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Ihr Lieben,
der Sonntag heute trägt zwei Namen. Totensonntag und Ewigkeitssonntag.
An diesem Tag denken wir besonders an die Toten des vergangenen Jahres.
Eben haben wir ihre Namen noch einmal gehört.
Angehörige haben wir besonders eingeladen. Viele gehen heute noch auf den
Friedhof. Kerzen werden angezündet.
So ist dieser Tag ein stiller Gedenktag, sicher auch ein Tag der Tränen.
Einer in unserer Mitte hätte heute seinen 57 Hochzeitstag - wenn nicht
...
Wenn seine Frau nicht Anfang des Jahres gestorben wäre.
Für den Totensonntag wäre die angemessene Farbe wohl das Schwarz der
Trauer.
Stattdessen haben wir heute das Weiß von Ostern vor uns.
Weil heute auch Ewigkeitssonntag ist.
Wir denken bei der Erinnerung an die Lieben, die uns vorangegangen sind, auch
daran:
Wo immer die Bibel von der Macht des Todes spricht - da spricht sie noch lauter
von der größeren Macht: von der Macht der Ewigkeit.
Wo Tränen geweint werden - und das werden sie!, da werden auch Tränen
getrocknet.
Gegen alle Dunkelheit lassen wir uns erinnern an den Sieg des Ostermorgens.
Denn darin liegt das Geheimnis des Trostes: die Macht des Todes ist besiegt.
Niemanden behält er auf Dauer in seinen Fängen.
Auch wenn unsere Augen es uns noch so oft vortäuschen wollen.
Wir ahnen es: unsere Augen taugen manchmal nicht für das Wesentliche.
Was könnte unseren Herzen helfen, das Wesentliche zu sehen?
Die Wirklichkeit, die hinter dem Tod liegt.
Das, was die Menschen der Bibel Ewigkeit nennen.
Zwei Versuche heute morgen - Versuche, Bilder für unser Herz zu gewinnen.
Das erste ist eine Anleihe aus der Natur:
In der Natur wird genauso unerbittlich gestorben wird wie bei den Menschen.
Manchmal wirken die Bilder dort noch brutaler, noch unbarmherziger.
Und doch gibt uns die Natur auch Bilder der Hoffnung, Bilder, um die Ewigkeit
zu verstehen:
Ein solches Bild habe ich mitgebracht. Es ist ein Ei. So ein Ei ist mehr als
ein Nahrungsmittel. Es ist für eine bestimmte Zeit ein Lebensraum.
Versuchen wir für einen Moment, uns vorzustellen, was in einem Ei passiert:
Da wächst ein Küken heran. Zuerst ganz winzig klein schwimmt es frei
darin herum.
Dann wird es größer und größer. Mit zunehmendem Alter
gibt es Veränderungen:
Es spürt seine Knochen.
Die Bewegungen werden mühsamer, als sie waren, damals, als es noch jung
war.
Unser Küken beginnt, die Grenzen seines kleinen Lebens zu spüren.
Es drückt hier und da wird es eng.
Auf dem kleinen Schnabel wächst ein harter und hässlicher Höcker.
Auch mit der Schönheit ist es vorbei. Auf der einst zarten, glatten Haut
zeigen sich harte Punkte, aus denen Stacheln wachsen. Mehr und mehr könnte
das Küken Angst bekommen.
Angst, das kommt von Enge - und eng wird es in dem Ei.
Und dann kommt der Tag, an dem gerade der harte Höcker auf dem Schnabel
beginnt, die Schale zu zerdrücken.
Jetzt, so denkt unser Küken - jetzt muss ich sterben. Jetzt zerbricht
die Hülle, die mein Leben geschützt hat. Ich verliere meine vertraute
Umgebung, die Nahrung ist zuende und schmeckt schon längst nicht mehr.
Ohne die Schale wird es sicher auch kalt. Ja, alles zerbricht.
Wir wissen es besser: das Ausschlüpfen ist der Beginn des eigentlichen
Lebens.
Aber davon kann das Küken im Ei ja nichts wissen. Woher auch?
Ist es so auch mit dem Tod? Ja, auch mit dem, was wir Tod nennen, geht uns viel
verloren, was uns vertraut war, was uns Sicherheit gab, womit wir uns auskannten.
Mit dem Sterben treten wir Menschen hinüber in einen unbekannten Lebensraum.
Da wissen wir ebenso wenig wie ein Küken im Ei.
Denn kein Huhn ist je zurückgekehrt ins Ei, um dort zu erzählen, wie
es ist in der Wirklichkeit. Um zu reden von Körnern, von grünem Gras
und leise wehendem Frühlingswind.
So wissen wir nichts von der Ewigkeit bei Gott - oder doch?
Doch, etwas mehr wissen wir schon. In der Bibel kommen Menschen zu Wort, die
offenbar vor ihrem Tod etwas gezeigt bekamen. Die von Hoffnung und Zukunft sprechen
konnten.
Oft in ganz schweren Zeiten, auch im Angesicht des Todes.
Deswegen nun der zweite Versuch, ein Bild der Hoffnung zu gewinnen für
unser Herz.
Wir hören auf einen Propheten, einen Seher, der berichtet, was Gott ihm
gezeigt hat:
In dem Buch der Offenbarung des Johannes steht es aufgeschrieben: (Kap.21,1-5)
Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde;
denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen,
und das Meer ist nicht mehr.
Und ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem,
von Gott aus dem Himmel herabkommen,
bereitet wie eine geschmückte Braut für ihren Mann.
Und ich hörte eine große Stimme von dem Thron her, die sprach:
Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen,
und sie werden sein Volk sein, und er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott
sein; und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen,
und der Tod wird nicht mehr sein,
noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein;
denn das Erste ist vergangen.
Und der auf dem Thron saß, sprach: Siehe, ich mache alles neu!
Und Er spricht: Schreibe, denn diese Worte sind wahrhaftig und gewiss!
Was für ein Bild. Johannes hat etwas gesehen, was jenseits dieser Welt
liegt. Was eigentlich gar nicht zu beschreiben ist. Was normalerweise verborgen
ist.
Er ist ein Augenzeuge der Ewigkeit.
Diesen Einblick in die Wirklichkeit Gottes beschreibt er in einer wahren Flut
von Bildern -
Viele davon nimmt er aus der Bibel - manche sind neu.
Zwei Dinge sah Johannes - und er hörte eine Stimme.
Er sah zuerst: einen neuen Himmel und eine neue Erde
und dann: die neue Stadt Jerusalem.
Und er hörte die Stimme Gottes selber:
Er wird unvergleichlich nahe sein; er wird alles Leid aufheben; er wird alles
neu machen.
Das alles wirkt auf Johannes wie ein Fanfarenstoß - und auch seine Leser
haben diese Sätze eher wie einen Liebesbrief gelesen als wie eine Nachrichtennotiz.
Diese Bilder wollen unsere Herzen anrühren und uns herausrufen aus der
Traurigkeit.
Sie reden hinein in unsere Traurigkeit, unsere Zukunftsangst.
"Was immer du siehst - es ist nur vorläufig. Vor uns liegt eine ganz
neue Wirklichkeit -
die nicht wir selber machen, sondern, die Gott für uns gestalten wird!
Der neue Himmel, die neue Erde, sie werden sein wie es am Anfang war:
Ohne Fehler, ohne Beschädigungen, ohne dunkle Wolken."
So erwarten wir es doch, wenn wir etwas Neues in Gebrauch nehmen - ein Fahrrad,
ein neues Buch oder ein technisches Gerät. Neu - das ist perfekt. Genau
so, wie es sein soll.
Und so wird die Erde einmal sein!
Und dann Jerusalem. Jerusalem ist nicht eine Stadt wie jede andere. Wer einmal
dort war - und das innerlich verbunden hat mit seinen Hoffnungen und seinen
Gebeten zu Gott, für den ist diese Stadt einmalig. Sie ist tief verankert
in meinem Herzen und wann immer ich sie mir vor Augen stelle, bewegt es mich
tief. Sie ist in gewisser Weise das Zuhause eines Christen.
Der Zielpunkt aller Hoffnung auf Frieden und ungestörte Gemeinschaft.
Wir sind keine Moslems und deshalb gibt es keine Pilgerpflicht, einmal im Leben
dort gewesen zu sein. Aber empfehlen kann ich das nur. Wer immer Jesus lieb
hat, der gönne sich diese Begegnung.
Dabei ist das irdische Jerusalem nur so etwas wie ein Schatten dessen, was kommt.
Johannes nennt diese Stadt die geschmückte Braut. Das ist ein Bild für
die Gemeinde. Christus ist der Bräutigam. Und wenn das neue Jerusalem kommt,
das bedeutet dieses Bild, dann wird es nichts anderes sein als die Gemeinde
der Glaubenden. Wir werden es sein.
Wer immer mit Jesus verbunden gelebt hat, der ist Teil dieser Stadt.
Auf diese Verbindung kommt es an.
Hier auf der Erde ist es oft die Verbindung mit Schwachheit, mit Grenzen und
auch mit Schmerz. Auch Jesus zeigte sich auf dieser Welt fast nur so: als der
Leidende, der Mann der Schmerzen. Und doch ist in ihm die Hoffnung auf das Neue
verborgen.
Wie wird es sein? Johannes hat nicht nur gesehen - er hat auch noch gehört:
Gott wird ganz nahe sein - nicht fern, nicht unnahbar. Und alles, was hier an
Tränen geweint wurde, wird Er abwischen von den Augen. Keine Träne
wird unbemerkt bleiben.
Keine Frage nach Leid und Schmerz wird ohne Antwort bleiben. Unvorstellbar.
Unglaublich.
Und gerade darum muss es immer wieder gesagt werden. Hoffnung können wir
nicht selber machen. Johannes war selber in innerer und äußerer Not.
Aus der er sich nicht hat befreien können.
Wir denken immer nur in unserer kleinen Welt - wie das Küken im Ei.
Und da ist die Geschichte des Johannes nicht mal gut ausgegangen.
Auch die ersten Leser dieses Buches waren nicht sicher vor Verfolgung und Not.
Aber ihre Hoffnung war entzündet. Und so gingen sie weiter durchs Leben
- bis hinein in die neue Stadt.
Machen wir uns mit ihnen auf den Weg - damit auch wir dort ankommen.
Amen!