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Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31 Ev. Philippusgemeinde Köln Raderthal Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31
Predigt zu Matthäus 26, 57 - 66, Karfreitag 2005-- Drucken

Ihr Lieben,

im Spiegel stand diese Woche ein Bericht über eine Gerichtsverhandlung in den USA.
Ein heute 15-jähriger wurde zu 2 x 30 Jahre Gefängnis wegen zweifachen Mord verurteilt.
Im Laufe der Verhandlungen wurde die Vorgeschichte rekonstruiert: Christoffers Eltern lebten getrennt; irgendwann wollte die Mutter ihn nicht mehr haben, auch beim Vater konnte er nicht bleiben. So erklärten die Großeltern sich bereit, den Jungen aufzunehmen.
Um ihm die Umstellung zu erleichtern verschrieb ein Kinderarzt dem Jungen ein Medikament gegen Depressionen. Das nahm Christoffer drei Wochen lang. Nach Ansicht der Verteidigung war es zu hoch dosiert. So kann das Medikament aggressiv machen.
Und dann schenkte der Vater seinem Sohn auch noch ein automatisches Gewehr zum Jagen - eine Woche vor der Tat. Christoffer war damals 12 Jahre alt.
Dann kam bei den Großeltern eine Beschwerde aus der Schule an:
Christoffer hatte sich im Schulbus mit Anderen geprügelt. Daraufhin bestrafte der Großvater das Kind, wie er es kannte: Schläge auf den Hintern mit einem breiten Lineal.
In dieser Nacht ging Christoffer ins Schlafzimmer seiner Großeltern und schoss. Zweimal. Beide Großeltern waren sofort tot.
Ein grauenhaftes Geschehen - Gerichte müssen sich in so einem Fall mit der Frage beschäftigen, wer Schuld trägt an einer Tat. Und dann muss ein Urteil gefällt werden.
In diesem Fall: 2 x 30 Jahre Gefängnis für den heute 15 Jährigen.
Sollte er das überstehen, würde er im Jahr 2035 freigelassen werden - er wäre 45 Jahre alt und hätte 2/3 seines Lebens in Haft verbracht.
Kein ordentliches Gericht fällt eine solche Strafe, wenn es nicht von der Schuld des Angeklagten überzeugt ist. Dazu werden Zeugen befragt, Argumente geprüft, Gutachten eingeholt. Alles eben, was Klarheit in ein Verbrechen bringen kann.
Jesus wurde nicht ermordet, sondern hingerichtet.
Er stand vor einem ordentlichen Gericht, in zwei Instanzen sogar.
Auch dieses Gericht hatte die Aufgabe, Vorwürfe zu prüfen und schließlich ein einmütiges Urteil zu fällen.
Heute schauen wir gewissermaßen in die Prozessakten der ersten Verhandlung.
Ich lese aus Matthäus 26:
Die aber Jesus ergriffen hatten, führten ihn zu dem Hohenpriester Kaiphas, wo die Schriftgelehrten und Ältesten sich versammelt hatten. Petrus aber folgte ihm von ferne bis zum Palast des Hohenpriesters und ging hinein und setzte sich zu den Knechten, um zu sehen, worauf es hinaus wollte. Die Hohenpriester aber und der ganze Hohe Rat suchten falsches Zeugnis gegen Jesus, dass sie ihn töteten. Und obwohl viele falsche Zeugen herzu traten, fanden sie doch nichts. Zuletzt traten zwei herzu und sprachen: Er hat gesagt: Ich kann den Tempel Gottes abbrechen und in drei Tagen aufbauen. Und der Hohepriester stand auf und sprach zu ihm: Antwortest du nichts auf das, was diese gegen dich bezeugen? Aber Jesus schwieg still. Und der Hohepriester sprach zu ihm: Ich beschwöre dich bei dem lebendigen Gott, dass du uns sagst, ob du der Christus bist, der Sohn Gottes. Jesus sprach zu ihm: Du sagst es. Doch sage ich euch: Von nun an werdet ihr sehen den Menschensohn sitzen zur Rechten der Kraft und kommen auf den Wolken des Himmels.
Da zerriss der Hohepriester seine Kleider und sprach: Er hat Gott gelästert! Was bedürfen wir weiterer Zeugen? Siehe, jetzt habt ihr die Gotteslästerung gehört.
Was ist euer Urteil? Sie antworteten und sprachen: Er ist des Todes schuldig.

Der Jerusalemer Priesteradel, die Partei der Sadduzäer, gab im Hohen Rat, dem obersten Gericht des Landes, den Ton an. Kaiphas, der oberste Priester leitete diesen Rat.
Er hatte die Verhaftung angeordnet. Er hatte auch ein klares Ziel: Jesus sollte aus dem Verkehr gezogen werden. Er sollte zum Schweigen gebracht werden, bevor die Volksbewegung, die er auslöste, so auffällig wurde, dass die Römer einschritten.
Denn das hätte mal wieder ein Blutbad gegeben, wie es in den Jahren vorher immer wieder geschehen war.
Aber: um das zu erreichen, musste dieser Jesus ordentlich verurteilt werden.
Sonst bestand die Gefahr, einen Märtyrer aus ihm zu machen.
Deshalb also eine Gerichtsverhandlung. Nacheinander wurden Zeugen befragt.
Aber die meisten von denen hielten nicht mal der ersten Prüfung stand.
Sie widersprachen sich, sie waren unglaubwürdig.
Und nur eine Aussage schien überhaupt wert, sie in die Akten zu nehmen:
Es ging um die Erinnerung an die Unruhe, die Jesus im Umfeld des Tempels ausgelöst hatte.
Was hatte er damals gesagt? Er würde den Tempel abreißen? Und einen Neuen bauen?
Aber auch hier kam man nicht weiter. Für ein Urteil mussten zwei Zeugen in ihren Aussagen übereinstimmen - und es klang zu verworren, was da berichtet wurde.
Kajphas versuchte noch, Jesus hier zu einer Aussage zu bringen - vielleicht, dass er selber etwas sagen würde, was ihn belastet. Aber Jesus schwieg.
Es war tatsächlich kurz davor, dass man ihn wieder hätte freilassen müssen.
Denn ein Grund für eine Anklage, die ein Todesurteil rechtfertigen konnte, war nicht in Sicht.
Da zog Kajphas gewissermaßen seinen letzten Trumpf:
Er stellte die entscheidende Frage: Bist Du der Messias?
Der Messias, das ist der Gesalbte, also der Träger des göttlichen Geistes.
Wer auf diese Frage mit "Ja" antwortet, der ist entweder ein gefährlicher Verrückter - oder er ist es wirklich.
Und Jesus? "su legeis" - hat er geantwortet. Das ist mehrdeutig. Man kann es so hören, wie Luther es übersetzt hat: "Du sagst es!" - als eine Zustimmung und ein Bekenntnis.
Es könnte aber auch so gehört werden: "Das sagst Du!"
Das würde dazu passen, dass Jesus es immer wieder vermieden hat, sich als Messias zu bezeichnen. Von Anderen wurde er so genannt - er selber sprach davon nur verschlüsselt.
Aber dann sagte er doch etwas - und das war für den kundigen Hörer sehr eindeutig.
Er sagt diesen einen Satz:
Von nun an werdet ihr sehen den Menschensohn sitzen zur Rechten der Kraft und kommen auf den Wolken des Himmels. Jesus zitiert damit zwei Stellen aus der Bibel:
Der ersten Vers des 110. Psalms und Daniel 7, 13 - beides Stellen, die auf den Messias gedeutet wurden.
Und dann sagt Jesus schlicht: Von nun an ist das erfüllt! -
Wie damals in Nazareth, bei seinem ersten Auftreten!
Da hatte er gesagt: Dieses Schriftwort ist heute erfüllt.
In Nazareth waren die Reaktionen ganz ähnlich wie jetzt:
Damals jagten die ihn hinaus und wollte ihn töten.
Kaiphas fasst in den Ausschnitt seines Gewandes und reißt den Saum ein.
Das war eine starke Geste der Trauer, die man beim Tod eines nahen Angehörigen vollzog.
Und dann ruft er die Anklage aus: das ist Gotteslästerung. - ein todeswürdiges Verbrechen!
Alle sind sich einig. Das Urteil ist schnell gefällt: des Todes schuldig!
Auch wenn der hohe Rat zu Beginn seiner Verhandlung mehrheitlich in der bequemen Stellung des Beobachters war. Jetzt, nachdem sie erkannt hatten, wer Jesus beanspruchte, zu sein, da war jeder Einzelne gefordert.
Sie spürten: hier ist mehr als ein Lehrer - hier geht's nur noch um entweder - oder.
War das Urteil über Jesus gerecht? Mussten diese Geschworenen so entscheiden?
Und wir? Spüren wir etwas von der Unausweichlichkeit einer Entscheidung heute morgen?
Wer ist Jesus für uns heute Morgen?
Von C. S. Lewis stammt folgende Feststellung:
"Entweder war - oder ist - dieser Mensch Gottes Sohn, oder er war ein Narr - oder Schlimmeres. Wir können ihn als Geisteskranken einsperren, wir können ihn verachten oder als Dämon töten. Oder wir können ihm zu Füßen fallen und ihn Herr und Gott nennen. Aber wir können ihn nicht mit gönnerhafter Herablassung als einen großen Lehrer der Menschheit bezeichnen. Das war nie seine Absicht; diese Möglichkeit hat er uns nicht offen gelassen."
Der Prozess gegen Jesus wiederholt sich im Grunde jeden Tag neu:
Wir sind heute die Geschworenen. Wir, jeder von uns, haben unser Urteil über Jesus gefällt. Und fällen es mit unserem Leben immer wieder neu.
Entweder wir stimmen ein in den Schrei der Empörung: Das ist Gotteslästerung - weg mit diesem Jesus!
Dann verurteilen wir ihn heute neu zum Tod.
Oder wir tun das, was Petrus und die Anderen getan haben: wir fallen vor Jesus auf die Knie und beten ihn an. Anbetung - das ist gefragt. Wohl wissend, dass die Jünger gerade in der Passionsgeschichte auch kläglich gescheitert sind in ihrem Glauben.
Auch das darf dazu gehören. Aber eben nur auch! Das Entscheidende ist die Anbetung.
Ja, Jesus, Du bist in Wahrheit Herr und Gott. Du sitzt zur Rechten der Kraf.t
Zur Rechten der Kraft - das bedeutet nichts Anderes als: zur Rechten Gottes.
Merkt Ihr: diese eine Aussage Jesu vor dem Gericht war absolut zentral. Sie hat nicht nur dazu geführt, dass das Todesurteil über ihn gefällt wurde. Jesus sitzt zur Rechten Gottes - das wurde aufgenommen in das Grundbekenntnis der Christen:
Er sitzt zur Rechten Gottes. An dieser Wahrheit steht oder fällt der Glaube.
Jetzt müssen wir unser Urteil fällen.

Amen!
Björn Heymer