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Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31 Ev. Philippusgemeinde Köln Raderthal Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31
Predigt am Karfreitag 2006  über Johannes, 19, 28 -30--
 
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Ihr Lieben,

heute schauen wir auf Jesus am Kreuz.

Stundenlang dauerte sein Sterben, künstlich ausgedehnt durch ein ausgeklügeltes System des Quälens. Die Nägel durch Hand- und Fußgelenke, sie sind nicht tödlich.

Um die Last des Körpers abzufangen, saß der Gekreuzigte auf einem kleinen Brett.

So konnte er sich entlasten – aber wozu?  – Wozu die ganze unbeschreibliche Quälerei?

Und das Sterben war unausweichlich.

Zur Abschreckung für Andere – so sagten die Römer.

Ähnlich argumentieren Folterer zu allen Zeiten bis in unsere Tage.

So würden es die Verantwortlichen des Foltergefängnisses in Abu Ghureib auch sagen.

Weil Gott in Jesus die tiefsten Niederungen menschlichen Daseins auf sich nahm

Das sagt der Blick des Glaubens. So auch Johannes.

Der Schreiber des vierten Evangeliums hat es als Augenzeuge miterlebt.

Als einer der ganz Wenigen hielt er es aus – unter dem Kreuz.

Auch, als der Himmel sich verfinsterte, und alle anderen voll Panik davon liefen.

Johannes blieb auf Golgatha – und Maria mit ihm.

Johannes hörte die letzten Worte Jesu – wohl nur noch geflüstert vor Schwäche.

Danach, als Jesus wusste, dass schon alles vollbracht war, spricht er, damit die Schrift erfüllt würde: Mich dürstet. Da stand ein Gefäß voll Essig. Sie aber füllten einen Schwamm mit Essig und steckten ihn auf ein Ysoprohr und hielten es ihm an den Mund. Als nun Jesus den Essig genommen hatte, sprach er: Es ist vollbracht! und neigte das Haupt und verschied.

Durst! Im Griechischen ist es nur ein kurzes Wort: dipso! – Ich dürste!

Darauf hören wir heute.

Nun schildert Johannes dieses Geschehen nicht einfach wie ein Zeuge.

Jeder Satz dieser Beschreibung ist zutiefst durchdrungen von  geistlicher Deutung.

Mich dürstetindem Jesus das sagt, erfüllt er die Schrift, sagt Johannes.

Johannes hat im Laufe seines weiteren Lebens mehr und mehr verstanden – was er unter dem Kreuz erst nur erlebt hatte.

Darum lasst uns genau hinhören, wie er diesen entscheidenden  Moment beschreibt:

Dipso! Es ist das das kürzeste Wort  am Kreuz – und wohl auch das am leisesten Gesagte.

Gott selber hat Durst! Nicht weniger bedeutet das.

Und es ist nicht einfach eine Bitte um einen Schluck Wasser.

Im Orient ist der Durst das bedrohlichste Gefühl eines Mangels:

Viel bedrohlicher als Hunger. Den spürt man – und kann ihn stillen.

Bedrohlich ist Durst deshalb, weil er sich erst dann einstellt, wenn es schon fast zu spät ist.

Ich selber habe es auf Touren durch die Wüste lernen müssen:

Man muss dauernd trinken – nicht erst, wenn man Durst spürt.

Sonst gefährdet man sich. Sieben Liter pro Tag verliert man – ohne es zu spüren.

Die Luft ist in der Wüste so trocken, dass der Schweiß nicht kühlend auf der Haut bleibt.

Er verdunstet – und so merkt man kaum, wie man austrocknet.

Wer endlich den Durst spürt, dessen Leben ist unmittelbar in Gefahr.

In den Psalmen ist der Durst ein Ausdruck von Todesnähe.

Und wenn die Seele dürstet, dann spürt sie Gott – Verlassenheit.

Wie der Hirsch lechzt nach frischem Wasser, so schreit meine Seele, Gott, zu dir.

Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott. Wann werde ich dahin kommen, dass ich Gottes Angesicht schaue? Psalm 42,2+3

So haben wir es eben mit Worten des 42. Psalms gebetet.

Wichtig ist: bei Durst in der Bibel geht es nicht um ein positives Gefühl,

nicht um einen gesunden Durst.

Im Orient geht es beim dürsten immer um das Verdursten – um Leben und Tod.

Wenn Jesus schreit: mich dürstet – dann schreit er in Todesangst und Gottverlassenheit.

Die anderen Evangelien berichten davon, dass Jesus gerufen habe:

Eli, eli, lama asaphtani! Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen.

Das eine Wort Durst – sagt dasselbe – mindestens ebenso eindringlich.

Und jetzt sagt Johannes: Damit die Schrift erfüllt würde, sagte Jesus: Mich dürstet.

Jesus schrie vor Durst – so, wie es in der Schrift vorgezeichnet ist.

Was ist gemeint?

In Psalm 22, 16 heißt es: … und meine Zunge klebt mir am Gaumen…

Diesen Psalm hat Jesus am Kreuz gebetet. Und manche der Sätze darin lesen wie eine präzise Ankündigung dessen, was er am Kreuz erlitten hat.

Nur: der Durst ist weit mehr als ein Detail in der prophetischen Ankündigung der Passion.

Der Durstschrei ist die Todesnähe – und die Gottverlassenheit, in die Jesus freiwillig ging.

Der Durst, so verstanden - ist die Vollendung dessen, was Jesus angekündigt hatte:

Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.

Wir hören diesen Satz so leichthin. „Gott gab seinen Sohn“.

Hier, sterbend am Kreuz vollendet sich dieses Geben als Hingabe Gottes.

Jesus gab sich in den Tod. Der Durstschrei steht für die unmittelbare Todesnähe.

Deshalb ist er Ausdruck der Erfüllung der Schrift.

Die Liebe Gottes ist es, die hier zur Vollendung kommt.

Und sie hat ein klares Ziel:

Damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.

Das ist das Ziel göttlicher Hingabe: unsere Rettung!

Noch an einer anderen Stelle im Johannes-Evangelium spricht Jesus vom Durst.

Und davon, dass er unseren Durst stillen kann – so, dass wir nie mehr Durst haben müssen.

wer aber von dem Wasser trinken wird, das ich ihm gebe, den wird in Ewigkeit nicht dürsten, sondern das Wasser, das ich ihm geben werde, das wird in ihm eine Quelle des Wassers werden, das in das ewige Leben quillt. Johannes 4,14

Wir merken: hier geht es nicht um das Mangelgefühl,  wenn man zu wenig zu trinken hat!

Hier geht es darum, dass einer unsere Gottverlassenheit wegnimmt.

Jesus geht den Weg bis in den Tod – Er nimmt den Durst auf sich – damit wir nie mehr dürsten müssen. In Ewigkeit nicht.

Es ist dieselbe unumstößliche Gewissheit – wie bei dem Satz von der Liebe Gottes:

Nie mehr verloren werden, ewiges Leben haben.

Und wir heute? Was könnten wir tun? Angesichts dieser totalen Hingabe Jesu ans Kreuz?

Von dem Wasser trinken, das Jesus gibt. Dazu lädt Jesus ein.

Das sollen wir tun. Heute und immer wieder.

Esst vom Brot des Lebens – trinkt vom Kelch des Heils – so lautet die Einladung zum Mahl.

Nun sollen wir das nicht magisch verstehen.

Der Wein im Kelch verwandelt sich nicht in einen Zaubertrank.

Aber wer davon trinkt, als ein Schritt des Glaubens, der empfängt die Gewissheit:

Nichts kann mich scheiden von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist.

Lasst uns beten:

Ja, Jesus, Du hast meinen Durst erlitten – damit mein Durst gestillt sei in Ewigkeit.

Ja, Jesus, ich will trinken vom Wasser des Lebens, weil ich nie mehr fern sein will von Gott.

Öffne in mir die Quellen des Glaubens – dass ich nie mehr Gottverlassenheit spüre.

Und dass von mir Ermutigung ausgehe – damit Andere Dich finden.

Amen!

Björn Heymer