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Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31 Ev. Philippusgemeinde Köln Raderthal Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Markus 13, 31
Predigt zu Lukas 3, 1 - 14, 3.Advent 2004-- Drucken

Ihr Lieben,

heute ist der Sonntag von Johannes, dem Täufer. In allen Evangelien wird breit von ihm berichtet. Jesus nannte ihn den größten Propheten - größer sogar als Mose und Elia.
Wohl deshalb haben wir in den Evangelien Teile seiner Predigten bis heute erhalten.
Heute ist uns ein längerer Abschnitt daraus vorgelegt. Deshalb gehe ich einmal am Text entlang.
Im fünfzehnten Jahr der Herrschaft des Kaisers Tiberius,
als Pontius Pilatus Statthalter in Judäa war
und Herodes Landesfürst von Galiläa
und sein Bruder Philippus Landesfürst von Ituräa und der Landschaft Trachonitis und Lysanias Landesfürst von Abilene,
als Hannas und Kaiphas Hohepriester waren,
da geschah das Wort Gottes zu Johannes, dem Sohn des Zacharias, in der Wüste.

Das ist typisch für Lukas. Wir haben vielleicht im Ohr die Weihnachtsgeschichte, die so beginnt: Es begab sich aber zu der Zeit, als ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging...
Das war damals eine klare Jahresangabe. Die Erlässe der Kaiser konnte man gut geordnet Nachlesen. Und hier ganz ähnlich: im 15. Jahr des Tiberius. Wieder so eine klare Angabe.
Aber: ist das heute noch wichtig? Ja, es ist es. Denn eins wird damit klar unterstrichen:
Gott greift zu konkreten Zeitpunkten in die Geschichte ein. Damals war es das 15. Jahr des Tiberius, übrigens: nach unserer Zählung 27. nach Christus. Genau in dieser Zeit erging Gottes Wort an Johannes. Nicht früher, nicht später, sondern genau dann.
Johannes stand nicht auf, um das Volk mal wieder daran zu erinnern, wie weit sie sich von Gott entfernt hatten. Er war kein Moralapostel, wie sie jederzeit auftreten könnten. Er hat zu einem konkreten, einmaligen Moment der Geschichte von Gott her was zu sagen.
Also: es geht hier nicht um zeitlose Wahrheiten und Überzeugungen.
Sondern darum, dass Gott ganz praktisch hineinruft in die Gegenwart.
Es geht darum, dass Menschen aktuell, in ihrem Heute Gott hören.
So konkret ist Gott! Ich frage uns heute morgen. Wann haben wir Gott zuletzt so konkret gehört? So, dass es für unser Handeln heute Richtschnur wurde?
So, dass wir erkennen mussten: unsere frommen Antworten von gestern passen nicht mehr auf die Fragen von heute! Und unsere Verhaltensmuster schon gar nicht. Heute bin ich gefragt.
Vor 14 Tagen hab ich den Advent 2004 mit der Bitte eingeleitet: Möge Gott uns in diesem Jahr etwas Neues zeigen. Etwas, was bisher verborgen war, oder noch gar nicht da.
Das will Gott! Aktuell sein, nicht ewig gleich gültig und darum auch schnell gleichgültig.
Und er kam in die ganze Gegend um den Jordan und predigte die Taufe der Buße zur Vergebung der Sünden, wie geschrieben steht im Buch der Reden des Propheten Jesaja (Jesaja 40,3-5): "Es ist eine Stimme eines Predigers in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn und macht seine Steige eben! Alle Täler sollen erhöht werden, und alle Berge und Hügel sollen erniedrigt werden; und was krumm ist, soll gerade werden, und was uneben ist, soll ebener Weg werden. Und alle Menschen werden den Heiland Gottes sehen."
Taufe, Buße, Vergebung - ob das damals in die Zeit passte? Heute ruft das Reden von Schuld vor Gott jedenfalls heftigen Widerspruch hervor. Ich habe vor ein paar Wochen in einer Trauerfeier zu sagen gewagt: Vor Gott werden wir alle uns einmal schämen müssen. Diesen einen Satz. Nicht mehr. Und dann habe ich - was sehr selten passiert - dafür Kritik gehört. "Das ist doch mittelalterlich! So schlecht sind wir doch nicht!"
Nein, mittelalterlich ist das nicht, sondern wahr. Mittelalterlich ist nur, wenn man diese Wahrheit verbiegt und verkürzt. Wenn man anderen damit Angst oder Druck macht.
Was ist das Sündige an uns heute? Nicht, dass wir Gott nicht für wahr halten. Sündig ist vielmehr, dass wir Gott nicht ernstnehmen. Dass wir ihn missbrauchen als frommen Dekor, vielleicht auch als Tröster, aber nicht ihn Herr sein lassen über uns.
Johannes hat Buße gepredigt, weil Gott es ihm aufgetragen hatte - Buße im Horizont der Vergebung. Das Zitat aus dem Jesajabuch zeigt, wie Buße zu verstehen ist:
Gott kommt seinem Volk entgegen. Deshalb bereitet ihm den Weg! heißt es.
Achtung - das ist kein Auftrag an uns oder an Israel damals. Das Bild vom Auffüllen der Täler und Abtragen der Berge betont vielmehr: Gott den Weg bereiten, das können Menschen unmöglich tun. Die Engel Gottes werden hier beauftragt.
Gott selber bereitet den Weg - nicht wir!
Wir flüchten uns gedanklich so schnell ins Tun, in unsere Möglichkeiten - wie die Hörer damals übrigens auch. Und dann entscheiden wir: Wir können uns gar nicht ändern, also brauchen wir es auch nicht, also bleibt alles beim Alten.
Und auch diese Predigt heute morgen geht an unseren Ohren und unseren Herzen vorüber wie ungezählte Andere vorher auch.
Bei Jesaja heißt es noch: alle Menschen werden das Heil Gottes sehen -
Das hat Johannes offenbar in geistlicher Vollmacht gedeutet:
dieses Heil ist eine Person, der Heiland, der Heilsbringer, der Christus. Er ist es, der kommt.
Deshalb lasst Euch taufen, deshalb empfangt seine Vergebung.
Das haben dann offensichtlich auch viele getan. Massen sind zu ihm geströmt.
Aber jetzt passiert etwas Überraschendens, etwas, was mich alarmiert:
Da sprach Johannes zu der Menge, die hinausging, um sich von ihm taufen zu lassen:
Ihr Schlangenbrut, wer hat denn euch gewiss gemacht, dass ihr dem künftigen Zorn entrinnen werdet? Seht zu, bringt rechtschaffene Früchte der Buße;
und nehmt euch nicht vor zu sagen: Wir haben Abraham zum Vater.
Denn ich sage euch: Gott kann dem Abraham aus diesen Steinen Kinder erwecken. Es ist schon die Axt den Bäumen an die Wurzel gelegt; jeder Baum, der nicht gute Frucht bringt, wird abgehauen und ins Feuer geworfen.
Johannes freut sich offenbar gar nicht darüber, dass Leute ihm zustimmen, ja, dass sie sich taufen lassen. So wären wir doch eher, oder? Wir denken tief in uns doch:
Wir tun Gott einen Gefallen damit, dass wir uns immer noch zur Kirche halten. Man ehrt Gott doch auch mit den Füßen und geht am Sonntag, selbst wenn es schwer fällt. Und dann darf man doch gewiss sein: Man hat es richtig gemacht.
Und mitten in diese unsere beruhigenden Gedanken fragt Johannes: Wer hat Euch eigentlich so gewiss gemacht? Gewiss darin, dass ihr mit Eurem Tun auf dem richtigen Weg seid?
Was könnte falsch sein? Falsch an der Philippus-Gemeinde? Falsch an mir, der ich doch immer komme, der ich mich doch treu einsetze?
Wenn die Axt tatsächlich dem Baum schon an die Wurzel gelegt ist, dann muss wohl etwas falsch sein.
Der Philippus-Gemeinde ist jedenfalls wahrlich die Axt an die Wurzel gelegt:
Wir werden im nächsten Jahr ein grandioses Defizit von fast 50.000 Euro hinlegen - erstmalig in der Geschichte der Gemeinde. Der Ast Kindergarten wird möglicherweise bald abgehauen, der Ast Jugendpastor auch, die halbe Küsterstelle folgt dann als nächster Einschnitt.
Und wenn das so weitergeht, dann fällt der Baum Philippus in Raderthal in gar nicht allzu langer Zeit.
So steht´s! Unser Präses hat vor zwei Wochen im jährlichen Pressegespräch betont:
Kirche mit Zukunft kann nur missionarische Volkskirche sein. Kirche, die alles daran setzt, Menschen zu erreichen, sie herauszurufen aus Selbstsäkularisierung, Selbstbanalisierung und verlorener Verbundenheit mit der Kirche.
Und das sind wir nicht! Und wenn wir uns noch so fromm nennen und miteinander umgehen. Seit fünf Jahren bin ich hier und ein missionarisches Feuer glimmt hier allenfalls in einigen Herzen. Mission ist nicht die Kür für ein paar Fuzzis, es ist der erste und wichtigste Auftrag an uns. Wer hat Euch, Philippus-Gemeinde eigentlich so gewiss gemacht, hier liefe schon alles richtig? Wo sind Eure Früchte der Umkehr? Wo ist Euer Mut, um der Menschen willen, Liebgewordenes aufzugeben und zu verändern?
Und die Menge fragte ihn und sprach: Was sollen wir denn tun?
Er antwortete und sprach zu ihnen: Wer zwei Hemden hat, der gebe dem, der keines hat; und wer zu essen hat, tue ebenso.
Es kamen auch die Zöllner, um sich taufen zu lassen, und sprachen zu ihm: Meister, was sollen denn wir tun?
Er sprach zu ihnen: Fordert nicht mehr, als euch vorgeschrieben ist!
Da fragten ihn auch die Soldaten und sprachen: Was sollen denn wir tun?
Und er sprach zu ihnen: Tut niemandem Gewalt oder Unrecht und lasst euch genügen an eurem Sold!
Tja, was sollen wir tun? Interessant ist, dass Johannes dreimal auf den Umgang mit dem Besitz verweist. Wer nur ein wenig mehr hat, als er unbedingt braucht, der gebe ab, was ein anderer braucht. Wer Staatsbeamter ist, der halte sich an die Regeln - und kassiere nicht still und heimlich Nebeneinkünfte. Geradezu beklemmend aktuell.
Wer Soldat ist, der wende nicht unnötig Gewalt an und raube nicht Wehrlose aus.
Das Streben nach Geld und nach Macht ist es, was unsere Gesellschaft krank macht, was uns die Zukunft raubt.
Das Geld, das jetzt in unserer Gemeinde fehlt, ist nicht unsere Krise, aber es zeigt uns, dass wir in einer Krise stecken.
Und der Umgang mit dem eigenen Geld zeigt recht deutlich, wo unser Herz wirklich schlägt. Wofür werden wir in Zukunft Geld ausgeben? Für die Bestandssicherung? Für die Betreuung derer, die immer schon da waren?
Oder dafür, Menschen in die Gemeinde hinein zu lieben? Unsere Räume so zu gestalten, dass Menschen sich hier gerne versammeln.
Und Geld ist ja nicht alles. Worauf verwenden wir Kraft und Ideen?
Darauf, das Programm möglichst aufrecht zu halten? Oder doch eher darauf, ganz neu Menschen zu erreichen?
Die Philippus-Gemeinde wird nur dann eine Zukunft haben, wenn sie ein Modell darstellt. Wenn hier gelebt wird, wie Kirche in Zukunft lebensfähig sein wird:
Mit weniger Sicherheit, aber dafür mit umso mehr Feuer der Begeisterung für Jesus.
Mit Phantasie und Energie, um die Liebe Gottes unter die Leute zu bringen.
Philippus in Raderthal, das wird dafür stehen: da geht man liebevoll mit Suchenden um. Da kann man mit voller Überzeugung auch Neugierige mitbringen. Selbst solche, die früher mit Kirche und ihren Formen schlechte Erfahrungen gemacht haben.
Eine solche Gemeinde würde wohl Früchte der Umkehr hervorbringen.
Wir stehen am Beginn eines neuen Weges, das sehe ich immer klarer. Kommen Sie mit?

Amen!
Björn Heymer