Predigt am 17.05.2007 über
Matthäus 14, 13 - 21 -
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Als
Jesus von der Hinrichtung des Täufers Johannes hörte, fuhr er von
dort weg in einem Boot in eine einsame Gegend allein. Und als das
Volk das hörte, folgte es ihm zu Fuß aus den Städten. Und Jesus
stieg aus und sah die große Menge; und sie jammerten ihn, und er
heilte ihre Kranken. Am Abend aber traten seine Jünger zu ihm und
sprachen: Die Gegend ist öde, und die Nacht bricht herein; lass das
Volk gehen, damit sie in die Dörfer gehen und sich zu essen kaufen.
Aber Jesus sprach zu ihnen: Es ist nicht nötig, dass sie fortgehen;
gebt ihr ihnen zu essen. Sie sprachen zu ihm: Wir haben hier nichts
als fünf Brote und zwei Fische. Und er sprach: Bringt sie mir her!
Und er ließ das Volk sich auf das Gras lagern und nahm die fünf
Brote und die zwei Fische, sah auf zum Himmel, dankte und brach's
und gab die Brote den Jüngern, und die Jünger gaben sie dem Volk.
Und sie aßen alle und wurden satt und sammelten auf, was an Brocken
übrigblieb, zwölf Körbe voll. Die aber gegessen hatten, waren
etwa fünftausend Mann, ohne Frauen und Kinder.
Was war da los? Ein
Wunder!
Aus fünf
Fladenbroten und zwei gebratenen Fischen wurde mehr. Viel mehr.
Eine riesige
Menschenmenge wurde satt – und es blieben noch reichlich Reste übrig.
Körbeweise.
Manche sagen: da
haben etliche dann doch ihre Vorräte unter dem Hemd hervorgezogen
– und auf einmal brüderlich geteilt.
Nur: Wäre das
wirklich wert gewesen, als ein Wunder erzählt zu werden?
Zumindest die Zeugen,
die später davon erzählt haben, sie haben es offenbar anders
erlebt.
Deshalb lohnt es
sich, noch einmal genauer hinzuschauen:
Was wird her
berichtet? Einige Entdeckungen:
Die erste Entdeckung:
Jesus steckte gerade
mitten in der wohl heftigsten Krise seines Lebens (vor der Passion).
Erst war da die
Ablehnung seiner Predigt in Nazareth; dort, wo er aufgewachsen ist.
Seine alten Nachbarn
hatten die Steine schon in den Fäusten, mit denen sie ihn als Verführer
zu Tode bringen wollten. Dazu kam es so gerade eben doch nicht.
Und dann er davon,
dass Johannes, sein Freund und geistlicher Begleiter geköpft wurde
–
aus einer Partylaune
heraus.
Jesus war überzeugt,
dass Johannes in prophetischer Vollmacht predigte – so, wie er es
nun gerade selber auch anfing.
Und nun hatte
Johannes das Schicksal vieler Propheten erlitten. Er wurde brutal
ermordet –
weil der so mutig
war, die Wahrheit zu sagen.
Wie in einem Spiegel
sah Jesus, was auf ihn selber zukam.
Und ausgerechnet
jetzt strömen die Massen zu ihm.
Sie bringen ihm ihre
Probleme – Kranke, Besessene. Und sie wollen von Gott hören.
Hilfesuchende können
so rücksichtslos sein!
Heilung, Kampf gegen
Dämonen, Verkündigung in Vollmacht – all das kostet Kraft.
Es ist nicht zu viel,
wenn wir annehmen:
Als die Jünger zu
ihm kamen, war Jesus alle. Total erschöpft.
Und da kommen seine Jünger
zu ihm und legen ihm noch ein Problem vor.
Was
denn noch? Reicht es nicht irgendwann?
Dabei erwarten sie
von Jesus gar nicht viel.
Sie haben selber
einen vernünftigen Vorschlag. Eigentlich haben sie alles im Griff.
Das Problem ist schon
gelöst. Jesus soll ihnen helfen – mit dem Gewicht seiner Stimme.
Schick
sie los, dass sie sich kümmern.
Dann
wäre doch allen gedient.
Das ist doch das Nahe
– Liegende.
Eine gute Lösung?
Alles sieht nach Mangel aus. Also - Ende der Veranstaltung.
Wir
verzichten auf die Fortsetzung der schönen Gemeinschaft, in der wir
alle die Zeit vergessen haben. Jeder geht wieder seinen Weg –
anderes ist nicht mehr drin.
Wenn diese Geschichte
ein Spiegel auch der Wirklichkeit von Kirche ist, dann klingt der
Vorschlag der Jünger so wie die Pragmatiker der Gegenwart:
Die Kirchensteuern
gehen zurück, es wird Abend in unserer Kultur.
Also ist geordneter Rückbau
angesagt.
Wenn das Geld nicht
mehr da ist, wird eben zugemacht.
Selbst, wenn Arbeit
genug zu tun wäre.
Diese Jünger haben
nicht gefragt, sondern aus dem Eigenen eine Lösung gestrickt.
Und was tut Jesus?
Er sagt „Nein“ zu diesem gut gemeinten Vorschlag. Ohne aber „Nein“
zu ihnen zu sagen!
Jesus traut seinen Jüngern
offenbar mehr zu – als sie sich selber.
„Gebt
ihr ihnen zu essen!“
Das war neu! Diese
Geschichte ist das erste Mal, dass Jesus die Jünger machen lässt.
Liegt es daran, dass
er selber ausgepowert war? Oder sieht er hier eine Chance, dass die
Jünger etwas lernen können, indem sie etwas wagen?
Warum auch immer –
aus den Hörern, die das Tun vom Meister erwarten, werden Täter.
Nachfolge Jesu hat
sehr bald auch was mit Anpacken zu tun.
Und darauf liegt eine
Verheißung: Wer mitmacht, kann was erleben.
Mehr als die
Zuschauer!
Für mich die zweite
Entdeckung in der Geschichte:
Es ist gar nicht
Jesus, der hier ein Wunder wirkt!
Er lässt nicht Brot
vom Himmel regnen – wie das Manna in der Wüste.
Er sagt auch nicht zu
den umliegenden Steinen, sie sollen Brot werden.
Jesus tut etwas ganz
Normales:
Er nimmt das Wenige,
was da ist – und dankt Gott.
Und dann gibt er das
Brot in die Hände der Jünger.
Und jetzt löst sich
die ganze Last des Problems auf.
Alle werden satt –
und es bleibt sogar noch reichlich übrig.
Im gehorsamen Handeln
der Jünger geschieht das Wunder.
Es wird nicht erklärt
– und das ist auch nicht wichtig.
Es ist nicht sicher,
ob die Masse der Leute überhaupt mitbekommen hat, was da passierte.
Anders als sonst fehlt hier eine Bemerkung über die Reaktion der
Menge.
Niemand entsetzt sich
– oder bricht in Jubel aus.
Wer weiß –
vielleicht haben es nur die Jünger begriffen – oder soll ich
sagen: geglaubt?
Das Wunder ist
geschehen – davon bin ich überzeugt.
Trotzdem: Darauf, auf
ein Spektakel gründe niemand sein Leben.
Wir sind eingeladen,
zu glauben – nicht an Wunder, sondern an Jesus.
Glauben heißt auch:
damit rechnen, dass wir über unsere Grenzen hinauswachsen.
Wenn wir mehr auf
Jesus hören als auf unsere Möglichkeiten.
Dann entstehen große
Dinge aus Glauben -
Eine Frau erzählte
mir gestern, wie sie eine ganz ähnliche wunderbare Vermehrung
erlebt hat:
Sie hatte eine Fahrt
einer Gemeindegruppe nach Ungarn zu leiten –
und musste mit
Schrecken kurz hinter der Grenze erkennen:
Aufgrund falscher
Zahlen hatten sie sich total verkalkuliert. Wenn es so weiterlaufen
würde, wäre die Reisekasse nach drei Tagen aufgebraucht – was
dann?
Sie haben gebetet –
und dann erlebt, wie
ihr weniges Geld mit jedem Kilometer ihrer Reise mehr wert wurde.
Am Ende konnten sie
eine große Summe als Spende in einer armen Gemeinde lassen.
„Also,
seither zweifle ich keinen Moment an dieser Speisung der 5000.“
Klar, das kann man
auch anders, auch ohne Gottes Eingreifen erklären.
Vermutlich hat Hörer
3756 irgendwo auf dem Rasen auch nicht mitbekommen, woher das Brot
kam.
Er wurde satt und das
reichte ihm.
Nur: darum ging es
nicht!
Alle, wie sie da
waren, die von dem Brot gegessen hatten, kriegten auch wieder
Hunger.
Eine Menge einmal
satt machen – das verändert nicht wirklich etwas.
Insofern hatte jener
Handwerker doch recht, der vor 1400 Jahren ein Mosaik legte.
Für den Boden einer
Kirche, die heute wieder am Nordufer des Sees Genezareth steht:
Das Mosaik zeigt zwei
Fische und einen Korb mit Brot. (Teller
zeigen)
Nur – wenn man die
Brote im Korb zählt, dann sind es nur vier – nicht fünf.
Wir können es nur
vermuten, warum dieser Künstler es so dargestellt hat.
Als die Kirche vor
vierzig Jahren neu errichtet wurde, da platzierte man das Mosaik
direkt unter die Altarplatte. Das fünfte Brot – so soll man es
sehen – das liegt auf dem Tisch.
Es ist die
Gemeinschaft im Brot, die durch die Jahrhunderte geheimnisvoll
weiter geht.
Die bis zu uns
reicht. Das Wunder der Brotvermehrung geht weiter.
Wir sind eingeladen,
nicht mehr Zuschauer einer lang zurückliegenden Geschichte zu
bleiben.
Wir dürfen mit Platz
nehmen auf dem Rasen –
neben den Vielen, die
mit ihrer Sehnsucht zu Jesus gegangen sind.
Die Vermehrung des
Brotes kann und will bis zu uns reichen.
Der Evangelist
Johannes schließt an die Speisungsgeschichte die Rede Jesu vom Brot
des Lebens an. Nur wer von diesem Brot isst, der wird leben in
Ewigkeit.
Es geht nicht gut,
wenn einer versuchen will, sein Leben auf Wunder zu gründen.
Wer sein Leben auf
Christus gründet, der wird Wunder erleben – so rum stimmt es.
Konkret heißt es
hier:
Raus aus der
Zuschauerrolle, weg von dem gelegentlichen mal Mitessen.
Auf Jesu Ruf hin
etwas zu wagen – in der Gemeinde mitmachen.
Natürlich auch mit
den eigenen Ideen.
Vor allem sollten wir
lernen, auf Jesus zu hören. Und dann zu tun, was wir gehört haben.
Wo immer Menschen
sich darauf einlassen, werden sie Wunder erleben.
Amen!
Björn Heymer
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