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Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31 Ev. Philippusgemeinde Köln Raderthal Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31
 

Predigt am 1. April 2007  über Johannes 17, 1 - 8  -
 
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Ihr Lieben,

vorgestern stand ich an einem Krankenbett – und wusste: diese alte Frau wird bald sterben.

So an einem Sterbebett zu stehen, einem Menschen zu begegnen, wo es vielleicht die letzte Begegnung auf dieser Erde sein wird, - also mir geht es in dieser Situation meistens so, dass ich mich beklemmt fühle. Was soll, was kann man da sagen?

Vor Jahren, als mein eigener Bruder im Sterben lag, da brachte ich es nicht über mich,

das Thema anzusprechen, das mich doch am meisten innerlich bewegte:

„Was geht ehrlich in einem Menschen vor, der ahnt oder gar weiß, dass sein Leben bald zu Ende ist? Der bald vor seinem Schöpfer stehen wird.“

Etwas Belangloses zu reden – das empfinde ich in gewisser Weise als eine Niederlage.

Als ein Sich drücken vor dem Schweren. Und tue es doch allzu oft.

Vielleicht mit dem Gedanken: Damit schone ich den Anderen. Schließlich ahne ich doch:

Der kann mit der Hoffnung auf die Ewigkeit nicht viel anfangen.

So ging es mir bei meinem Bruder. Er starb friedlich, an Krebs. Aber von Gewissheit oder Hoffnung auf Ewigkeit war nie die Rede. Auch nicht in unserem letzten Gespräch.

Leider, dachte ich damals schon und denke es heute immer noch.

Sein friedliches Sterben war, so weit ich das beurteilen konnte, eine Mischung aus Phlegma und Verschließen der Augen, bis sie geschlossen wurden.

Die Wirklichkeit des Todes hat er offenbar verdrängt bis zuletzt –

wie übrigens vorher die Schwere seiner Krankheit

Ganz anders die Frau, die ich vorgestern besuchte. Ich kenne sie schon lange. Ich weiß:

Sie lebt im Glauben an die Auferstehung.

Bei völlig klarem Verstand ist ihr auch klar: der Weg auf dieser Erde ist nicht mehr weit.

Und gerade diese letzte Strecke ist mühsam, weil die Kräfte sie verlassen haben wie nie zuvor.

Und doch: kein Verdrängen, keine Panik, auch kein Drum herum Reden.

Wir haben über Zuversicht gesprochen – und über Jesus.

Mit ihr habe ich den Abschnitt aus dem Johannes-Evangelium gelesen, der uns für heute empfohlen ist. Es sind ganz besonders kostbare Worte.

Aus dem längsten und innigsten Gebet, das einer seiner Jünger dem Meister abgelauscht hat.

Wenige Stunden vor seinem Tod hat Jesus so gebetet:

Vater, die Stunde ist da: verherrliche deinen Sohn, damit der Sohn dich verherrliche; denn du hast ihm Macht gegeben über alle Menschen, damit er das ewige Leben gebe allen, die du ihm gegeben hast. Das ist aber das ewige Leben, dass sie dich, der du allein wahrer Gott bist, und den du gesandt hast, Jesus Christus, erkennen. Ich habe dich verherrlicht auf Erden und das Werk vollendet, das du mir gegeben hast, damit ich es tue. Und nun, Vater, verherrliche du mich bei dir mit der Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, ehe die Welt war. Ich habe deinen Namen den Menschen offenbart, die du mir aus der Welt gegeben hast. Sie waren dein, und du hast sie mir gegeben, und sie haben dein Wort bewahrt. Nun wissen sie, dass alles, was du mir gegeben hast, von dir kommt. Denn die Worte, die du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben, und sie haben sie angenommen und wahrhaftig erkannt, dass ich von dir ausgegangen bin, und sie glauben, dass du mich gesandt hast.“

Wir kommen drin vor! Das ist schon erstaunlich! Jesus ist gedanklich voll damit beschäftigt, dass er bald sterben wird. Er ahnt die Schwere des Weges, der vor ihm liegt.

Und doch: keine Panik in seinen Worten. Kein Selbstmitleid.

Sondern eine ganz große Gewissheit: dies ist der richtige und unabänderliche Weg!

So und nicht anders muss es sein – weil es der Weg der Vollendung ist.

Vater, die Stunde ist da! – Es waren fast die ersten Worte, die ich vorgestern von der alten Dame hörte: Herr Pfarrer, ich weiß, es wird nicht mehr lange sein.

Wie befreiend, wenn man so direkt und ehrlich sein kann.

Woher kommt eine solche innere Freiheit?

Darauf gibt Jesus eine klare Antwort:

Aus der Gewissheit, das ewige Leben zu haben.

Und dies ist das kostbare Geschenk, das Jesus gibt.

Er gibt ewiges Leben denen, die zu ihm gehören.

Das ist viel mehr als eine Verbesserung unseres Lebens hier. Viel mehr? Was denn?

Was ist ewiges Leben eigentlich? Ewig die gleiche Leier – wie bei der schlechten Parodie vom Himmel, wie sie der Münchener im Himmel vormacht?

Jesus sagt:

Ewiges Leben ist dies: erkennen – Gott kennen und Jesus als Gottes Gesalbten.

Erkennen ist eines der Schlüsselwörter des Glaubens.

Gott und Jesus erkennen. Was ist gemeint?

Jedenfalls nicht bloß ein Verstehen und Begreifen.

Nicht bloß eine Überzeugung oder Erkenntnis, eine gelernte Lektion in Sachen Glauben.

Am Tiefsten verstehen wir es da, wo wir der Beschreibung in der Schöpfungsgeschichte lauschen: Adam, der Mensch erkennt seine Frau, Eva – und sie wurde schwanger.

Mit „erkennen“ ist die ganze Tiefe ihrer Beziehung beschrieben:

Die Freude der Entdeckung:

Hier ist ein fremdes Wesen mir doch geheimnisvoll vertraut.

Ich fühle mich hingezogen zu ihm. Ich will nicht mehr ohne diesen Anderen sein.

Was mir fehlt, das finde ich bei ihm.

 Was mir wertvoll ist, das weiß ich bei ihm gut aufgehoben.

Vertrauen auf den ersten Blick. Die beglückende Gewissheit: ich bin nicht allein.

Dieser Andere ist es, auf den ich mich unbedingt verlassen kann.

Auf den ich mich stützen möchte. Der mich zu Höchstleistungen inspiriert.

Und in der Gemeinschaft mit ihm entsteht etwas ganz Neues, zu dem ich allein nie imstande gewesen wäre.

Und dann die Verschmelzung zweier Wesen, aus der etwas ganz Neues entsteht.

Wie die Zeugung eines neuen Menschen.

Erkennen, das beschränkt sich nicht auf Hören und Verstehen – mit dem Verstand.

Gerade das Johannes – Evangelium werden wir nicht erfassen, wenn  nicht mit dem Herzen.

Kreisend und wiederholend, dabei unmerklich fortführend, so gehen die Wege bei ihm.

Das Johannes - Evangelium ist viel mehr als ein Bericht der Ereignisse um diesen Jesus.

Wenn wir ab morgen Abend für Abend auf Johannes hören, dann wünsche ich mir, dass wir das mit viel innerer und auch äußerlicher Ruhe tun.

Nicht, um etwas zu leisten. Nicht um, die Ereignisse zu bedenken.

Sondern darum: um Gottes Handeln darin zu erkennen.

Vielleicht machen wir noch viel zu viele Worte um das, was im Tiefsten ganz einfach ist:

Gott ist die Liebe – und alles was in seinem Namen, in seiner Vollmacht geschieht, ist Liebe.

Heute hilft uns die Musik dazu – und die schlichten Zeichen von Brot und Wein.

Ab morgen ist es das Schweigen.

Wenn wir innerlich still werden und Raum geben, dann wird Gott da hinein reden.

Verherrliche Du mich – betet Jesus. Mach Du mich dir ähnlicher, denn Du bist der Herr.

Noch so ein wunderbares Grundwort des Glaubens: ver – herr - lichen.

Dem Herrn ähnlicher machen – das ist im Tiefsten damit gemeint.

Würden wir das wagen? So zu beten? Jesus – verherrliche uns!

Ich glaube, niemand hier im Raum hat je gewagt, so zu beten.

Weil wir es vollkommen missverstehen!

Es geht ja nicht darum, dass wir glänzend herauskommen.

Sondern das Gott unser kleines unbedeutendes Leben so verwandelt, dass in all unserem Normalen, menschlichen etwas von seinem Glanz aufleuchtet.

Wie bei dieser alten Dame kurz vor ihrem Tod.

Sie hat noch eine wichtige Aufgabe – dessen bin ich gewiss und das habe ich ihr auch gesagt.

Sie wird ihre Kinder, Enkel und Urenkel segnen.

Von ihr wird der Glanz Gottes ausgehen. Nicht, weil sie das machen könnte, sondern weil Gott sich in ihr verherrlichen will. Gar nicht so selten tut Er das durch unser Sterben hinweg.

Wie Jesus ja auch gestorben ist – und darin am Deutlichsten den Sieg errungen hat.

So mag auch in uns das sterben, was Gott nicht gefällt – und gerade das ist unsere Verherrlichung. So, im Sterben des alten Menschen  werden wir dem Herrn ähnlicher.

Amen!

Björn Heymer