Predigt am 25. Februar 2007 über
Matthäus 6, 19 - 34 -
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Sorget
nicht, was der morgige Tag bringt…. Mt 6, 19-34
Filmsequenz: Titanic läuft
aus (3min)
1. Eine Vision macht das Leben lebenswert!
Wow,
das ist mitreißend! Das hat was von Leben! Die Titanic hatte ein Ziel!
Die Jungfernfahrt dieses großen Dampfers sollte unbedingt Schlagzeilen
machen und in die Geschichte eingehen. Die Titanic war ein Meisterwerk der
damaligen Technik, das größte Schiff der Welt galt als unsinkbar…ein
Symbol der aufstrebenden Technologie... voller Hoffnung, voller
Lebensfreude verließen die Menschen an Bord den Hafen in Southampton. Die
legendäre Fahrt der Titanic hatte eine Vision: Die Freiheitsstatue, New
York…sie sollte möglichst schnell ihr Ziel erreichen und damit alle
anderen Überquerungen des Atlantik zeitlich weit in den Schatten stellen.
Diese
Szene, die wir gerade gesehen haben, wirkt anziehend…sie macht Lust,
dabeizusein…natürlich nur, wenn wir nicht wüssten, wie diese Fahrt
endete… Aber mal davon abgesehen: Was es auch immer ist: Ein Projekt,
eine politische Intention, ein Vorhaben, ein Mensch mit Ziel mit Überzeugung….alles,
was eine Vision hat, wirkt anziehend. Nur ein Mensch, der von seiner
Vision überzeugt ist, kann andere überzeugen. Eine Vision macht das
Leben lebenswert. Eine Vision gibt einem Leben Hoffnung! Es gibt ein Ziel,
es gibt einen Antrieb, auf den man hin arbeiten kann, ein Ziel, auf das
man sich freut! Eine Vision gibt dem Leben einen Sinn…ein Leben ohne
Ziel, ohne Vision kann zu einem Dahinvegetieren werden…
Was
ist eine Vision? Das Wort Vision kommt von dem lateinischen „videre“
und bedeutet „sehen“. Wenn ich ein Ziel verfolge, dann peile ich es
mit meinen Augen an. Ganz einfaches Beispiel: Eine Dartscheibe. Ich will
in die Mitte treffen, also fixiere ich die Mitte mit meinen Augen. Es wäre
blöd, die Augen zuzumachen, oder wo ganz anders hinzuschauen.
Und
so war das hier auf der Titanic auch: Fabricio und Jack stehen ganz vorne
auf dem Bug der Titanic und Fabricio sieht bereits in der Ferne die
Freiheitsstatue….zwar ganz klein, aber er sieht sie schon, was natürlich
Blödsinn ist….von Southampton in England aus kann niemand nach New York
sehen….Aber er sieht sie in sich, weil sie sein Ziel, seine Vision ist.
Im
Französischen heißt Vision „Traum“.
Walt
Disney’s Lebensmotto war: Träume nicht dein leben, lebe deinen Traum!
Träume nicht dein Leben, lebe deinen Traum!
Wie
ist das Ihrem Leben? Hat Ihr Leben noch einen Traum? Wenn man jung ist,
dann hat man viele Träume…oh man, ich habe soooo viele Träume
gehabt…ich wollte die komplette Welt sehen, eine Ranch in Montana
besitzen, Familie, Kinder, reiten, ein Buch schreiben, singen…und dem
Herrn dienen…und noch so viel mehr… und ich habe diese Träume nicht
aufgegeben, manches werde ich vielleicht erreichen, anderes nicht. Mir ist
irgendwann leider klar geworden, dass viele dieser Vorstellungen vom Leben
miteinander kollidieren.
Was ist mit Ihnen? Haben Sie Ihren Traum schon erreicht? Schon gelebt? Hat
Ihr Leben seine Bestimmung, seine Vision erreicht?
PAUSE
Eine
Lebensvision macht ein Leben lebenswert. Jeder sollte eine haben!
Ich
weiß nicht, was Ihre Lebensvision ist, aber wenn ich die Leute um mich
herum anschaue, kann ich gewisse
Standard-Ziele erkennen, die viele Leute haben. Ich habe vor ein paar
Jahren mal eine Umfrage in der „fränkischen Metropole“ Ansbach
gemacht. Die Frage lautete: „Was ist das Ziel ihres Lebens?“
Erschreckend war, dass viele Leute gar keine Antwort hatten. Und dann
kamen immer wieder die selben Antworten: Anwältin werden, Arzt werden und
eine Villa mit Pool besitzen, vielleicht heiraten und zwei Kinder
bekommen, Gesundheit der Familie, die Beziehung pflegen….und viel Geld
verdienen, reich und unabhängig sein. Ich fand diese Antworten gut! Da
sind Leute, mit einer Lebensvision, da sind junge Leute, die etwas
anstreben. Die O-Bock-Generation gibt es nicht mehr! Teens und Jugendliche
haben Ziele, sie wollen wohin mit ihrem Leben. Und ich wünsche ihnen so,
dass sie es erreichen, dass sie ihr Leben positiv und sinnvoll gestalten
lernen. Aber eine Frage bleibt: Reicht das? Reicht diese Art von Vision
aus, um glücklich zu werden?
2. Lebensvisionen mit Problemen
So,
jetzt hat mein Leben ein Ziel, dann setze ich meine Maschinen auf „volle
Kraft voraus“, dann strebe ich dieses Ziel an mit all meinem Wollen,
meinem Denken, ich habe nur noch eins im Kopf: Die Freiheitsstatue, Die
Villa, die glückliche Ehe…die Krankheit überwinden…das Jura-Studium
abschließen. …meinen Traumjob finden, Karriere machen, eine
Weltreise…und dann taucht er auf: Der Eisberg!
Es
gibt zwei Arten von Problemen, die uns Lebensvisionen
bescheren können.
Das
erste: Lebensvisionen können uns gefangen nehmen! Manchmal bin ich mir
sicher, ich werde es schaffen, ich werde mein Ziel erreichen…und
manchmal bin ich mir gar nicht sicher. Ich mache mir Sorgen….ich sehe
meinen Traum schwinden, im Nebel der Wirren um mich rum, ich sehe kein
Ufer mehr, alle Fakten sprechen dagegen, dass ich je meinen Traum
erreichen werde…und mit dem Lebenstraum versinkt mein Lebensmut, mein
Antrieb, meine Energie…die Sorge lähmt mich. Was, wenn ich es nicht
schaffe? Wenn ich vom kreisenden Denken um eine bestimmte Sache so
gefangen genommen bin, dann bin ich Sklave dieser Sache und damit unfrei.
Ich
sehe mein Ziel näher kommen…New York ich sehe die Freiheitsstatue, ich
steuere drauf zu….aber plötzlich erhebt sich ein riesiger Eisberg vor
mir und schiebt sich zwischen mich und mein Ziel. Der manipulierte Chef,
der den begehrten Job plötzlich einem anderen geben will, wieder ein
Tiefschlag im langen Krankheitsprozess, wieder eine Beziehungskrise…
manche Eisberge sind echt….andere sind Halluzinationen. Das Dumme ist
nur, man kann es nicht unterscheiden. Aber egal, selbst wenn ich sie
unterscheiden könnte, steht es oft nicht in meiner Macht sie zu
umschiffen. Sorgen werden groß. Die Spirale des Grübelns beginnt. Die
Spirale ist immer eine Abwärtsspirale…denn wenn ich immer diesen
riesigen Eisberg anschaue, steuere ich direkt darauf zu. Die Kollision ist
garantiert. Im ständigen Blicken auf das Problem, im kreisenden Überlegen
und Grübeln und Verwerfen und sich Ängstigen ziehen wir uns selbst
runter und am Ende sieht unsere Situation viel auswegsloser aus, als
vorher. Außerdem lähmt die
Angst oft so sehr, dass ich eine Situation nicht mehr objektiv beurteilen
kann und dadurch Fehler mache. Achten Sie auf ihre Gedanken!
Zweites
Problem mit den Visionen: Es gibt Menschen, die erreichen ihr Lebensziel
und sind dann glücklich. Ein Dozent von mir hat mal gesagt: Eigentlich könnte
ich jetzt zum Herrn gehen: Ich habe alles erreicht, was ich vom Leben
wollte: Ich habe eine glückliche Ehe, drei wohlgeratene musikalische Söhne,
und beruflich mehr erreicht, als ich vor hatte…
…das
klingt, als bliebe nichts mehr anzustreben. Es gibt solche Menschen, die
dann wirklich glücklich und zufrieden sind….aber sie sind bei weitem in
der Minderheit. Wir leben im beginnenden 21. Jahrhundert…die Postmoderne
bietet uns so viele Möglichkeiten wie noch nie Menschen sie vor uns
gehabt haben….alles ist erlaubt, es gibt fast keine Grenzen, du darfst
jede Meinung haben…solange du sie niemandem überstülpst…du kannst
jeden Beruf ergreifen, dich in alle Richtungen bilden….dir steht die
Welt offen, wenn du Geld hast…aber warum fühlen sich so viele Menschen
sinnlos und unglücklich?
Was
ist, wenn ich alles erreicht habe? Was, wenn nichts mehr anzustreben
bleibt? Wenn wir schon in der Geschichte des 20. Jahrhunderts stöbern,
dann mal richtig. Dann machen wir mal einen Sprung aus den 10ern der
Titanic in die 60er: Diese Jahr am 16. August ist er 30 Jahre tot: Elvis,
die Legende, der King of Rock `n Roll. Elvis, the pelvis, der Hüftschwenker…seine
Karriere ist einmalig 89 LP’s, 61 Singles…bis zu seinem Tod hatte er
500 Millionen Tonträger verkauft…er ist damit der erfolgreichste Sänger
aller Zeiten. Er spielte in 33 Kinofilmen mit und trat in 500 Fernsehshows
auf. Die Frauen lagen ihm zu Füßen, er baute ein riesiges Haus mit 23
Schlafzimmern. Auch 30 Jahre nach seinem Tod lebt der King noch: Seine
Platten werden nach wie vor verkauft, sein Haus Graceland ist nach dem Weißen
Haus das am zweit häufigsten besuchte Anwesen in den USA. Mehr kann man
doch nicht erreichen, oder? Der King hat alle unsere
Träume gelebt! Alle, die wir nie erreiche werden. Er hat seine Visionen
gelebt, mit scheinbar wenig Anstrengung, ein paar Mal mit der Hüfte
geschwungen, cool gestylt, sanfte Stimme, gute Musik…und er hatte die
richtige Zeit erwischt um mit seinem Rebellenimage zu landen. War der King
glücklich? Ich weiß es nicht, aber wie die äußeren Umstände seines
Todes aussahen, kann ich mir das nicht vorstellen. Er hatte sich in den
letzten 20 Monaten seines Lebens ca. 10.000 Aufputsch- und Beruhigungs-
und Schmerztabletten verschreiben lassen. Seine Unterarme waren so
verstochen, dass es kaum noch Platz für Injektionen gab. Er wog bei
seinem Tod 150 Kilo und wurde nur 42 Jahre alt. Das ist so traurig. Warum
gab es keinen Frieden für ihn…vielleicht weil es nichts mehr
anzustreben gab? Wenn eine Vision erreicht ist, muss meistens die nächste
her…die Stones singen: I can’t get no satisfaction…ich kann keine
Befriedigung finden…in dem Wort steckt „Frieden“ …ich kann keinen
Frieden finden…keinen Frieden mit mir, mit der Welt, mit Gott?
3. Die Jesus-Vision
Wenn
es also auch solche Probleme mit unseren Visionen gibt, was ist denn dann
wirklich eine lohnende Lebensvision? Sie haben es geahnt, jetzt kommt der
fromme Teil…glauben Sie es oder glauben Sie es nicht, aber Gott war mal
Mensch und als Gott Mensch war, nämlich Jesus, da hat er auf einem Berg
gepredigt. Er hat über das Leben hier gepredigt. Er hat den Menschen
gesagt, wie sie hier leben können. Er hat ihnen eine Vision von Leben
gegeben.
Textlesung
Mt 6
Ich
liebe diesen Text! Jesus’ Vision von Leben hört sich ganz anders an,
als alles, worüber wir grade geredet haben. Sammelt euch keine Reichtümer
hier auf der Erde! Hier werden die Dinge sowieso nur vom Rost und von den
Motten gefressen… Jesus provoziert, er rüttelt auf, er will den Blick
weglenken, von allen diesen Dingen hier, die uns gefangen nehmen. Sorgt
euch nicht um den nächsten Tag…macht euch keine Sorgen, was ihr Essen
und Anziehen sollt… Sorglos in den Tag leben, ohne vorzusorgen, kann
doch keine Lösung sein, oder? Die Zeiten werden nicht besser. Alles wird
teurer. Die Mehrwertsteuer, die Studiengebühren, die
Gesundheitsreform…da wäre es doch dumm, wenn ich mir heute keine
Gedanken mache, wovon meine Kinder in 10-15 Jahren studieren sollen, oder?
Kann Jesus das gemeint haben, als er sagte: Seht die Vögel unter dem
Himmel an, sie säen nicht und ernten nicht und der Vater im Himmel ernährt
sie doch! Ich glaube nicht, dass er das gemeint hat! Die Vögel sitzen ja
auch nicht als ausgewachsene Tiere im gemachten Nest und lassen sich die
Nahrung in den Mund stopfen…sondern sie fliegen unermüdlich herum und
suchen sich die Nahrung! Aber was sie von uns unterscheidet: Sie
zermartern sich nicht das Hirn, was ihnen der nächste Tag bringt. Ob sie
morgen genug zu fressen finden werden, können sie nämlich heute sowieso
noch nicht beeinflussen. Jesus macht uns Mut, ein bisschen so zu leben wie
die Vögel, wie die Tiere…sie leben im Einklang mit der Natur, ihrem
Instinkt…und Gott versorgt sie. Gott sorgt dafür, dass genug Nahrung da
ist. Wenn Gott schon für die Tiere und die Pflanzen sorgt, wie viel mehr
für uns Menschen?
Was
hat das das mit Vision zu tun? Wikipedia sagt zum Thema „Vision“ unter
anderem: „Eine Motivation oder Überzeugung, in eine bestimmte Sache zu
investieren.“ Wenn wir in eine bestimmte Sache investieren, müssen wir
überzeugt sein, von der Sache, wir geben ja etwas dafür her. Um die Rede
Jesu zu verstehen, muss man wissen, dass er das alles nur sagen konnte,
weil er wusste, dass dieses Leben hier nicht alles ist. Jesus hat den
Menschen angeboten, sich ihm anzuschließen, seiner Message zu glauben und
seinen Tod am Kreuz für sich selbst in Anspruch zu nehmen. Sozusagen als
Bezahlung für die eigenen Vergehen, von denen jeder ja zahlreich
aufweisen kann. Diese Menschen nennt man ganz allgemein Christen und ihr
richtiges Leben fängt erst an. Wenn du als Christ stirbst, ist dein Tod
der Anfang eines unendlichen Lebens bei Gott. Jesus geht in seiner Rede
von dieser Voraussetzung aus. Ich finde, jetzt kann man viel besser
verstehen, was er meint, wenn er sagt: Macht euch keine Sorgen um diese
ganzen Dinge hier auf der Erde…ihr habt doch eine ganz andere
Perspektive…das Leben hier ist nicht alles…wenn ihr euch in Gottes
Hand geborgen wisst, müssen die Dinge dieser Welt euch nicht gefangen
nehmen und zu Sklaven machen.
Lebensvision
ist gut, Himmelsvision ist besser!
Wir
sollen vorsorgen aber uns nicht zersorgen. Jesus redet hier sogar wörtlich
von der Vision, als er von den Augen spricht. Vision heißt sehen. Jesus
sagt, dass das Auge das Licht des ganzen Menschen ist. Was wir mit den
Augen anpeilen, das wird uns erfüllen. Wenn wir eine schlechte
Lebensvision haben, dann ist das eine Lebensperversion. dann wird der
ganze Mensch sich immer wieder damit beschäftigen und seine Gedanken,
alles wird skrupellos und schlecht werden. Und genau das ist es, was
schlecht ist, wenn uns unsere Ziele und Pläne gefangen nehmen, so dass
keine Zeit mehr für Gott bleibt. Wir werden
keine satisfaction, keine tiefe Befriedigung finden, wenn wir nicht zu
unserem Ursprung und zu unserer Bestimmung, zu Gott finden. Wenn ich weiß,
wem ich gehöre, wer mich gemacht hat, wenn ich weiß dass mein Leben kein
Zufall war, wenn ich weiß, wo ich hingehe, kann ich jedem Tag gelassen
ins Auge sehen.
Streckt
euch danach aus, was göttlich ist, strebt vielmehr danach, zu Gott zu
finden, dann wird euch alles, was ihr braucht geschenkt werden. Gott weiß,
was wir brauchen. Er weiß, bevor wir ihn bitten, dass wir essen müssen,
dass wir gute Beziehungen, Freude, Selbstwert, Liebe, Anerkennung,
Lebensziele und Arbeit brauchen. Er weiß es und er wird sich darum kümmern,
wenn wir uns um ihn kümmern. Das ist alles. Das ist die Vision Jesu für
unser Leben! Er will, dass wir uns fallen lassen und ihm vertrauen, dass
er uns mit allen unseren Bedürfnissen auffängt.
Und
noch ein Punkt ist ganz wichtig: Jesus möchte, dass wir frei sind. Leider
wird Glaube sehr oft mit Zwängen und falsch verstandenen Traditionen und
Gesetzen in Zusammenhang gebracht. Vielleicht haben die Menschen im Laufe
der Zeit das Christentum dazu verkommen lassen, dass solche Annahmen
manchmal sogar berechtigt sind. Mit Gott hat das aber nichts zu tun. Gott
will unsere Freiheit. Es ist total gegen sein Prinzip, jemandem den
Glauben aufzudrücken…alles ist ein Angebot und jeder ist frei, sich
selbst zu entscheiden. Diese Jesus-mäßige Lebensvision, von der ich
gesprochen habe, die ist freiwillig! Es ist ein Geschenk, das man für
sich in Anspruch nehmen kann,
oder eben nicht! Diese Jesus-Vision ist Freiheit! Weil sie frei macht vom
kreisenden Denken um sich selbst. Sie macht frei von den ständigen
Gedanken, wie man den eigenen Erfolg vorantreiben kann, wie ich möglichst
immer noch reicher, erfolgreicher, geliebter, bewunderter werde. Wenn
diese Dinge mein Denken beherrschen und mich gefangen nehmen, kann das gefährlich
werden. Gefährlich, weil ich nicht mehr in der Lage bin, den anderen zu
sehen, weil mir die Bedürfnisse des anderen egal werden, wenn ich für
meinen Vorteil bereit werde zu verletzen, zu verleumden und zu lügen,
dann bin ich unfrei. Ich bin Sklave meiner Eigennützigkeit. Jesus hat
Freiheit gelebt. Sein ganzes Leben war bestimmt von tätiger Nächstenliebe…das
war keine falsche geheuchelte Demut, sondern echtes Mit-Leiden. Er hat
geweint, wenn er die Not der Menschen sah und er hat geholfen, wo er
konnte und er ist zum Schluss einen unverdienten Tod durch Hinrichtung
gestorben, um die Menschen auf ewig zu befreien.
Das
ist eine ziemlich provokative Message…in diesen Tagen…Alles zielt auf
Individualismus und Selbstverwirklichung. Und die Jesus-Vision scheint im
ersten Moment unbequem. Warum auf einen Job verzichten, wenn das Baby bald
in die Krippe gehen kann? Dabei ist schon lange klar, dass Kinder
besonders bis zum dritten Lebensjahr Bindung statt Bildung brauchen. Warum
nicht ein neues Leben beginnen, wenn die Kinder doch aus dem Gröbsten
raus sind und ich keinen Bock mehr auf Familie habe? Warum kein
Seitensprung, wenn es doch jeder macht? Und es fängt viel kleiner an.
Warum gehen so viele Beziehungen kaputt? Weil man nicht gelernt hat, sich
in den anderen einzufühlen, mal nachzugeben. Das ist keine Freiheit, das
ist Gebundensein an meine Selbstsucht.
Das
ist nicht die Jesus-Vision, das sind die Sachen, um die wir uns nicht
sorgen sollen. Ja, es ist eine provozierende Botschaft…Jesus hat
provoziert und aufgerüttelt und vielleicht muss es gerade jetzt gesagt
werden! Jesus sagt: „Wer unter euch groß sein will, der sei des anderen
Diener!“ Und ich füge dazu: Wer unter euch frei sein will, der liebe
den anderen mit der Liebe mit der Jesus uns liebt!
Wenn
meine Lebensvision, meine Zukunft klar ist, wenn ich weiß, dass ich die
Freiheitsstatue erreichen werde, wenn ich weiß, dass kein Eisberg mich
aufhalten kann, weil mein Lebensschiff in Gottes Händen ist, dann kann
ich befreit sein von den Sorgen um mich selbst, weil jemand anders für
mich sorgt. Dann kann ich dazu frei sein, die Sorgen des anderen zu meinen
eigenen zu machen. Und es wird wirkliche Freude und Friede zurückfließen
in mein eigenes Herz, da bin ich mir sicher!
Ich
möchte Ihnen Mut machen, das auszuprobieren! Stehen Sie morgen mal auf
und gehen Sie in den Tag mit offenen Augen für die Bedürfnisse der
Menschen um Sie herum! Gott wird Ihnen zeigen, wo Sie helfen können, wo
Sie Leid mittragen können, wo Sie jemanden ermutigen können, für
jemanden Zeit investieren, jemandem ein Lächeln geben, oder einfach nur
zuhören oder nachgeben können. Er wird Ihnen zeigen, wo Sie zu ihrer
eigenen Freude anderen Leuten dienen können.
Wenn
diese Haltung unsere Lebensvision ist, wird sich unser Zusammenleben,
unsere Gesellschaft, unsere Welt verändern!
Ich
will Ihnen zum Schluss noch weitergeben, was mir vor kurzem eine voll
liebe und weise Frau geschrieben hat, die ich total schätze. Sie
schreibt:
Es
ist eine wirkliche Lüge der Selbstverwirklichungstheorie, dass es uns
unglücklich machen würde, wenn wir Verzicht üben an der einen oder
anderen Stelle. Es ist sozusagen die Vorherbestimmung des Untergangs und
außerdem richtiggehend anti-christlich. Keine Ehe wird je Bestand
haben, wenn wir nicht bereit sind hinter unseren eigenen Wünschen
zurückzutreten, keine Kindererziehung wird Zukunft haben, wenn wir nicht
bereit sind eigene Bequemlichkeiten aufzugeben und es ist noch nie so
gewesen, dass es dir Erfüllung bringen würde, wenn du deine eigene Lust
durchsetzt. Im Gegenteil, es verwandelt dich in einen egoistischen, oberflächlichen,
selbstmitleidigen Menschen, der unfähig wird Liebe zu geben. Und ich
schreib dir das weil ich ein Leben lang, ohne dass ich es richtig gemerkt
hätte, gelitten habe unter diesem krankhaften Einfluss meiner Generation.
Es war für mich eine riesige Befreiung, als ich entdeckte wie glücklich
es macht zu geben, zu schenken, zu verzichten, um anderen was Gutes zu
tun. Ich meine nicht das krankhafte fromme Getue, oder die komische
unechte Selbstverleugnungstheologie, die den Menschen kaputt macht, oder
das Geben damit du Selbstbestätigung erfährst. Ich meine das echte sich
"erfüllen lassen" von Jesu Liebe, die uns stark macht und
bereit macht loszulassen und herzugeben. Das wiederum hat eine Kraft die
stärker ist als so viel Destruktives um uns rum.
Lassen
Sie sich von der Jesus-Vision, von der echten Liebe gefangen nehmen.
Amen.
Esther Krüger
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