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Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31 Ev. Philippusgemeinde Köln Raderthal Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31
Predigt am 29. Oktober 2006  über Psalm 23-
 
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Ihr Lieben,

wir haben eingeladen zum Thema "Zeit zum Beten".

Dahinter stehen für mich drei Fragen:

wann bete ich?

wie bete ich?

wo bete ich?

1. An mein erstes ganz bewusstes Gebet kann ich mich noch gut erinnern.

Ich war 18 Jahre alt – und wusste nicht viel von Gott.

Ehrlich gesagt – es war eher ein Gebet in den Nebel gesprochen.

Und doch markiert es bis heute für mich eine entscheidende Lebenswende:

Damals betete ich so:

„Herr im Himmel, ich weiß zwar nicht, ob es Dich überhaupt gibt.

Aber ab jetzt will ich davon ausgehen, dass es wahr ist, was Christen mir sagen.

Ich will glauben – höre mein Gebet.“

Vielleicht hab ich sogar Amen gesagt, damals.

Bei diesem Gebet war niemand bei mir – und auch die meisten meiner Gebete seither hab ich ganz für mich gebetet.

Zeit zum Beten – die hab ich mir dann in meinem Zimmer genommen – ohne Störung oder Ablenkung. Meistens kurz vor dem Schlafengehen – da fiel es am Wenigsten auf.

Wann ist eigentlich Zeit zum Beten? Eine erste Antwort ist für mich:

Wenn ich Gott suche. Ja, tatsächlich – ich kann beten, auch wenn ich noch gar nicht viel weiß, und vielleicht noch gar nicht von mir sage: Ich glaube an Gott.

Beten ist immer auch eine Suchbewegung auf Gott hin.

Und zwar, das kann ich heute sagen – die verheißungsvollste Form der Suche nach Gott.

Wen Gott gar nicht interessiert, der wird wohl kaum ernsthaft beten.

Wer aber spürt: „Die Sache mit Gott lässt mir keine Ruhe“ – für den ist es Zeit zum Beten.

2. Und wie geht das? Wie bete ich?

In der Bibel gibt es eine ganze Reihe von Mustergebeten – aufgeschrieben und dann immer wieder ausprobiert.

Als Schule des Betens gewissermaßen.

Ich greife ein sehr bekanntes Gebet heraus. Es ist der 23. Psalm. Der mit dem Hirten.

Er lautet so:

Der Herr ist mein Hirte, - mir wird nichts mangeln.

Er weidet mich auf einer grünen Aue - und führet mich zum frischen Wasser.

Er erquicket meine Seele.

Er führet mich auf rechter Straße - um seines Namens willen.

Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, - fürchte ich kein Unglück;

denn du bist bei mir, - dein Stecken und Stab trösten mich.

Du bereitest vor mir einen Tisch - im Angesicht meiner Feinde.

Du salbest mein Haupt mit Öl - und schenkest mir voll ein.

Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang,

und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar.

Warum gerade dieser Psalm. Viele kennen ihn – so gut, dass sie schon gar nicht mehr gut hinhören. Dabei lohnt es sich!

Was mir auffällt: Erstmal ist das gar kein Gebet! Ein Gebet, das ist doch ein Reden mit Gott.

Hier aber beginnt einer damit, über Gott nachzudenken.

David beschreibt Gott, wie er ihn erlebt hat. Der hat für mich gesorgt – in guten Zeiten  - und auch dann, wenn es nicht so gut war.

David redet mit uns, den Hörern über Gott. Das ist doch gar kein Beten!

Richtig. Zu Beginn ist dieses Gebet gar kein Gebet.

Aber dann:

Dann wird daraus ganz plötzlich doch ein Beten - ein Reden mit Gott.

Und zwar in dem Moment, wo die Erinnerungen den Beter geradezu erdrücken.

Selbst wenn es mir wirklich schlecht geht – erzählt David, auch heute noch fürchte ich dann kein Unglück. Was für ein Satz!

Ich denke an den gestandenen Mann, der mich besuchte, weil seine Mutter gestorben war.

Wir wollten die Trauerfeier vorbereiten und er erzählte. Von seinen Eltern, was seine Mutter für die Kinder bedeutete. Und da schwang Bewunderung und Dankbarkeit mit.

Bis zu einem Punkt, da ging es auf einmal nicht mehr. Als er wieder daran dachte, dass dieser geliebte Mensch nun tot ist. Da brach er in Tränen aus. Und weinte. Die Stimme versagte.

Und er entschuldigte sich.

Diesen Moment erleben wir gewissermaßen bei David mitten im 23. Psalm.

Vielleicht hat er sich an den Moment erinnert, als er erfuhr, dass sein geliebter Sohn tot war.

Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal -

Und dann geht es weiter: „Du bist bei mir“

Keine große Anrede, kein Titel, kein Wechsel in der Körperhaltung. Nichts von alldem.

Sondern etwas sehr kostbares: Du bist bei mir.

Jetzt redet David direkt mit Gott. Unmittelbar und ganz ehrlich.

So redet einer mit seinem Freund.

Mit jemandem, auf den er sich unbedingt verlassen kann.

Was dann folgt: David umschreibt das tiefe Vertrauen, das er in seinen Schöpfer hat.

Und siehe da: der Beter spürt eine Veränderung. Beim Beten wächst sein Glaube.

Bis hin zu einer unumstößlichen Gewissheit:

Ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar.

Die letzten Zeilen dieses Psalms sind streng genommen auch kein Gebet.

Sondern wieder eine Beschreibung. Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang – und ich werde bleiben im Hause des Herrn für immer.

Es ist, als wenn der Geist Gottes ihm während des Betens die Augen geöffnet hätte.

Tröstlich finde ich, was Paulus einmal geschrieben hat:

„Wir wissen gar nicht, wie wir beten sollen. Aber: der Geist Gottes übersetzt unsere Gebete – und macht so etwas daraus, was ihm Ehre macht, worüber er sich freut.“

Also gibt es eigentlich gar kein falsch oder richtig beim Beten.

Ohne Gott wäre jedes Beten falsch, weil wahrscheinlich viel zu egoistisch.

Aber Gottes Geist kann aus jedem Gebet eine Symphonie in den Ohren Gottes machen.

Also bete ich ganz frei drauflos.

3. Und wo? Wo finde ich Ruhe zum Beten?

Es war auf einer Schülerfreizeit. In einem warmen und sonnigen Sommer mitten in den norwegischen Bergen. Da gab es mal einen Tag ganz ohne Programm.

Und da bin ich – mit meiner Bibel ganz allein losgewandert.

Und hab mich dann fernab aller Wege und Leute auf einen dicken Stein gesetzt.

Und hab gebetet. Ohne Uhr, ohne Thema, einfach so.

Ich weiß nicht, wie lange – aber ich wusste: niemand wartete vor dem Abend auf mich.

Es war eine unwahrscheinlich schöne Erfahrung.

Und heute denke ich manchmal: So einen Felsen mitten im Wald bräuchte ich.

Einen Ort, an dem mich niemand stört.

Heute ist das meistens einfach das Sofa in meinem Arbeitszimmer.

Da ist gar nichts  Besondere dran – außer, dass ich den Tisch frei räume und nur eine brennende Kerze und meine Bibel darauf habe. Da finde ich Ruhe zum Beten.

Und sonst? Ich hab mir angewöhnt, in meinen Gedanken nie sehr weit weg von Gott zu sein. Ganz egal, ob ich hinter dem Steuer im Auto sitze, beim Lesen einer Zeitung oder auch im Gespräch mit einem Menschen.

Mit einem Gedanken bin ich manchmal schnell mal eben bei Gott.

Denn ich weiß: Gott ist nicht fern von uns. Er ist ganz nah. Nur ein Gebet weit entfernt.

Das, was wir denken, immer erst wegräumen zu müssen, bevor wir beten – das ist immer nur unser Problem. Gott sieht da einfach hindurch.

Wie durch eine einseitig verspiegelte Scheibe vielleicht. Wir sehen nur uns selbst.

Und denken: So kann ich doch unmöglich beten. Ich muss erst dies erledigen, das bereinigen oder eine bestimmte Sprache lernen.

So schauen wir auf uns - und wagen es kaum, mit Gott zu reden.

Und Gott? Der schaut uns längst an – und schüttelt vielleicht den Kopf darüber, wie schwer wir es uns machen. Und wartet in aller Geduld, bis wir so weit sind.  

Und dann ist es, als sagte er: Schön, dass Du da bist! Ich höre.

Amen.

Björn Heymer