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Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31 Ev. Philippusgemeinde Köln Raderthal Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31
Predigt am 12. August 2006  über Jeremia 1, 4 - 10-
 
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9. Sonntag nach Trinitatis,  Einführung von Jugendpastorin Esther Krüger

Ihr Lieben,

Vor vielen Jahren lernte ich in einer riesigen Firmenzentrale den Beruf des Industrie­kaufmanns. Und das Erste, was mir bei der Orientierung dort im Haus auffiel:

Es gab einen eigenen Aufzug für die Vorstandsetage. Der hielt auch nur in der 12 Ebene, während die anderen Aufzüge dort nicht hielten.

Und für den Vorstand gab es eine eigene Kantine –vermutlich mit besserem Essen.

Mit denen da oben hatte man als einfacher Angestellter nichts zu tun.

Für mich kleinen Azubi - mit 19 Jahren - war es schon aufregend genug,

überhaupt mal in das Büro eines Abteilungsleiters gerufen zu werden.

Ich hatte jedenfalls einen Mordsrespekt vor den Vorgesetzten.

Und wenn ich einen Auftrag bekam, dann hab ich den natürlich fraglos getan – so gut ich konnte. Allerdings hatte ich das sichere Gefühl: was immer ich tun sollte – es war nicht wirklich wichtig für das Unternehmen. Schließlich war ich nur Azubi.

Eben haben wir in der Schriftlesung einem Gespräch zugehört. Das kommt mir ein bisschen so vor, als wenn ein Vorstandsvorsitzender den Azubi im 1. Lehrjahr kommen lässt.

Gott selber redet einen jungen Mann an – jenseits aller Ordnung, Ausbildung oder Hierarchie.

und traut ihm Entscheidendes zu: Du sollst mein Sprecher sein – für viele Menschen.

Wir hören noch einmal genau hin:

Und des HERRN Wort geschah zu mir:

Ich kannte dich, ehe ich dich im Mutterleibe bereitete,

und sonderte dich aus, ehe du von der Mutter geboren wurdest,

und bestellte dich zum Propheten für die Völker.

Ich aber sprach:

Ach, Herr HERR, ich tauge nicht zu predigen; denn ich bin zu jung.

Der HERR sprach aber zu mir:

Sage nicht: »Ich bin zu jung«, sondern du sollst gehen, wohin ich dich sende,

und predigen alles, was ich dir gebiete.

Fürchte dich nicht vor ihnen; denn ich bin bei dir und will dich erretten,

 spricht der HERR..

Und der HERR streckte seine Hand aus

und rührte meinen Mund an und sprach zu mir:

Siehe, ich lege meine Worte in deinen Mund.

Siehe, ich setze dich heute über Völker und Königreiche,

dass du ausreißen und einreißen, zerstören und verderben sollst

und bauen und pflanzen.

Mir fällt eines gleich auf: hier geht es sehr persönlich zu.

Was Gott hier preisgibt, zeigt vor allem: Er weiß ganz genau, was er tut.

Sehr persönlich, geradezu intim - spricht er einen ganz bestimmten Menschen an.

Sozusagen unter vier Augen.

Du, Jeremia, ich kenne Dich – und zwar besser, als Deine eigenen Eltern Dich kennen. Besser als alle, die um Deine ganz besondere Geschichte wissen.

Was Du bisher geschickt verborgen hast – ich weiß darum.

Noch ehe Du überhaupt gezeugt wurdest – hatte ich schon einen ganz klaren Plan für Dich.

Hörst Du: Du bist nicht irgendjemand, der zufällig entstanden ist.

Nicht einmal das Produkt des Willens Deiner Eltern.

Ich, Gott selber, wollte, dass Du lebst. Und dass Du genau so bist, wie Du nun wirklich bist.

Das ist schon phantastisch. Dass Gott mit einem Menschen solch ganz genaue Vorstellungen und Pläne hat. Glaubst Du das über Dich?

Die Frage drängt sich mir auf. Gilt eine solch liebevolle Aufmerksamkeit nur ein paar Wenigen, Auserwählten Gottes? Oder darf ich das ganz persönlich für mich hören?

Auch wenn ich gar kein Prophet bin?

Hier geht es um ein Herzstück des Glaubens, wie Jesus ihn verkündet und gelebt hat.

Immer da, wo einer erkennt:

Ich bin gemeint. Mein Name ist Gott nicht unbekannt. Nicht einer unter Vielen, sondern einzigartig und ganz besonders. Mit einer ganz eigenen Berufung und Begabung.

Da beginnt Glauben. Heinrich Kemmner hat immer gesagt: Was in Glaubensdingen nicht per du ist, das ist perdü – also: verloren.

Wenn also ein Mensch erkennt: Selbst wenn ich der einzige Mensch auf der ganzen weiten Welt gewesen wäre – für mich ist Jesus auf die Welt gekommen. Für mich hat er das Kreuz auf sich genommen. Und ausgerechnet mit mir hat er etwas ganz Besonders vor.

Kaum zu glauben – aber das ist es, was Jeremia von Gott gehört hat.

So wendet Gott sich einem Menschen zu:

Du, ja, ganz genau - Du und niemand sonst bist gemeint.

Nun verpassen wir das Entscheidende, wenn wir bis hierher gedacht haben:

„Oh, da hat der Pfarrer sich ja ganz was Passendes für die neue Jugendpastorin ausgesucht. Schließlich wird sie ja heute auch beauftragt.“

Ja, Esther, für Dich gilt das schon auch.  Aber bloß nicht nur speziell für Dich.

Was Gott damals einem Einzelnen zugemutet hat, das ist seit Pfingsten ausgeweitet auf alle, die vom Geist Jesu ergriffen sind.

Darum das Zweite: hier geht es um einen ganz persönlichen Auftrag.

Als Jeremia lebte, da waren „die Völker“ gleichbedeutend mit „die Feinde“.

Und für die sollte er ein Prophet sein.

Was ist ein Prophet? Das ist jemand, der eine besondere Gabe hat:

Nämlich dies: die Gegenwart mit den Augen Gottes zu sehen und dass auch benennen zu können. Eine große Boulevardzeitung macht dieser Tage mit dem Satz auf sich aufmerksam:

Jede Wahrheit braucht jemanden, der den Mut hat, sie auszusprechen – mit Bildern von Martin Luther King, Galileo Galilei, Ghandi und anderen Größen der Geistesgeschichte.

Ein Bild des Propheten Jeremia – wenn wir denn eines hätten - würde auch ganz gut zu diesem Satz passen. Mir gefällt dieser Satz.

Jeremia hatte diesen Mut zuerst nicht.

Er denkt und sagt: Gott, was Du da erwartest von mir – das kann ich nicht.

Heute sind wir dazu berufen: mutig die Wahrheit zu sagen.

Wie viele Gelegenheiten für Gott sind verstrichen, weil Menschen heute wie Jeremia damals gedacht haben: Das kann ich nicht!

Wie oft haben wir einen Impuls verspürt: Jetzt könnte ich mit diesem Menschen gerade über Jesus sprechen – und haben geschwiegen, weil uns der Mut fehlte.

Oder ich hätte einem anbieten können, mit ihm zu beten – und hab es nicht getan, aus Angst, ich könnte mich blamieren.

Nein, Gott, ich kann nicht predigen – öffentlich von Dir reden. Ich bin zu jung!

Oder: Mir fehlen die richtigen Worte. Oder:  Ich müsste erst selber viel konsequenter leben.

Oder was auch immer.

Die Liste unserer Bedenken ist lang, wenn wir den Glauben zur Sprache bringen sollten.

Warum überhaupt ich? Sind dafür nicht die Profis da? Haben wir nicht eine Jugendpastorin – soll die doch mit den Kindern beten – soll die doch die Geschichte aus der Bibel erzählen. Das kann sie doch viel besser.

Was tut Gott mit den Bedenken seiner Leute?

Drei Dinge tut er: 1. er bekräftigt noch einmal seinen Auftrag. Unsere Bedenken sind für Gott kein Hinderungsgrund. Er weiß viel besser als wir, was möglich ist. Wenn Er beauftragt, dann kümmert er sich auch darum, dass es geht.

2. Gott ermutigt seine Leute. Er gibt hier ein großartiges Versprechen:

Du, hab doch keine Angst. Was immer passieren wird, ich steh hinter dir, ich rette Dich, wenn es nötig wird. Wo immer Du im Namen Jesu gehst, da gehst Du nicht allein!

3. Gott rührt den an, den er beauftragt. Eine Berührung sagt oft mehr als 1000 Worte.

Es ist etwas Ganzheitliches – wenn einer spürt:

Gott legt seine schützende Hand auf mich. Er ist stark und er steht an meiner Seite.

Als wir am Donnerstag 50 Kinder an ihrem ersten Schultag gesegnet haben, da ging es nicht nur um Worte. Da haben wir ihnen – jedem einzeln - die Hände aufgelegt, und ihnen die Nähe und die Begleitung Gottes zugesagt.

Gott hat in dieser Welt keine anderen Hände als Unsere! Eine Umarmung, ein Gestus des Segnens – das brauchen wir, wenn wir verzagt oder mutlos sind.

Wie gesagt – hier geht es sehr persönlich, geradezu intim zu. Unter Fremden geht das kaum.

Aber in der Gemeinde Jesu bleiben Menschen sich nicht fremd.

Wenn wir heute Esther Krüger in ihren Dienst einführen – dann geschieht das auch als ein Modell für viele Dienste, die in unserer Gemeinde geschehen.

Nicht nur die Hauptamtlichen sollten unter dem Segen Gottes ihren Dienst tun – sondern jeder, der im Namen Jesu arbeitet. Und nicht nur die Hauptamtlichen sollen segnen und senden – wo immer eine mutmachende Gemeinschaft zusammen ist – sei es ein Hauskreis, eine Dienstgruppe, ein Mitarbeiterkreis, sollten wir einander ermutigen im Namen Gottes.

Das ist der wichtigste Dienst, den wir in der Gemeinde einander tun können:

ermutigen im Namen Gottes.

In drei Schritten wird das sehr praktisch:

1. Erinnern wir einander an den Auftrag unseres Herrn.

2. Ermutigen wir einander, indem wir niemanden allein lassen.

3. Berühren wir einander – und lassen uns berühren – als eine Geste des Segens.

Dann geschieht Großes im Namen unseres großen Herrn.

Amen.

Björn Heymer