Hier kommen Sie zurück zur Startseite Termine und Veranstaltungen in der Gemeinde + Linkliste Gemeindeprofil, Bildergalerie, Artikel, Predigten Gruppen in unserer Gemeinde (Kigo,Förderverein,Frauenhilfe,Hauskreise) Adressen, Telefonnummern, Lageplan, Umfrage, Gästebuch
Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31 Ev. Philippusgemeinde Köln Raderthal Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31
Predigt zu Jeremia 31, 3, Misericordia Domini 2005-- Drucken

Ihr Lieben,

tja, diese kleinen Wemmiks.
Manche erinnern sich vielleicht noch an sie. Vor einem Jahr haben wir den kleinen Punchinello schon einmal kennen gelernt. Damals strebte er danach, möglichst viele Punkte zu sammeln. Denn die Punkte, so dachte er, sagen, wie gut man ist.
Und dann hat er gelernt: die Abzeichen sind gar nicht so wichtig.
Diesmal fing also einer im Städtchen an, Schachteln und Bälle zu sammeln.
Und alle machten mit. Einer wollte besser sein als der Andere.
Eigentlich ja nicht verkehrt.
In einer Weise bewundere ich sie. Wer von uns wäre schon bereit, sein Bett zu verkaufen - oder gar sein Haus. Nur um einer Leidenschaft willen.
Punchinello und die anderen Wemmiks sind ein Musterbeispiel für grenzenlose Hingabe. Ihnen ist nichts zu teuer. Für das eine Ziel geben sie alles.
Mir fiel dazu eine Geschichte von chassidischen Juden ein, die Martin Buber erzählt hat.
Da gingen einmal ein paar Schüler zu ihrem Rabbi und beschwerten sich.
Sie klagten über Leute, die bis spät in die Nacht beim Wein saßen und Karten spielten.
"Was regt ihr Euch auf?, erwiderte ihnen der Rabbi. "Sie sind nicht fern vom Reich Gottes.
Lasst sie sich erst mal bekehren, was werden sie für eifrige Schüler der Tora sein!"
Sich gedankenverloren hinzugeben an eine Sache - das ist eine Gabe!
Vermutlich würde der Rabbi Ähnliches über die Wemmiks sagen:
Ihre Fähigkeit zur Hingabe ist eine wunderbare Voraussetzung zum Glauben.
Ihnen fehlt nur noch die rechte Gotteserkenntnis.
Wir Großen können das wohl immer wieder von den Kindern lernen:
Was es heißt, etwas mit ganzer Hingabe zu tun. Kinder verschenken hemmungslos, was sie nicht mehr brauchen. Kinder konzentrieren sich mit ganzem Herzen auf eine Sache.
Bevor wir also die Nase rümpfen über diese törichten Wemmiks, sollten wir uns die Frage gefallen lassen: Was bist Du eigentlich bereit, aufzugeben für ein großes Ziel?
Wann hast Du das letzte Mal etwas geopfert für eine gute Sache?
Die Wemmiks konnten das offenbar.
Nur - wie bei den Nachteulen im Wirtshaus - ihre Hingabe richtete sich auf das falsche Ziel!
Die Wemmiks setzten alles daran, die anderen zu übertrumpfen.
Und merkten dabei nicht, dass sie mehr verloren als sie bekamen.
Was hat sie nur bewegt? Ich denke, es ist eine tiefe Sehnsucht, die jeder von uns - auf seine Weise ganz gut kennt:
Jeder, ob Wemmik oder Mensch, sehnt sich danach, von den Anderen wahrgenommen zu werden. Schaut mich doch an! Seht doch, was ich geleistet habe! Bewundere mich doch bitte - nur ein einziges Mal."
Wie viel gutes Engagement - in der Gemeinde oder in unserer Gesellschaft - hat einen schalen Beigeschmack! Wo man von außen mit den Händen greifen kann:
Da ist einer nicht gerne und selbstlos bei der Sache, sondern wirkt wie ein Getriebener.
Alles, was er oder sie tut, klingt wie ein einziger Ruf nach Aufmerksamkeit.
Das traurigste Bild in der Geschichte eben ist für mich die Szene, in der alle Wemmiks schwer bepackt versuchen, auf den Berg zu kommen. Das sehen wir nochmal.
Jeder guckt nur auf seinen Weg - da wird gestolpert und geschubst. Da setzen sich die Stärksten durch - und viele bleiben erschöpft am Wegrand liegen.
"Meinst Du, ich habe Euch dafür geschaffen?" fragt Eli den kleinen Punchinello.
Spätestens jetzt ist klar: die ganze Geschichte will uns helfen, Gott zu verstehen.
Was mag er wohl über uns denken? Über das, was uns antreibt.
Wonach wir uns sehnen - und was wir dann tun.
"Ich habe alles falsch gemacht!" - das ist die traurige Selbsterkenntnis von Punchinello.
Er steht dabei so da, wie unser zweijähriger Sohn, wenn ihm plötzlich klar wird, dass er etwas getan hat, was er nicht darf. Vorgestern war so eine Situation. Mitten im Toben hat er mich in die Schulter gebissen. Ich hab aufgeschrieen und gesagt: "Till, das darfst Du nicht!" - Nur das. Es reichte. Till guckte auf den Boden und bewegte sich einfach nicht. Er schämte sich.
Bis ich ihn in den Arm nahm und ihn sagte. "Du, ich hab dich trotzdem lieb. Es ist wieder gut." Gebe Gott, dass wir uns selber mal so sehen können - dass wir uns schämen für unseren Unglauben, oder dafür, dass wir Andere benutzt haben - um uns selber besser zu fühlen.
Und dass wir dann Gottes Liebeserklärung hören.
"Ich habe Dich je und je geliebt, darum hab ich dich zu mir gezogen aus lauter Güte."
Wenn wir das doch glauben könnten; dass Gott so über jeden von uns denkt.
Dann könnten wir frei werden von diesem elenden und anstrengenden Ringen um Aufmerksamkeit von Menschen.
Dann bräuchten wir keine Schachteln zu sammeln, oder Bälle, oder gute Leistungen oder sonst irgendwas. Dann könnten wir entspannen in der Liebe des Vaters.
Die Geschichte geht noch ein klein wenig weiter. Ich lese uns den Schluss:
Puncinello machte eine Pause. Dann fragte er: "Eli?" "Ja?"
"Was soll ich denn jetzt mit den ganzen Schachteln und Bällen machen?"
"Wie wäre es, wenn Du sie jemandem gibst, der sie wirklich braucht?"
Punchinello drehte sich um und wollte gehen. Er hielt an und fragte noch einmal: "Eli?" "Ja?" "Ich weiß nicht, wo ich schlafen soll" Eli lächelte und bot Punchinello an:
"Möchtest du heute Nacht hier schlafen?"
"Sehr gern. Ich bin furchtbar müde."

Und so schlief Punchinello in dieser Nacht auf einem Bett aus Holzspänen.
Er schlief sehr gut. Es war sehr schön, im Haus seines Schöpfers zu sein.
"Ich habe Dich je und je geliebt, darum hab ich dich zu mir gezogen aus lauter Güte."


Amen!
Björn Heymer