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Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31 Ev. Philippusgemeinde Köln Raderthal Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31

Predigt am Heiligabend 2005  über Philipper 2, 6-8 --
 
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 Ihr Lieben,

in diesem Jahr beschäftigen mich Bilder zum Weihnachtsthema.

Überraschende Bilder wie das, was Sie auf dem Programmblatt vorne finden.

Ein merkwürdiges Bild – eine Mutter hat ihr Kind übers Knie gelegt und holt aus, um es zu verhauen. Die Farben der Kleidung, der Heiligenschein stellen eindeutig klar, wer hier gezeigt ist: Maria mit dem Jesuskind.

Schockierend – als es vor 80 Jahren gemalt wurde und hier in Köln ausgestellt, da hat die Kirche schleunigst dafür gesorgt, dass es wieder verschwand.

Nicht wegen der Darstellung der Prügelstrafe – die war damals noch normal, ist aber heute zu Recht in die Rumpelkammer der Geschichte verstaut worden. Zur Nachahmung ist dieses Bild ausdrücklich nicht empfohlen.

Was aber dann? Man empfand es als respektlos, Maria, die ideale Mutter so darzustellen.

Und Jesus – war er nicht ohne Sünde?

Dann hätte er doch nichts getan, was Bestrafung verdient hätte.

Es ist zumindest schwer, Kindern dieses Bild zu erklären.

Denn es passt nicht zum inneren Bild von Jesus, das wir haben und auch vermitteln.

Mich fordert das Bild heraus – neu über mein Bild von Jesus nachzudenken.

So ist es für mich ein Zugang zum Wunder von Weihnachten.

Ich lese als Deutung dazu aus dem Philipperbrief – ein Weihnachtslied aus der Urgemeinde:

Er, der in göttlicher Gestalt war, hielt es nicht für einen Raub,

Gott gleich zu sein,

sondern entäußerte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an,

ward den Menschen gleich und der Erscheinung nach als Mensch erkannt.

Er erniedrigte sich selbst und ward gehorsam bis zum Tode

Ich frage uns heute Nacht: glauben wir das wirklich?

Dass Jesus ganz und gar einer wurde wie wir?

So viel ist sicher: es gab im Leben von Jesus sicher Momente, wo Leute sich total über ihn aufgeregt haben. Das geschah immer dann, wenn er Grenzen überschritten hat.

Als er die Gemeinschaft mit Leuten pflegte, die in der Gesellschaft nichts galten –

Frauen, die sich prostituierten, Zöllner, die mit dem Besatzer zusammen arbeiteten und dabei gut lebten. Jesus wurde auf ihren Festen gesehen; der Wein floss in Strömen – und er hat da sicher nicht nur Wasser getrunken.

Seine eigene Familie hat er – aus ihrer Sicht – im Stich gelassen. Er hätte nach dem Tod des Vaters dafür sorgen müssen, dass die Mutter nicht verarmt, dass die Schwestern anständig verheiratet wurden. Das wäre seine Aufgabe gewesen – und dem hat er sich entzogen.

Einmal wollten sie Jesus deshalb für verrückt erklären.

Na ja, als Erwachsener wird er sicher bei all diesem gute Gründe gehabt haben. Im Rückblick betrachtet wird es schon richtig gewesen sein, was er tat.

Warum also sollte nicht auch eine Gelegenheit vorstellbar sein, wo das Kind Jesus seine Mutter so gereizt hat, dass sie einfach sauer war?

Wer Kinder hat, der weiß, dass aus Engeln schnell auch mal Bengel werden!

Soll Jesus da die Ausnahme gewesen sein? Immer lieb und brav. Immer die Hausaufgaben gemacht und der Mutter beim Spülen geholfen?

Wir wissen es nicht – und wenn wir darüber nachdenken, spiegeln sich in dem Bild, das wir von Jesus entwickeln, vor allem unsere Wunschvorstellungen wider. So oder so.

Der Maler Max Ernst wünschte sich offenbar gerade einen Sohn Gottes, der auch Fehler gemacht hat. Von Max Ernst ist bekannt, dass er unter seinem Vater gelitten hat.

Der hat ihn nicht verstanden und das, was er tat, abgelehnt.

Er war die Stimme der damaligen bürgerlichen Welt.

Malte er deshalb Jesus so – mit einer Mutter, die sich über ihn kräftig aufregen konnte?

Weil er ein Bild von Jesus in sich trug (oder eine Sehnsucht nach einem solchen Jesus)? Damit dieser Jesus ihm selber nahe wäre in seiner Rebellion?

Vielleicht trauen wir uns gar nicht, uns Jesus so menschlich vorzustellen.

Mit einem Bild vom immer heiligen und fehlerfreien Jesus verlieren wir ihn aus unserer Nähe.

Da hinein klingt dieses alte Lied, das Paulus im Brief an die Philipper zitiert:

Ja, Jesus war in göttlicher Gestalt. Aber genau das, Gott gleich zu sein,

hielt er nicht für einen Raub, nicht für seine Beute oder seine Auszeichnung. Dann wäre er nie und nimmer ein Mensch geworden. Das hätte er nicht auf sich genommen, wenn es ihm um sich gegangen wäre – nein, er entäußerte sich selbst

(seltsames Wort; gemeint ist wohl: er ließ seine eigene Ehre ganz los)

und nahm Knechtsgestalt an, also, er wurde uns Menschen gleich und der Erscheinung nach als Mensch erkannt.

Er erniedrigte sich selbst und ward gehorsam bis zum Tode

Warum das alles? Warum lässt Gott seine Eigenschaften los und macht sich so klein und unbedeutend, wie wir es sind? Weil Er uns liebt und uns kennen will.

Der Mensch gewordene Gott, das ist Gott in Nahaufnahme – dass wir verstehen können, wer und wie Gott ist. Gott hat sich so klein gemacht, dass er in die Krippe passte und in Windeln gewickelt wurde. Er will nicht ohne uns sein. Darum die Geburt in Bethlehem in jener Nacht.

Der Mensch gewordene Gott, das ist anders herum auch von uns die Nahaufnahme.

Jesus wurde in allem versucht wie wir – heißt es im Hebräerbrief.

So gibt es nichts, mit dem wir ihm nicht kommen könnten.

Hat Jesus deshalb die Nähe solcher Menschen wir Zachäus oder Maria aus Magdala ausgehalten, weil er in der ganzen Tiefe verstanden hat, wie das ist, so versucht zu werden?

Weil ihm das nicht fremd war?

Wenn wir an der Krippe das verstehen: Jesus war wirklich wie wir.

Er wurde ein Mensch mit Ecken und Kanten – um Menschen die Liebe Gottes zu bezeugen, die Ecken und Kanten haben.

Dann könnten wir heute ganz neu die Einladung hören, die das Kind in der Krippe sagt:

Komm her zu mir, wenn Du beladen bist und Dir dein Leben Mühe macht.

Komm her, ich verurteile dich deswegen nicht. Ich nehm Dich so, wie du bist.

Ich weiß doch wie Dir zumute ist. Lass Dich einladen an die Festtafel. Amen.

Amen!

Björn Heymer