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Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31 Ev. Philippusgemeinde Köln Raderthal Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31
Predigt am 03. Sept. 2006  über Apostelgeschichte 3, 1 - 11 --
 
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Ihr Lieben,

in der Fußgängerzone von Münster gibt es eine Hausfassade, die mit hellem Sandstein verkleidet ist. Und an einem Pfeiler ist ein auffallender dunkler Fleck zu sehen.

Vom Fußboden an bis etwa 1 Meter Höhe. Etwa so, als habe dort ein Kohlensack gestanden.

Dieser Fleck erzählt eine Geschichte:

Als ich vor 15 Jahren dort studiert habe, da saß an dieser Stelle fast jeden Tag ein Bettler. 

Ein sehr übergewichtiger Mann, der ausgesprochen ungepflegt wirkte.

Speckige Jacke und ebensolche langen Haare.

Dort, wo er immer saß, hatte er über die Jahre diesen deutlich sichtbaren Fleck hinterlassen.

Als ich nun vor einem Jahr mal wieder in der Stadt war, da war dieser Bettler nicht mehr da.

Nur der Fleck – der war immer noch zu sehen.

Ich stell mir vor, in Jerusalem, an der Mauer neben dem Goldenen Tor gab es auch einen solchen Fleck.

Jedenfalls gab es einen Bettler, der genau dort seinen gewohnten Platz hatte.

Er war gelähmt, wurde Morgen für Morgen dorthin getragen und am Abend wieder abgeholt.

Er gehörte mit seiner Bitte um Almosen zum Stadtbild – ganz selbstverständlich.

Und eines Tages – da war er verschwunden. Was war geschehen?

Lukas berichtet im Buch der Apostel:

Petrus aber und Johannes gingen hinauf in den Tempel um die neunte Stunde, zur Gebetszeit. Und es wurde ein Mann herbei getragen, lahm von Mutterleibe; den setzte man täglich vor die Tür des Tempels, die da heißt die Schöne, damit er um Almosen bettelte bei denen, die in den Tempel gingen. Als er nun Petrus und Johannes sah, wie sie in den Tempel hineingehen wollten, bat er um ein Almosen.

Petrus aber blickte ihn an mit Johannes und sprach: Sieh uns an! Und er sah sie an und wartete darauf, dass er etwas von ihnen empfinge. Petrus aber sprach: Silber und Gold habe ich nicht; was ich aber habe, das gebe ich dir: Im Namen Jesu Christi von Nazareth steh auf und geh umher! Und er ergriff ihn bei der rechten Hand und richtete ihn auf. Sogleich wurden seine Füße und Knöchel fest, er sprang auf, konnte gehen und stehen und ging mit ihnen in den Tempel, lief und sprang umher und lobte Gott. Und es sah ihn alles Volk umhergehen und Gott loben. Sie erkannten ihn auch, dass er es war, der vor der Schönen Tür des Tempels gesessen und um Almosen gebettelt hatte; und Verwunderung und Entsetzen erfüllte sie über das, was ihm widerfahren war. Als er sich aber zu Petrus und Johannes hielt, lief alles Volk zu ihnen in die Halle, die da heißt Salomos, und sie wunderten sich sehr.

Heute also eine Heilungsgeschichte.

Als ich einmal meine Konfirmanden fragte, was ihnen bei Jesus einfiele, da kam als Erstes: „Der hat Kranke geheilt.“ Das fällt am meisten auf.

Gerade Leute, die als unheilbar galten – bei hoffnungslosen Fällen, veränderte sich doch etwas. In der Begegnung mit Jesus geschah Berührung und Heilung.

So würde sich dieser Bericht einreihen in die Erzählungen von Bartimäus, von den zehn Aussätzigen, von dem Taubstummen, vom Kranken am Teich Bethesda, von der blutflüssigen Frau oder sogar von den Totenauferweckungen; Tochter des Jairus, Sohn der Witwe in Nain oder Lazarus.  Alle Geschichten erzählen von hoffnungslosen Fällen – und davon, dass Jesus neues Leben geschenkt hat.

Nur: hier ist es nicht Jesus, sondern Simon Petrus. Der Jünger von Jesus, der uns vor einer Woche schon beschäftigt hat - einer von uns gewissermaßen.

Der Fischer, der sich herausrufen ließ aus der heimischen Umgebung, weg von seinem Boot und seiner Familie. Der sich eher weniger als zu viel zutraute.

Der sieht auf einmal diesen Bettler.

Und er sieht ihn an, und lädt ihn ein, den Blick zu erwidern:

„Du, sieh du mich an!“

Dabei war Simon mit leeren Händen unterwegs.

Ich hab kein Geld bei mir! Aber etwas Anderes habe ich“ – so fährt er fort.

Und dann sagt Simon, dieser einfache Christ, voller Zweifel und mit den Erfahrungen im Nacken, dass es mit seinem Glauben nicht besonders weit her ist:

„Im Namen des Messias Jesus aus Nazareth: Steh auf und geh umher!“

Und das sagt er nicht nur: er ergreift den Bettler bei den Händen, zieht ihn auf seine Füße und stellt ihn hin – erfüllt von der Gewissheit:

„Jetzt  greift Jesus ein. Jetzt wird dieser Mann gesund.“.

Und das Wunder passiert tatsächlich.

Der Mann kann stehen – zum ersten Mal in seinem Leben.

Ja, er kann sogar herumspringen, tanzen und singen. Ein echtes Heilungswunder.

Nur: das alles ist lange her. Worin liegt die Herausforderung für uns heute?

Und worin der Trost? Drei Beobachtungen dazu:

Das Erste: Petrus richtet sein Leben aus nach Jesus

Dann dies: Petrus ist bereit, alles zu geben, was er hat.

Und schließlich: Petrus erlebt sich als Gottes Werkzeug

1. Als ich für eine Zeitlang in einem Kloster mit leben und studieren durfte, da habe ich dies als heilsam und wohltuend erlebt:

Der Tag wurde nicht durch die Arbeit strukturiert, sondern durch das Gebet.

Keine Arbeit ist so wichtig, dass sie nicht durch Gebet unterbrochen werden darf.

Dort hatten wir fünf feste Verabredungen an jedem Tag – im Chorraum der Kirche.

Verabredungen zum Gebet. Das tat mir gut. Es unterbrach mein Arbeiten – ohne zu stören.

Petrus und Johannes gingen zur neunten Stunde in den Tempel zum Gebet.

Die neunte Stunde, das ist der Moment am Tag, an dem Jesus am Kreuz starb.

Vermutlich war es ein Freitag.

Vermutlich dachten die Christen in ihrem Gebet in der Halle Salomos an den Tod Ihres Herrn.

Das war ihnen wichtig. Wie wichtig ist mir das Gebet im Laufe des Tages?

Habe ich feste Verabredungen mit meinem Herrn – mitten im Alltag?

Formen sind heilsam – und wer ohne Formen sein Leben lebt, der lebt wehrlos.

Der ist allen Ablenkungen und Zerstreuungen wehrlos ausgeliefert.

Wer Formen eingeübt hat, der hat gelernt, seine Grenzen zu achten und zu verteidigen.

2. Damit dies nun nicht zum steifen Korsett wird, ist das Andere wichtig:

Petrus lässt sich trotz fester Verabredung ablenken von der Not direkt vor seinen Füßen.

Es ist, als habe er die Geschichte vom barmherzigen Samariter noch im Ohr.

Er sieht den Bettler, er sieht seine Not - und bleibt stehen.

Nun hat er – anders als der Samariter - leere Taschen.

Das, worum der Bettler bittet, kann er nicht erfüllen.

Hier gilt wie so oft: wichtig ist nicht kopieren, sondern kapieren.

Petrus hat nicht den barmherzigen Samariter kopieren wollen.

Das konnte er gar nicht, denn seine Taschen waren leer.

Vielmehr: er hat kapiert, worum es geht:

Er nimmt sich Zeit, er sucht das Gespräch und gibt diesem Menschen damit seine Würde.  

Das  ist das Zweite, was wir von Petrus lernen können:

Ablenkungen von der Routine des Lebens sind nicht immer ärgerliche Störungen.

Manchmal sind gerade die Ablenkungen besondere Gelegenheiten Gottes.

Petrus war bereit, das zu teilen, was er hatte – seine Zeit und das Wissen: Jesus kann!

Darum spricht er dem Bettler zu:

„Im Namen von Jesus aus Nazareth – er ist der Messias! Sei gesund!“

3. Also, ich vermute, Petrus war genauso überrascht wie alle Anderen.

Es war das erste Mal, dass auf sein Wort hin das Wunder geschah.

Klar, Jesus hatte es gesagt: „Ihr werdet noch größere Dinge tun als ich getan habe.“

Aber hier geschieht es nun wirklich. Petrus erlebt sich als Gottes Werkzeug.

Durch seine Hände geht der heilsame Segen hindurch.

Und das ist heute unsere Berufung:

„Auch Ihr, seine Gemeinde, werdet noch größere Dinge tun – Größere als Jesus!“

Das fordert mich gerade an dieser Heilung heraus: dass es nicht Jesus ist, der hier zum Werkzeug der göttlichen Heilkraft wird. Sondern einer der Jünger.

Unmissverständlich ein Mensch.

Kein Wundertäter, sondern einer wie wir. Aber einer, der sich ganz auf Jesus verlässt.

Es gehört zum Schönsten des Glaubens, dies zu erleben:

Gott wirkt durch mich heute.

So erleben Menschen ihr Leben als sinnvoll.

So werden Menschen in ihrem Glauben ermutigt.

Bill Hybels hat in einer Predigt kürzlich von einem Menschen erzählt, der ihm einen Scheck überreicht hat – mit einer sehr hohen Summe.

Damit unterstützte er die Gemeinde. Spannend fand ich daran, wie dieser Mensch das begründet hat: Er sagte seinem Pastor: „Sie ahnen gar nicht, wie viel Freude es mir macht, das Geld für Dinge zur Verfügung zu stellen, die Menschen dienen und die ihnen helfen, zum Glauben zu kommen. Ich hab schon so viel Geld in meinem Leben für nutzlose Dinge ausgegeben. Diesmal weiß ich genau, dass ich das Richtige tue.“

Dieser Mann hatte Silber und Gold.

Und er hatte kapiert – deshalb brauchte er nicht zu kopieren.

Durch jeden Menschen kann Gott wirken. Auf eine ganz spezielle Weise.

Bleiben wir doch aufmerksam!

Amen.

Björn Heymer