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Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31 Ev. Philippusgemeinde Köln Raderthal Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31
 

Predigt am 21. Januar 2007  über  Römer 12, 1 - 8
 
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Ihr Lieben,

was ist ein Gottesdienst? Eine Veranstaltung am Sonntag Morgen – in der Kirche – oder?

Manch einer wird vielleicht ergänzen:

Gottesdienst? Das ist: Wir dienen Gott, indem wir ihm zur Ehre singen und beten.

Nein, sagen Andere – Gottesdienst – das heißt: Gott dient uns! Er spricht zu uns.

Er tröstet uns. Er macht uns wieder Mut für die kommende Woche.

Dass wir Gottesdienst feiern dürfen, das ist ein großes Vorrecht. Eine wunderbare Sache.

Auf jeden Fall sind Ort und Zeit ziemlich klar, oder?

Gottesdienste zu feiern ist nichts besonderes, nichts, was nur Christen täten.

Die Feier des Gottesdienstes gehört in jede Religion. Und seit jeher war und ist bis heute klar:

Man geht dazu an einen heiligen Ort. Meist zu festen Zeiten.

Denn Gottesdienst feiert man in einer Gemeinschaft – und oft wird ein Opfer dargebracht.

Wir ganz anders klingt das, was Paulus an die Christen in Rom schrieb!

Was wir da eben von ihm gehört haben, das entsprach - und entspricht bis heute - überhaupt nicht dem allgemeinen Verständnis von Gottesdienst.

Paulus sagt: Euer Gottesdienst soll anders sein als Heiden ihn feiern:

Nicht an einem heiligen Ort!

Nicht zu festgelegten Zeiten!

Nicht mit Opfern, die ihr eurem Gott darbringt.

All das liegt hinter Euch. Denn So feiern die, die von Gott etwas Entscheidendes nicht wissen.

Die Heiden feiern ihre Gottesdienste aus einem Grund:

Im Tiefsten haben Menschen Angst vor den Gottheiten –

und suchen Wege, diese unbekannte Macht günstig zu stimmen, sie zu besänftigen.

Deshalb bringen sie Opfer. Das lassen sie sich viel kosten – an Geld, an Arbeit, an Zeit.

Wer noch so denkt, - meint Paulus - der hat nicht begriffen, was in Christus geschehen ist!

Seit Jesus gibt es eine ungeheuer befreiende Wahrheit über Gott:

Niemand braucht sich noch irgendwas zu erarbeiten oder bei Gott abzutrotzen!

Gott hat die Rechnung, die zwischen Ihm und uns offen war, längst bezahlt.

Deshalb kann ein christlicher Gottesdienst nie eine Leistung sein, mit der wir punkten könnten. Nie etwas, womit wir Gott einen Gefallen tun würden.

Wie dann? Was wäre ein Gottesdienst im Sinne Jesu:

Hingabe! Ganze Hingabe des Lebens in einen Dienst.

Davon spricht Paulus:

Ich ermahne euch nun, liebe Brüder, durch die Barmherzigkeit Gottes, dass ihr eure Leiber hingebt als ein Opfer, das lebendig, heilig und Gott wohlgefällig ist. Das sei euer vernünftiger Gottesdienst. Und stellt euch nicht dieser Welt gleich, sondern ändert euch durch Erneuerung eures Sinnes, damit ihr prüfen könnt, was Gottes Wille ist, nämlich das Gute und Wohlgefällige und Vollkommene. Denn ich sage durch die Gnade, die mir gegeben ist, jedem unter euch, dass niemand mehr von sich halte, als sich's gebührt zu halten, sondern dass er maßvoll von sich halte, ein jeder, wie Gott das Maß des Glaubens ausgeteilt hat.

Hingabe an einen Dienst in der Gemeinde – das ist Gottesdienst, wie Paulus ihn versteht.

Modern übersetzt bedeutet das: Jeder Christ ein Mitarbeiter.

Früher oder später stellt sich für jeden in der Gemeinde die Frage:

Was ist meine Aufgabe hier in der Gemeinde? Wo ist der Bereich, wo ich mich engagiere?

Wie trage ich dazu bei, dass die Botschaft des Evangeliums Menschen erreicht?

In der Gemeinde Jesu sind die Zuschauerränge meistens nur dünn besetzt.

Vor zwei Tagen habe ich eine schockierende Geschichte aus Amerika gelesen:

Sie hätte wohl ebenso in Bremen oder Köln passieren können:

1964 in einem Stadtteil von New York:

in Queens wird eine junge Frau namens Kitty Genovese auf offener Straße erstochen.

Dreißig Minuten lang wurde sie von einem Angreifer gejagt und dreimal attackiert.

Achtunddreißig Nachbarn sahen aus den umliegenden Fenstern zu. Niemand eilte zu Hilfe. Niemand rettete sie. Niemand rief die Polizei. Sie sahen einfach zu.

Schrecklich! Warum hat niemand eingegriffen?

Diese Frage stellt sich in unserer Gesellschaft immer öfter:

Woran liegt es, dass immer wieder erschütternde Dinge passieren –

und viele schauen zu und greifen nicht ein.

Psychologen haben dieses Phänomen genau untersucht. Sie haben gefragt:

Weshalb greifen Menschen in Notsituationen ein? Wann tun sie das, und wann nicht?

Sie haben Situationen nachgestellt und beobachtet, wie die Leute reagieren.

Ein Ergebnis: Es war nicht entscheidend, wie ernst die Situation war oder wie laut einer um Hilfe schrie. Auch der Charakter der Zuschauer, ihre Bildung oder soziale Herkunft spielten kaum eine Rolle. Entscheidend war, wie viele Zeugen es bei einem Ereignis gab.

Je mehr Leute zugegen waren, desto weniger griffen ein, um zu helfen.

Wenn einer allein stand, griff er /sie deutlich eher ein – als aus einer Gruppe heraus.

Woran das liegt? Wir sind seit Jahren daran gewöhnt, Zuschauer zu sein. Wir bekommen täglich Katastrophen ohne Ende vorgeführt, sitzen in unseren Sesseln – und tun nichts.

Stürme, Überschwemmungen, Brände, Selbstmorde, Gewaltverbrechen, Hunger – eine Welt zu angucken. Wir lassen uns unterhalten – oder auch schockieren.

Nur eins tun wir nicht: Wir können nicht eingreifen – also lassen wir es.

Und dieses täglich geübte Verhalten wenden wir dann auch im wirklichen Leben an.

Mit dem Ergebnis: wir bleiben Zuschauer. Wir lassen uns nicht selber ein.

Und zwar umso eher, je mehr wir Teil einer Gruppe sind.

Gilt das auch in der Gemeinde?

Bleiben wir da auch die wohlmeinenden oder kritischen Zuschauer?

Gerade, wenn Andere auch da sind. Von denen wir schnell denken: Wahrscheinlich ist jetzt jemand Anderes gemeint – aber doch nicht gerade ich!

Paulus hat Gemeinde total anders gesehen – bei ihm gab es keine Zuschauer!

Denn wie wir an einem Leib viele Glieder haben, aber nicht alle Glieder dieselbe Aufgabe haben, so sind wir viele ein Leib in Christus, aber untereinander ist einer des andern Glied, und haben verschiedene Gaben nach der Gnade, die uns gegeben ist. Ist jemand prophetische Rede gegeben, so übe er sie dem Glauben gemäß. Ist jemand ein Amt gegeben, so diene er. Ist jemand Lehre gegeben, so lehre er. Ist jemand Ermahnung gegeben, so ermahne er. Gibt jemand, so gebe er mit lauterem Sinn. Steht jemand der Gemeinde vor, so sei er sorgfältig. Übt jemand Barmherzigkeit, so tue er's gern.

Gemeinde, das ist eine Gruppe von Menschen, die etwas verbindet:

Sie wissen sich verbunden darin, dass Jesus ihnen das Leben neu geschenkt hat.

Da gibt es sehr unterschiedliche Menschen – mit unterschiedlichen Gaben.

Manche können gut reden – Ding erklären und die Wahrheit überzeugend vermitteln.

Andere kriegen kaum den Mund auf – aber sind ein Ausbund an Zuverlässigkeit, wenn es um praktische Dinge geht.

Wieder Andere haben Zeit und können gut zuhören – und sich die Dinge merken, die ihnen anvertraut werden. Sie vermögen es, Menschen zu trösten.

Es gibt die Managertypen. Denen fällt es leicht, eine Sache anzustreben und ein Ziel auch zu erreichen. Manche sprudeln nur so vor Ideen, die Andere mitreißen.

Auch Freigiebigkeit ist eine Gabe, oder Gastfreundlichkeit. Und, und, und.

Es gibt eine Fülle von Begabungen!

Eine nennt Paulus hier – die ist nicht gerade beliebt: Die Gabe der Ermahnung.

Das ist die Fähigkeit, zu erkennen, wo jemand sich falsch verhält – und das mutig und liebevoll anzusprechen.

Im Griechischen hat dieses Wort nicht so sehr den negativen Klang wie in unserer Sprache.

Da geht es um Herausrufen. Gemeint ist: man erkennt: einer hat sich verrannt.

Sein Leben steckt in einer Sackgasse. Er schadet sich oder Anderen. Und Ermahnung ist:

Jemanden da raus zu rufen. Paulus tut das mit den Christen in Rom.

So beginnt er: Ihr lieben Brüder, ich ermahne Euch! In Eurem Leben ist was falsch!

Es fehlt Euch an Hingabe.

Die Gabe der Ermahnung will keiner haben –

denn man braucht eine Menge Mut, so was zu tun.

Paulus zählt hier Gaben auf, mit denen die Gemeinde entwicklungsfähig ist.

Wo sie noch nicht da ist, wo sie von Gott her sein könnte.

Ist das ein Ruf an uns?

Wir erleben, dass Viele in der Gemeinde gerne dabei sind – sich auch hier und da engagieren.

Und gleichzeitig bei Vielem zuschauen, wie Andere es machen.

Gerade bei Leitungsverantwortung ist es immer schwerer, Menschen zu finden, die es machen wollen. Unsere Gottesdienste sind noch sehr stark Zuschauerlastig.

Und das hat eine ganz fatale Folge:

Zuschauer werden mehr und mehr unbarmherzig – weil sie ja nie einen Fehler machen.

Ich muss an die Spruchweisheit denen, die in vielen Büros hängt:

Wer viel Arbeitet, macht viele Fahler. Wer wenig arbeitet, macht wenig Fehler.

Und wer wenig Fehler macht, der wird befördert.

Klar, dass dieser Spruch nicht wahr ist. Trotzdem: wir scheuen das Fehlermachen, oder?

Dabei sagen Andere: Wer nie Fehler macht, der arbeitet unterhalb seiner Möglichkeiten.

Vielleicht sollten wir ganz anders über Fehler denken:

Vielleicht sollten wir Fehler freudig begrüßen – sind sie doch oft ein Zeichen vollen Einsatzes.

Oder sogar Zeichen, dass einer mehr leistet, als gut für ihn ist. Dann müssten wir Fehler noch anders sehen: nämlich als Signal, dass einer Hilfe oder Entlastung braucht.

Nur wer sich engagiert, gibt Gott die Chance, Erfahrungen zu machen.

Der erlebt hautnah, wie der Heilige Geist eingreift.

Für Zuschauer bleibt das eher rätselhaft.

Darum ermahnt Paulus seine Leser: Kommt raus aus der Zuschauerrolle!

Lasst Euch ein. Übernehmt Aufgaben in der Gemeinde – Euren Gaben gemäß.

Eine Möglichkeit dazu haben sich Einige ausgedacht.

Nachher am Ausgang wird ein Projekt vorgestellt, wo viele mitmachen können und sollen.

Das Projekt Geldvermehrung.

Die Idee ist: wer mitmacht, bekommt eine Summe Geldes anvertraut und kann versuchen, dieses Geld zu vermehren.

Um am Ende einen höheren Betrag wieder der Projektleitung zurückzubringen. Wie?

Indem er mit diesem Geld genau das tut, was er besonders gut kann – und was Geld einbringt.

Das biblische Vorbild hat Jesus erzählt – wir haben es vorhin gehört.

Dahinter steht das, wozu Paulus uns freundlich ermahnt:

Bringt Eure Gaben ein zum Wohl der Gemeinde.

Damit die Weitergabe des Evangeliums gefördert  wird.

Inge Herrig und Susanne Gries werden gerne die Einzelheiten beim Kirchenkaffee erklären.

Manche Ideen sind schon da – Andere werden sicher noch kommen.

Entscheidend wird gar nicht so sehr das Ergebnis sein – sondern die Erfahrung:

Wir wagen gemeinsam etwas – für eine gute Sache.

Und wer weiß? Vielleicht erleben wir unterwegs eine ganz neue Form der Gottesbegegnung.

Amen.

Björn Heymer