Predigt am 17. Juni 2007 über Jesaja
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meistens passiert es
mittags – gegen 13.00 Uhr klingelt das Telefon.
Eine weibliche Stimme
begrüßt mich freundlich und fragt erstmal nach:
„Bin
ich verbunden mit Herrn Björn Heymer?“
Und dann folgt
irgendein verlockendes Angebot:
„Herzlichen
Glückwunsch! Sie haben in einem Preisausschreiben gewonnen!“
oder:
„Wir
bieten Ihnen die Lieferung Ihrer Programmzeitschrift zum
unschlagbaren Sonderpreis!“
Spätestens dann lege
ich in der Regel mit einer freundlichen Bemerkung auf.
Auf das Angebot,
etwas geschenkt zu bekommen reagieren wir erst einmal misstrauisch.
Nein
danke! Irgendeinen Haken hat die Sache doch bestimmt.
Misstrauen ist vor
allem da angebracht, wo wir den Anderen gar nicht kennen.
Das Stichwort gratis,
umsonst – ist verdächtig geworden.
Unwillkürlich zucken
wir zurück, wenn jemand uns etwas schenken will.
Oder anbietet mit der
Betonung: Das ist gratis!
Und doch – etwas
versteckt, aber absolut zentral stecken beide Begriffe in einer
Gottesrede.
Jesaja hat diese Rede
seinem Volk ausgerichtet – Und die Worte ist bewahrt worden.
Heute Morgen hören
wir sie – sie gelten uns:
Wohlan,
alle, die ihr durstig seid, kommt her zum Wasser!
Und
die ihr kein Geld habt, kommt her, kauft und esst!
Kommt
her und kauft ohne Geld und umsonst Wein und Milch!
Warum
zählt ihr Geld dar für das, was kein Brot ist,
und
sauren Verdienst für das, was nicht satt macht?
Hört
doch auf mich, so werdet ihr Gutes essen und euch am Köstlichen
laben.
Neigt
eure Ohren her und kommt her zu mir!
Höret,
so werdet ihr leben!
Gott hat etwas zu
verschenken! Er preist es an.
Und doch – viele hören
gar nicht recht hin. Oder halten sich zurück.
Haben Vorbehalte und
lassen sich lieber nicht darauf ein.
Wenn wir Gott sehen könnten,
dann würden wir sehen, wie er den Kopf schüttelt darüber, dass so
viele Menschen sein Geschenk nicht annehmen.
Offenbar geht es ihm
nicht besser als den schlecht bezahlten Mitarbeiterinnen in Call
Centers, die um Kunden werben.
Allerdings gibt es
zwei entscheidende Unterschiede zwischen dem Angebot Gottes und den
vielen scheinbaren Sonderangeboten, das uns zu einem Geschäft
verlocken:
1. Bei Jesaja ist der
Anbieter kein Unbekannter.
Sein Volk kennt ihn
doch. Gott hat sich vorgestellt.
Er hat immer wieder
eingegriffen in das Schicksal seiner Leute.
Er hat aus Todesnot
gerettet.
Er hat einen guten
Weg geführt und
Er hat ihnen alles
geschenkt, was sie zum Leben brauchten:
Eigenes Land, gute
Ernten, Frieden mit den Nachbarn, viele Kinder.
All das konnte Israel
erkennen als Wohltaten, als Segen ihres Gottes.
2. Das Angebot ist
echt! Keine Haken oder Ösen. Keine Folgekosten. Ein echtes
Geschenk!
Gott bietet hier
nichts Überflüssiges an. Keinen Ladenhüter, den niemand brauchen
würde.
Sondern zwei Dinge:
1. Essen und Trinken
– das steht für die elementaren Bedürfnisse jedes Lebens.
Gott sorgt gut für
seine Leute – geheimnisvoll und so, dass es reicht:
Paul Gerhard hat es
unübertrefflich nach der Erfahrung jahrelanger Kriege gedichtet:
Er
weiß viel tausend Weisen, zu retten aus dem Tod,
ernährt
und gibet Speisen zur Zeit der Hungersnot,
macht
schöne rote Wangen oft bei geringem Mahl;
und
die da sind gefangen, die reißt er aus der Qual.
Und Gott sorgt 2. für
die Zukunft. Er hat mit seinem Volk einen Bund geschlossen.
Einen Vertrag, auf
den man sich verlassen kann.
Das hat Gott schon
lange getan.
Und jetzt erneuert
Gott seinen Bund – und erweitert ihn auch noch.
Trotzdem ist diese
Werberede nötig. Warum?
Wenn Gott einen
Propheten sendet, dann nur aus einem einzigen Grund:
Gott redet, wenn im
Leben seines Volkes etwas nicht so ist, wie es sein sollte!
Diese herzliche
Einladung ist im Tiefsten ein Ruf zur Umkehr.
Wer diese Worte
Jesajas hört, der bekommt einen Spiegel vorgehalten:
Im Volk Gottes gab es
falsche Erwartungen und falsche Gewissheiten.
Und die hingen mit
dem Umgang mit Geld zusammen. Jesaja spricht übers Geld.
Das gehört sich
eigentlich schon mal gar nicht.
„Geld
ist doch Privatsache. Das geht doch niemanden etwas an“ – so
denken wir.
Falsch! Geld ist viel
mehr als ein praktisches Hilfsmittel, um das Leben einfacher und
gerechter zu machen.
Geld hat immer die
Tendenz, in unguter Weise unser Denken zu bestimmen.
Geld hat deshalb
immer auch etwas mit unserem geistlichen Leben zu tun.
Damals, als Jesaja
auftrat, da war das Geld eine noch recht neue Erfindung.
Vorher gab es
Tauschhandel.
Wer etwas gut konnte,
der produzierte mehr als für sich selber nötig.
Und tauschte dann
z.B. Körbe gegen Tonkrüge. Oder Getreide gegen Öl.
Natürlich konnte man
auch Dienstleistungen gegen Waren eintauschen.
Was es noch nicht
gab, was eine Werteinheit, die dazwischen geschaltet wurde.
Geld eben. Geld hat
Vorteile, ohne Zweifel.
Aber die Einführung
von Geld brachte auch Veränderungen:
Geld kann man besser
horten.
Geld macht es
leichter, ganz reich zu werden – oder eben auch, zu verarmen.
Eine Welt, in der
alles berechnet und bewertet wird, die wird berechenbarer -
Und dann auch kalt
und unbarmherzig.
Die Gefahr besteht,
den Anderen nach Nützlichkeit zu bewerten.
Ich gehe so weit, zu
sagen: seit Menschen mit Geld umgehen, wird anders gedacht:
Über den Wert einer
Arbeit – und damit über die Wertschätzung von Menschen.
Nur was Geld
einbringt, wird geachtet, ist etwas wert.
Als ich während des
Vikariates auch einige Grundlagen der Seelsorge gelernt habe, da
haben wir auch Besuche im Krankenhaus gemacht – und die Gespräche
hinterher besprochen.
Um zu lernen, genau
hinzuhören.
Um zu verstehen, was
in solchen Begegnungen zwischen den Zeilen gesagt ist.
Um angemessener auf
Menschen zu reagieren, die in einer Krise stecken.
Eines war mir
besonders eindrücklich:
Immer wieder erlebt
man es, dass Sterbende über Geld reden.
Ob es denn reichen
wird, was man mit seinem Vermögen machen will – ganz
unterschiedlich.
Neu – und dann auch
einleuchtend war mir dies: Die Rede vom Geld ist oft eine Chiffre:
Dahinter steht oft
das Nachdenken über die Lebenszeit, die noch bleibt;
die Kraft, die man
noch hat.
Geld bedeutet uns
viel mehr als nur Geld. Für manche ist es die Mitte des Lebens.
Und deshalb sagt Gott
hier etwas, was unser Denken stört:
Bei
mir bekommt ihr Lebensmittel ohne Geld – umsonst!
Warum
meint ihr, mit Geld satt zu werden? Geld macht nicht glücklich.
Es ist die gleiche
kritische Haltung zum Geld, die wir später auch bei Jesus finden:
„Nehmt
kein Geld mit, wenn ihr zu den Leuten geht“
„Sorgt
euch nicht darum, was ihr essen und trinken sollt. Gott weiß, was
ihr braucht.“
„Steuern?
Gebt dem Kaiser, wo sowieso sein Name drauf steht.“
Jesus sah im Geld ein
im Alltag notwendiges Übel – nicht einen besonderen Segen.
Ja, er nennt das Geld
einen Götzen, der Gott dem Platz im Herzen streitig macht.
„Niemand
kann zwei Herren dienen – entweder Gott oder dem Mammon, dem Gott
Geld“
„Es
ist leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr geht,
als dass ein Reicher ins reich Gottes kommt.“
So hat Jesus über
Geld und Reichtum gedacht.
Warum diese kritische
Haltung?
Weil das Geld uns die
Fähigkeit rauben kann, dass wir uns etwas schenken lassen.
Wer gewohnt ist, für
alles zu bezahlen, der wird im Tiefsten Schwierigkeiten haben, Gott
seine Gnade zu glauben. Der wird die Unsicherheit nie los, ob er am
Ende denn wirklich von Gott geliebt und angenommen ist. Der findet
seinen Frieden mit Gott nicht wirklich.
Der wird andersherum
auch bei jedem Einsatz in der Gemeinde nach Lohn fragen.
Natürlich nicht in
Heller und Pfennig.
Wohl aber darin,
gesehen zu werden bei seinem guten Tun.
Der ist schnell
beleidigt, wenn niemand (außer Gott) seine gute Tat bemerkt hat.
Und solches Gieren
nach Lob vergiftet schnell das Klima in einer Gemeinschaft.
Da wird verglichen,
nachgetragen und vorgeworfen.
Da wird Druck ausgeübt,
Menschen werden verletzt oder fühlen sich beleidigt – und alles,
weil wir im Herzen miteinander umgehen, als müsse alles bezahlt
werden.
Die dringende Bitte
Gottes ist die:
Lasst das Geld nie in
Euer Herz dringen! Es ist doch nur Geld!
Übt Euch in
Bescheidenheit und in Gelassenheit. Sonst ist Euer Herz schnell
besetzt.
Und dann ist es nicht
mehr frei für Gott.
Gott kündigt hier
– wie auch an anderen Stellen – den neuen Bund an:
Es ist der Bund der
Gnade – aufgerichtet in Jesus Christus.
Es ist ja schon eine
rätselhafte Formulierung, wenn es heißt:
Ich
will mit euch einen ewigen Bund schließen,
euch
die beständigen Gnaden Davids zu geben.
Was ist gemeint?
Der Inhalt des neuen
Bundes ist Gnade. Gratia in lateinisch
Gratis! Der Bund ist ein Geschenk –
Ohne wenn und aber.
Bei Gott müssen wir nichts leisten.
Hier brauchen wir nur
anzunehmen. Und das ist genug.
Jeder Versuch, zur
Gnade Gottes noch selber etwas dazuzufügen – irgendeine gute
Leistung – ist Ausdruck des Misstrauens gegen diesen Bund.
Jesaja beschreibt
dann schlicht und für Bibelleser sehr eindeutig, was in dem neuen
Bund geschehen wird:
Siehe,
ich habe ihn den Völkern zum Zeugen bestellt,
zum
Fürsten für sie und zum Gebieter.
Siehe,
du wirst Heiden rufen, die du nicht kennst,
und
Heiden, die dich nicht kennen, werden zu dir laufen
um
des HERRN willen, deines Gottes,
und
des Heiligen Israels, der dich herrlich gemacht hat.
Das ist Jesus. Er ist
der neue Bund in Person.
Was Jesaja angesagt
hat, das ist eingetreten in Jesus.
Darum hören wir
heute eine herzliche Einladung.
Nehmen wir den Bund
an, der in Jesus geschlossen ist. Sagen wir Ja!
Auch wenn´s uns
nichts kostet. Es ist kein Haken dran.
Es ist wirklich
gratis – reines Geschenk
Amen.
Björn Heymer
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