Predigt am 9.04.2007 (Ostern) über Jesaja
25, 6- 10 -
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Glauben, das heißt:
ständig eine Spannung aushalten.
Wir bauen unser Leben
auf etwas, was wir nicht sehen.
Und wer die Ohren
aufmacht, der kann dauernd die Frage hören:
Weshalb
hältst Du noch fest an diesem Glauben? Wo ist Dein Gott?
Ist
er nicht der ganz große Verlierer?
Und nicht selten
tragen wir die Frage ja auch in uns:
Hat
Gott uns nicht vergessen? Hört er auf Gebete?
Oder
bilden wir uns das alles nicht nur ein?
Wir glauben – und
zugleich zweifeln wir daran, dass dieser Glaube uns wirklich trägt.
Vielleicht, weil wir
zu selten in Situationen sind, wo wir Gott wirklich brauchen.
Kommen wir doch
eigentlich im Alltag auch ganz gut ohne ihn aus.
Ein Zitat aus dem
Magazin der Süddeutschen Zeitung lässt mit aufhorchen:
„Wenn
der Satz Jesus lebt geglaubt würde, müssten den Christen
eigentlich Flügel wachsen, die Gemeinden müssten vor Kraft
strotzen, ihre begeisterten Mitglieder müssten an Ostern durch die
Straßen rennen und jedem ins Ohr brüllen: Gott lebt! Wirklich, er
lebt!
Stattdessen
stehen sie mit allen anderen im Stau auf der Autobahn.“
Stimmt! Beides
stimmt! Wenn Jesus lebt, dann müsste es in meinem Glauben doch
anders sein. Und es stimmt auch: wir reihen uns ein in den
Ostereiseverkehr wie alle Anderen.
Nicht einmal Ostern
hat die Kraft, uns als Gemeinde zusammenzubringen.
In uns Festfreude zu
wecken.
Oder gar uns hin zu
den Menschen zu treiben, die Jesus nicht kennen.
Ja, eigentlich müsste
es doch so sein – aber…! Wir stecken so voller Abers! Wir
denken,
- dass uns die Flügel
lahm geworden sind,
- dass uns das Wort
im Hals stecken bleibt
- und dass wir schon
froh sind, wenn die Gemeinde so eben über die Runden kommt.
So ist es. Wir fühlen
uns nicht stark.
– angesichts der
Kraftlosigkeit unseres Glaubens.
- angesichts der
vielen ach so guten Argumente, die uns in den Ohren klingen,
und die uns von Gott
nicht wirklich etwas erwarten lassen.
Wenn ich besser
singen könnte, dann würde ich jetzt ein Lied anstimmen.
Nicht ein Lied der
Klage und des Verständnisses.
Sondern ein Lied, das
Hoffnung macht und den Blick heben lässt.
Der Text würde etwa
so lauten:
„Seht
auf und erhebt eure Häupter, weil sich Eure Erlösung naht.“
(Singen wir das als
Kanon?)
Es ist wohl so, dass
die Hoffnungslosigkeit das Volk Gottes schon immer befallen hat.
Und wie damals, als
die Vorfahren in Ägypten unter der Sklaverei litten, kamen sie
selber nicht auf die Idee, wie das zu ändern wäre.
Gott selber ergreift
die Initiative. Er sendet Menschen zu seinen Leuten.
Menschen, die zum
Glauben ermutigen – in seinem Auftrag, in seiner Vollmacht.
Bei Jesaja klingt das
Lied der Ermutigung so:
Und
der HERR Zebaoth
wird
auf diesem Berge allen Völkern ein fettes Mahl machen,
ein
Mahl von reinem Wein, von Fett, von Mark, von Wein, darin keine Hefe
ist.
Und
er wird auf diesem Berge die Hülle wegnehmen,
mit
der alle Völker verhüllt sind,
und
die Decke, mit der alle Heiden zugedeckt sind.
Er
wird den Tod verschlingen auf ewig.
Und
Gott der HERR wird die Tränen von allen Angesichtern abwischen
und
wird aufheben die Schmach seines Volks in allen Landen;
denn
der HERR hat's gesagt.
Zu
der Zeit wird man sagen:
»Siehe,
das ist unser Gott, auf den wir hofften, dass er uns helfe.
Das
ist der HERR, auf den wir hofften;
lasst
uns jubeln und fröhlich sein über sein Heil.«
Denn
die Hand des HERRN ruht auf diesem Berge.
Zwei der Sätze
dieses Liedes beginnen mit dem Wort „denn“!
Sie liefern die Begründung
dafür, dass Jesaja seinem Volk sagen kann:
Fasst
neuen Mut. Werft Euer Vertrauen nicht weg.
Denn
Jahwe, der Herr hat es gesagt.
Das ist der erste
Begründungssatz.
Glauben ist nicht ein
Sich selber einreden, dass es noch Hoffnung gäbe.
Glauben, dass der Tod
besiegt ist, das können wir nicht aus eigener Kraft.
Sondern wir dürfen
uns anschließen an die Schar der Glaubenden, weil Gott redet.
Jesus ist nicht
auferstanden – er ist auferweckt worden. Auferstanden durch Gottes
Wort.
So wie am Anfang der
Schöpfung: Gott spricht – und es wird Licht.
Hier: Gott ruft den
Toten ins Neue Leben – und das Grab bleibt leer zurück.
Das ist ganz und gar
Gottes Handeln.
Nicht Jesaja konnte
sein Volk ermutigen, sondern Gott selber tut es – durch Sein Wort.
Sein Wort – das
meint: Er redet.
Menschen sind immer
nur Werkzeuge in der Hand Gottes.
Der andere Denn -
Satz ist dieser: Denn die Hand
des HERRN ruht auf diesem Berge
Wenn Gott seine Hand
auf etwas legt, dann bedeutet das zweierlei:
Zunächst einmal: Er
nimmt etwas in seinen Besitz.
Und wenn Er einen Ort
oder ein Volk oder einen Menschen aus den Völkern in Besitz nimmt,
dann sorgt Er auch dafür.
Das dürfen wir
getrost durchbuchstabieren:
Gott hat Jerusalem in
Besitz genommen. Das gilt konkret für einen Ort auf dieser Erde.
So ganz egal ist es
nicht, wo auf der weiten Welt wir uns gerade befinden.
Wer einmal dort sein
konnte – seinen Blick auf den Tempelplatz hat werfen dürfen,
der mag spüren:
Hier ist etwas Besonderes.
Seit der alten Zeit
ist Jerusalem umkämpft – und bis heute ist es so.
Und immer hat Gott
diesen Ort nicht fallen gelassen.
Ob es uns passt oder
nicht –
das Fest für alle Völker
am Ende der Zeiten wird eben nicht irgendwo sein.
Es wird in Jerusalem
gefeiert werden.
Dieser eine Berg –
unbedeutend in den Augen der Menschen, weil er so niedrig ist –
ist der Wohnort Gottes auf Erden.
Wer in der Landschaft
zu lesen versteht, der erkennt in dieser Wahl etwas vom Wesen
Gottes.
Die Menschen der
Antike haben ihre Götter immer auf den höchsten Bergen verehrt.
Das ist ganz natürlich
und menschlich. Gott ist oben – wir sind unten.
So empfinden Menschen
aller Zeiten und Kulturen es.
Nur der Tempelberg in
Jerusalem ist anders.
Er ist umgeben von höheren
Bergen.
Wenn Gott sich gerade
diesen Berg ausgesucht hat, dann sagt Er damit:
Ich
bin nicht fern von meinen Leuten. Ich bin nahe, erreichbar.
Gott will inmitten
des Volkes wohnen – nicht fernab und unerreichbar.
Gott hat seine Hand
auch auf sein Volk gelegt. Und es damit in Besitz genommen.
Im 5. Mosebuch heißt
es einmal an Israel so:
Du
bist ein heiliges Volk dem HERRN, deinem Gott. Dich hat der HERR,
dein Gott, erwählt zum Volk des Eigentums aus allen Völkern, die
auf Erden sind. Nicht hat euch der HERR angenommen und euch erwählt,
weil ihr größer wäret als alle Völker - denn du bist das
kleinste unter allen Völkern -, sondern weil er euch geliebt hat.
5. Mose 7,6-8
An dieser Erwählung
hält Gott fest – egal, was sein Volk tut.
Gott sorgt sich um
dieses Volk besonders.
An Israel sollen alle
Menschen erkennen können, dass Gott es gut meint mit den Menschen.
Von Israel sollte der
Heilsbringer für alle Menschen kommen – und ist in Jesus
gekommen.
Aus Israel wuchs die
Kirche.
Fast alle Autoren des
Neuen Testamentes waren geborene Juden.
Und dass die Weg von
Israel und christlicher Kirche getrennt haben und dann zu einem
schmerzhaften und schuldhaften Gegeneinander wurde, das ist nicht
Gottes Wille.
Paulus konnte
schreiben: Gern würde ich selber mein Heil verlieren, wenn dadurch
Juden den Messias erkennen würden – natürlich eine unmögliche Möglichkeit.
Aber gerade so macht
er seine innere Haltung deutlich.
Paulus ringt darum,
dass Juden Jesus annehmen –
weil das die Erfüllung
jüdischen Glaubens ist.
Gott hat seine Hand
auf Israel gelegt – und daran hält Er fest.
Gott hat aber auch
seine Hand auf einen jeden gelegt, der in Seinem Namen getauft
wurde:
Auf Dich und mich.
Auf jeden hier im Raum.
Deshalb dürfen wir
das für uns hören, was Jesaja vor so langer Zeit seinen Leuten
sagt:
Auch
dein Tod ist verschlungen in dem Sieg von Golgatha.
Auch
Du gehörst zu denen, denen nichts mehr passieren kann, was Dich von
Gott trennen würde.
Auch
Deine Tränen sind gezählt. Auch sie werden abgewischt werden.
Gott
sieht Dich freundlich an.
Seine
Hand ruht auf Dir.
Und es ist eine
segnende Hand, die Gott ausstreckt.
Gott sorgt für uns
wie für sein Volk.
Sei
Du nur getrost und ruhig in ihm.
Er
weiß die Antwort, die Du noch suchst.
Er
wird Dich tragen, wenn Du selber nicht mehr kannst.
Deshalb können wir
feiern. Lasst uns und fröhlich sein über sein Heil.
Das sagt Jesaja
Menschen, denen es sicher noch viel elender ging als uns heute.
Ja, mit Tränen in
den Augen sollen wir Freudengesänge anstimmen.
Weil unser Heil nicht
an unserer Kraft hängt.
Weil unsere Zukunft
in Gottes Hand liegt.
Was kann uns Besseres
passieren als das?
Amen.
Björn Heymer
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