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Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31 Ev. Philippusgemeinde Köln Raderthal Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31
 

Predigt am 06.04.2007 (Karfreitag)  über  Matthäus 27, 33 - 50  -
 
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Ihr Lieben,

„Bestrafe einen und erziehe hundert“ – das war einer der brutalen Grundsätze von –

Mao tse Tung, dem großen Vorsitzenden der chinesischen Version des Kommunismus.

Todesurteile, Hinrichtungen bewirken viel mehr, wenn sie öffentlich stattfinden.

Das wussten die Römer wie alle Gewaltherrscher der Weltgeschichte.

Und so war die Tötung dieses Wanderpredigers aus Galiläa gedacht:

Nicht so sehr als eine Strafe – wofür auch?

Vielmehr als eine Demonstration der Macht.

Als eine Warnung an alle, die sich so etwas schwer Greifbares leisteten wie Hoffnung.

Die Hoffnung, dass den Brutalen, den Mächtigen und Rücksichtslosen die Welt nicht gehört.

Und das ist die Frage, die beim Bericht vom Sterben Jesu unterschwellig mitschwingt:

Gibt es einen Grund zur Hoffnung – gegen allen Augenschein,

gegen die Demonstration menschlicher Gewalt?

Ich lese aus dem Bericht des Matthäus über das Sterben Jesu, und weil es so brutal ist,

lese ich in einer etwas derben Sprache – in der Sprache der Volxsbibel der Jesus Freaks:

Sie brachten Jesus an den Platz vor der Stadt,

an dem immer die Hinrichtungen stattfanden. Die Stelle hieß „Schädelplatz“.

Die Soldaten wollten Jesus eine Schmerztablette andrehen,

damit die Hinrichtung nicht ganz so wehtat, aber er wollte sie nicht.

Nachdem sie Jesus an das Kreuz genagelt hatten,

 verlosten sie unter sich seine Kleidung.

Das hatte einer der Propheten auch schon vorhergesagt. Er hatte aufgeschrieben:

„Meine Kleidung wird verteilt, und man wird auslosen, wer sie bekommen wird.“

Die Soldaten setzten sich neben das Kreuz und beobachteten den Rest der Hinrichtung. Über dem Kreuz hatten sie ein Schild aufgehängt.

Da stand drauf: „Das ist Jesus, der König der Juden.“

Zur gleichen Zeit fanden noch zwei andere Hinrichtungen statt,

die Männer hingen rechts und links von Jesus an ihren Kreuzen.

Die Menschen, die vorbeigingen, rissen Witze über Jesus und machten sich über ihn lustig: „Du wolltest doch sogar den Tempel abreißen und ihn in drei Tagen wieder restaurieren! Und nun? Kümmere dich doch erstmal um dich selbst!

Komm vom Kreuz wieder runter, wenn du wirklich der Sohn von Gott bist!“

Natürlich waren die religiösen Typen und die Leute, die was zu sagen hatten, auch gleich am Start und machten ihre Witze:

„Jedem hat er geholfen, aber für sich selbst kriegt er es nicht hin! Wenn du wirklich der König der Juden sein willst, dann mach dich doch los und komm runter von deinem Kreuz, dann glauben wir auch an dich.“

Andere riefen: „Er hat sich ja immer auch auf seinen Gott verlassen, wollen wir doch mal sehen, ob Gott sich immer noch zu ihm stellt und ihm hilft.

 Er hat doch immer behauptet: „Ich bin der Sohn von Gott!“

Auch die beiden anderen Verbrecher, die neben ihm hingerichtet wurden,

 machten ihre Witze.

Gegen Mittag wurde es plötzlich ganz dunkel.

Über drei Stunden war es überall wie Nacht.

Plötzlich schrie Jesus in seiner Muttersprache: „Eli, Eli, lama asabtani?“ was so viel heißt wie: „Mein Gott, mein Gott, wo bist du jetzt?, Warum bist Du nicht mehr da?“ Die Schaulustigen hatten ihn falsch verstanden, sie dachten, er würde einen der Propheten rufen, der Elia hieß. Einer wollte Jesus was zu trinken geben.

Er steckte einen nassen Schwamm auf einen Stab und hielt ihn Jesus an den Mund. Die anderen machten dumme Sprüche: „Bleib hier. Vielleicht kommt ja Elia und hilft ihm.“ Plötzlich schrie Jesus noch einmal laut auf, dann starb er.

„Als er gemartert ward, litt er doch willig und tat seinen Mund nicht auf wie ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird; und wie ein Schaf, das verstummt vor seinem Scherer, tat er seinen Mund nicht auf.“ Jesaja 53,7

So hat der Prophet Jesaja das Leiden des Sohnes Gottes vorhergesagt –

und ziemlich genau so ist es gekommen.

Das duldende Schweigen, die Passivität Jesus – das rührt mich am meisten an.

Es ist unfassbar: das ganze Grauen dieses dunklen Tages.

Und Jesus mitten drin – und er tut nichts. Er schweigt. Erträgt den Spott,

lässt sich nicht provozieren, als sie ihm seine eigenen Sätze verdreht vorhalten:

Hast Du nicht gesagt: Den Tempel reiße ich ab und baue ihn neu – nun zeig, was Du kannst.

Das musste schmerzen – weil Jesus genau mit dieser Frage gerungen hat:

Wo bist Du, Gott?

Die Zeugen der Hinrichtung konnten das nicht fassen:

Weshalb passiert hier nichts? Warum greift Gott nicht ein?

Warum lässt dieser Jesus das alles mit sich machen?

Der Karfreitag ist der Tag der Ohnmacht Gottes – so muss es aussehen, oder?

Wie kann in dieser unfassbaren Wehrlosigkeit der Wille Gottes verborgen sein?

Die Gegner triumphieren – die Freunde schweigen.

Und Jesus stirbt. Der Himmel öffnet sich nicht – keine Stimme ruft Halt!

Niemand greift ein und beendet dieses Grauen.

Das ist so gegen jede menschliche Vorstellung von Gott, so gegen jede Erwartung.

Niemand hätte sich das ausgedacht.

Kann darin, in dieser Niederlage der Grund gelegt sein für ein Festhalten an Hoffnung?

Nein! Wenn der Schmerz alles wäre, dann nicht.

Es mag trösten, dass Jesus so tief herabgeführt wurde, dass keine Schmerzen ihm fremd sind.

Dass wir Jesus deshalb an der Seite wissen dürfen, auch wenn es uns unerträglich scheint.

Nur: ohne den Ostermorgen bleibe es die Niederlage.

Der Sieg ist nicht am Kreuz errungen – ebenso wenig wie mit dem Einreißen des alten Tempels schon der Neue sichtbar wäre.

Am Todestag stirbt Jesus ganz – und wer sich an ihn hängt, der stirbt mit.

Schreckliche Ereignisse, von denen berichtet wird. Und wieder die Frage:

Was hat uns das zu sagen? Warum hören wir das heute?

Bei Johannes sagt Jesus einmal über das Werk des Geistes Gottes:

„Und wenn der Heilige Geist kommt, wird er der Welt die Augen auftun über die Sünde und über die Gerechtigkeit und über das Gericht.“

Ohne den Geist Gottes sehen wir auf Golgatha die Niederlage der Menschlichkeit, das Scheitern der Gewaltlosigkeit, den Schmerz der Einsamkeit und des Unverstanden-Seins.

Ohne den Geist Gottes stirbt an diesem Tag die Hoffnung – vielleicht zuletzt, aber sie stirbt.

Erst wenn der Geist Gottes uns die Augen öffnet, können wir erkennen:

1. Was Sünde ist: dass wir nicht Zuschauer auf Golgatha sind, sondern Mittäter.

Alles, was wir tun, denken und entscheiden, was nicht aus der Beziehung zu Gott geschieht – ist wie ein weiterer Hammerschlag auf einen der Nägel, die Jesus ans Kreuz heften.

Karfreitag erkennen, das heißt: Wenn niemand sonst – allein mein Leben mit all seinen Verirrungen, mit den Fehlentscheidungen und falschen Taten hätte seinen Tod nötig gemacht. Weil Gott nicht Ruhe lässt, bis ich mit ihm versöhnt bin – deswegen stirbt Jesus.

2. Der Heilige Geist öffnet uns die Augen für die Gerechtigkeit –

Wo ist etwas zu entdecken von Gerechtigkeit in diesem schreienden Unrecht?

Ehrlich – in diesem Moment nichts. Im biblischen Denken ist Gerechtigkeit keine Zustandsbeschreibung, sondern ein Tatwort. Genauer übersetzt heißt es: Gerechtmachung.

Gott handelt auch am Karfreitag – noch verborgen, aber unaufhaltsam.

Hier lässt Er es geschehen, was geschieht, damit der Machterweis der Auferweckung unmissverständlich geschieht – wenig später. Karfreitag ohne Ostern wäre unerträglich.

Und 3. das Gericht – auch dafür öffnet der Geist Gottes die Augen.

Gericht bedeutet im Horizont der Bibel immer:

es wird wieder richtig gemacht, was falsch war.

Was hier geschieht, das ist die Vorbereitung der größten Niederlage im Weltendrama:

Der Fürst dieser Welt, der Widersacher Gottes, der alles zum Tod führt, er ist besiegt.

Er wird gerichtet – und verurteilt – und entfernt aus der Gegenwart Gottes.

Das geschieht im Sterben von Jesus.

Das erkennt wirklich nur der Glaube, geleitet durch den Geist Gottes.

Wir schweigen unter dem Kreuz – angesichts des Sterbens unseres Herrn.

Aber indem wir das bekennen: Jesus ist unser Herr – bekennen wir ja auch:

wir halten den Hingerichteten für den Sieger – für den Lebendigen, den Gott auferweckt hat.

Nur deshalb feiern wir das Mahl des Herrn miteinander.

Jesus war zu allen Zeiten gegenwärtig im Brotbrechen.

Auch dafür öffnet der Geist Gottes die Augen.

Der Gekreuzigte lebt – heute und in alle Ewigkeit. Das ist unsere Hoffnung.

Amen!

Björn Heymer