am Nordufer des Sees
Genezareth gibt es nur einen Berg, auf dem damals nicht eine Stadt
gebaut war. Deshalb kann man ziemlich genau sagen, wo das gewesen ist
– damals, als sich eine große Menschenmenge versammelt hatte.
Sie wollten Jesus sehen. Er machte Kranke gesund.
Und er redete von Gott – und zwar so, dass man spürte: das ist
wirklich wichtig!
Ein bisschen stelle ich es
mir so vor wie heute morgen:
Männer und Frauen – und dazwischen viele, viele Kinder.
Die einen hörten aufmerksam zu – andere fragten sich, wann es denn
endlich was zu essen gibt. Die Kinder liefen den Großen zwischen den
Beinen umher.
Und wie eben im Anspiel wurde die Frage nach dem Essen immer drängender.
Und dann passierte das,
was diesen Tag damals zu einem ganz besonderen Tag machte.
Alle, die dabei waren, erlebten etwas, was sie wohl nie mehr vergessen würden.
Die Jünger fragen rum: „Wer hat was mitgebracht?“ „Nur Einer?“
Ein Kind ist da. Es reicht Jesus alles, was es hat: Zwei Fische und fünf
Brote.
Jesus nimmt das, spricht
ein Dankgebet und teilt es aus.
Er gibt es weiter an seine Jünger – nicht damit sie zu essen haben.
Sondern sie sollen es weiterreichen. Und indem sie das tun – wird es
einfach nicht weniger. Ja, es reicht, dass alle satt werden und dass sie
danach sogar noch reichlich
übrig hatten.
Was war geschehen? Einer,
der auf dem Wasser gehen konnte, der einen Sturm zum Erliegen brachte
durch ein Machtwort – der konnte wohl auch aus Wenig sehr viel machen.
Aber darum geht es nicht!
Mir fällt auf: Jesus
schnipst nicht einfach mit dem Finger oder schwingt einen Zauberstab –
wie es Harry Potter vielleicht getan hätte. Jesus war kein Zauberer.
Er nimmt das, was da war. Und damit geschieht das Wunder.
Es ging los, weil ein kleines Kind das hergab, was es hatte. Hätte es
ja nicht tun müssen!
Kinder können das wohl: vertrauen!
Wahrscheinlich hatte
dieses Kind Hunger – wie alle anderen auch.
Trotzdem: Jesus hat es angesehen – und dieses Kind hat sich
entschieden:
Es
ist wichtiger, Jesus etwas in die Hand zu legen, als erst an sich zu
denken.
Wichtiger, ihm zu vertrauen, als sich den Bauch zu füllen.
Als wir vor knapp einem
Jahr merkten, dass uns bildlich gesprochen – als Gemeinde bald die Brötchen
ausgehen werden, da haben wir im Presbyterium nicht gesagt:
Nun gut. Nun müssen wir den Rest so gut einteilen, dass es noch möglichst
lange reicht.
Klar waren solche Gedanken auch da – Trotzdem. Wir sind zu Jesus
gegangen.
Mit Zittern und Zagen haben wir gebetet und ihm gesagt:
„Jesus,
du siehst unsere Lage. Wie soll das reichen für so große Aufgaben? Wir
können die Kindertagesstätte nicht mehr füttern. Wir können auch
keinen Jugendpastor mehr ernähren.“
Heute feiern wir Erntedank
und da ist es gut, sich genau daran zu erinnern, wie Jesus uns satt
gemacht hat.
Heute können wir von einem Speisewunder sprechen, das wir selber erlebt
haben.
Völlig unverhofft haben wir Geld bekommen. So viel Geld, dass wir
ermutigt wurden – weiterzumachen. Mit der Kindertagesstätte und mit
der Jugendarbeit.
Das ist im Blick auf das vergangene Jahr wohl unser größter Grund zum
Danken.
Nun hat Gott nicht Geld
vom Himmel regnen lassen – er hat Menschen bewegt, mit ihren Möglichkeiten
etwas Außerordentliches zu tun. Das ist schon wunderbar.
Damals wurde das Brot von Hand zu Hand weitergereicht.
Und erst dadurch – durch das Teilen wurden alle satt.
Hätten die Jünger erst
an sich gedacht, dann wäre der Segen stecken geblieben.
Wir alle sind eingeladen, die Hand aufzuhalten und uns satt zu essen. Es
ist genug da.
Überfluss und Großzügigkeit – das sind Namen für Gott.
Gleichzeitig sind wir
aufgerufen, das Teilen ganz ernst und konkret zu üben.
Deshalb haben wir heute hier die freie Dankstelle aufgebaut. Eine Tanksäule
andersherum.
Hier soll nicht gezapft werden, hier können wir hineinfüllen, was wir
teilen wollen.
So funktioniert Dankbarkeit: wer erlebt hat, dass er genug bekommen hat,
der teilt großzügig mit denen, die zu wenig haben. Und Gott freut sich
darüber!
Ihren Erntedank erbitten
wir heute für die Kindertagesstätte, damit das Wunder weitergeht.
Wenn Sie hinausgehen, dann können Sie die Dankstelle füllen – Münzen
in den Schlauch – Scheine in den Schlitz. Sachspenden davor.
Und noch ein dritter
Gedanke:
Am Nordufer des Sees Genezareth, dort, wo all das damals geschehen ist,
da hat man später eine Kirche gebaut. Und in den Fußboden dieser
Kirche hat man das Bild gelegt, das wir auf der Leinwand sehen – aus
vielen kleinen Steinen.
Zwei Fische und ein Korb mit Brot.
Dieses Mosaik liegt direkt unter dem Altartisch der Kirche. Und fällt
ihnen etwas auf:
Zählen Sie einmal die Brote: es sind vier!
Hatte der Junge nicht fünf Brote? Nun hat der Künstler hier nicht etwa
einen Fehler gemacht – oder seine Bibel nicht gründlich gelesen.
Ganz bewusst hat er nur vier Brote in dem Korb gezeigt – und nicht fünf.
Wo ist das fünfte Brot?
Nachdem die Leute satt
geworden waren, waren sie entsprechend begeistert von Jesus. Klar!
Sie wollten ihn sogar zu ihrem König machen. „Gib
dem Volk Brot – und du kannst mit ihnen machen, was du willst“.
Das wussten schon die alten Römer – und nach dem Schema laufen bis
heute die Wahlversprechen aller großen Parteien.
Jesus hat sich dem
entzogen. Er ist geradezu geflüchtet. Und er hat es erklärt, warum:
„Hier ging es gar nicht darum, dass ihr Euch den Bauch voll schlagt! Das
Brot war ein Zeichen – ein Hinweis auf etwas ganz Anderes. Es gibt es
Brot, das macht so satt, dass man danach gar keinen Hunger mehr hat. Und
dieses Brot, das bin ich selbst.
Es wird nicht mehr lange dauern – dann werde ich sterben. An diesem
Sterben müsst ihr euren Teil haben. Ihr müsst einen Teil von mir
essen. Ihr müsst mich
aufnehmen in Eurer Leben – nur dann werdet ihr satt.“
„Wie bitte?“ So haben sie damals gefragt – so denken sicher
jetzt auch etliche:
„Wir sollen Jesus essen?“
Als Jesus am Abend vor
seinem Tod auch Brot nahm, es zerbrach und austeilte, da sagte er:
„Passt auf. Esst dieses Brot nicht einfach zur Sättigung. Esst es als
meinen Leib.
Ich werde sterben für Euch! Nur so, wenn ihr esst, habt ihr Anteil an
dem, was mein Sterben bewirkt – nämlich den Freispruch im Gericht
Gottes.“
Darum geht es! Und darum
sind in dem Korb auf dem Mosaik nur vier Brote.
Das fünfte Brot – das liegt woanders. Das Mosaik liegt ja genau unter
dem Altartisch.
Und das fünfte Brot, das liegt oben, auf dem Tisch.
Es ist das Brot, das ausgeteilt wird, wenn Christen das Abendmahl
miteinander teilen.
Das Wunder der Speisung wäre
unwichtig, wenn es nicht bis heute seine Fortsetzung fände.
Wir gehören mit zu der Menge. Durch alle Zeiten reicht das Austeilen
des Brotes bis zu uns – wo immer wir das Mahl Jesu miteinander feiern.
Damals, nachdem die 5000 satt geworden waren, da war das nicht etwa der
Höhepunkt in der Geschichte von Jesus. Eher das Gegenteil. Viele im
Volk wandten sich ab.
Das was Jesus da sagte,
das war ihnen unheimlich. Das verstanden sie nicht.
Am Ende blieben nur Petrus und die elf anderen.
Und Jesus fragte sie: Wollt ihr
auch weggehen?
Und einer, Simon antwortete: „Herr,
wohin sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens; und wir haben
geglaubt und erkannt: Du bist der Heilige Gottes.“
Wer das sagen kann, der
ist wirklich satt geworden. Der hat Grund zum Danken.
Amen!
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