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Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31 Ev. Philippusgemeinde Köln Raderthal Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31
Predigt am 3. Advent 2005  über Römer 15, 4-13--
 
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 Ihr Lieben,

das ist ja schon etwas merkwürdig – mit der Adventszeit.

Wir sagen, das neue Kirchenjahr hat begonnen – aber mal ehrlich:

Ist ihnen nach Neuanfang zumute? Oder nicht vielmehr danach, nun den Rest des Jahres 2005 auch noch gut zu
bewältigen? Ich vermute, wir alle sind nicht gerade in Stimmung für Gedanken zu einem Neuanfang. –
Sie, Familie Reinert vielleicht noch am Ehesten.

Die Taufe Ihres Sohnes, das könnte schon einen Anfang markieren.

Aber auch da: sein Geburtstag, das war der Anfang.

Nun sind die Themen, die uns in den Adventsgottesdiensten ans Herz gelegt werden, tatsächlich Themen des Neuanfangs.

Heute hören wir auf Paulus, auf einige Sätze aus seinem wohl wichtigsten Brief –

an die Christen in Rom. Paulus schreibt

Denn was zuvor geschrieben ist, das ist uns zur Lehre geschrieben, damit wir durch Geduld und den Trost der Schrift Hoffnung haben. Der Gott aber der Geduld und des Trostes gebe euch, dass ihr einträchtig gesinnt seid untereinander, Christus Jesus gemäß, damit ihr einmütig mit einem Munde Gott lobt, den Vater unseres Herrn Jesus Christus. Darum nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Lob. Denn ich sage: Christus ist ein Diener der Juden geworden um der Wahrhaftigkeit Gottes willen, um die Verheißungen zu bestätigen, die den Vätern gegeben sind; die Heiden aber sollen Gott loben um der Barmherzigkeit willen, wie geschrieben steht (Psalm 18,50): »Darum will ich dich loben unter den Heiden und deinem Namen singen.« Und wiederum heißt es (5. Mose 32,43): »Freut euch, ihr Heiden, mit seinem Volk!« Und wiederum (Psalm 117,1): »Lobet den Herrn, alle Heiden, und preist ihn, alle Völker!« Und wiederum spricht Jesaja (Jesaja 11,10): »Es wird kommen der Sproß aus der [a] Wurzel Isais und wird aufstehen, um zu herrschen über die Heiden; auf den werden die Heiden hoffen.« Der Gott der Hoffnung aber erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben, dass ihr immer reicher werdet an Hoffnung durch die Kraft des heiligen Geistes.

Zugegeben – nicht ganz leicht zu erfassen. Was will Paulus hier?

Ein Satz fällt ja gleich auf:

„Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Lob“

steht mitten drin in diesen Sätzen. Und das wird gerne zitiert.

Als Trautext zum Beispiel.

Oder auch als Mahnung zum Frieden in der Gemeinde.

Das ist griffig, anschaulich und nett. Passt immer. Wenn wir das doch nur beherzigen würden!

Vor einigen Tagen erzählte mir eine Frau aus ihrer Familie:

„Doch, anders als sonst oft, bei uns vertragen sich die Geschwister.“ Ihre Brüder wohnen im Erzgebirge. Aber dann dachte sie nach – und kam zu dem Schluss: „Also, meine Schwägerin ist ja eine herzensgute Frau. Wenn wir uns treffen, ist es auch immer sehr nett, aber –

Und dann kams: wenn ich mit ihr zusammen leben müsste, dann gäb es sicher bald Streit.

Warum: Ihr Bruder und die Schwägerin gehören zu einer Freikirche, und sie nehmen es sehr ernst mit dem Glauben.
Die beten vor jedem Stück Schokolade“.

Sich selber schätzte die Frau da nicht ganz so fromm ein – ehrlich wäre wohl:

Gar nicht fromm. Und dann kam dieser Satz, den wir alle kennen:

„Jeder soll doch nach seiner Fasson glauben können - Oder nicht?“

Flüchtig betrachtet hätte solch eine Einstellung Paulus ja wirklich auf ihrer Seite.

„Nehmt einander an“ - als Argument dafür, jedem seinen Glauben zu lassen .

Also alles verstehen und alles akzeptieren. Toleranz als höchstes Gebot.

Nur: damit hätten wir Paulus total gegen den Strich gebürstet!

Wir müssen genauer hinhören. Was wollte Paulus, als er diesen Brief schrieb?

Er wollte seine Leser herausfordern zu einem Neuanfang. Einem Anfang, den sie noch nie auch nur gedacht haben – geschweige denn mal versucht haben.

Paulus hat den ganzen Brief an die Christen in Rom nur aus einem Grund geschrieben:

Er wirbt um die Unterstützung dieser Leute – die er nicht kennt.

Denn er will nach Rom kommen. Er braucht ein Quartier, er braucht Leute, die ihm helfen und auch welche, die ihm ihr Geld anvertrauen.

Und Paulus will aus einem einzigen Grund kommen: Er will Menschen für Jesus gewinnen.

Er will offensiv missionieren, auf die Straße gehen und Leute auf Jesus ansprechen.

In Rom und dann weiter im Westen des Reichs.

Das ist das Gegenteil von Toleranz in geistlichen Fragen, oder?

Es ist ungefähr so, als wenn Ulrich Parzany uns hier in Köln einen Brief schreiben würde, um Mitarbeiter und Unterstützer für die Evangelisation Pro Christ im März nächsten Jahres zu gewinnen. Und er weiß: die meisten Menschen hier in der Gemeinde denken:

Mission? Das ist nicht meine Sache! Dafür auch noch Geld geben?

Ne, wir bleiben unter uns – uns reicht das.

Der Brief an die Römer ist ein Werbebrief für Unterstützung eines Missionsprojektes.

Darum geht es hier – sehr zweckgebunden – und da wir tatsächlich geplant haben, uns an Pro Christ zu beteiligen, trifft uns dieser Aufruf sehr direkt und konkret.

Uns, damit meine ich nicht die, die schon bisher an so was mitgemacht haben.

Heute sind die gemeint, die bisher gedacht haben:

„Mission hier bei uns? Das können andere tun.“

Zuerst zeigt Paulus auf: Die Bibel ist durchdrungen von der Überzeugung:

Gott hat ein Herz für alle Menschen, die ihn bisher nicht kennen.

Paulus zitiert – zuerst aus den Psalmen. Das ist das Gebetbuch, das die Gemeinde ständig benutzt. Hört zu: Ihr betet doch z.B. in Psalm 18:

Darum will ich dir danken, HERR, unter den Heiden und deinem Namen lobsingen. Ps.18,50

Wenn ihr das auch so meint, dann dankt Gott wirklich so, dass Heiden es mitkriegen - nicht nur, wenn ihr unter Gleichgesinnten seid. Wenn wir die Bibel ernst nehmen, dann können wir nicht gemütlich in unseren Sesseln bleiben – sagt Paulus. Und das sagt er gegen eine übermächtige Tradition:

Das Judentum hat sich nie als eine missionarische Religion verstanden – bis heute nicht.

Wenn Menschen zum Judentum übertreten, dann ist das nach deren Verständnis eher ein Versehen.  Man nimmt das hin, gewollt ist es nicht.

Und die Judenchristen in Rom dachten ganz genauso.

Weshalb den Heiden von Jesus erzählen? Sollen die doch an ihre Götter glauben!

Und die Evangelischen in Köln genauso: „Wir wollen doch tolerant sein. Sollen wir etwa jemandem unseren Glauben andienen? Gar einem Moslem? Das gibt doch nur Ärger.“

Leute, sagt Paulus uns heute: eure Bibel sagt genau das – ob ihr es bisher so verstanden habt oder nicht. Hört auch das hier:“ Diesmal zitiert Paulus aus Mose, also mit höchster Autorität:

Freut euch, ihr Heiden, mit seinem Volk; 5. Mose 32,43

Mose hat schon damit gerechnet, dass alle Menschen Gott erkennen sollen und in das Lob seiner Herrlichkeit einstimmen. Das tun die aber nicht von allein. Dazu müssen sie etwas erfahren. Und auch dafür hat Gott gesorgt – Paulus zitiert – diesmal aus den Propheten (um auch den dritten Block heiliger Schriften noch zu zitieren): (Jesaja 11,10):

Es wird kommen der Sproß aus der Wurzel Isais und wird aufstehen, um zu herrschen über die Heiden; auf den werden die Heiden hoffen.

Das beschreibt die Sendung des Messias. Das wusste jeder Bibelleser damals.

Jesus ist von Gott auch zu den Heiden gesandt. Nicht direkt, aber sie sind mit im Blick.

Also, sagt Paulus, „hier habt ihr es – in allen Schriften der Bibel. Gott will, dass allen Menschen geholfen werde, die Wahrheit über ihn zu erkennen. Darum helft mir dabei!“

Menschen eine echte Chance zu geben, Jesus kennen zu lernen, das ist Gottes erklärter Wille – viel mehr als das Hobby einiger frommer Eiferer.

So weit der Schriftbeweis.

Dann spricht Paulus noch von einer geistlichen Voraussetzung – die nötig ist, wenn Menschen andere zum Glauben einladen. Da geht es nicht um Meinungen über Gott – sondern um die gemeinsame Grundlage des christlichen Glaubens. Die gibt es!

Die herausragende Eigenschaft Gottes ist seine Geduld. Er hält sein Gericht zurück, weil er immer noch hofft, dass noch mehr Menschen sich überzeugen lassen.

Wer ist nur auf die Idee gekommen, mit Gott zu drohen – und dann noch zu meinen, man würde damit fröhliche Christen gewinnen?

Das Evangelium von Jesus ist die Botschaft, dass Gott barmherzig ist – keine Bedingungen aufstellt, sondern jeden so annimmt, wie er oder sie kommt.

Darum – weil Gott so ist, darum nehmt Ihr auch einander an.

Die Einigkeit, die ungeheuchelte Geschwisterliebe erhebt Paulus hier zum entscheidenden Kriterium für die Glaubwürdigkeit. Und bevor Christen sich aufmachen, anderen von Jesus zu erzählen, sollen sie sich fragen:

Wie steht es mit der Einigkeit untereinander?

Wenn die nicht gelebt wird, dann fehlt das Entscheidende!

Nun ist das ja schon innerhalb einer Gemeinde schwer genug. Paulus meint hier noch viel mehr: Im Römerbrief erwähnt er mindestens vier eigenständige Gemeinden und über 20 Gemeindegründer. Rom war so groß wie Köln heute. Christen lebten verstreut in dieser Millionenstadt. Und sie waren so unterschiedlich, wie man es sich nur denken kann.

In diesem Horizont ruft Paulus:

Nehmt einander an! Ganz egal, ob ihr besonders charismatisch seid, oder ob ihr jeden Buchstaben des Gesetzes dreimal auf die Goldwaage legt. Christus hat doch auch jeden einzelnen von Euch so angenommen, wie er oder sie nun mal sind.

Die evangelische Allianz ist ein besonders bunter Haufen von Christen hier in Köln. Und gerade deshalb besonders liebenswert. In der Gebetswoche im Januar gibt es reichlich Gelegenheit, das Annehmen der Unterschiede zu üben. Ich selber werde in einer pfingstlichen, neu gegründeten Hausgemeinde sprechen. Kommt jemand mit?

Pro Christ im März wollen wir zusammen mit der koreanischen Gemeinde durchführen.

Das wird eine Premiere – und ich denke, damit liegen wir genau auf der Linie, von der Paulus hier spricht. Die Ideen sind da. Der Anfang liegt in der Luft. Wer lässt sich heute rufen?

Unterstützung brauchen wir viel. Die Zeit ist reif, zu neuen Ufern aufzubrechen. Amen!

Björn Heymer