Predigt am 11. Februar 2007 über Jesaja
55, 6 - 12a -
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nein, wir sind nicht auf
einer Beerdigung!
Die Sätze, die wir eben
von Jesaja gehört haben – sie haben ihren festen Platz in den
Trauerfeiern auf dem Friedhof. Meistens eröffne ich dort die
Gottesdienste mit den Sätzen:
Denn
meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine
Wege, spricht der HERR, sondern soviel der Himmel höher ist als die Erde,
so sind auch meine Wege höher als eure Wege und meine Gedanken als eure
Gedanken.
Und gemeint und gehört
werden sie als ein Trost – in dem Sinne:
„Wir
verstehen es zwar nicht, aber es war wohl Gottes Wille, dass dieses Leben
nun zu Ende ist. Also – nehmen wir es halt hin.“ Aber:
Das wäre ein falscher Trost!
Gemeint sind diese Worte so
von Gott nicht!
Vielmehr ist ein warnender,
ja fast drohender Unterton mit zu hören:
„Bildet
Euch nicht länger ein, Eure Wege seien für Gott schon in Ordnung.
Ihr
seid auf dem falschen Weg! Eure Wege sind eben nicht meine Wege.“
Es wäre sicher gut, wenn
das auf manchen Beerdigungen auch mal laut zu hören wäre.
Allzu viele haben ihr Leben
lang die Frage nach Gott ausgeblendet.
Und dann stehen sie vor
einem Sarg – und der sagt es ganz unüberhörbar:
„Einmal
ist die Zeit abgelaufen. Dann ist es zu spät.
Also
nehmt die Sache mit Gott nicht zu leicht!“
Ich lese dieses Gedicht über
Gottes Reden aus Jesaja 55 noch einmal.
Suchet
den HERRN, solange er zu finden ist;
rufet
ihn an, solange er nahe ist.
Der
Gottlose lasse von seinem Wege
und
der Übeltäter von seinen Gedanken
und
bekehre sich zum HERRN, so wird er sich seiner erbarmen,
und
zu unserm Gott, denn bei ihm ist viel Vergebung.
Denn
meine Gedanken sind nicht eure Gedanken,
und
eure Wege sind nicht meine Wege, spricht der HERR,
sondern
soviel der Himmel höher ist als die Erde,
so
sind auch meine Wege höher als eure Wege
und
meine Gedanken als eure Gedanken.
Denn
gleichwie der Regen und Schnee vom Himmel fällt
und
nicht wieder dahin zurückkehrt,
sondern
feuchtet die Erde
und
macht sie fruchtbar und lässt wachsen,
dass
sie gibt Samen, zu säen und Brot, zu essen,
so
soll das Wort, das aus meinem Munde geht, auch sein:
Es
wird nicht wieder leer zu mir zurückkommen,
sondern
wird tun, was mir gefällt,
und
ihm wird gelingen, wozu ich es sende.
Denn
ihr sollt in Freuden ausziehen
und
im Frieden geleitet werden.
Es gibt noch eine zweite
typische Gelegenheit, in der diese Sätze gerne zitiert werden:
Das ist bei Aussendungen
von Missionaren.
Wenn jemand losgeschickt
wird, um von Gott und Glauben zu reden, dann tut es gut, das zu hören:
„Mein Wort wird nicht wieder leer zu mir zurückkommen, sondern wird tun, was mir
gefällt, und ihm wird
gelingen, wozu ich es sende“
Das klingt nach einer
Ermutigung – für einen Boten Gottes, der etwas eher Unangenehmes zu
sagen hat. Der damit rechnen muss, dass seine Hörer diese Botschaft nicht
wollen.
Gott hat geredet. Und Er
sorgt dafür, dass sein Wort Gehör findet.
Ja, seine Worte sind wie
Samenkörner – hier und da fallen sie auf fruchtbaren Boden.
Also: da werden sich schon
Menschen einstellen, die es hören und verstehen.
Es klingt wieder fast ein
wenig trotzig, oder?
Mich erinnert es an Jesus:
Wenn
Ihr nicht hören wollt – Gott kann sich auch aus Steinen Kinder
erwecken!
Und so bleibt eine Unruhe:
Kommen wir – die Hörer – so gut weg in diesen Worten?
Oder sind wir nicht eher
die, deren Wege so gar nicht Gottes Wege sind?
Deren Gedanken meistens um
ganz andere Probleme kreisen als darum,
wie der Schöpfer Himmels
und der Erde seine Welt ansieht.
Ihr Lieben, wir sind hier
an einem entscheidenden Punkt der Bibel:
Die Bibel beansprucht, das
Reden Gottes zu enthalten und bis heute sein Sprachrohr zu sein.
Und eben nicht die
gesammelten Gedanken von Menschen über Gott!
Die Bibel ist kein Lehrbuch
einer Religion.
Sondern die Behauptung: da
gibt es einen Gott, der zu Menschen spricht.
Lebendig und aktuell –
heute!
„Wie
redet Gott?“ Und „Was sagt
uns Gott?“
Auf diese beiden Fragen hören
wir heute Antworten – jeder mag prüfen, ob das für ihn Wahrheit ist
oder nicht.
Auf dreierlei Weisen redet
Gott – durch die Geschichte hindurch - und bis heute:
1.
Zuerst einmal: Gott ist der Schöpfer – und er redet durch seine Schöpfung.
Die Schöpfung ist
durchdrungen von Ordnungen – und diese Ordnungen ermöglichen Leben.
Im Moment überrascht meine
siebenjährige Tochter mich immer wieder mit Fragen:
Gestern fragte sie: Papa,
wo wird eigentlich die Luft gemacht?
Wir nehmen das ja meistens
so selbstverständlich – dass wir immer genug Luft zum Atmen haben.
Dabei sind wir da – wie in vielen anderen Bereichen darauf angewiesen,
dass ein höchst sensibles Gleichgewicht erhalten bleibt: In dem
Gasgemisch um uns herum sind fast konstant 16% Sauerstoff – und nur so können
wir die Luft atmen.
Und wir verbrauchen ständig
diesen Sauerstoff. Nur ein paar Stunden im geschlossenen Raum – und wir
wären tot. Andersherum erzeugen die Bäume den Sauerstoff – und binden
das Kohlendioxid – an dem wir sterben würden, wenn zu viel davon da wäre.
So ungefähr jedenfalls.
Ich bin kein Biologe, aber
mir reicht diese Beobachtung, um Gott reden zu hören.
Er hat die Natur so
eingerichtet, wie sie ist – und sie ist gut so.
Jesaja nimmt den
Zusammenhang von Regen und Auskeimen der Saat – weitere Beispiele für
ausgesprochen komplexe Abläufe, die perfekt funktionieren, oder?
Und Jesaja hört darin Gott
reden: Ist es nicht tröstlich? Die Natur ist verlässlich.
Und sie spiegelt damit
etwas vom Wesen Gottes wieder:
Klar, das reicht nicht.
Sonst hätten wir uns heute Morgen auch zum Spaziergang verabreden können.
Aber verachten wir es auch nicht! Die Natur redet im Namen Gottes, des Schöpfers.
Und sie sagt: Du bist nicht allein. Für Dich ist gesorgt. Erste Aussage des
redenden Gottes!
2.
Und dann redet Gott durch Menschen, denen er eine besondere Sicht gibt: Propheten.
Propheten sendet Gott, weil
seine Geschöpfe gottlos geworden sind.
Wir Menschen haben Gott
vergessen. Aus unseren Gedanken verloren.
Und wir leben zumeist nicht
so, wie Gott sich das gedacht hat.
Wir neigen dazu, Leben zu
zerstören – unser Eignes, häufiger das Leben Anderer.
Mehr oder weniger –
jedenfalls spüren wir: es läuft nicht so, wie es sollte.
Und Gott redet! Ihn lässt
es nicht kalt, denn er liebt seine Welt.
Durchgängige Behauptung
der Bibel: Gott liebt seine Welt – und lässt sie nicht so, wie sie ist.
Gott sendet Propheten –
und die sagen:
Ihr
Hörer müsst umkehren! Ihr lebt nicht so, wie es richtig wäre.
Ein Prophet zu sein ist
meistens unbequem.
Was er oder sie zu sagen
hat, wollen Viele nicht hören.
Es gehört zu den Wundern
der Bibel, dass es dieses Buch überhaupt noch gibt.
Eigentlich eignet sich so
ein Buch doch nicht zum Welt-Bestseller!
Ein Buch, in dem der Leser
fast auf jeder Seite infrage gestellt wird.
Du
bist auf dem falschen Weg! Kehr um und hör mit Deiner Bequemlichkeit auf!
Die Propheten der Bibel
wurden fast alle verfolgt – viele kamen gewaltsam zu Tode.
Und das Bild, das sich
durch diese Botschaft bei Vielen eingeprägt hat, ist dies:
Gott ist zornig. Er fordert
etwas von uns. Wir müssen uns anstrengen, um ihm zu gefallen.
Ja, das ist ein Reden
Gottes. Aber – es ist nicht Gottes letztes Wort!
3.
Das letzte Wort Gottes – ist ein Wort der Liebe: es heißt Jesus!
Jesus, der von Gott
gesandte Sohn und Retter. Er ist das letzte Wort Gottes.
Der Jünger und Evangelist
Johannes hat seine Begrifflichkeit nicht erfunden, als er zu Beginn seines
Evangeliums von Jesus als dem Fleisch gewordenen Wort Gottes sprach.
Johannes hat zutiefst
verstanden, was Jesaja angekündigt hat:
Mein
Wort wird nicht leer zu mir zurückkehren –
Ihm
wird gelingen, wozu ich es gesandt habe. So redet Gott über seinen
Sohn!
Die Propheten haben zur
Umkehr gerufen – aber nur Wenige haben gehört.
Auch Jesus teilte übrigens
dieses Los der Propheten! Darin war er ganz Mensch!
Als er über Jerusalem
klagte. Oder als die Menge sich von ihm wieder abgewandt hatte.
Und er die Zwölf fragte: Wollt
ihr auch gehen?
In all dem war Jesus wie
einer der Propheten.
Nur: So lange wir in ihm
nicht mehr sehen als den Zeugen Gottes – solange haben wir das letzte
Wort Gottes über seine Welt nicht gehört.
Was die Propheten nie
erreicht haben, das hat Jesus getan:
Johannes berichtet von der
Todesstunde Jesu: sein letztes Wort war dies:
Tetelestai!
Es ist vollbracht!
Das ist es, was seither
seine Wirkung in der Welt entfaltet:
Jesus ist nicht vergeblich
in die Welt gekommen!
Er hat den Kampf
aufgenommen gegen die üblen Mächte dieser Welt – und hat gesiegt.
Der Weg zur Vergebung ist
frei. Die Frage nach der Sühne für die Schuld ist beantwortet.
Jeder Mensch hat das
Angebot, noch einmal neu anzufangen – egal, was bisher gewesen ist.
Heute klingt dieses letzte
und zugleich wichtigste Wort Gottes neu auf:
Du
bist mir willkommen. Verstock dein Herz nicht länger.
Hierin zeigt Gott sein
wahres Herz:
Es ist die unendliche
Geduld der Liebe – mit der schaut er uns an.
Drei Formen des Redens
Gottes: Die Schöpfung sagt: Du bist
nicht allein!
Die Propheten sagen: Kehr
um – Dein Leben ohne Gott geht an
Gott vorbei!
Und Jesus, das eine Wort
Gottes sagt: Es ist vollbracht! Du
bist frei, Komm nach Hause!
Amen!
Björn Heymer
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