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Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31 Ev. Philippusgemeinde Köln Raderthal Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31
 

Predigt am 18. Februar 2007  über Lukas 18, 31 - 43 -
 
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Ihr Lieben,

durch die Stadt ziehen die Karnevalszüge –

und passend dazu hören wir auf zwei Geschichten am Wegesrand:

In Beiden geht es um Blindheit und geöffnete Augen.

Das Erste ist ein „unter 26 Augen Gespräch“ von Jesus mit seinen Jüngern.

Er will sie vorbereiten auf seinen Weg „hinauf nach Jerusalem“ ans Kreuz.

Es ist ein theologisches Lehrgespräch –

über den Retter, den Gott gesandt hat und sein Schicksal. Ich lese aus Lukas 18:

Jesus nahm aber zu sich die Zwölf und sprach zu ihnen:

„Seht, wir gehen hinauf nach Jerusalem, und es wird alles vollendet werden,

was geschrieben ist durch die Propheten von dem Menschensohn.

Er wird überantwortet werden den Heiden, und er wird verspottet und misshandelt und angespien werden, und die Heiden werden ihn geißeln und töten;

und am dritten Tage wird er auferstehen.“

Sie aber begriffen nichts davon, und der Sinn der Rede war ihnen verborgen,

und sie verstanden nicht, was damit gesagt war.

Wir hören hier hinein in eine Lektion Bibelauslegung durch Jesus.

Seine spezielle Deutung der Propheten. Und die klang absolut ungeheuerlich – wenn man nicht den Schluss schon kennt. Man fragt sich: Woher hatte Jesus das? Woher nimmt er die Kühnheit, ganz verstreute Themen aus verschiedenen Propheten so zusammen zu sehen?

Aus der Fülle prophetischer Bücher, mit denen ein Rabbi sich damals beschäftigte, hat Jesus drei Aussagen ganz gezielt zusammengestellt – und dabei viel Anderes weggelassen.

Zuerst der Menschensohn – das ist eine Gestalt aus einer Vision im Buch Daniel.

Daniel sah einen, der vor den Thron Gottes gebracht wurde.

Dort bekam dieser „wie ein Menschensohn“ Macht übertragen über Völker und Königreiche.

Sehr kühn von Jesus, wenn er von sich sagt:

„Wer mich verstehen will, der muss wissen: Ich bin dieser von Gott Bevollmächtigte.“

Das wussten seine Jünger schon.

Die Selbstbezeichnung „Menschensohn“ hatte Jesus schon früher gewählt.

Dann beschreibt Jesus etwas, was gar nicht im Zusammenhang des Menschensohnes bei Daniel zu finden ist. Dass der Menschensohn missverstanden wird, dass man ihn verspotten, quälen und schließlich töten wird – all das hat kein Schriftgelehrter vor Jesus erwartet.

Der Menschensohn – das war die mächtige Rettergestalt für Israel.

Aber nicht einer, der scheitert.

Der Weg ins Leiden, das Nicht verstanden und gehört werden,

das war das typische Schicksal der Propheten.

Der Menschen, die Gott beauftragt hat und die an diesem Auftrag zu leiden hatten.

Der Menschensohn aber würde doch nicht ein Prophet sein.

Schon verständlich, dass die Jünger nicht hinterher kamen bei dem, wovon Jesus redete.

Und dann fügt Jesus in dieses neue Bild vom Retter noch ein Thema ein.

Die rätselhafte Ankündigung: am dritten Tag wird er auferstehen.

Woher hatte Jesus das nur wieder? Weder in Daniel 7, noch in Jesaja 53, wo vom Leiden des Gottesknechts geredet wird, ist kein Wort von Auferweckung zu finden.

Höchstens ganz verschlüsselt eine Andeutung in Jesaja 53:

Am Ende wird er das Licht schauen und die Fülle haben – nach seinem Tod. Das ja.

Aber kein Wort von Auferweckung.

Geschweige denn von dieser präzisen Angabe „am dritten Tag“.

Bei Hosea gibt es einen Hinweis. Hosea sagt einmal allgemein:

„Gott macht lebendig nach zwei Tagen.“

Aber da ist nichts vom Menschensohn oder vom leidenden Gottesknecht gesagt.

Der Zusammenhang gibt es einfach nicht her, das auf den Menschensohn zu beziehen.

Jesus hat die Hoffnung der Auferweckung eher aus dem Buch Jona geschöpft.

Einmal hatte er erklärt:

„Diesem Geschlecht wird kein Zeichen gegeben – außer dem Zeichen des Jona.“

Jona war auf hoher See ins Meer geworfen worden – für die Menschen der Antike ohne wenn und aber der Todesrachen. Dann der große Fisch, der ihn verschluckte – und ans rettende Ufer brachte. Jona bekam sein Leben noch einmal neu geschenkt - nach drei Tagen!

Aus dieser Geschichte hat Jesus den Mut geschöpft, seinen Weg zu gehen.

Weil Jona sein Leben noch einmal neu bekam, sagte Jesus Ja zu seinem Weg.

Also, mich wundert nicht, dass die Jünger mit völligem Unverständnis reagierten.

Heute sind wir da einfach etwas weiter.

Wir kennen die Passionsgeschichte – mit den Tiefen und mit dem Ausgang des leeren Grabes.

Nur: Was sagt uns diese Notiz von der Jüngerunterweisung heute noch?

Ich höre da vor allem zwei Fragen an mich:

1. Wie gehe ich mit Aussagen in der Bibel um, die ich heute nicht verstehe?

Und 2. dies: Bin ich – wie Jesus - bereit, für die Wahrheit zu leiden?

Welche Hoffnung trägt mich?

Die Jünger waren offenbar blind für ein vertieftes Verständnis der Wege Gottes.

Trotzdem haben sie ihren Weg mit Jesus nicht in Frage gestellt. Sie sind bei Jesus geblieben.

Es gibt bei Johannes eine Notiz, dass dies alles andere als selbstverständlich war.

Da sagt Thomas, als Jesus den Entschluss fasst, nun doch nach Jerusalem zu gehen:

„Na gut, dann lasst uns mit ihm gehen und mit ihm dort sterben.“

Ganz so kam es dann nicht, aber die reale Bedrohung bestand.

Darin sind die Jünger mir eine bleibende Herausforderung:

Sie haben an ihrer Berufung festgehalten – auch, als es anstrengend und gefährlich wurde.

Treue ist einer der Namen Gottes. Auch und gerade in Durststrecken des Glaubens.

Jesus hat den Weg ins Leiden nicht gescheut. – Das ist Fakt.

Dennoch vermeiden wir oft peinlich alles, was uns irgendwie Nachteile einbringen könnte.

- Wir schweigen, wenn der Glaube lächerlich gemacht wird.

- Wir tarnen uns durch angepasstes Verhalten, durch angepasste Kleidung und Meinungen.

- Wir vermeiden die Begegnung mit Menschen, die anders sind, die nicht anerkannt sind.

All das haben die Jünger Jesu auch getan – und es war und ist doch falsch.

Es entspringt nicht dem Geist Jesu – sondern dem Geist dieser Welt.

Kommt mit, wir gehen hinauf nach Jerusalem – lädt Jesus uns heute ein.

Wahrlich kein Spaziergang, sondern die Zumutung, im Leiden an der Seite Jesu zu bleiben.

Und dann – auf diesem Weg nach Jerusalem – passiert etwas Erstaunliches.

Ich lese weiter aus Lukas 18:

Es begab sich aber, als er in die Nähe von Jericho kam, dass ein Blinder am Wege saß und bettelte. Als er aber die Menge hörte, die vorbeiging, forschte er, was das wäre. Da berichteten sie ihm, Jesus von Nazareth gehe vorbei.

Und er rief: „Jesus, du Sohn Davids, erbarme dich meiner!“

Die aber vornean gingen, fuhren ihn an, er solle schweigen.

Er aber schrie noch viel mehr: „Du Sohn Davids, erbarme dich meiner!“

Jesus aber blieb stehen und ließ ihn zu sich führen. Als er aber näher kam, fragte er ihn: „Was willst du, dass ich für dich tun soll?“

Er sprach: „Herr, dass ich sehen kann.“

Und Jesus sprach zu ihm: „Sei sehend! Dein Glaube hat dir geholfen.“

Und sogleich wurde er sehend und folgte ihm nach und pries Gott.

Und alles Volk, das es sah, lobte Gott.

Die Geschichte kennen wir wohl alle! Markus nennt den Namen dieses Geheilten:

Bartimäus! Der so laut gerufen hat. Der Ruf – das ist das Besondere an gerade dieser Heilung.

Übrigens stimmen wir in jedem Gottesdienst in genau diesen Ruf des Bartimäus ein:

Jesus, du Sohn Davids, erbarme Dich meiner! Erbarme Dich! Eleison!

Aus dieser Erzählung hat die Kirche seit ganz früher Zeit in jedem Gottesdienst zitiert.

Weil die Menschen gewusst haben: Wir brauchen es, dass uns die Augen aufgehen.

Für die geistliche Wirklichkeit um uns herum sind wir nämlich blind.

Und wir sind Bettler – wenn wir unser Vermögen nach der Währung berechnen, die im Himmel zählt. Blinde Bettler.

Aber hoffentlich erfüllt von der Gewissheit: Jesus könnte uns da helfen.

Darum sind wir gekommen. Weil in Gottesdiensten aus Blinden Sehende werden.

Seltsam: auch bei Bartimäus gab es rund um Jesus offenbar Menschen, die Andere von Jesus wegdrängen wollen. Was ist das nur? Jesus musste sich immer wieder dagegen durchsetzten:

Als Eltern kleine Kinder zu ihm brachten – als eine große Sünderin zu ihm wollte – hier nun ein Bettler am Straßenrand.

Immer wieder sind da Fromme, die sich zwischen Jesus und die Hilfesuchenden stellen.

Die Jesus für sich haben wollen und Andere wegdrängen.

Hier stoßen unterschiedliche Bewertungen von Menschen aufeinander.

Wir Menschen wägen offenbar unwillkürlich ab: nützt mir dieser Andere oder nicht?

Und wenn nicht, dann denken wir:

Der ist nicht nur für mich nicht wertvoll – so ein Mensch stört überhaupt – er hat eigentlich gar kein Recht, da zu sein. Zumindest nicht in meiner Nähe, nicht hier, in unserer Gemeinde.

Bartimäus war arm – wer ihn in seiner Nähe duldete, der musste früher oder später etwas tun.

Andere sind einsam – wenn wir uns nicht abgrenzen, müssen wir vielleicht Zeit opfern.

Es gibt Menschen, die haben einen schlechten Ruf. Wenn wir uns mit denen einlassen, dann fangen die Leute an, schlecht über uns zu denken.

Aber genau das wollen wir vermeiden oder?

Jesus hatte solche Bedenken nicht.

Das immerhin ist ein Anstoß, den wir auch im Karneval entdecken können:

Man wird hinein genommen. Ohne Vorurteil und Ausgrenzung.

Alle tragen eine Maske – und werden so angenommen, wie sie sind.

Bartimäus hat seine Hilfe von Jesus erwartet – und er hat bekommen, was er gesucht hat.

Deshalb reiht er sich ein in den Zug der Jünger – hinauf nach Jerusalem.

Erst jubelnd, dann sicher auch sehr still. Seine Freude hatte einen echten Grund:

Die heilsame Begegnung mit Jesus. Das ist besser als Karneval.

Amen!

Björn Heymer