Predigt am 06.04.2007 (Karfreitag) über
Matthäus 27, 33 - 50 -
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„Als
er gemartert ward, litt er doch willig und tat seinen Mund nicht auf
wie ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird; und wie ein Schaf,
das verstummt vor seinem Scherer, tat er seinen Mund nicht auf.“
Jesaja 53,7
So hat der Prophet
Jesaja das Leiden des Sohnes Gottes vorhergesagt –
und ziemlich genau so
ist es gekommen.
Das duldende
Schweigen, die Passivität Jesus – das rührt mich am meisten an.
Es ist unfassbar: das
ganze Grauen dieses dunklen Tages.
Und Jesus mitten drin
– und er tut nichts. Er schweigt. Erträgt den Spott,
lässt sich nicht
provozieren, als sie ihm seine eigenen Sätze verdreht vorhalten:
Hast
Du nicht gesagt: Den Tempel reiße ich ab und baue ihn neu – nun
zeig, was Du kannst.
Das musste schmerzen
– weil Jesus genau mit dieser Frage gerungen hat:
Wo
bist Du, Gott?
Die Zeugen der
Hinrichtung konnten das nicht fassen:
Weshalb
passiert hier nichts? Warum greift Gott nicht ein?
Warum
lässt dieser Jesus das alles mit sich machen?
Der Karfreitag ist
der Tag der Ohnmacht Gottes – so muss es aussehen, oder?
Wie kann in dieser
unfassbaren Wehrlosigkeit der Wille Gottes verborgen sein?
Die Gegner
triumphieren – die Freunde schweigen.
Und Jesus stirbt. Der
Himmel öffnet sich nicht – keine Stimme ruft Halt!
Niemand greift ein
und beendet dieses Grauen.
Das ist so gegen jede
menschliche Vorstellung von Gott, so gegen jede Erwartung.
Niemand hätte sich
das ausgedacht.
Kann darin, in dieser
Niederlage der Grund gelegt sein für ein Festhalten an Hoffnung?
Nein! Wenn der
Schmerz alles wäre, dann nicht.
Es mag trösten, dass
Jesus so tief herabgeführt wurde, dass keine Schmerzen ihm fremd
sind.
Dass wir Jesus
deshalb an der Seite wissen dürfen, auch wenn es uns unerträglich
scheint.
Nur: ohne den
Ostermorgen bleibe es die Niederlage.
Der Sieg ist nicht am
Kreuz errungen – ebenso wenig wie mit dem Einreißen des alten
Tempels schon der Neue sichtbar wäre.
Am Todestag stirbt
Jesus ganz – und wer sich an ihn hängt, der stirbt mit.
Schreckliche
Ereignisse, von denen berichtet wird. Und wieder die Frage:
Was hat uns das zu
sagen? Warum hören wir das heute?
Bei Johannes sagt
Jesus einmal über das Werk des Geistes Gottes:
„Und
wenn der Heilige Geist kommt, wird er der Welt die Augen auftun über
die Sünde und über die Gerechtigkeit und über das Gericht.“
Ohne den Geist Gottes
sehen wir auf Golgatha die Niederlage der Menschlichkeit, das
Scheitern der Gewaltlosigkeit, den Schmerz der Einsamkeit und des
Unverstanden-Seins.
Ohne den Geist Gottes
stirbt an diesem Tag die Hoffnung – vielleicht zuletzt, aber sie
stirbt.
Erst wenn der Geist
Gottes uns die Augen öffnet, können wir erkennen:
1. Was Sünde ist:
dass wir nicht Zuschauer auf Golgatha sind, sondern Mittäter.
Alles, was wir tun,
denken und entscheiden, was nicht aus der Beziehung zu Gott
geschieht – ist wie ein weiterer Hammerschlag auf einen der Nägel,
die Jesus ans Kreuz heften.
Karfreitag erkennen,
das heißt: Wenn niemand sonst – allein mein Leben mit all seinen
Verirrungen, mit den Fehlentscheidungen und falschen Taten hätte
seinen Tod nötig gemacht. Weil Gott nicht Ruhe lässt, bis ich mit
ihm versöhnt bin – deswegen stirbt Jesus.
2. Der Heilige Geist
öffnet uns die Augen für die Gerechtigkeit –
Wo ist etwas zu
entdecken von Gerechtigkeit in diesem schreienden Unrecht?
Ehrlich – in diesem
Moment nichts. Im biblischen Denken ist Gerechtigkeit keine
Zustandsbeschreibung, sondern ein Tatwort. Genauer übersetzt heißt
es: Gerechtmachung.
Gott handelt auch am
Karfreitag – noch verborgen, aber unaufhaltsam.
Hier lässt Er es
geschehen, was geschieht, damit der Machterweis der Auferweckung
unmissverständlich geschieht – wenig später. Karfreitag ohne
Ostern wäre unerträglich.
Und 3. das Gericht
– auch dafür öffnet der Geist Gottes die Augen.
Gericht bedeutet im
Horizont der Bibel immer:
es wird wieder
richtig gemacht, was falsch war.
Was hier geschieht,
das ist die Vorbereitung der größten Niederlage im Weltendrama:
Der Fürst dieser
Welt, der Widersacher Gottes, der alles zum Tod führt, er ist
besiegt.
Er wird gerichtet –
und verurteilt – und entfernt aus der Gegenwart Gottes.
Das geschieht im
Sterben von Jesus.
Das erkennt wirklich
nur der Glaube, geleitet durch den Geist Gottes.
Wir schweigen unter
dem Kreuz – angesichts des Sterbens unseres Herrn.
Aber indem wir das
bekennen: Jesus ist unser Herr – bekennen wir ja auch:
wir halten den
Hingerichteten für den Sieger – für den Lebendigen, den Gott
auferweckt hat.
Nur deshalb feiern
wir das Mahl des Herrn miteinander.
Jesus war zu allen
Zeiten gegenwärtig im Brotbrechen.
Auch dafür öffnet
der Geist Gottes die Augen.
Der Gekreuzigte lebt
– heute und in alle Ewigkeit. Das ist unsere Hoffnung.
Amen!
Björn Heymer
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