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Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31 Ev. Philippusgemeinde Köln Raderthal Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31
 

Predigt am 7. Juni 2007  über 1. Mose 16  (Welcome, Kirchentag)  -
 
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Ihr Lieben,

da stehen zwei Männer nach Feierabend in der Kneipe am Tresen.

Nach dem dritten Kölsch fragt der Eine:

A: Sag mal, wozu machen wir das eigentlich alles?

B: Was?

A: Na, die ganze Plackerei jeden Tag.

B: Du stellst Fragen! Um Geld zu verdienen, natürlich.

A: Und – wozu? Ich mein, wozu sind wir überhaupt auf der Welt?

B: Is doch logisch: um Kinder zu kriegen. Es muss doch weitergehen.

A: Und die? Wozu sind die dann da?

B: Na ja, für unsere Rente.

A: Und dann?

B: Tja, auch wieder, um Kinder zu kriegen.

A: Und die?

Und so weiter, und so weiter.

Welchen Sinn hat das Ganze? Reicht es, dafür zu sorgen, dass es weitergeht?

Reicht es, irgendwann zu heiraten, Kinder zu kriegen, die auch wieder Kinder haben?

Leben, damit es weitergeht mit dem Leben - Reicht uns das?

Irgendwie doch nicht, oder?

Was ist nötig, damit Menschen ihr eigenes Leben als lohnend empfinden?

Damit sie wirklich sagen können: Ich lebe! Gern und sinnvoll.

Der Besuch bei einem schwedischen Möbelhaus reicht dazu sicher nicht.

Es sind drei Dinge, die Menschen brauchen, um ihr Leben als sinnvoll zu erleben:

Menschen wollen 1. ohne Vorbehalte angenommen sein

Menschen wollen 2. eine sinnvolle Aufgabe; sie wollen gebraucht werden

Menschen streben 3. nach Sicherheit, wohin die Reise einmal geht

Und zwar wird ein Leben dann als sinnvoll erlebt, wenn von allem etwas dabei ist.

Wenn nur eins fehlt, wird das Leben schnell öde.

Du kannst in guten Beziehungen leben, Freunde haben, vielleicht einen Lebenspartner –

Echt gut, aber: ohne Aufgaben, ohne Erfolgserlebnisse fehlt dir was.

Oder du hast einen wirklich erfüllenden Beruf, in dem du echt was kannst.

Wenn keiner da ist, mit dem du dein Glück teilen kann, dann kommt irgendwann die Krise.

Und auch das ist wahr: Alles, was gelingen mag im Leben, macht einen erst dann zufrieden, wenn man weiß, wohin man strebt. Wenn man ein Ziel hat.

Hagar war eine ägyptische Sklavin im Zelt des Wüstenfürsten Abraham.

Und damit war sie ein Niemand.

Sie hatte nur ihre Arbeit. Was ihr fehlte, war der Respekt für die Person.

Und eine tragfähige Hoffnung für ihre Zukunft hatte sie auch nicht.

Das – könnte man ja denken, kam, als sie ihrem Chef das ersehnte Kind geboren hatte.

Trotzdem – Respekt und Anerkennung bekam sie nicht.

Dabei gehört es zur Würde jedes Menschen, dass er Antworten bekommt auf die Grundfragen des Lebens: Zu wem gehöre ich wirklich dazu?

Was ist meine ganz besondere Aufgabe im Leben?

Und: Wohin läuft mein Leben?

Wenn die drei Fragen gut zu beantworten sind, dann ist ein Leben nie umsonst.

Und genau das hat der Gott der Bibel für Menschen bereit.

Das können wir an der Geschichte von der Sklavin Hagar sehen.

Und dann machte sie eine einzigartige Erfahrung mit dem Gott Abrahams.

Diese Erfahrung war so überraschend, dass einer der Namen Gottes daraus entstand:

El Roe – der Gott, der einen sieht!

Wenn ich meinen vierjährigen Sohn Till anschaue und ihm aufmerksam zuhöre, dann strahlt über das ganze Gesicht. Dann weiß er: meine ganze Aufmerksamkeit gilt ihm.

Diese Erfahrung machte Hagar in der Krise ihres Lebens. Als sie absolut am Tiefpunkt war.

Als sie nur noch sterben wollte.

Hagar hatte es nicht leicht in ihrem Leben. Das haben wir eben schon gehört.

Sie lebte getrennt von ihrer Familie und Kultur.

Natürlich glaubte sie nicht an den Gott ihres Dienstherren. Warum sollte sie auch?

Es war nicht ihrs.

Und vermutlich standen ihr die Erfahrungen mit Sarah und Abraham auch echt im Weg.

Und Hagar war unfrei – und das klingt nur harmlos.

Das war demütigend, hart und erlaubte ihr keine Perspektive.

Und dann wurde sie schwanger, aber der Vater ihres Kindes war nicht ihr Mann.

Sie war so etwas wie eine Leihmutter – nur, ohne sich freiwillig dafür entschieden zu haben.

Und wer fragt nach mir? Wer kümmert sich darum, wie es mir geht?

Und weil sie sich als Antwort nur Niemand! vorstellen konnte, darum ging sie weg.

Die Flucht in die Wüste war für Hagar der Ausdruck schierer Verzweiflung.

Hagar ist die Frau, die tief verletzt wurde in ihrem Frausein. Die tief verletzt wurde in ihrem Recht darauf, eine eigene Person zu sein, mit eigener Geschichte und mit Freiheit. 

Die Wüste – das ist das äußere Sinnbild für ihre innere Lage.

In der Wüste allein zu fliehen, ohne Wasser und Nahrung – das war Selbstmord.

Hagar hatte an diesem Punkt ihr Leben aufgegeben.

Das Einzige, was sie noch suchte, war der Tod.

Und da begegnete sie Gott. Nicht, dass sie ihn gesucht hätte – er trat ihr in den Weg.

„Er hat mich gesehen“ – so beschrieb sie dann ihre Grunderfahrung mit Gott.

Sie fand sich wieder an einer Wasserstelle.

An einem Ort der Ruhe, der Erfrischung und Rettung

Und dort, an der Quelle, sprach ein Bote Gottes sie an:

„Hagar, Sklavin Sarahs, woher kommst Du und wohin gehst Du?“

Gott gibt Hagar genau das, was ihr bis dahin gefehlt hatte:

Sie wird mit ihrem Namen angesprochen. Hagar!

Den Namen auszusprechen – das ist so etwas wie der Blickkontakt.

Das deutliche Signal: „Du bist gemeint!“

Gott kennt auch den, der von ihm noch gar nichts weiß!

Und dann fragt er sie: „Woher kommst Du? Was liegt hinter Dir? Wie geht es Dir?“

Und spricht mit ihr über ihre Zukunft: „Wohin gehst Du? Was erwartest Du?“

So ist Gott: Er gibt Hagar genau das, was in ihrem Leben gefehlt hat:

Er interessiert sich für ihre Vergangenheit und für ihre Zukunft.

„Wirf Dein Leben nicht weg. Es ist doch jemand da, der sich für Dich interessiert.

Dafür, was Dich geprägt hat. Was Du mit Dir schleppst. Und der eine Zukunft für Dich hat.“

Der Engel Gottes fragt Hagar ja nicht einfach so. Er weiß die Antwort längst.

Aber er lässt Raum, dass Hagar erzählen kann. Und das tut sie dann auch.

Wenn heute einer zu Gott kommt, dann findet er erstmal ein offenes Ohr –

Wer bist Du? Was bringst Du mit – an Erfahrungen, auch an Wunden und Narben?

Erzähl es mir, sagt Gott.

Und erst danach kommt die Wegweisung:

„Hagar, das, was Du mit Deinem Leben vorhast, ist ein Irrweg. Jetzt gehst Du mit Dir unbarmherzig um – weil man so mit Dir umgegangen ist. Und das ist nicht gut!

Du musst umkehren, wenn Du leben willst.“

Das hört ja erstmal keiner gern. Sind wir nicht frei? Ist es nicht o.k., wie wir leben?

Hagar jedenfalls war auf einem falschen Weg. Auf einem Weg, der in den Tod führte.

Und Gott will nicht den Tod – nicht den von Hagar, und auch nicht den Tod von irgend jemand sonst.

Gott will, dass Menschen leben. Dass sie ihr Leben als erfüllt und sinnvoll erleben.

Manchmal ruft er deshalb zur Umkehr. Wenn etwas schief ist im Leben von Menschen.

Für Hagar war die Begegnung mit Gott auf den ersten Blick eine Zumutung.

„Geh zurück ins Zelt deiner Sklaverei. Bring dieses Kind zur Welt.“

Und dann verspricht Gott etwas:

„Ich will aus Deinem Nachkommen ein großes Volk werden lassen.

Die Befürchtung, die Du hast, kenne ich. Sie wird nicht eintreffen.“

Gott ermutigt Hagar zur Umkehr, weil er aus ihrem Leben etwas machen will.

Gott kann sogar aus unserem Schmerz etwas Gutes werden lassen!

Gleich zwei Namen, die jetzt vergeben werden, drücken dies aus:

Das Kind der Hagar soll Ismael heißen: „Gott, der hört. Gott, der hinhört.“

Und Hagar erkennt und bekennt: Dieser Gott ist der Gott, der mich sieht. Ich nenne ihn El- Roe! Gott, sieht mich an. Was für ein Satz!

Wer sich von Gott finden lässt, der findet das Leben. Auch und gerade in Krisen.

Von Sören Kirkegaard stammt der Satz: „Gott vermag es, selbst aus unseren Fehlern das noch Größere, das noch Bessere zu machen, als unser vermeintlich Richtiges gewesen wäre.“

Amen.

Björn Heymer