus, seinen eingeborenen Sohn, am Kreuz von
Golgatha, als Lösegeld für uns Sünder dahingegeben. Warum? Um uns
loszukaufen / zu befreien aus dem Machtbereich von Sünde, Tod und
Teufel. Und weil Gott, Jesus, Seinen eigenen Sohn für Sein Volk
geopfert hat, darum ist dieses Volk in Seinen Augen auch so
wertvoll. Ja, deshalb hat Gott mit Seinem Volk auch in Zukunft noch
viel vor und gibt ihm die Zusage:
„Habt
keine Angst, denn ich, der Herr, bin bei euch! Wohin ihr auch
vertrieben wurdet - ich werde euer Volk wieder sammeln. Vom Osten
und vom Westen hole ich euch zurück.
Ich
fordere die Völker im Norden und Süden auf: 'Gebt mein Volk
heraus! Haltet es nicht mehr fest! Bringt meine Söhne und Töchter
auch aus den fernsten Winkeln der Erde zurück!'
Hier wird die Sache
richtig aktuell und brisant. – Denn wir sind Augenzeugen der wörtlichen
Erfüllung dieser großartigen Verheißung von vor 2500
Jahren. Seit der Staatsgründung Israels, im Jahre 1948, hat Gott
verstreute Juden aus allen Himmelsrichtungen nach Israel gebracht.
Z.Zt. leben in Israel Menschen aus 170 Nationen und dennoch leben
erst 40% der Juden im Land.
Wenn wir die
Nachrichten verfolgen oder die Tageszeitung aufschlagen, stellen wir
fest, wir befinden uns mitten drin im Vollzug göttlicher
Weltpolitik. Obwohl das Land Israel nur 0,15 Prozent der Erdoberfläche
ausmacht, hat es ständig Platz 1 der Weltnachrichten. Und trotz der
verschiedenen Kriege mit den übermächtigen Nachbarstaaten
existiert Israel immer noch. Woran liegt das?
Es gehört zu Gottes
Heilsplan: „Das Heil kommt von den Juden“ und deshalb gestaltet
ER die Weltpolitik um den „Kern“ Israel herum. Das gilt bis
heute, ja gerade heute. Israel ist das
Thema der Weltpolitik.
Die Zukunft Israels
und der Weltfrieden hängen am wiederkommenden Erlöser Jesus. Nur
Jesus wird die Weltpolitik zum Frieden bringen und zwar mit
dem bekehrten Israel. Es gibt keine
Heilsvollendung ohne Israel.
Doch bevor Jesus
kommt, ruft ER aus allen Völkern nicht nur Sein Volk Israel zurück,
sondern ER ruft auch alle Glieder Seiner Gemeinde zusammen, alle,
die, so V.7
„mit
meinem Namen genannt sind, die ICH geschaffen habe zu meiner
Herrlichkeit und zubereitet und gemacht.“
D.h. auch alle
wiedergeborenen Christen, die auf Seinen Namen getauft sind.
·
Gehören wir dazu,
·
gehören wir Jesus,
·
sind wir Sein Eigentum
geworden?
Die Taufe ist das
Rettungsangebot Gottes. Durch Jesus Christus will ER uns all unsere
Sünde vergeben, uns aus der Macht des Satans erlösen und uns zu
Seinem Eigentum, ja zu Seinen Kindern, machen.
Wenn wir bei der Taufe
oder Konfirmation oder später irgendwann persönlich, bewußt und
mit ganzem Herzen auf dieses Rettungsangebot geantwortet und
„Ja“ dazu gesagt haben, daß wir Sünder sind und die Erlösung
durch Jesus erbitten und Eigentum Jesu sein wollen, dann sind unsere
Namen im Buch des Lebens eingetragen. Gott kennt uns dann beim
Namen, denn wir wurden getauft auf den Namen des dreieinigen Gottes.
In dem Lied „Ich bin
getauft auf deinen Namen…“ (EG 200), das wir gleich singen, können
wir unsere Beziehung zu Jesus erneut bestätigen oder vielleicht mit
ganzem Herzen neu beginnen. Dann gilt auch uns, den aus den Heidenvölkern
Hinzugerufenen:
„Fürchte
dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem
Namen gerufen, du bist mein!“
Amen.
Wolfgang Wilke
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